490
Die Zeit von 1815 bis 1657.
Nach dem Falle Warschaus war der Krieg bald beendigt; die 3
polnischen Korps: 30,000 bei Modlin, 18,000 unter Ramorino zwischen
Weichsel und Bug, 12,000 unter Rozpcki konnten sich nicht mit einan-
der vereinigen, und nach einigen Hin- und Hermärschen gingen die er-
sten über die preußische, die beiden andern über die österreichische Gränze;
Modlin ergab sich den 9., Zamosk den 23. Oktober, vielleicht 8000 Po-
len, die Hälfte davon Offiziere, wanderten aus und wandten sich größ-
leutheils nach Frankreich. Bei ihrer Durchreise wurden sie in dem süd-
westlichen Deutschland als die „Helden der Freiheit" gefeiert und mehr
als einen polnischen Offizier hörte man es unumwunden aussprechen:
„wir haben keine Hoffnung als neue Revolutionen; Frankreich wird
Louis Philipps Herrschaft nicht lange ertragen, und knallt es einmal
wieder in Paris, so erhebt sich Ungarn, wenn Kaiser Franz bis dahin
gestorben ist; denn nur seinetwegen ist die ungarische Opposition bisher
nicht weiter gegangen."
Kaiser Nikolaus benutzte seinen Sieg um die Elemente eines künf-
tigen Aufstandes zu beseitigen. Im Februar 1832 wurde Polen Ruß-
land einverleibt, so daß von dem ehemaligen Königreiche außer dem
Namen nichts mehr übrig blieb; Alle, die freiwillig an dem Aufstande
Theil genommen hatten, verloren ihre Güter, von denen die meisten
russischen Generalen und Offizieren als Belohnung gegeben wurden, so
daß der Grundbesitz in Polen größeren Theils in russischen Händen ist.
Die Universitäten in Wilna und Warschau wurden aufgehoben, die Zög-
linge der Kadettenhäuser und die Militärwaisen nach Petersburg versetzt;
russische Beamte nahmen alle Stellen von Bedeutung ein; eine Armee
von 80,000 Mann bewachte die neue Ordnung, fortwährende Rekrutie-
rungen führten die wehrbare Mannschaft in die russische Armee und nach
dem Kaukasus, so daß ein nachhaltiger Aufstand in Polen selbst unter
den günstigsten Umständen zur Unmöglichkeit geworden ist. Endlich ent-
reißt die Politik Rußlands Polen die letzte Handhabe seiner Nationalität,
den katholischen Glauben, indem es die Hälfte der katholischen Kirchen
den Russen ganz einräumt, überall den Bekennern der russisch-griechischen
Religion Antheil an den katholischen Kirchen gibt, 1839 aber durch ei-
nen Federstrich 3—4 Millionen unierter Griechen in den ehemals pol-
nischen Provinzen der russisch-griechischen Kirche einverleibte und einen
Bischof Paulowski zum Metropoliten aller Katholiken in Rußland er-
nannte; daß die Allokution des Papstes Gregor Xvi. am 22. November
1839 eine Aenderung dieses Ganges, alle katholischen Bewohner des
russischen Reiches allmählig der russisch-griechischen Kirche zuzuführen,
bewirkt hätte, davon ist nichts bekannt geworden.
So lange Polen noch eigene Verfassung und eigenes Militär hatte,
so lange die katholische Kirche den nationalen Gegensatz zwischen Russen
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Extrahierte Personennamen: Louis_Philipps Philipps Franz Franz Nikolaus Nikolaus Paulowski Gregor_Xvi Gregor
Extrahierte Ortsnamen: Warschaus Frankreich Deutschland Frankreich Paris Ungarn Polen_Ruß- Polen Wilna Warschau Petersburg Kaukasus Polen Rußland
144
Europa.
Völkerstämme: Lithauer oder Letten, Finnen, Germanen, Ju-
den und Zigeuner. Gleich groß ist die Verschiedenheit der Religion.
Die herrschende Kirche ist die griechisch-katholische 54 Mill.; außerdem
giebt es Römisch-Katholische 5 Mill., Protestanten 3 Mill., Juden säst
¡2 Mill. und Mohamedaner über Mill.
