277
Zweites Kap. Religion.
selbe war — so wie Numa sie einführte (*) — hetrurischen Ur-
sprungs, aber gleichwohl in den meisten Stücken der griechischen
ähnlich. Auch mochte schon in den frühesten Zeiten auf mancherlei
Wegen die griechische Mythologie nach Italien gelangt seyn, und
der nachmalige nähere Verkehr der Römer mit den Griechen veran-
laßte noch eine genauere Gleichförmigkeit. Wir treffen in Rom die-
selben Gottheiten, wie in Hellas, nur mit verändertem Namen, die-
selben Göttergeschichten, nur minder poetisch, und sehr ähnliche Ge-
bräuche an, nur etwas modifiât nach den übrigen Begriffen und
Verhältnissen der Römer und vermehrt durch einige Nationalgötter
(wie Aeneas, Quirinus re.) und andere, welche eigens die Klngs
heit der Gesezgeber zu moralischen oder politischen Zwecken geschaffen,
als Fides, Terminus n. s. w. So finden wir auch eine ganz
ähnliche Gottesverehrung durch Gebete, Opfer (leider auch Men-
schenopfer! * **), vielerlei Feste, Spiele und Mysterien. Von den hei-
ligen Spielen (den circensischen, amphitheatralischen und
scenischen) wird an einem anderen Orte die Rede seyn. Die My-
sterien waren der Ceres, Proserpina, Bona Dca und dem
Bacchus geweiht, aber minder wichtig, als die griechischen. Der
Tempel waren viele, die meisten prächtig; airch wurde in Hainen,
Höhlen rc. die Gottheit verehrt.
Das Detail der römischen Mythologie kann ich wohl bei meinen
Lesern voraussezen. Doch ist nicht dieses oder das blose Gerüste,
das Materielle der römischen Religion, was den Welthistoriker in-
tereffirt, sondern der innere Charakter derselben und ihr Verhält-
niß zum Staate und zur allgemeinen Kultur.
Die Römer waren sehr religiös. Kein öffentliches, kein wichti-
geres Privatgeschäft wurde ohne Anrufung der Götter und ohne reli-
giöse Gebräuche begangen. Sie glaubten sich ringsum von Göttern
umgeben, den Zeugen ihrer geheimsten Handlungen, den Rächern des
Lasters, den Leitern und selbst Verkündern des Schicksals. Rom war
schon Herrscherin der Welt, als dieser fromme Sinn noch währte.
Erst in den Zeiten der Bürgerkriege lehrte die griechische Philosophie
die Römer zweifeln; und später riß mit dem äußersten Sittenver-
derbniffe auch Unglaube in den höheren Ständen ein. Wenn wir die
('•*) Schon Romulus soll sechzig Priester aus den angesehensten Männern
gewählt haben. Aber erst sein Nachfolger gab — gleichfalls der Sage nach —
dem Religionswesen eine feste Gestalt.
(**) In großen Gefahren, als bei einigen gallischen Kriegen, wurden
Menschen geschlachtet. Nach der Niederlage bei Canna begrub man vier
Personen lebendig. Der mildere Gebrauch, alljährlich eine Zahl Menschen-
figuren in die Tiber zu werfen, floß wohl ursprünglich aus derselben Quelle.
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Extrahierte Personennamen: Canna
Extrahierte Ortsnamen: Italien Rom Hellas Bona_Dca
291
Schöne Künste und Wissenschaften.
Allmälig versuchten die Römer ihr eigenes Künstlcrtakent. Aber
niemals durften sie ihre Werke neben die griechischen stellen Auch
wurden griechische Künstler zu allen bedeutenden Arbeiten gebraucht.
