— 203 —
Manteuffel ihm die Aufgabe der Verfolgung abnahm, die so wirksam war, daß 80000 Mann zerlumpt und halb erfroren sich in die neutrale Schweiz flüchteten. Südwestdeutschland, das von einem Einfalle bedroht gewesen war, athmete wieder auf.
Unterdessen hatte die Belagerung von Paris fortgedauert, und alle Ausfälle waren blutig zurückgeschlagen worden. In der Stadt wütete der Hunger, schon war auch ein Fort in deutschen Händen, von welchem aus die Beschießung begann. Da entschloß sich die Regierung der Nationalvertheidigung dazu, einen Waffenstillstand zu erbitten (28. Jan.), übergab sämmtliche Forts, überlieferte die Waffen und überließ es der in Bordeaux zusammentretenden Nationalversammlung Frieden zu schließen. Derselbe wurde durch Bismarck und Thiers vereinbart, und nachdem ein Theil der siegreichen Truppen in Paris eingezogen war, bestätigt (2. März), fand aber erst in Frankfurt a./M. 10. Mai seinen völligen Abschluß. Frankreich mußte eine bedeutende Geldsumme zahlen und das Elsaß außer Belfort sowie Deutsch-Lothringen abtreten. Ungefähr sieben Monate hatte der Krieg gedauert, nie aber waren in so kurzer Zeit so gewaltige Erfolge errungen worden, nie hatte die Feldherrnkunst (Moltke) und die Staatskunst höhere Triumphe gefeiert. Die Zahl der gewonnenen Schlachten und Gefechte kam der Zahl der Kriegstage beinahe gleich, 28 Festungen hatten sich ergeben, über 350 Tausend Gefangene gezwungen den Weg nach Deutschland angetreten. Mit der Tapferkeit der Truppen im Felde hatte die Sorgfalt der Angehörigen in der Heimat gewetteifert; besonders das schwächere Geschlecht zeigte sich groß in Werken aufopfernder Menschenliebe z. B. in der Pflege der Verwundeten und Kranken.
Während des gewaltigen Kriegsgetümmels tagte in Rom das vatikanische Conzil und erfüllte nach einigem Sträuben den Wunsch Pius des Ix., indem es die Unfehlbarkeit des Papstes in Sachen des Glaubens und der Moral als Dogma aussprach. Weil damals die französische Besatzung der Tiberstadt zum Schutze der Heimat abberufen ward, benutzte Victor Emmanuel diese Gelegenheit, um den letzten Rest des Kirchenstaates mit Rom seinem Reiche einzuverleiben und so das einige Italien zur Wahrheit zu machen.
Wichtiger als dieser Sieg des Nationalitätsprincips auf
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Extrahierte Personennamen: Victor_Emmanuel
Extrahierte Ortsnamen: Paris Paris Frankfurt Frankreich Belfort Deutschland Rom Italien
498 Die neue Zeit.
Anmerkungen.