Die Hauptzweige der russischen Industrie, die in den neuern
Zeiten sehr gestiegen ist, bestehen in Leder-, Baumwollen-, Wollen-
und Eisensabriken, ferner in Talg- und Wachsschmelzerei, in Talg-
lichter- und Tabakssabriken, in Seifen- und Pottaschsiedereien. Der
Handel ist ansgebreitet und bedeutend. Petersburg, Riga, Odessa
und Astrachan sind die wichtigsten Handelsplätze für den auswärtigen
Handel und Moskau für den innern. Die wichtigsten Exporten sind:
Eisen, Platin, Gold, Kupfer; Hans, Flachs, Holz, Pech, Talg, Felle,
Roßhaare, Pelze, Getreide, Leinsaat, Caviar und Thran. Kein Land
Europa's besitzt so ausgedehnte Flußsysteme und dadurch eine so um-
fangreiche Binnenschifffahrt, als Rußland. Desto mehr aber fehlen ge-
baute Landstraßen. Eisenbahnen find angelegt von Petersburg nach
Moskau und Nischnij - Nowgorod und nach Warschau, Krakau und
Königsberg. Die Moskauer Bahn soll über Charkow bis nach Odessa
geführt werden.
Beherrscher ist ein Kaiser, jetzt seit 1854 Alexander Ii. Die
Thronfolge ist erblich in männlicher und weiblicher Linie. Das euro-
päische Rußland ist administrativ in 33 Gouvernements, 8 Läne,
2 Provinzen und 3 Stadtgouvernements getheilt, politisch und historisch
aber in 8 Länder: Ostseeprovinzen, Polen, Westrußland,
Finnland, Großrußland, Kleinrußland, Südrußland und
Ostrußland. Nach dieser Theilung in Länder betrachten wir weiter
das europäische Rußland.
A. Ostseeprovinzen.
Diese Provinzen an der Ostsee, und zwar an dem finnischen
und rigaischen Busen, sind die ehemals selbständigen Fürsten- und
Herzogthümer I n germanland, Esthland, Livland und Kur-
land.
1. Ingermanland.
St. Petersburg, die kaiserliche Residenz und jüngere Hauptst. des Reichs,
eine der größten, schönsten und merkwürdigsten Hauptstädte in Europa, am Ein-
flüsse der Newa in den finnischen Meerbusen, an mehreren Kanälen und zun,
Theil auch auf Inseln, in einer niedrigen Fläche, hat 4 M. im Umfange, gegen
6000 H. und 570,000 E. Man findet hier viele großartige Gebäude, namentlich
den kaiscrl. Marniorpalast, den kaiscrl. Wintcrpalast mit der Eremitage, worin
die reichsten Kunstschätze aufbcwahrt werden, den vormals michailowschen Palast
(jetzt der Schule des Genickorps eingeräumt), den prachtvollen neuen Palast des
Großfürsten Michael, den Palast des Generalstabs, die neue Börse, 180 Kirchen
besonders die prächtige Jsaakskirche, viele Wohlthätigkeits->, Erziehungs- und
Lehranstalten, worrmter auch eine Universität, eure kaiserliche Bibliothek von
435,000 Bänden, eine der größten und vorzüglichsten Sternwarten, einen Hafen,
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Extrahierte Personennamen: Hans Alexander_Ii Alexander Ingermanland Michael
132
Europa.
Bienen, Seidenwürmer (in keinem Lande Europa's ist die Seidenpro-
duktion so wichtig, als in dem lombardisch-venezianischen Königreiche),
Perlmuscheln und polnische Cochenille, Getreide aller Art, Mais, Reis,
Gartengewächse, Hülsenfrüchte, Futterkräuter, Hopfen, Sens, Flachs,
Hanf, Mohn, Waid, Krapp, Safran, Saflor, Süßholz, viel und guten
Tabak, Obst, edle Südfrüchte, Oliven, Wein in großer Menge und von
vorzüglicher Güte, große Waldungen; einen großen Reichthum an Mi-
neralien, mehr Gold als in einem andern europäischen Lande, viel Sil-
der, Quecksilber, Blei, Kupfer, Zinn, treffliches und viel Eisen, Arsenik,
Braunstein, Spießglas, Kobalt, Zink, Zinnober, Galmei, Edelsteine,
Marmor, Alabaster, Serpentin, Feuersteine, Stein- und Braunkohlen,
Schwefel, Bergöl, Salpeter, Alaun, einen großen Reichthum an Salz,
Vitriol, Soda, Torf, Porzellanerde und eine Menge berühmter Ge-
sundbrunnen.