Nur in der Baukunst mögen die Römer den selbstständigen Ruhm
der Größe und Festigkeit ansprechen. Die Schönheit mußten sie auch
hier von den Griechen lernen. Schon die Könige hatten in Rom die
erstauuenswürdigeu Kloaken, dann das Kapitolinm und den
Circus marimus erbaut. Nach einem langen Stillstände (denn
die Wiedererbauung der Stadt nach dem gallischen Brande geschah
flüchtig und schlecht) wurde die Herrscherin der Welt durch eine
Menge von Prachtgebäuden geziert. Es stiegen stolze Tempel,
Basiliken, Porticus, Bäder, Triumphbogen, Thea-
ter und Amphitheater, selbst reiche Privatgebäude empor, alle
prangend mit geraubten und gekauften Kunstschäzcn, überherrlich,
aber beladen mit der geplünderten Völker Fluch. Doch schufen die
Römer auch gemeinnüzige und wahrhaft große Werke. Ihre Was-
serleitungen, ihre Heerstraßen, Brücken rc. verdienen die
Bewunderung aller Zeiten. Kein Volk hat in solchen Sachen das
römische erreicht.
§. 6. Gymnastik und Musik.
Von der Liebe der Griechen zur Gymnastik zeuget, was wir
oben von den öffentlichen Spielen und Gymnasien sagten. Die mei-
sten Uebungen derselben bezogen sich jedoch auf die Palästrik,
welche nicht wohl eine schöne Kunst genannt werden kann. Der
Orchestik aber (gleichfalls ein Tbcit der Gymnastik) kommt diese
Benennung zu, weil Schönheit das Grundgesez des Tanzes ist. Der
Gebrauch beim Gottesdienste (heilige Tanze kommen fast allent-
halben vor), mehr noch die Anwendung aus's Theater, wo man
auch die Mimik damit verband, hoben die Orchestik. Insbesondere
gewann sie bei den Römern, welche die mimischen und panto-
mimischen Spiele leidenschaftlich liebten, und zur höchsten Voll-
kommenheit brachten (*). Auch die Palästrik wurde von ihnen ge-
schäzt. Doch beschränkten die Bürger sich auf Privat-Uebungcn,
und später besuchten sie die griechischen Spiele.
Der Gymnastik wurde die Musik entgegengcsezt, aber man nahm
dieses Wort in gar verschiedenem und oft sehr ausgedehntem Sinne.
(*) D. h. indem sie die gedungenen öffentlichen Tänzer durch reiche Be-
lohnung ermunterten. Ater an den Bürgern selbst wurde das Tanzen
für eine schändliche Ausschweifung gehalten: wie aus dein Eifer erhellt, wo-
mit Cicero den Murena gegen die Beschuldigung des Tanzens verlheidigt.
pro Muren. G.
19
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141
Viertes Kap. Römische Geschichte.
legen Willen, zur Schlacht. An den Ufern des A ufi du s (*) bei dem
Flecken Canna wurde sie geliefert, die verderblichste für Rom in
seiner ganzen Geschichte. An diesem Tage sieten 45,000 Bürger, es
fielen 80 Senatoren, viele Consnlaren und Staatsbeamte und die
Blüthe der Ritterschaft. Aemilius Paulus nahm einen schönen
Tod, Terenti us Varrò die Flucht. Dennoch ging ihm der Senat-
um des Volkes Muth zu erhalten — dankend entgegen, dafür, daß
er am Heile des Vaterlandes nicht verzweifelt.
§. 88. Folgen derselben.
Dies war das Zenith von Hannibals Glück und Ruhm. Das
erste begann jezt zu sinken, der zweite nie. Zwar werfen ihm Viele
vor, daß er nach dem großen Siege nicht schnell, wie Maharbal
wollte, das Kapitol gcstürmet: und in der That ist es ein wichtige-
res Talent, Siege zu benüzen, als Schlachten zu gewinnen; aber
daß der Tag bei Canna ohne entscheidende Folgen blieb, lag wohl in
den Umständen und nicht in Hannibal's Schuld. Mit 26,000 Mann
war er von den Alpen hinabgestiegen, und hatte seitdem, außer der
gallischen Hilfe, keine bedeutende Verstärkung erhalten. Wie konnte
er nun, im dritten Feldzuge, nach so vielen Gefechten und vier groß-
ßen Schlachten, stark genug seyn, das zwar bluttriefende, aber noch
immer an Volk und Waffen reiche Rom anzugreifen; Rom, dessen
eigenthümlicher Charakter darin bestand, nach Unfällen am furchtbar-
sten zu seyn? Daher, um nicht die Frucht der Siege durch Verwegen-
heit zu vertieren, beschloß Hannibal, bevor er das Größte wagte,
durch Gewinnung der römischen Bundesgenossen sich zu verstärken,
und karthagische Hilfe zu erwarten. Auch fielen jezt die meisten
Völker des unteren Italiens ab von dem längst gehaßten Rom. Solches
that auch Campanie» mit seiner Hauptstadt Cap na. 2n diesem
schönen, von der Natur überreich begabten Lande (**), dessen schwel-
gerische Einwohner keine Kunst höher, als jene des Genusses schäz-
ten, nahm Hannibal die Winterquartiere. Unmäßigkeit und Wollüste
entnervten daselbst seine Krieger: nach geschmecktem Uebersiusse schie-
nen Entsagung und Mühseligkeit unerträglich.