1. Joseph Ii. ward geboren zu Wien am 13. März 1741. Er erhielt einen trefflichen religiösen Unterricht durch den Jesuiten Parhamer^ welcher soviel bewirkte, daß er doch nicht dem Unglauben in die Hände fiel, wie Friedrich Ii., der sein Ideal war und den er nachzuahmen strebte. Wie bei Friedrich, so sollte auch bei ihm alles seinem Willen sich beugen, aber Joseph vergaß, daß er wohl nehmen, aber den Völkern die Siege und den Ruhm nicht darbieten konnte, die Friedrich errungen. In kirchlichen Dingen legte er die schalsten Grundsätze als Maßstab an und beurteilte alles nur nach dem Staatszwecke, wie wenn der Staat in der Welt alles zu regieren hätte und die Kirche nur dessen Dienerin wäre. Er hob nicht nur 700 Klöster, sondern auch eine Menge Bruderschaften und religiöse Vereine auf und zog deren Vermögen ein, weil nach feiner Ansicht ein Gebetsverein für den Staat feinen Zweck hatte. Er verbot den Geistlichen und Laien, mit Rom in Verbindung zu treten, beschränkte den Verkehr der Ordensgeistlichen mit ihren auswärtigen Obern, erklärte die päpstlichen Dispensen für unnötig, entzog den Bischöfen die Erziehung des Klerus, errichtete für die Bildung desselben Generalseminarien und ließ sogar einen eigenen Katechismus bearbeiten, weil nicht nur der Katechismus von Canisius, sondern auch der von Abt Felbiger von Sagau verfaßte ihm zu katholisch war. Er kümmerte sich darum, wieviel Lichter bei der heiligen Messe brennen durften, und wollte, um Holz zu sparen, die Toten in Säcken begraben lassen. Friedrich Ii. nannte ihn deshalb spottweise: „Mein Bruder, der Sakri-ft an." Dagegen duldete er, daß eine gewisse Klasse von Schriftstellern allen Schmutz und Unflat in ihren Schriften anhäuften und die Kirche öffentlich damit besudelten. All dies machte ihn beim Volke so unbeliebt, daß er, als er hörte, es seien für feine Genesung öffentliche Gebete angeordnet worden, selbst sagte: „Ich weiß, daß mich der größte Teil meiner Unterthanen nicht liebt. Wozu können Gebete nützen, die das Herz nicht fühlt?" Und doch meinte Joseph es gut, aber er hatte den unglücklichen Wahn, daß alles, was er für gut hielt, auch gut sei, und daß man den Menschen das Gute, auch gegen ihren Willen, mit Gewalt aufdrängen dürfe. Als er feine Bestrebungen vereitelt sah, bereute er seinen unerleuchteten Eifer, und es war ein Trost für ihn, in der letzten Krankheit beten zu können: „Herr, der du allein mein Herz kennst, du weißt, daß ich mit allem, was ich gethan, das Wohl meiner Unterthanen bezweckt habe." Er ließ sich auch, um manches Ärgernis gut zu machen, öffentlich mit den heiligen Sterbsakramenten versehen und starb als ein gläubiger katholischer Christ. Ans zwei Ehen erhielt er keine Kinder, die ihn überlebten. Er "starb als Witwer und kinderlos.
2. Der hauptsächlichste politische Fehler, den Joseph in den Niederlanden machte, war die Aufhebung der niederländischen Verfassung, welche Aufstände hervorrief. Als Joseph überdies den Erzbischof von M e-cheln aller seiner Würden verlustig erklären und ihm die Orden abnehmen ließ, womit ihn Maria Theresia geschmückt hatte, und als der Bischof von Antwerpen Hausarrest erhielt, brach die Geduld des belgischen Volkes.
3. Joseph Ii. leitete sein Anrecht auf Bayern daher ab, weil Kaiser Sigismund den Herzog Albrecht von Österreich (1426) damit belehnt habe. Das war genau ebensoviel Anrecht auf Bayern, als Friedrich ans Schlesien hatte. Zum Glück hatte Maria Theresia,
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Extrahierte Personennamen: Joseph_Ii Friedrich_Ii Friedrich Friedrich Friedrich Joseph Friedrich Friedrich Canisius Friedrich_Ii Friedrich Joseph Joseph Joseph Maria_Theresia Maria Theresia Joseph_Ii Sigismund Albrecht_von_Österreich Albrecht Friedrich Friedrich Maria_Theresia Maria Theresia
Extrahierte Ortsnamen: Wien Rom Niederlanden Antwerpen
^ Das Altertum.
mif Tr' rrie ägyptischen Ärzte, die ihn nicht heilen konnten,
auf Pfahle spießen lassen wollte. Nur die Fürbitte des griechischen Arrtes der thn geheilt hatte, hielt ihn davon ab. 5 '
8 30.
Griechenland.