Die Zahl der Einwohner beträgt 35,019,000, darunter Sla-
wen über 15 Mill., Deutsche fast 8 Mill., Ungarn oder Magya-
ren fast 5 Mill., Romanen fast 3 Mill., Rumänen über 2£ Mill.,
Juden 1,050,000, Zigeuner 146,000, Neugriechen und Arme-
nier. Außer der deutschen Sprache wird die slawische, die
ungarische, die walachische und italienische gesprochen. Die
meisten Einwohner fast 24 Mill. bekennen sich zur römisch-katholischen
Kirche, außerdem giebt es Prostestanten über 3 Mill. (mehr Reformirte
als Lutheraner), Bekenner der griechischen Kirche fast 6£ Mill. Uni-
tarier, Juden und mehrere andere Religionsgesellschaften.
Die Industrie blüht vorzüglich in den deutschen und italie-
nischen Ländern. Die wichtigsten Fabriken sind in Leinwand, Baum-
wolle, Wolle, Seide, Leder, Metallen, Glas, Tabak, Papier 2c. Der
bedeutende Handel wird durch die schiffbaren Flüsse, worunter 7, die
Donau, Theiß, Sau, Drau, Moldau, Elbe und der Po, mit Dampf-
schiffen befahren werden, durch das den südlichen Theil des Kaiserstaa-
tes bespülende adriatische Meer, sowie durch die guten Landstraßen, die
großen Eisenbahnen (782 Meilen im I. 1862) und die Telegraphen-
lmien (1924 Meilen im I. 1862) befördert. Die wichtigsten Expor-
ten sind: Vieh, Getreide, Wein; Blei, Quecksilber, Zinnober, Salz;
Seide, Wolle, Felle; Galanteriewaaren, Tücher, Shawls, Stahl- und
Eisenwaaren.
Der Regent dieses Staates ist ein Kaiser, seit 1848 Franz
Joseph I., der nach seinen deutschen Staaten Mitglied des deutschen
Bundes ist, in dessen Versammlung zu Frankfurt er die erste Stimme
hat und sein Gesandter den Vorsitz führt. Die Thronfolge ist erblich
in männlicher und weiblicher Linie.
Die.österreichische Monarchie besteht ans 19 Kronländern, diese
theilen sich in 1l deutsche und 8 außerdeutsche Staaten, jene
enthalten 3588 Q. M. mit 12,803,000 E. und diese 8174 Q. M.
mit fast 22,216,000 E. Von den Städten zählen 134 über 10,000 E.
und zwar eine über £ Mill. Wien, drei zwischen 100 und 150,000
Prag, Pest, Venedig, neun zwischen 50 und 80,000 Lemberg, Triest,
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Extrahierte Personennamen: Mohn Krapp Zinn Franz
Joseph_I. Franz
Extrahierte Ortsnamen: Europa Süßholz Braunstein Galmei Ungarn Donau Moldau Frankfurt Wien Prag Venedig Lemberg Triest
2ö2
Europa.
einzig auf den natürlichen Erzeugnissen. Es werden
fast alle genannte Produkte, sonderlich aber Getraide
in Menge, Wein, Tabak und Flachs; viel Schlacht-
vieh, Talg, Haute, Leder und Balge, sehr viel Wolle,
Wachs, Pottasche und viele Bekgwcrksprodukte, so-
wohl rohe, als verarbeitete, insonderheit Kupfer, aus-
geführt; die Einfuhr besteht in allerlei Manufaktu-
ren, Seide, Baumöl und tropischen Produkten, und
kommt der Ausfuhr nicht gleich, wiewohl weder die
Lage des Landes, noch die Gesetze dem Handel vor-
therlhaft sind, und die freie Fahrt auf der Donau
nach dem Schwarzen Meere wenig Nutzen schafft.
Die vornehmsten Handelsplätze sind Pesth, Essek, De-
brezin, Scmlin, Sr. Veit am Pflaum und Zeng.
Anmerk. Man rechnet in Ungarn nach Thalern und
Gulden, wie in Leutschland, und es sind alle Oestreich,,
schcn Münzsorten, wovon hier eine große Menge geprägt
wird, im Umlaus. Rur von Scheidemünzen giebt es einige
besondere Arten.
