131
Viertes Kap. Römische Geschichte.
schwach genug, dem Rufe zu folgen. Sein Glück war von kurzer Dauer.
Wie konnte er auch hoffen, mit den Lehren ernster Weisheit aufzukom-
men an dem Hofe eines frivolen Fürsten, gegen die Lockungen der
Wollust und die Ränke der anfgeschrecktcn Bosheit? — Bald wurde er,
wie Dion, verdächtig dem Tyrannen, welcher den lczten verbannte,
und den ersten in Gnaden entließ. Aber Dion kam zurück, und vertrieb
Dionysius. Ob er dabei ans rein patriotischem oder ans egoistisch-ari-
stokratischem Antriebe gehandelt, ist ungewiß — das lezte wahr-
scheinlicher. Populär wurde er niemals, und nach kurzer Verwaltung
ermordete ihn Kallippus. Auch dieser wurde vertrieben, und während
der nachfolgenden Zerrüttung des Staates fand Dionys Gelegenheit,
zum zweitenmale Herr von Syrakus zu werden (3633. 350 v. Chr.).
Das Unglück hatte ihn nicht gebessert. Er regierte sorgloser und will-
kürlicher, als zuvor. Zugleich fielen die Karthager mit Heeresmacht
in sein Gebiet. Da riefen die Syrakusaner die Mntterstadt Korinth
um Hilfe an. Sie schickte ihnen den edlen Timoteon mit 1000 Strei-
tern. Dieser große Mann und enthusiastische Freund der Freiheit, wel-
cher er sogar seinen Bruder geopfert, vertrieb Dionys zum zweitenmale,
richtete die Verfassung Syrakusens nach republikanischen Grnndsäzen
ein, befreite noch mehrere sicilische Städte von der Tyrannei, und
schlug die allgemeinen Feinde, die Karthager, am Krimessus in einer
entscheidenden Schlacht (3644. 339 v. Ehr.). Im Frieden wurden alle
griechische Städte für frei erklärt und der Halykus zur Grenze des
karthagischen Gebietes bestimmt. Nachdem Timoleon dies Alles voll-
bracht hatte, schlug er die Herrschaft, die Syrakus ihm anbot, mit
großer Seele ans, weil er das Lcwußtseyn edler Thal dem Flitter der
Majestät vorzog, und lieber von der Nachwelt verehrt seyn wollte, als
im Leben gefürchtet. Die Bürger lohnten ihm mit freiwilliger Ergeben-
heit, und, als er starb (3646. 337 v. Ehr.), beweinten sie ihn als Va-
ler. Wer war glücklicher, Timoleon oder Dionys?
§. 18. Agcrthokles, Hiero.
Nach seinem Tode kehrten die Schrecken der Tyrannei zurück. An-
fangs S osistra tus und darauf Agath oktes bemächtigten sich der
Herrschaft (3667. 316 v. Chr.). Der erste ein Aristokrat und mit den
Karthagern im Bunde; der zweite ein Mann des Pöbels, aber kühner
und glücklicher Abenteurer. Als er, nach wunderbar wechselnden Schick-
salen, endlich durch List und Gewalt den blutbesprizten Thron von Sy-
rakus bestiegen — die edelsten Einwohner, 4000 an der Zahl, waren
durch seine Söldlinge geschlachtet worden—, unterwarf er sich mehrere
andere Städte, und gerieth hiedurch in Krieg mit den Karthagern,
9 *
TM Hauptwörter (50): [T23: [Rom Römer Krieg Italien Stadt Jahr Heer König Rmer Hannibal], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T31: [Athen Athener Spartaner Flotte Perser Stadt Sparta Krieg Schlacht Griechenland], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T89: [Stadt Spanien Insel Land Jerusalem Reich Afrika Jahr Araber Herrschaft], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod]]
TM Hauptwörter (200): [T108: [Stadt Korinth Griechenland Peloponnes Insel Landschaft Name Athen Sparta Argos], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T27: [Krieg Römer Rom Hannibal Karthager Karthago Jahr Scipio Spanien Rmer], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch]]
262
Erstes Kap. Bürgerlicher Zustand.