Aber vergebens begehrte Hannibal Verstärkung von Karthago.
Hanno bcharrte bei seiner Anfeindung des barkinischen Hauses,
und da dieses auf den Krieg seine Größe baute; so erhob jener sich
(*) Gleich nach der trasimenischen Schlacht war Unteritalien derschan-
plaz des Krieges geworden.
(**) Omnium non modo Italia, scd toto orbe terrarum, pulcherrima
Campania« plaga est. Nihil mollius coclo, nihil uberius solo : ideo Liberi
Cererisque certame» dicitur. Florus.
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Extrahierte Personennamen: Aemilius_Paulus Hannibals Hannibal Hannibal Hannibal Hanno
Extrahierte Ortsnamen: Rom Hannibals Rom Rom Italiens Rom Karthago Unteritalien
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
Iii. Deutsches Leben zur Zeit der fräuk. u. stauf. Kaiser. 3. Ritterburgen. 513
Aber weder die Wirte noch die Gäste waren in ihrem Leben und Treiben allezeit von Vorwurf frei; es gab für sie drei gefährliche Klippen, die drei „Weh'": Weiber, Wein und Würfel, die gar leicht zu Ausschreitungen führten. Das erste Übel ist bereits berührt, das zweite bedarf keines näheren Eingehens, da diese Leidenschaft, ob sie nun in Wein oder Bier sich befriedigte, im deutschen Vaterlande stets eine ebenso unverbesserliche wie verderbliche war. Die Würfel endlich stellten das dar, was man heute „den Spielteufel" nennt; sie waren nicht selten der Ruin ganzer Familien und Geschlechter und daher in anständiger Gesellschaft strengstens verpönt. Diese zog das Bretspiel (das Damespiel) vor; viel feiner aber war das aus Indien stammende Schachspiel (Schachzabel, Zabel = tabula, Brett). Gelehrte und Dichter verknüpften es mit moralischen Betrachtungen. Die Schachbretter waren häufig aus Gold und Silber oder Elfenbein, die Figuren aus Elfenbein oder Ebenholz oder gar aus Edelsteinen, beide nicht selten von solcher Größe, daß sie Gedichten zufolge bei plötzlichem Überfalle während des Spieles als Schilde und Wurfgeschosse dienen konnten. Mehr zur körperlichen Bewegung dienten die Kugel- und Ballspiele und die noch weit beliebteren Tänze, die aber bei den höheren Ständen nur in einer Art gemessenen Einherwallens mit langsam schleifenden Schritten unter Gesangbegleitung bestanden. Die Kinder pflegten im ganzen dieselben Spiele wie heute; den Puppen der Mädchen traten jedoch auch solche der Knaben zur Seite, die sich, als Ritter gekleidet, an Schnüren zum Kampfe bewegen ließen.
Höhere geistige Genüsse boten die Dichterwerke der Zeit, denen wir noch besondere Aufmerksamkeit zu schenken haben. Fahrende Sänger waren daher auf den Burgen ebenso gern gesehen wie irrende Ritter, oder oft noch lieber, und bei den Festen war den Spielleuten, wie auch den Gauklern, Taschenspielern und Kunstreitern eine große Rolle vorbehalten, in welcher sich ihnen freilich auch ganz gemeine Possenreißer zugesellten, welche im Essen und Trinken ebenso Erstaunliches leisteten wie an Frechheit und Zudringlichkeit.