Die Zahl der Einwohner betragt an io Millio-
nen. Sie reden vier Hauptsprachen, weil sie
zu vier Dölkerstammen gehören: i) die Ungarische,
welche mit der Finnischen verwandt ist, die eigentli-
chcn Ungarn, die Kumanen und Iazygen; 2) die
Slavische in verschiedenen Mundarten reden die
Slawonier oder Illyrier, Kroaten, Raizen (Servier),
in Ungarn gemeinschaftlich Slowaken genannt; Z) die
Wallachische wird von den Wallachen (Bulgaren),
und 4) die Teutsche von den Teutschen, in verschie-
denen Mundarten geredet. Dazu kommen noch Grie-
chen, die man oft mit unter den Illyriern versteht,
Italiener, Juden und Zigeuner. Auch ist hier, wie
in dem ehemaligen Polen, die Lateinische Sprache,
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Extrahierte Personennamen: Oestreich
Extrahierte Ortsnamen: Europa Donau Essek Ungarn Leutschland Ungarn Ungarn Polen
656
Russisches Reich. — Jetziger Bestand.
Metropolitanen, 28 Erz- und 38 Bischöfen, wird vom Kaiser durch die heilige
Synode oder obern Kirchenrath regiert. Im I. 1831 zählte man in Rußland
58000 orthodoxe (d. h. griechisch - katholische) Priester und 68000 Kirchendiener,
mit ihren Familien 330000 Köpfe; eben so groß war die Kaufmannschaft mit
ihren Familien. Der gesummte Adel aber bestand aus 375000 Männern und
345000 Frauen, und die Bürgerschaft (den Kausinannsstand abgerechnet) ans
3,200000 Köpfen. In Polen ist mau mehrentheils römisch-katholisch, unter den
Deutschen und Finnländern lutherisch, im Süden hängen viele (Tartaren n. a.)
noch am Islam und ganz im Norden (Lappen u. a.) am Heidenthum. Der
römisch-katholischen und armenischen Christen sollen 8 und der Protestanten
2 Millionen sein, Juden l4/s, Mnhamedaner über 23/10 Millionen und
Buddhisten 300000. —
Das Gewerbwesen ist sichtbar im Steigen, besonders im Gouvernement
Moskau, wo neben der älteren Stahlfabrikation die Bearbeitung der Baumwolle
so in Schwung gekommen ist, daß Rußland jetzt nur noch y6 feines Bedarfs an
Banmwollwaaren ans der Fremde bezieht. Die Fabrikation von Wollewaaren
konnte aber bedeutender sein als sie ist, denn immer noch geht eine große
Quantität (164000 Ctr.) der inländischen Wolle roh ins Ausland. Zucker aus
Runkelrüben verfertigt man jährlich fast 350000 Ctr. — Im Innern sind
Moskau und Nischnei Nowgorod (wohin die ehmalige Makariew - Messe verlegt
ist) Kasan und Orenbnrg die bedeutendsten Handelplätze; an der See:
Petersburg und Riga, Odessa, Archangel. Die meiste Ausfuhr besteht in Talg,
Flachs, Hanf, Getraide (über 57 Mill. Scheffel) Nutzholz für 2% Mill.
Silberrubel, Pelzwerk und Leder, letzteres vorzüglich als Saffian uno als
Jnfleu, das seinen Geruch durch Gerbung mit Birkentheer erhält. Der Handel
zur See ist übrigens noch meist in den Händen der Ausländer, wirft aber,
Ein- und Ausfuhr gegen einander gerechnet, einen jährlichen Gewinn von 6
Mill. Silberrubel ab. Der innere Verkehr hebt sich seit einiger Zeit, da
man die Flußsysteme durch Kanäle, besonders die Wolga mit der Newa und
Dwina, den Dnepr mit Niemeu und Duna, in Verbindung gesetzt hat, und
gegenwärtig Schienenwege baut. Die kleine Eisenbahn von Petersbnrg uach
den nahen kaiserlichen Schlössern war der Anfang, worauf die von Libau zum
Niemen, von Warschau bis zur Ferdinands Nordbahn, von Morschansk im
Gouvernement Tambow bis zur Mündung der Zna in die Mokscha, und zuletzt
als die wichtigste die von Petersbnrg nach Moskau folgte. — Der Volks-
unterricht ist noch sehr mangelhaft, obwohl sich die Zahl der Schulen ver-
größert. Gymnasien sind jetzt in jedem Gouvernement, doch werden nnr gewisse
Stände zum höhern Unterricht zugelassen; es gibt neue und strenge Vorschriften
darüber. Universitäten hat das Reich 7, zu Moskau, Petersburg, Dorpat, Kiew,
Kasan, Charkow, Helsingfors. Sehr bedeutsam ist es, daß der jetzige Kaiser die
1816 gestiftete Warschauer Universität 1832 wieder aufgehoben und den Polen
nur die medicinisch-chirurgiiche Facultät zu Wilna gelassen hat. — Die Finanzen
sind wenig bekannt; die Staatsansgabe beträgt in Friedenszeit etwa 162 Mill.