siasmus für die hie und da erscheinenden einzelnen Schönheiten. Wie
ließe sich von Griechen etwas Anderes gedenken? —Die Gesezgeber
fühlten ihre Ohnmacht gegen den Hang der Natur, und duldeten meist
den Verkehr mit Hetären, welcher in späteren Zeiten fast allgemein
ward. Der freiere Umgang mit Männern, und zwar mit den aus-
gezeichnetsten Männern, gab den Hetären (cs waren meist Skla-
vinnen oder Fremde; Bürgerinnen, wenn sie dieses Gcwerb ergriffen,
verloren das Bürgerrecht) einen hohen Grad von Bildung; ihr geist-
voller, gefälliger Umgang mochte selbst den Ernst des Philosophen
anfheitern, und an vielen wurde selbst die Schönheit der Seele (so
weit sie verträglich ist mit solchem Stande) nicht minder gerühmt,
als jene des Körpers. Auch wurde den berühmtesten ans ihnen —
zwar keine bürgerliche Achtung, aber — eine der Vergötterung sich
nähernde, leidenschaftliche Huldigung im Leben und im Tode gezollt.
Die Namen einer Lais, einer Phryne wurden über ganz Griechen-
land mit Entzücken genannt;' Dichter und Künstler verewigten sie.
Kein prächtigeres Monnment gab cs in Hellas, als jenes, welches
unfern Athen Harpalns seiner geliebten Pythionice errichtete;
Lamia beherrschte, selbst noch alternd, den stolzen Demetrius,
den Städtebezwinger; und früher war Aspasia Genossin von Pe-
rikles Macht und Ruhm. Die Zahl der Hetären war sehr groß.
2n Korinth zählte man tausend Priesterinnen der Venus. Allmätig
nahmen auch freie Mädchen und Matronen die Sitten der Hetären
an, aber nicht ihre Liebenswürdigkeit.
Einen grellen Kontrast mit den leidenschaftlichen Verehrern der
Schönheit bildeten die Weiberfeinde (Misogyne), deren es in Grie-
chenland in ansehnlicher Menge und znm Theit unter den ausgezeich-
netsten Männern gab. Euripides war Misogyn. Melancholisches
Temperament, Bizarrerie oder unglückliche Liebe waren die Quellen
dieser Krankheit.
Die väterliche Gewalt bei den Griechen, wie bei den meisten
alten Völkern, war groß. Das neugeborene Kind, wenn es gebrech-
lich schien, oder der Vater sich zu dürftig für dessen Erziehung hielt,
mochte dieser zum Tode oder zur Aussezung verdammen. Wer cs
im lezten Falle anfnahm, behielt cs als Sklave. Die Spartaner
tödteten regelmäßig die schwächlichen Kinder; in Theben und weni-
gen anderen Städten hielt das Gesez diese Barbarei hintan. Allent-
halben in Griechenland wurde über die Erziehung sorgfältig ge-
wacht. Der Grnndsaz war herrschend, daß der Heranwachsende für
den Staat müsse erzogen werden. Daher stand entweder, wie in A then,
hie häusliche Erziehung unter Aufsicht und Leitung der Magistrate,
TM Hauptwörter (50): [T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T31: [Athen Athener Spartaner Flotte Perser Stadt Sparta Krieg Schlacht Griechenland], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe]]
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Extrahierte Personennamen: Ernst Athen_Harpalns Aspasia
277
Zweites Kap. Religion.
selbe war — so wie Numa sie einführte (*) — hetrurischen Ur-
sprungs, aber gleichwohl in den meisten Stücken der griechischen
ähnlich. Auch mochte schon in den frühesten Zeiten auf mancherlei
Wegen die griechische Mythologie nach Italien gelangt seyn, und
der nachmalige nähere Verkehr der Römer mit den Griechen veran-
laßte noch eine genauere Gleichförmigkeit. Wir treffen in Rom die-
selben Gottheiten, wie in Hellas, nur mit verändertem Namen, die-
selben Göttergeschichten, nur minder poetisch, und sehr ähnliche Ge-
bräuche an, nur etwas modifiât nach den übrigen Begriffen und
Verhältnissen der Römer und vermehrt durch einige Nationalgötter
(wie Aeneas, Quirinus re.) und andere, welche eigens die Klngs
heit der Gesezgeber zu moralischen oder politischen Zwecken geschaffen,
als Fides, Terminus n. s. w. So finden wir auch eine ganz
ähnliche Gottesverehrung durch Gebete, Opfer (leider auch Men-
schenopfer! * **), vielerlei Feste, Spiele und Mysterien. Von den hei-
ligen Spielen (den circensischen, amphitheatralischen und
scenischen) wird an einem anderen Orte die Rede seyn. Die My-
sterien waren der Ceres, Proserpina, Bona Dca und dem
Bacchus geweiht, aber minder wichtig, als die griechischen. Der
Tempel waren viele, die meisten prächtig; airch wurde in Hainen,
Höhlen rc. die Gottheit verehrt.