76) Während die riesigen Staaten Asiens in Trümmer zer-stueit, halten sich Bildung und Gesittung nach Europa verpflanzt. Die ersten Träger waren die Bewohner des jetzigen Griechenlands. Ms das südöstlichste Land Europas und in der Mitte dreier Weltteile gelegen, war es vorzüglich geeignet, die Kultur der Alten Welt in sich aufzunehmen und veredelt den europäischen Völkern zu übermachen. Die Griechen waren es vorzüglich, die das Schöue m Kunst und Wissenschaft pflegten und es in einer solch vollendeten Form darzustellen wußten, daß ihre Kunstwerke noch heute für uns klassische, d. H. mustergültige sind. Sie nehmen unter den Völkern des Altertums die erste Stelle ein. Ihre ^schichte nimmt deshalb unsere Aufmerksamkeit vorzüglich in Anspruch.
77) Im allgemeinen bestand Griechenland ans drei großen Landschaften. Im Norden lagen Thessalien und Epirus. An dieses grenzte Mittelgriechenland oder Hellas an, welches durch die Landenge (Isthmus) von Korinth mit dem südlichen '^eile, dem Peloponnes, zusammenhing. Bewohnt wurde es von einer Menge kleinerer Völkerstämme. Die ersten Einwohner kamen vom Kaukasus her. Es waren die Pelasger, welche in Thessalien und Epirus einwanderten. Nach ihnen kamen aber bald die Hellenen, welche die Oberhand gewannen, während von den Pelasgern viele nach Italien und den Inseln auswanderten.^ Bald nannte man.alle die vielen Völkerstämme mit dem gemeinschaftlichen Namen die Hellenen. Unter den Hellenen traten bald die Dorier in Thessalien und die Ionier in Attika hervor.
Anmerkungen.
1. Griechenland ist auf drei Seiten vom Meere umgeben, im Süden vom Mittelländischen, im Osten vom Ägäischen und int Westen vom Jonischen Meere. Im Norden ist Griechenland durch hohe Gebirgsketten gedeckt. Im Osten ist es beiläufig ebenso weit von Kleinasien entfernt, als im Westen von Italien. Den Namen Griechenland erhielt Hellas von den Römern, und zwar sollen sie das Land nach dem kleinen thessalischen Volksstamme der Grajen so genannt haben.
Thessalien wird von dem größten Flusse Griechenlands, dem Penens, durchströmt. Die vorzüglichsten Gebirge sind: der Olymp, wohin die Phantasie den Wohnsitz der Götter verlegte; der Ossa, von
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180 Das Altertum.
und Nacht wurden nichts als Waffen geschmiedet. Alles Erz, ja alles Silber und Gold wurde verarbeitet. Die Frauen gaben nicht nur ihren Schmuck, sondern selbst ihre Haare her, um Bogensehnen daraus zu machen. Die Weiber standen den Männern au Tapferkeit nicht nach, und als Karthago verloren war, stürzten sie sich ebenso unerschrocken in die Flammen. Von 700 000 Einwohnern blieben uur 50 000 am Leben.
3. Publius Cornelius war der Sohn des Ämilius Paulus, weshalb er den Namen Amilianns führt. Ein Scipio wurde er dadurch, daß er von einem Sohn des Siegers von Zama an Kindesstatt angenommen wurde. Als er in den Brand von Karthago hineinblickte, soll er geweint und die Worte Homers gesprochen haben: „Einst wird kommen der Tag, wo die heilige Jlios hinsinkt, Pria-mos selbst und das Volk des lanzenkundigen Königs." Der Geschichtschreiber Po ly bius, der ihn begleitete, fragte ihn, warum er weine; Scipio soll geantwortet haben: „Auch für Rom kann einst ein solcher Tag kommen."