Ein großes Vergnügen für die Ritterschaft war die Jagd. Sie hatte zugleich den praktischen Zweck, die damals in Deutschland noch grimmig hausenden wilden Tiere, Auerochsen, Elentiere, Wisente, Eber, Bären, Wölfe und Luchse auszurotten und die von ihnen unsicher gemachten Wälder und Sümpfe der Kultur zu gewinnen. Auch lieferte die Jagd den ritterlichen Familien den hauptsächlichsten Teil ihrer Fleischnahrung. Die Jagdleidenschaft brachte es ferner mit sich, daß es ein beliebter Gebrauch wurde, seltene Tiere einzufangen, zu halten und womöglich zu zähmen. Fürsten und andere Herren hielten oft Tiergärten, ja ganze Menagerieen. Kaiser Friedrich Ii. trug durch seine Verbindungen mit dem Orient besonders viel zur Verbreitung dieser Liebhaberei bei; er verschenkte Löwen und Leoparden und führte auf seinen Reisen Kamele mit sich.
Zur Jagd auf laufendes Wild wurden Hunde, zur Federwildjagd bis zur Einführung der Feuerwaffen Falken verwendet. Beide Tiere waren daher sehr beliebt; keiner Dame fehlte ihr Schoßhund oder ihr Falke (man denke an Kriemhild). Der Jägermeister war eine wichtige Person im Dienste hoher Herren. Auch Damen nahmen am Weidwerke teil, wie die Herren in grüner Tracht, zu Pferde, mit Sporen an den Füßen, einem Rufhorn aus
Bilder a. d. Gesch. d. deutschen Volkes. I. 33
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Extrahierte Personennamen: Zabel Friedrich_Ii Friedrich Kriemhild
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
554 Zweites Buch. Ii. Abschnitt: Bilder aus der Zeit der frans. u. [tauf. Kaiser.
hölzernes Haus schmucker und zierlicher herzustellen. Gewerbthätige Städte erhielten dadurch ein freundlicheres Aussehen. So wird von Frankenberg in Hessen schon am Ende des 13. Jahrhunderts berichtet: „Die Häuser waren von geschnittenem Holze gemacht, vorn mit schönen Borgesperren, köstlich durchschnitten und mit Spangen beschlagen. Die Stuben lagen hinten» hinaus; vorn war ein weiter Raum mit viereckigen Steinen gepflastert. Viele Häuser hatten zwei Keller, mit gehauenen Steinen gepflastert und in der Mitte einen tiefen steinernen Sarg, welcher ein Fuder Wein faßte, damit, wenn einem Fasse der Boden ausfiel, der Wein behalten würde." Die Häuser waren übersetzt, inwendig mit hübschen Kammern und Lauben durchbaut, mit schöner Malerei und mit Bildwerk geziert. Das Innere dieser bürgerlichen Wohnungen dürfen wir uns, auch wenn wir an die bessern denken, nur in der höchsten Beschränktheit und Einfachheit vorstellen.