Das Detail der römischen Mythologie kann ich wohl bei meinen
Lesern voraussezen. Doch ist nicht dieses oder das blose Gerüste,
das Materielle der römischen Religion, was den Welthistoriker in-
tereffirt, sondern der innere Charakter derselben und ihr Verhält-
niß zum Staate und zur allgemeinen Kultur.
Die Römer waren sehr religiös. Kein öffentliches, kein wichti-
geres Privatgeschäft wurde ohne Anrufung der Götter und ohne reli-
giöse Gebräuche begangen. Sie glaubten sich ringsum von Göttern
umgeben, den Zeugen ihrer geheimsten Handlungen, den Rächern des
Lasters, den Leitern und selbst Verkündern des Schicksals. Rom war
schon Herrscherin der Welt, als dieser fromme Sinn noch währte.
Erst in den Zeiten der Bürgerkriege lehrte die griechische Philosophie
die Römer zweifeln; und später riß mit dem äußersten Sittenver-
derbniffe auch Unglaube in den höheren Ständen ein. Wenn wir die
('•*) Schon Romulus soll sechzig Priester aus den angesehensten Männern
gewählt haben. Aber erst sein Nachfolger gab — gleichfalls der Sage nach —
dem Religionswesen eine feste Gestalt.
(**) In großen Gefahren, als bei einigen gallischen Kriegen, wurden
Menschen geschlachtet. Nach der Niederlage bei Canna begrub man vier
Personen lebendig. Der mildere Gebrauch, alljährlich eine Zahl Menschen-
figuren in die Tiber zu werfen, floß wohl ursprünglich aus derselben Quelle.
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Extrahierte Personennamen: Canna
Extrahierte Ortsnamen: Italien Rom Hellas Bona_Dca
260
Drittes Kap. Kunst und Wissenschaft.
§. 10. Beredsainkeit.
Nicht minder, als durch die Dichtkunst glanzten die Griechen
durch Beredsainkeit hervor. Wenn jene in einer glücklichen Na-
turanlage und in der Harmonie der schönsten, klangvollsten aller
Sprachen eine mächtige Begünstigung fand: so war diese vorzugs-
weise die Frucht der freien Verfassung. Gleichwohl hob sich, bei
der Leidenschaft der Griechen für Poesie, die Prose nur langsam; selbst
Gescze wurden in Versen abgefaßt. Empedoklcs und Parmeni-
dcs trugen die Lehrsäze ihrer Philosophie in dichterischer Sprache vor.
Endlich bewirkten Pherccydes aus Scyros und Kadmns von Milet
die Aufnahme der ungebundenen Rede. Schriftsteller aller Art, be-
sonders Geschichtschreiber, vervollkommneten sie, und die lebendige
Beredsamkeit blühte auf in Volksversammlungen, Senaten und Ge-
richten. Auch die Redekunst gedieh, und verstärkte die Kraft der
natürlichen Suade. In Sicilien stiftete Korar von Syrakus die
erste Schule der Rhetorik; bald kamen ähnliche in Griechenland auf.
In diesen, wie in den philosophischen. Schulen herrschten aber nur
allzulang die Sophisten, welche mit ihrer spizfindigen und feilen
Kunst dem Verstand und Herzen schadeten. Gorgias vor den meisten
Anderen war berühmt in derselben, und erwarb sich großen Reichthum.
Die edlere Beredsamkeit siegte jedoch im Ganzen, und auch hier, wie
sonst allenthalben, hat der Ruhm Athens den der übrigen Griechen
überstrahlt. Kaum mögen neben den athenischen Rednern noch
andere genannt werden.