4. Der Geschichtschreiber der puuischeu Kriege ist vorzüglich Poly-bius. Er verfaßte eine Geschichte des Wachstums des römischen Reiches, die aber nicht mehr vollständig erhalten ist. Polybius (geb. zwischen 212—204 v. Chr.), ein Grieche, kam als Geisel nach Rom, lernte dort die römische Staaisversasfiiug kennen, und begleitete den Scipio auf seinen Zügen. Er ist ein pragmatischer Geschichtschreiber, d. h. ein Geschichtschreiber, welcher in der Weltgeschichte nicht bloßen Zufall, sondern das Walten einer höheren Macht erkannte.
8 65.
Die Gracchen.
185) Man sollte nun meinen, eine so unermeßliche Menge von Kostbarkeiten aller Art, die aus den eroberten Provinzen nach Rom geschleppt wurden, hätten einen ungemeinen Wohlstand zur Folge gehabt, und es ist wahr, es war ein fabelhafter Reichtum in Rom aufgehäuft. Aber es befand sich dieser doch nur in verhältnismäßig wenigen Händen, und es waren vielleicht nur 2000 Familien, welche die öffentlichen Ämter an sich gezogen hatten und deshalb auch im Besitze des Vermögens waren. Das Licinische Gesetz (s. Nr. 156) war außer acht gekommen und die Senatoren waren wieder im Besitze ungeheurer Ländereien, die sie von ihren Sklaven bebauen ließen. Dadurch entstand Mangel an Arbeit und Armut unter dem niedern Volke. Der nützlichste und notwendigste Stand im Staate, der des unabhängigen Bürgers und Landbauers, verschwand, und Armut und Reichtum begannen immer mehr einander schroff gegenüberzustehen. Dagegen wurde die Masse der armen Bürger, die von den Reichen Vorteil zu ziehen suchten, immer größer, und da diese vielen Köpfe stimmberechtigt waren, so mußten die Reichen wieder durch öffentliche Spenden sie zu gewinnen suchen. Die
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176
Viertes Kap. Römische Geschichte.
Aber die Cimbrer — wenn sie auch die Welttyrannin stürzten —
waren selbst wohl schwerlich zur Weltherrschaft gelangt. Dafür
hatte durch ihren Sieg zu den unterdrückten Völkern die Freiheit wic-
derkehren, und aus dein erneuten Leben unendlich mehr Gutes anf-
blühen mögen, als jemals die Römermacht schuf. Verhängnißschwer
war in jeder Annahme der Augenblick; und wer mag es Zufall
nennen, daß jezt plözlich die hervorbrechende Sonne die Cimbrer blen-
dete, und den halb gewonnenen Sieg ihnen entriß? Es erging ihnen,
nach gräßlichem Widerstande, wie den Teutonen. Selbst ihre Weiber
stritten noch von der Wagenburg mit heldenmüthiger Verzweisiung.
Die Tignriner, als sic solches Unglück vernahmen, zerstreuten sich.
Marius, der Retter Roms, hielt einen herrlichen Triumph; doch
erkannten Viele, daß die Ehre des tezten Tages dem Catnlus ge-
bühre.
tz. >46. Der Bundesgenossenkrieg.
Für Rom selbst wurden die Siege des Marius fast so verderblich,
als seine Niederlage gewesen wäre. Trunken von der soldatischen
Größe und des Herrschens gewohnt, glaubte er Anspruch zu haben
auf bleibende Herrschaft. Auch ward er zum scchstenmal Cónsul
(3883. 100 v. Chr.) durch die Gunst des Pöbels, dem er immer-
dar angehangen, und durch den Eifer zweier gleichgesinnter Dema-
gogen, des Tribuns L. Appulejus Saturni uns und des Prä-
tors Glaucias. Gegen dieses Triumvirat vermochten Metellus
und Sulla, die Anführer der Optimaten, für jezt noch wenig.
Metellns wurde verbannt. Sulla arbeitete im Stillen. Als aber Sa-
turninns seinen Mitwerber um's Tribunat, Nonnius, auf den Co-
mitien ermorden ließ, und Glaucias dasselbe gegen Memmius
verübte, der mit ihm das Consulat gesucht; so empörte sich das ganze
Volk, solcher Gräuel noch nicht gewohnt, gegen die Verbrecher.