Thaler preußisch. Zu Anfang 1853 ward die Staatsschuld auf 400 Mill. Sil-
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Deutscher Bund
Oestreich.
563
Salzburg und dem benachbarten Salzkammergute, und viele kleinere, liefern
jährlich an 6 Mill. Ctr., also auf den Kopf 17% Pfd. Rechnet man als zum
Berbrauch nöthig 12 Pfd. auf den Kopf, so können %7 des ganzen Salzertrags
ausgeflihrt werden. Des Eisenö in Steyermark ist schon im Kap. über die
Alpen Erwähnung geschehen. Der Gesammtertrag an Eisen in der Monarchie
beläuft sich auf 1688000 Ctr., und der Steinkohlen, die indeß in noch größerer
Menge zu gewinnen sind, ans 4500000 Ctr. Das Quecksilberbergwerk zu Jdria
ist schon erwähnt. Mineralquellen zählt man 1500, worunter höchst berühmte,
wie Baven unweit Wien. Gastein im Salzburgischen, Carlsbad und Töplitz in
Böhmen n. a. m
Das Gewerbwesen hätte bei so großer Fülle von Produkten Anlaß genug
zur bedeutendsten Thätigkeit; auch rühmt man Quantität und Qualität von
Leinwand, Tüchern, Seiden-, Banmwoll-, Stahl- und Eisenwaaren, Papier, Por-
cellan, Glas, Lederarbeiten, Quincarllerie- und Galanteriewaaren, namentlich die
glänzenden Fabrikate aus Wien, Mailand, Prag, Pesth u. s. w. Dennoch be-
findet sich die Industrie noch lange nicht im Verhältniß zur Mannigfaltigkeit der
Naturprodukte. Die Ostprovinzen besonders sind hinter den deutschen und itali-
schen zurück. Da aber die vorhandenen Hindernisse allmählig weggeräumt wer-
den , so steht dem östreich. Gewerbwesen noch eine größere Entwickelung bevor.
Wie mit der Industrie, so ists mit dem Landhandel, dem fahrbare Flüsse,
vermehrte Straßen, einige Kanäle, jetzt auch Dampfschiffe und Eisenbahnen zu
Hülfe kommen. Früher hemmten inne-e Zolllinien ven gegenseitigen Verkehr der
Provinzen. Es gab Mauthen zwischen ven deutschen, ungrischen und italischen
Landestheilen, ja sogar zwischen Oestreich und Tprol; auch Dalmatien hotte ein
eignes Zollsystem. — Zum S eeha nd e l, nainentlich auf dem Mittelmeere, ermun-
tert der adcialische Golf. Trieft ist der wichtigste Hafen, außerdeni Venedig,
Fiume, Ragusa, Caltaro. Man zählt ohne die kleinen Küstenschiffe und Fischer-
barken 1100 Kauffahrer von 100 bis 500 Tonnen.