Wir haben der merkwürdigsten unter denselben — von Solon
und Pisistratus an durch alle Zeiten der Freiheit —, als eines
Thcmistokles, Perikles (des Donnernden), Alcibiades, Äschi-
nes, vor Allen aber des großen Demosthenes (*), theils in der
politischen Geschichte, theils in jener der Staatsverfassnng (S. 232)
gedacht. Auch Antiphon, Andocides, Lysias, Lykurgus, Dc-
m ades und viele Andere haben Ruhm erlangt; aber Mehrere schän-
deten denselben durch feile Gesinnung. Nicht also der ehrwürdige Iso-
krates, welchem jene zum Theil ihre Bildung verdankten. Isokra-
ste den Römern gefallen sollte, erheischte, konnte die Sitte anfkommen, die
Deklamation der Rolle davon zu trennen, und einem anderen Schauspieler
zu überlasten. Endlich machte die Vervollkommnung der Geberdensprache die
Deklamation ganz entbehrlich. Von dem Künstler Memphis wird behauptet,
daß er nicht nur leidenschaftliche Rollen, sondern sogar Lehrsäze einer abstrak-
ten Philosophie durch Mimik dargestellt habe! —
(*) Diesem herrlichen Manne hat Heeren (Ideen Iii. Thl. S. 411 f.)
ein würdiges Denkmal gesezt. Und auch Sich selbst. In der Auswahl der
Lieblingecharaktere spiegelt stch die eigene Seele des Schriftstellers.
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2151
Kriegswesen.
Die kleinsten Haufen waren von 10, dann von 100 Mann. Ans
diesen wurden größere von 1000 und von 10,000 gebildet. Die Be-
fehlshaber der lezteren (Chiliarchen und Myriarchen) ernannte
der Feldherr, die Feldherren der König.
Aber bei zunehmender Weichlichkeit verschmähten die Perser den
Kriegsdienst, und nahmen Miethtrnppen; meistens ans den nörd-
lichen und nordöstlichen Nomadenvölkern (sowohl dies- als jenseits
der Reichsgrenze), lieber jedoch von den Griechen. Die Kerntrup-
pcn der Perser waren bei den Feinden geworben.
Bei besonders wichtigen Kriegen wurden Aufgebote an alle Na-
tionen erlassen, die dem persischen Scepter huldigten. Alsdann ström-
ten unübersehbare Schaaren aus allen Theilen des Reiches herbei,
ein buntes Gemisch von Waffen und Kleidungen, Gesichtern und
Sitten. Solche Züge erforderten ungeheuere Vorbereitungen; sie waren
den Ländern verderblich, wodurch ihr Weg ging; aber — wie Lcrres
und der lezte Dar ins erfuhren — gegen mäßige, diöciplinirte Heere
vermochten sie Nichts.
§. li>. Griechisches. Makedonisches.
Dagegen zeigten die kleinen Schlachthaufen der Griechen eine
überlegene, moralische Kraft. Dieselben bestanden aus Bürgern
(in Athen war jeder Bürger vom achtzehnten bis zum sechszigsten
Jahre zu Kriegsdiensten verbunden; und in den übrigen Staaten
galten ähnliche Geseze), sonach aus Theilnehmern des Entschlusses
zum Kriege und seiner Folgen. Sie stritten also mit deutlichem Bc-
wußtseyn des Zweckes, fühlten ihr eigenes Interesse mit demselben
verknüpft, und wurden begeistert durch die Idee des Vaterlandes.
Auch hatten Erziehung, Beispiel und Kulturstand sie empfänglich
gemacht für die Antriebe des Ruhmes und die Furcht der Schande.
In den früheren Zeiten wurden sogar nur die vermöglicheren
Bürger zu den Fahnen berufen, weil diese das meiste Interesse an
der Vertheidigung des Staates hatten. In den Zeiten der Noth,
und später durchaus, nahm man es nicht mehr so genau. Selbst
blose Schuzverwandte, ja Sklaven, wurden bisweilen geworben. Bei
den Spartanern zogen die Heloten weit zahlreicher, als die
edlen Bürger in's Feld.