Die Ernährungsweise im Mittelalter ist von der nnsrigen nicht allzusehr verschieden. Brot und Fleisch bildeten die Hauptnahrung, als Zukost zum Brote gebrauchte man wie heute Butter und Käse, daneben war Schmalz, das man zum Zurichten der Speisen nur ungern entbehrte, ein Hauptstück in jeder Vorratskammer und ein wichtiger Handelsartikel. Käse war auch als Gericht an sich gebräuchlich und galt als solches für eine Ehrengabe bei festlichen Gelegenheiten. Neben dem Brote hatte man Semmeln aus feinem Weizenmehl, Kuchen, besonbers „Flaben", gaben schon bamals den Festtagen einen besonderen Reiz. Der Luxus unserer Konbitoreiwaren war dem Mittelalter noch unbekannt, aber die Süßbäcker sorgten auch schon durch Lustbrote, Brezeln, und welsche Backen für das Ergötzen des Gaumens, und die Apotheker verkauften Zuckerbüten mit Ingwer, gebackenem Anis und gebackenem Corianber. Wilb war seit alters sehr beliebt, Hasen und kleine Vögel, barunter auch Lerchen, würden auf dem Markte feilgeboten. Fische gaben selbst die kleineren Flüsse, deren viele früher zuverlässig bedeutend wasserreicher gewesen sind als jetzt, in Menge. Lachse, Karpfen, Hechte wurden als Geschenke gern verwendet. Störe kamen im Handel häufig vor. In unermeßlicher Menge wurde der Hering verzehrt. Er war in noch ganz anderem Sinne als jetzt einer der wichtigsten Handelsartikel, und die geringer, die den Fisch im einzelnen vertrieben, bildeten eine angesehene Zunft. Fleisch, nicht künstlich zubereitet, aber stark gewürzt, bildete den Mittelpunkt der Mahlzeiten. Auf den Tafeln der ritterlichen Geschlechter prangte noch lange der riesige Braten, der, am Bratspieß bei hellem Feuer geröstet, seit den frühesten Zeiten als echt ritterliches Labsal gegolten hatte; in bescheidenen bürgerlichen Haushaltungen zog er sich etwas in die Enge; Hühnersuppen, Eierspeisen, gebratene Gänse machten ihm hier vielfach den Ehrenplatz streitig. Des Zugemüses wird in der Regel nur im ganzen und großen und in Zeiten der Not gedacht. Erbsen, Linsen, Hirse, auch Kraut, Kohl und Rüben gehörten zwar zu den notwendigsten Erfordernissen einer bürgerlichen Haushaltung, aber man vermißte die heutige Mannigfaltigkeit der Beigerichte.
Manches, was uns heute ganz unentbehrlich geworden ist, war selten oder gar nicht vorhanden, so Reis und Kartoffeln. Letzterer Stelle scheint in den Hütten der Armen das Hafermus vertreten zu haben. Daß das Frühmahl, wie heute noch sehr häufig, früher in der Regel aus Suppe be-
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Sein Privatleben. °'
Hühnern und Tauben, auch hielt man als Ziervögel Pfauen, Enten und Turteltauben. Die Aufsichtsbeamten mußten zu Weihnachten ein genaues Verzeichnis von dem ganzen Bestände an Vieh, Getreide, Wein, Honig, Eiern, Wolle n. s. w. einreichen, am Palmsonntag den Geldertrag abliefern und Rechnung ablegen. Wenn Karl feine Güter bereifte, was fehr oft geschah, fo war er ganz Landwirt und vergaß den König und Staatsmann; er nahm alles selbst in Augenschein, ordnete Verbesserungen an, prüfte die Bauanschläge und sah die Rechnungen nach, in welche alles bis aufs Kleinste, selbst jedes verkaufte Ei, eingetragen sein mußte.
6. Karls Privatleben und Tod.
So groß Karl iu allen Verhülltnissen des öffentlichen Lebens war, fo liebenswürdig erscheint er irrt Privatleben. Wie er seiner Mutter stets die höchste Ehrfurcht erwies, so war er feiner Schwester Gisla ein liebevoller Bruder, feiner (Zweiten) Gemahlin Hildegard ein zärtlicher Gatte, feinen Kindern ein sorgsamer Vater. Seine Söhne ließ er nicht nur in den Waffen üben, sondern er war auch mit der größten Sorgfalt für ihre geistige Bildung bemüht. Eben so sorgte er dafür, daß feine Töchter, an denen er mit ganzer Seele hing, nicht nur in den weiblichen Künsten des Spinnens, Webens und Wirkens, sondern auch iu den Wissenschaften unterrichtet würden. Nie mochte er sie von feiner Seite lassen, und nicht bloß bei Tische mußten sie neben ihm fitzen, sondern sie begleiteten ihn auch auf feinen Reifen, gingen mit ihm auf die Jagd, und selbst auf feinen Kriegszügen trennte er sich nicht von ihnen.