Die Bevölkerung beläuft sich fast aus 38 Mill. Menschen in 798
Städten, 2290 Marktflecken und 67680 Dörfern, mit 5300000 Wohnhäusern, ist
also größer als die von Frankreich. Allein der östreichische Staat ist kein
gleichartiger, er umfaßt Völker verschiedenen Stammes, sowohl nach
Sprachen und Gesittung, als nach Geschichte und Verfassungen. Es sind: Deutsche
fast 8 Mill., Slawen 15% (nämlich Tschechen, Wenden, Moraven. Slowaken,
Polen, Ruthenen, Croaten, Serben, Slawonier, Dalmatiner, Schokazen u. Jstrier),
Magyaren 5% , Rumänen oder Walachen 2690000, Juden 730000, Friauler
394000, Zigeuner 94000, Italiener 5 Mill., und zerstreut noch mehrere tausend
Griechen, Armenier u. s. w. Bei weitem die Mehrheit ist römisch-katholisch;
Protestanten gibt es 3% Million. meist in Ungarn. Zu bemerken ist, daß die
staatsbürgerlichen Rechte der verschiedenen christlichen Confessionen nicht, wie in
andern deutschen Staaten, einander gleich sind; nur in Ungarn und Siebenbürgen
stehen die Protestanten den Katholiken ziemlich gleich, in den andern Provinzen,
also auch im eigentlichen Oestreich, wurden sie bisher nur geduldet, während in
36*
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich]]
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Extrahierte Personennamen: Caltaro Oestreich
Extrahierte Ortsnamen: Salzburg Steyermark Wien Carlsbad Wien Mailand Prag Oestreich Dalmatien Venedig Fiume Ragusa Frankreich Polen Ungarn Ungarn
Das oströmische Reich bis zum Ende des elften Jahrhunderts- 279
Von dauernder Wirkung war, daß unter Constantin durch den Patriarchen
Michael Cärularius das Schisma erneuert wurde. Vergeblich suchte
Papst Leo Ix. denselben zur Einheit der Kirche zurückzuführen, und
obgleich der nächste Kaiser den Patriarchen absetzte, wurde die der Kirche
geschlagene Wunde nicht mehr geheilt. Die Trennung der griechischen
Kirche von der katholischen, die auch das kirchliche Schicksal Rußlands
entschied, war vollendet zu der Zeit, als der Islam durch die Seld-
schuken eine neue Macht erhielt.
5. Nachdem Constantin, der die Zoe überlebte, im Jahre 1054
gestorben war, bemächtigte sich Zoe's Schwester Theodora der Gewalt
und ernannte einen Nachfolger in der Person des Feldherrn Michael Vi.
Stratiotikus. Doch Unzufriedenheit in den Heeren des Ostens berief
in Paphlagonien den tapfern Feldherrn Isaak aus dem mächtigen Hause
der Komnenen zur Negierung, und ein Sieg bei Nicäa stürzte den Gegner,
worauf Isaak im Jahre 1057 in die Hauptstadt einzog und die Krönung
empfing. Das neue Haus, welches in Besitz der Kaiserwürde gekommen
war, befestigte sich in deren Besitz erst, nachdem die Reihe der aus ihm
stammenden Herrscher nach Isaak noch durch vier ihm fremde Herrscher in
Folge von Ereignissen, in welchen sich immer das alte Spiel von Ränken
im Palaste und Empörungen im Heere wiederholt, unterbrochen worden
war. In den Beginn der Begebenheiten, welche mit dem Schlüsse des
elften Jahrhunderts die Gestalt der Welt zu verändern anfangen, fällt die
Regierung des zweiten Komnenen Alerius (1081—1118), eines Neffen
Isaaks. In kleinliche Angelegenheiten verwickelt, steht er zwischen dem
Andrange des Sultans von Jkonium und des normannischen Herzogs
und sieht Italien ganz, Kleinasien fast ganz verloren. Zugleich wurde
nach Nordwesten hin, wo slavische Staaten nur in halber Abhängigkeit
von dem Reiche gestanden, durch zwei neu emporstrebende Mächte der
Einfluß und das Gebiet des Reiches geschmälert. Der König Ladislaw
von Ungarn streckte die Hand nach den Ländern der Kroaten und der
Slavonier. Diese Völker wohnten südwärts der Drau und an der
adriatischen Küste hin und durch ihre Sprache weisen sic sich aus als
Angehörige des servischen Stammes, obgleich der Name Kroatien sich
in der Folge auf einen Theil der zwischen Drau und Sau wohnenden
Bevölkerung beschränkt hat, der mit den Nachkommen der karantani-
schen Slaven eine besondere slavische Sprache, die slavonische, theilt.
Den ungarischen Ansprüchen auf diese Gebiete begegnete der venetianische
Staat. Dieser hatte, in die Mitte zwischen das westliche und östliche
Europa gestellt und durch Handel und Seemacht reich und mächtig ge-
worden, bei einer lange dem Namen nach fortdauernden Abhängigkeit von
dem oströmischen Reiche, endlich eine selbstständige Stellung erworben.
Der Doge, das Oberhaupt des Staates, hervorgegaugen aus dem kai-
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Extrahierte Personennamen: Constantin Michael_Cärularius Leo_Ix Leo Constantin Theodora Michael_Vi Isaak Isaak Isaak Isaak Isaak Isaak Alerius Isaaks Isaaks
Extrahierte Ortsnamen: Nicäa Jkonium Italien Kleinasien Ungarn Kroatien Europa