Eine große Veränderung in allen Verhältnissen bewirkte in Grie-
chenland der um die Zeiten des peloponnesischen Krieges anfgekom-
mene Gebrauch der Miethtrnppen. Lurnö und Weichlichkeit einer-
seits, dabei die Vermehrung einheimischer Kriege aus Herrschsucht
und gehässiger Leidenschaft, endlich die Einführung des Soldes
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T14: [König Reich Alexander Perser Stadt Sohn Land Cyrus Babylon Syrien], T31: [Athen Athener Spartaner Flotte Perser Stadt Sparta Krieg Schlacht Griechenland]]
TM Hauptwörter (200): [T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T60: [Mann Heer Jahr Offizier Soldat Landwehr Truppe Krieg Armee Regiment], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T85: [König Alexander Reich Sohn Perser Tod Syrien Darius Cyrus Provinz]]
Z7
Zweites Kap. Geschichte der Griechen.
doppeln, die Marine der Athener durch Anlockung zur Desertion schwa-
chen, und ihre Finanzen durch gesteigerte Bezahlung erschöpfen zu
können. Diese Vorauslagen wurden durch den glücklichen Erfolg reich-
lich cingebracht. Lysander, nach Besiegung der Athener, mochte
ungcscheut Freund und Feind brandschazen. Es wetteiferten alle Städte
in Jomen, am Hcllespont, und wo er immer hinkam, welche ihm die
reichsten Gaben als Sühnopfer, Dankbczeigung oder geheime Beste-
chung darbrachten. Die neuen Regenten, die er allenthalben anstellte,
theilten mit ihm den Ertrag ihrer Erpressungen, und, wenn sie säu-
mig darin waren, so wurden sie durch die ihnen zur Seite gesezten
spartanischen Har mosten (Aufseher) nachdrücklich au ihre Verpflich-
tung erinnert (*). So flössen fortwährend die größten Summen nach
Sparta, und brachten daselbst eine unglaubliche Revolution in den
Gemüthern und ein gänzliches Verlassen aller alten Marimen hervor.
Die weiseren Bürger hatten solches geahnet; und deswegen — so lesen
wir —, als die von Lysander zusammengebrachten Schaze nach
Sparta kamen, wurde darüber gestritten, ob man ihnen nicht, den
lykurgischen Grundsazen gemäß, den Eingang versagen sollte. Nur
die Betrachtung, daß die Bedürfnisse des Staates jeztgold erheisch-
ten, brachte dessen Annahme zuwege (**). Aber nicht nur Bedürfnisse
des Staates, auch jene der Bürger waren geändert. Viele der-
selben waren auf den Zügen nach Jonien mit asiatischer Schwelgerei
bekannt geworden, und verschmähten jezt die lykurgischen Male;
Andere riß das Beispiel hin und der Reiz bisher ungewohnter Genüsse;
Alle überließen sich der Habsucht, die um so ungestümer erwachte, je
länger man sie zurückgehalten.
Hiezu kam, daß auch der Geist der Verfassung — ungeachtet
das Gerüste blieb — sich geändert hatte. Die Ephoren waren über-
mächtig und wahre Oligarchen geworden. Die Könige, so wie das
Volk und die Bundesgenossen, zitterten vor ihnen. Die beschränkte Dauer
ihres (einjährigen) Amtes trieb sie zu desto emsigerem Raube an. Sie
waren unersättlich: Alles, selbst das Leben der Bürger, verkauften sie,
(*) Diese Oligarchien wurden nachmals wieder in demokratische Regierun-
gen verwandelt: aber nicht das Interesse der Völker, sondern die Eifersucht
des Königs Pan sanias gegen Lysander bewirkte diesen Wechsel.
(**) Dieser unbestimmte Ausdruck mag als ein Vergleichsvorschlag gelten
zwischen Denjenigen, welche nach dem buchstäblichen Sinn der alten Schrift-
steller annehmen, Lysander's Gold sey, nicht nur aus Rücksicht der Staats-
bedürfniye, sondern auch ausschließlich für dieselben in Sparta eingelassen
worden, und den Anderen, welche mit Panw behaupten, daß diese ganze
Erzählung eine Fabel sey und Gold und Silber niemals in Sparta verbo-
ten gewesen. Der Geist der lykurgischen Geseze, wenn auch vielleicht nicht
ihr Buchstabe, stritt gewiß gegen Gold und Silber.
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T14: [Athen Stadt Athener Sparta Spartaner Griechenland Krieg Perser Flotte König], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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38 Zweites Kap. Geschichte der Griechen.
(indem sie Geld statt Truppen von den Bundesgenossen nahmen, und
dafür die eigenen Bürger, doch um geringeren Sold, anwarben); und
ihr Beispiel autorisirte eine allgemeine schamlose Bestechlichkeit und selbst
gewaltsame Erpressung.