In feiner Lebensweise war er außerordentlich einfach. Niemand konnte müßiger fein in Speise und Trank. An seiner gewöhnlichen Mittagstafel gab es nur 4 Gerichte, außer dem Braten, den er von den Jägern am Bratspieß herbeibringen ließ, und den er fehr gern atz. Gastmähler fanden nur selten und an besonders festlichen Tagen statt; dann fah er aber auch gern recht viele Leute bei sich. Wein trank er wenig, selten mehr als dreimal bei Tische, und nichts verabscheute er mehr, als Trunkenheit; dagegen wurde es ihm fehr schwer, an Fasttagen ohne alle Speise fertig zu werden, und er meinte, das Fasten schade ihm. Zur Unterhaltung ließ er sich bei Tafel etwas von den Thaten der alten Könige, auch wohl aus den Schriften des heiligen Augustin vorlesen; auch liebte er bei Tische Saitenfpiel und Gesang. Nach der Mahlzeit pflegte er 2—3 Stunden zu schlafen;
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karls Karls Karl Karl Gisla Hildegard
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
14. Volksleben in Stadt und Land. 177
und als Judensteuer an Geldesstatt entrichtet. Käse, Obst und Beeren liebte man schon damals zum Nachtisch. Neben dem Brote, welches in verschiedenen Formen, auch in solchen von Menschen und Tieren, gebacken wurde, hatte man Kuchen und Torten aller Art. Bei einer Hungersnot in Sachsen wurden im Jahre 1407 nußgroße Brötchen, das Stück zu drei Pfennigen, gebacken; zum Andenken erneuerte man sie später am Markustag und würzte sie, daher sie Marci panes (Marzipan) genannt wurden.
Man aß im Mittelalter meist um zehn Uhr zu Mittag und um sechs Uhr zu Abend; das Tafeltuch wurde selten gewaschen. In den Bürgerhäusern der Städte kochte man am Sonntag für die ganze Woche und wärmte die Speisen an den Werktagen nur auf.
Auf die Qualität der Speisen hielt man weit weniger, als auf die Quantität. Es ist geradezu erstaunlich, wie viel gegessen wurde; wir hören von Massen des Verzehrten, die heute unerhört wären, und diese Vielesserei dauerte während des ganzen Mittelalters und darüber hinaus (sogar in dem heute so nüchternen Italien) in wachsendem Grade bis zum dreißigjährigen Krieg, der endlich die Leute an eine schmalere Kost gewöhnte.
Ein Beispiel hierfür bietet der Speisezettel des Festmahles bei der Einweihung der Kirche in Weißenfels durch den Bischof von Zeitz im Jahre 1303. Am ersten Tage trug man auf: 1. Eiersuppe mit Safran, Pfefferkörnern
und Honig, Hirsegemüse, Schaffleisch mit Zwiebeln, gebratenes Huhn mit Zwetschen; 2. Stockfisch mit Öl und Rosinen, in Öl gebackene Bleie (Weißfische), gesottenen Aal mit Pfeffer, gerösteten Bückling- mit Senf; 3. sauer gesottene Speisefische, gebackene Barbe, kleine Vögel in Schmalz hart gebacken mit Rettig, Schweinskeule mit Gurken. Am zweiten Tage: 1. Schweinefleisch, Eierkuchen mit Honig und Weinbeeren, gebratenen Hering; 2. kleine Fische mit Rosinen, aufgebratene Bleie und gebratene Gans mit roten Rüben; 3. gesalzene Hechte mit Petersilie, Salat mit Eiern und Gallert mit Mandeln.
Bestecke benutzte man beim Essen, obwohl sie vorhanden waren, wenig oder gar nicht; namentlich gegen die Gabeln scheint man lange ein Vorurteil gehabt und die Finger vorgezogen zu haben, daher das Waschen vor und nach Tische und wohl auch oft zwischen den Gängen sehr notwendig war. Im höfischen Leben gab es eine Menge Anstandsregeln, die bei Tische zu beobachten waren, deren Inhalt zeigt, daß Sitte und Reinlichkeit bei Gastmählern oft viel zu wünschen übrig ließen. Die Teller vertraten bei Bauern runde flache Brote; bei Wohlhabenderen, Rittern und Bürgern, kleinere Schüsseln ans Zinn, deren sich Eheleute, oft auch zwei Gäste, zusammen bedienten. Nur bei außerordentlichen festlichen Anlässen erschien Silber aus den Tafeln der Mächtigen; sehr selten waren goldene Geräte. Allein bei Salzgefäßen liebte man den Luxus edeln Metalls und kostbarer Verzierungen. Es erregte Aussehen, als der Nürnberger Patrizier Antonius Tücher anno 1517 um 25 Gulden 56 Pfund und 24 Pfennige hundert zinnerne Tellerlein kaufte.