Vom spartanischen Charakter schien nichts zurückgeblieben zu seyn,
als die gefühllose Härte. Die angeblichen Befreier Griechenlands wur-
den dessen Tyrannen. Widersezlichkeit gegen ihren Befehl, oder auch
nur geäußerte Abneigung, galt für todeswürdiges Verbrechen. Acht
hundert Milesier ließ Lysander schlachten, weil sie sein Mißfallen auf
sich gezogen, und die von Sparta errichteten Dccemvirate in den
meisten Städten waren Schreckensregicrungen wie jene der Dreißig in
Athen.
Man weiß nicht, ob die Griechen in diesem Zeitpllnkte mehr Mitleid
oder mehr Verachtung verdienen. Denn allenthalben fanden die Spar-
taner eben so bereite Gebilfen, als geduldige Schlachtopfer ihrer Tyran-
nei; Leute, "die, wie Jsokrates (*) sagt, künftigen Bösewichtcrn
keine Möglichkeit, cs ihnen zuvorzuthun, übrig ließen, denen kein Fre-
vel zu groß, keine Schandthat zu ungeheuer war, und die, um ihr
Vaterland ungestraft mißhandeln zu können, sich nicht schämten, sogar
vor Heloten wie Sklaven zu kriechen." Dem bluttriefenden Ly fän-
de r, welchem Menschenrecht, Wort und Eid nur Spielzeug waren,
errichtete man Altäre, und Sokrates wurde getödtct.
§. 22. Neuer Perserkrieg. Agesilaus. Friede des Antalcidas.
Selbst der Waffen rühm der Griechen wird fezt befleckt, da sie
ihn meist in ungerechten, schändlichen Kriegen erwerben. Die Sieger
von Salamis und Platäa wurden persische Soldknechte, bald um
einen Empörer zu unterstüzen, bald um gegen ihre eigenen Brüder zu
fechten.
Eyrus, Statthalter in Kleinasien, hatte beschlossen, seinem recht-
mäßigen Könige und Bruder, Artarerres, Thron und Leben zu rau-
den (s. oben S. 24). Die Hoffnung des Gelingens hatte er vorzüglich
auf 13,000 griechische Söldner gebaut, deren Bedenklichkeiten, gegen
den König, mit welchem Friede bestand, zu streiten, durch Erhöhung des
Soldes beschwichtiget wurden. Die Ehre des Tages von Kunara
(3583. 400 v. Ehr.) erwarben diese Griechen, und niemals hatte sich
ihre Ueberlegenheit im Kampfe glänzender gezeigt. Taktik und sol-
datische Ehre wirkten hier, was bei Marathon die patriotische Be-
geisterung. Aber Eyrus war gefasten; und nun erfolgte jener uns
(*) 2m Panesprikos.
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41
Zweites Kap. Geschichte der Griechen.
was immer für eine ihrer Gemeinden die erste wurde, nicht leicht, der
einheimischen Tyrannei entgehen. Aber es darf nicht unbemerkt bleiben,
daß, so lange Athen vorherrschte, Griechenland, ungeachtet mancher
einzelnen Bedrückung, dennoch im Ganzen glücklich und glorreich ge-
wesen, daß Athen das Herbe seiner Herrschaft durch Emporbringung
des Handels, der Künste und Wissenschaften versüßt und in seinem
Schooße solche Talente, solche Tugenden und so glänzende Charaktere
erzeugt hat, daß ihre Betrachtung uns meist mit dem Mißbrauche sei-
ner Macht versöhnt (*).
tz. 11. Perikles.
Unter diesen Charakteren zieht vorzüglich Perikles unsere Blicke
auf stch, einer der größten Männer, die jemals ein Gemeinwesen ge-
lenkt. Schon damals, als Cimon im Zenit seines Ruhmes war (um
3515. 468. v. Ehr.), fing der Einfluß des Perikles au; nach Aristi-
des Tode (3523) erhielt er die oberste Leitung der Geschäfte, und
behielt sie sein Lebenlang, so daß er durch vierzig Jahre, meist ohne
Thcilnehmer, über das unruhigste und unbeständigste Volk der Welt
die höchste Gewalt behauptete. Er besaß dieselbe nicht als Inhaber
obrigkeitlicher Würden — wie er denn niemals weder Archon, noch Mit-
glied des Areopags war —, sondern als Feldherr oder vielmehr als
simpler Demagog, durch die blose Ueberlegenheit seines Geistes
und die freiwillige Folgsamkeit seiner Mitbürger.