Die Trinkgefäße hatten oft phantastische Formen, am Meere mit Vorliebe die von Schiffen; oft waren sie Kunstwerke aus edlem Metall, welche mit ihren gravierten und emaillierten Szenen aus Gedichten oder aus Bilder ct. d. Gesch. d. deutschen Volkes. Ii. 12
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Extrahierte Personennamen: Marci Antonius Antonius
66
Das Altertum. Die orientalischen Völker.
Frbung mit dem Saft der Purpurschnecke (Pelagia) und der Trompetenschnecke (Buccinum). Die beiden Grundfarben des Purpurs, rot und schwarz, wuten sie durch allerhand Mischungen zu den mannigfaltigsten Farbenber-gangen (Nancen) zu verndern. Stoff und Frbung verlieh den Purpur-gewndern einen auerordentlichen Wert, so da sie Luxustracht der Fürsten und Groen wurden. Die Erfindung des nur zu Schmuck verwendeten Glases haben nicht die Phniker, sondern die gypter gemacht; aber erstere stellten es am reinsten dar (besonders in Sarepta). Wie sie den Bergbau nach dem Abendland brachten und zuerst auch das Gold des Pangos-Gebirges in Thrakien frderten, so verarbeiteten sie auch die Metalle zu Gerten aller Art. Sie lieferten Waffen, kupferne Kessel und Becken, goldene und silberne Trinkgefe und Tafelgeschirr, Halsbnder und sonstigen Schmuck. Wenn bei Homer mehrmals besonders knstlerische Werke von sidonischen Mnnern stammen, so weisen die Gold- und Silberfunde von Myken trotz der vielleicht teilweise nicht-phnikischen Ornamentik jedenfalls auf orientalische Fabrikation und ph-nikischen Import. Als Baumeister verwendete Salomon Phniker bei der Er-richtung des Tempels zu Jerusalem. Gewhnlich wird ihnen auch die Erfindung der Buchstabenschrift nachgerhmt und ein Gott Thaut (Hermes, Kadmos?) als Erfinder genannt. Sie haben ihr Alphabet von den Babyloniern erhalten, aber die Schrift nach Griechenland gebracht. Den Griechen bermittelten sie die hochentwickelte Kultur des Orients und lehrten sie auch die Schiffbaukunst. Die Schler folgten den Spuren ihrer Lehrmeister, wetteiferten mit ihnen und berflgelten sie schlielich.
1). Schicksale Phnikiens.
Kriegerischer Unternehmungsgeist war dem Volke, dessen ganzes Streben auf friedlichen Erwerb ging und dessen khnste Seemnner sich hchstens auf den Seeraub verlegten, vllig fremd. Die Regierung in den Kolonialstdten lag in den Hnden des Geldadels; zwei gewhlte Oberbeamte, Richter" (sofet, Suffeten), hatten die Verwaltung und das Recht zu den. Einzelne Erhebungen, wie z. B. des tributverweigernden Utika (unter Hiram, 966936), unterdrckte man mit den Sldnern. Als der bedeutendste Herrscher erscheint immer Hiram von Tyrus, dem König Salomon 20 Städte in Galila ver-pfndete, um seine Bauschulden zu decken. Sonst hren wir fast nur von Thronwirren. Der Schwiegervater König Achabs von Israel, Jtubaal von Sidon (885854), grndete Botrys nrdlich von Byblus in Phnikien, und in Numidien Auza (Auzea, in der Nhe des jetzigen Anmale). Unter seinem Urenkel Pygmalion (820774) soll seine Schwester Elissa (Dido Astarte), die Gemahlin des Melkart-Priesters Sichus, zur Auswanderung gezwungen worden sein und Karthago gegrndet haben.
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Entstehung Roms.
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rnulus den Remus erschlug. Als Geburtstag der Stadt begingen die Rmer das Fest der Palilia am 21. April und nahmen das Jahr der Grndung als Anfangsjahr ihrer Zeitrechnung ( 753 v. Chr.?). Um die Stadt zu bevlkern, erffnet Romulus eine Freisttte fr Heimatlose. Der Gemeinde sichert er den Bestand, indem er fr Grn-dung von Familien sorgte durch Raub sabinischer Jungfrauen. Darauf folgt Kampf mit den Sabinern, Vershnung und Ansiedlung derselben in Rom, dessen Be-wohner jetzt nach den aus Cures stammenden Neubrgern den Namen Quiriten erhalten. Der sabinische Mitknig Titus Tatius wird spter erschlagen. Romulus ordnet das Staatswesen und wird zu den Gttern entrckt als Quirinus, dessen Altar aus dem Quirinalischen Hgel steht. Andere Reliquien waren die Strohhtte des Romulus am Palatinischen Hgel, der Feigenbaum, an dem die Mulde mit den Kin-dern hngen blieb, der zu dem Augurium (Vogelorakel) bei der Stadtgrndung ge-brauchte Krummstab u. bgl. Und da einmal die Sage Wurzel gefat hatte, sorgte die Staatsgewalt gewissenhaft fr ihre Fortpflanzung. Fr bte Nachwelt war jede natr-liche rtlichkeit, jedes knstliche Erinnerungszeichen, ein bloer Name Beweis fr die Wahrheit der Erzhlung: so das im Jahre 296 v. Chr. am Palatin errichtete Erzbild der sugenden Wlfin, der Tarpejische Fels, der erst 294 gelobte Tempel des Jupiter Stator, das Bassin des Curtius u. s. w. Auch fr vorromulische Erzhlungen von einstiger Herrschaft des Janus, des Saturuus und Anfiedlungen eines Euander ( Fau-nus) aus Arkadien, eines holden" und eines unholden" Kakus, ein gleichfalls buntes Mischmasch aus latinischen und griechischen Grundstoffen, fand das glubige Gemt Wahrheitsbeweise genug. Und doch weicht vor dem Lichte der Geschichte der dichte Nebel in ein Nichts.
Nach der Kritik verdankt Rom nicht dem Romulus sein Entstehen, sondern umgekehrt dieser Grnder der Stadt sein Dasein, wie der Tiberinus dem Tiber und nicht der Flu diesem Flugott. Nach alter Anschauung verlangte jede Stadt ihren Oikistes und Paten. Die Zweiheit der Grnder, Laren (Schirmgottheiten) der Stadt, entspricht dem auch sonst, z. B. bei der Grndung von Tibur, beobachteten Hange zum Dualismus. Die Heilighaltung der Vogelschau (aves remores = Unglcksvgel), des alten Stadtberings (Pomoerium), ist historisiert. Verkehrte Etymologie brachte die diva Rumina, die nhrende Gttin, deren Symbol der Feigenbaum ist, mit dem Namen Roma, aves mit Aventinum, den Namen der Lanzenmnner, d. t. Quiriten, mit der Stadt Cures zusammen. Das Fest der Larentalia (23. Dezember), der 12 Laren der Stadtflur, denen die 12 Arvalbrder dienten, galt der Verehrung einer alten Gottheit Acca (Mutter?) Larentia, die ein Annalist, C. Licinius Macer (ca. 80 v. Chr.), zur Amme der Zwillinge machte. Faustulus ist der holde Gaugott Faunus, dem zu Ehren das Fest der Luper-calien am 15. Februar stattfand. Dieses wird wie die genannten Larentalien und die Consualien, an denen der Raub der Sabinerinnen geschehen sein soll, historisiert; dieser selbst ist nur prototypischer Mythus fr die auch bei andern indogermanischen Vlkern, z. B. den Spartanern, blichen Hochzeitsgebruche, die sogen. Raubehe. Das Asyl, das sich an ein Heiligtum des Shngottes
Bumiiller, Weltgeschichte. I. 7. Aufl. 18
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