Wenn wir bedenken, wie schwer es in dem geist- und geschmack-
vollen und an großen Talenten so reichen Athen seyn mußte, sich auch
nur vorübergeheud auszuzeichnen; so werden wir den Mann be-
wundern, der ein volles Menschenalter hindurch alle Anderen gänz-
lich verdunkelte. Aber es waren auch bei Perikles die Vortheile
der Geburt, der Anlage und der Erziehung vereint anzutreffen. Den
Reichthum seines Geistes verdankte er den Lehren des Anara goras,
sich selbst aber die imponirende Würde des Charakters und die Kraft
der Rede, das erste Talent eines Volksführers. Die erstaunten Athe-
ner verglichen die Gewalt seines Ausdrucks mit jener des Donners,
nannten ihn den Olympier, und sagten von ihm, daß die göttliche
Suade mit allen ihren Grazien auf seinen Lippen throne.
Perikles, ungeachtet er aus einem der edelsten Geschlechter
stammte, begünstigte gleichwohl die demokratische Partei, wie es
gewöhnlich die nach Herrschaft strebenden Männer in Republiken thun,
weil das Volk (so lange wenigstens der erste Eindrllck dauert) seinen
„ . (*) Vgl. I. H. Frhr. v. Wessenberg, das
Zenalter des Perikles. Zürich, Orell. 1821.
Volksleben zu Athen im
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T14: [Athen Stadt Athener Sparta Spartaner Griechenland Krieg Perser Flotte König]]
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49
Zweites Kap. Geschichte der Griechen.
lichen Beispiels in Bitten und Grundsäzen und in der gesammten Denk-
und Handlungsweise der Athener eine merkwürdige, meist verderbliche,
Umwälzung hervor.
Die wichtigste Unternehmung des ganzen peloponnesischen Krieges,
und welche zugleich die Grundlage der endlichen Katastrophe wurde —,
der Angriff der Athener auf Sicilien — war Alcibiades Werk. Schon
vor dem nicischen Frieden hatte Athen sich in die inneren Fehden unter
den sicilischcn Städten mischen wollen. Ein neuer Anlaß bot sich sezt dar,
da die Egcsta n er Hilfe gegenselinusund Syrakus begehrten. Alcibi-
ades unterstüzte die Bitte mit schwärmerischem Eifer. Denn schon hatte
seine feurige Phantasie die kühnsten Hoffnungen auf solchen Kriegszug
gebaut. Ersah bereits im Geiste Syrakus und mit demselben ganz
Sicilien der Machtathens unterworfen. Karthago undgroßgriechenland
würden dann bei so gewaltig vermehrten Streitkräften eine leichte Erobe-
rung seyu und der Peloponnes keinen ferneren Widerstand wagen. Athen
würde dir Gebieterin eines weiten Reiches werden, und Er — so mochte
heimlich seine Herrschsucht flüstern—der Machthaber dieses Reiches scyn.
Die entzündbare Jugend Athens ergözte sich an so glänzenden Aussich-
ten, und, was auch der bedächtliche N icias und mit ihm viele ältere
Bürger dagegen sprachen: die Unternehmung wurde durch entschiedene
Stimmenmehrheit beschlossen und mit enthusiastischem Eifer in's Werk
gesezt. Noch nie zuvor hatte eine europäische Stadt eine solche Flotte
ausgerüstet, als sezt unter Nicias, Alcibiades und Lam a ch us An-
führung, von den sanguinischen Wünschen der Bürger geleitet, aus dem
Hafen des Piräus zog.
§. 17. Sicilien.
Sicilien, wohin sie steuerte, die größte und merkwürdigste Insel
des Mittelmeeres, liegt zwischen dem untersten Italien, wovon eine
durch gefährliche Strömungen berufene Meerenge sie scheidet, und Afrika,
woselbst ihr gegenüber das stolze Karthago stand. Auf der ganzen Erde
vielleicht ist kein lieblicheres, fruchtbareres, herrlicheres Land. Von dem
erhabenen Gipfel des rauchenden Aetna (Monto Gibello, im Osten der
Insel) gewahrt das entzückte Aug' weithin auf Bergen, Flächen und
Küsten den reichsten Segen der Natur und zusammengedrängte Woh-
nungen der Menschen. Viele Städte, die ehemals glänzten, sind zwar
verfallen, aber viele blühen noch; andere sind in ihren Trümmern ehr-
würdig, und unerschöpft ist noch die Fülle des Bodens, welchen man
mit Recht (auch Str abo thut's)die Kornkamm er Rom s genannt.
Trin acria hieß die Insel von ihrer dreieckigen Gestatt, Sikaniavon
den Sikanern, die unter ihren ältesten Einwohnern gewesen, und Sici-
li a von den Sikulern, die später aus Mittelitalien hcrübergezogen. Doch
Ii. 4
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Extrahierte Personennamen: Monto_Gibello
Extrahierte Ortsnamen: Sicilien Syrakus Syrakus Sicilien Karthago Athens Sicilien Sicilien Italien Afrika Karthago Rom Mittelitalien
150 Viertes Kap. Römische Geschichte.
kamen, und zerstörten Selinus und Himera. Bald eroberten sie auch
das mächtige Agrigent, und belagerten Gela. In dieser großen Gefahr
richtete ganz Sicilien seine Augen auf das starke Syrakus, welches
aber selbst von inneren Unruhen brannte. Kein Volk, selbst die Athener
nicht, hat so schnell folgende Staatsumwälzungen, als jenes von Sy-
rakus, erfahren. Der rührige Geist, der ihm mit allen Griechen ge-
mein war, wurde erhöht oder mißleitet durch Reichthum und Sitten-
losigkeit, welche unbändige Leidenschaften erzeugten, und durch den
Mangel einer bestimmten Verfassung. Die Geseze, welche gerade da-
mals der weise Diokles entworfen, waren unwirksam gegen den
Parteigeist im Volke und den wilden Ehrgeiz seiner Häupter. Hermo-
kr a t es, siegreich gegen die Feinde, verlor sein Leben im Kampfe gegen
die eigenen Mitbürger, und Dionysius, ein Mann von niederer
Abkunft, aber großen Talenten, bahnte sich durch Verrath und Ge-
walt den Weg zum Throne (3579. 404 v. Ehr.).
Gegen diesen Dionys, der, nicht zufrieden mit Syrakus, seine Hand
nach ganz Sicilien und selbst nach Unteritalien ansstreckte, hat
Karthago äußerst blutig, in dreimal erneuertem Kriege und mit unge-
mein abwechselndem Erfolge, gestritten. Den ersten Frieden bewirkte
eine Pest im karthagischen Heere und Meuterei unter Dionysius Trup-
pen. Ungereizt brach ihn der Tyrann, und stürzte mit ungeheuerer
Macht auf die Karthager. Aber diese stellten ihm noch größere Heere
entgegen, schlugen ihn, und belagerten Syrakus. Eine abermalige Pest
in ihrem Lager rettete die Stadt. Nach vielem Blutvergießen wurde ein
zweiter Friede, zu Gunsten Karthago's, geschlossen. Auch im dritten
Kriege gewann dasselbe, jedoch unbeträchtlich. Dionys suchte in Groß-
gricchenland sich zu entschädigen, und eroberte, nach verzweiflungsvoller
Gegenwehr, das unglückliche Rh eg i um. Sieben und dreißig Jahre re-
gierte Dionys, im Ganzen glücklich und glorreich; aber er wurde —
möchte es allen Tyrannen also ergehen! — seines Glückes nicht froh.
Unablässig von Mißtrauen und Furcht gequält, durch steten Aufruhr
geängstigt und Keines Menschen Freund, starb der grausame, ver-
brecherische, jedoch den Wissenschaften — aus Eitelkeit— günstige Fürst,
wie man glaubt, vergiftet (3617. 366 v. Ehr.).
tz. 17. Timoleon.
Ihm folgte Dionys Ii., sein Sohn, ein Prinz von guten Anla-
gen,^wie es scheint, aber durch die Erziehung und durch Schmeichler-
verderbt. Dion, Bruder von des älteren Dionys zweiter Gemahlin,
ein Mann von großen Gaben und Plato's Freund, leitete anfangs
des Fürsten Schritte. Plato selbst wurde an den Hof berufen, und war
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Extrahierte Personennamen: Dionysius Dionys Dionysius Dionys Dionys Dionys Dion Dionys