Diese bemächtigten sich des Kapitols. Marius, um nicht mitschuldig
zu scheinen, verband sich mit dem Volke, und sah seine treuen Ge-
hilfen, als sie der Uebermacht sich ergaben, eines schmählichen To-
des sterben. Er selbst hielt für nöthig, sich auf einige Zeit nach
Asien zu entfernen. Metellus wurde glorreich zurückbernfen.
Nach kurzer Ruhe veranlaßte Livius Drusus noch größeren
Brand. Es ist schwer, seinen Charakter zu würdigen. Talent und
Eifer schreiben ihm Alle, die Meisten auch edle Gesinnungen zu (*) ;
aber, was er tbat, wirkte schädlich, und es war sein Leben, wie
(*) Er isi's. der sein Haus dergestalt erbaut haben wollte, daß alle Men-
schen sähen, was er darin begänne. Ein Zug, in welchem Rousseau die
remile und erhabenste Tugend erblickt.
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Extrahierte Personennamen: Marius Marius Marius Marius L._Appulejus_Saturni Sulla Metellns Sulla Marius Marius Metellus Livius_Drusus
Frankreich unter dem Konsulate.
345
einen Dogen mit zwei Beisitzern, einen Senat und einen gesetzgebenden
Körper. Bedeutender war jedoch die Umwandlung, die er mit seiner
eigenen Schöpfung, der ciöalpinischen Republik, vornahm. Diese
fand sich bewogen, eine großartige Deputation nach Lyon zu schicken,
wo dieselbe von Talleyrand eine neue Verfassung in Empfang nahm.
Bonaparte wurde Präsident der Republik, weil die Cisalpiner den
Mann nicht finden konnten, „der sich in dem Wirbel der Meinungen
Ruf und Vertrauen zu erwerben Gelegenheit hatte; daher wünschen sie
sehnlichst, daß General Bonaparte die cisalpinische Republik ehren wolle,
indem er fortfährt, sie zu regieren und zu berathen, so lange er es für
nothwendig erachtet." Zu gleicher Zeit taufte sich die cisalpinische Re-
publik in eine italienische um und zeigte dadurch ihren guten Willen,
von dem übrigen Italien die Stücke anzunehmen, die zu einer bloßen
cisalpinischen Republik nicht gepaßt hätten. Rach der französischen Ver-
fassung konnte Bonaparte nicht italienischer Präsident sein, weil kein
französischer Bürger in fremde Dienste treten durfte; er trat aber auch
nicht in italienischen Dienst, „denn er regierte die italienische Republik
nur so lange, bis dieselbe einen Bürger fand, welcher der höchsten Stelle
gewachsen wäre." Piemont, Piacenza, Guastalla und Parma wurden
mit Frankreich vereinigt; dies war eine leicht begreifliche Andeutung,
welche die italienische Republik für ihre Zukunft erhielt. Für den Erb-
prinzen von Parma schuf Bonaparte ein Königreich Etrurien, wofür
ihm Spanien in einem geheimen Vertrage Parma und in Amerika Loui-
siana abtrat (1801).
Siebenzehntes Kapitel.
/rankreich untrr dem Konsulate (1800— 1804).
Die französische Republik mußte sich nicht weniger dem Willen des
gewaltigen Kriegers fügen als ihre Töchterrepubliken, und er bewies,
daß er die Geschäfte des Friedens ebenso sicher zu leiten verstehe, als
die des Krieges, und daß er nicht bloß die Armeen, sondern die ganze
französische Nation kommandieren wolle; die weitaus größere Mehrheit
fügte sich diesem Kommando willig. Er ordnete die Verwaltung und
die Finanzen wunderbar schnell, so daß 1801 die Staatskasse gefüllt
war und alle Zahlungen regelmäßig vor sich gingen; unter ihm blühte
die Gewerbsthätigkeit Frankreichs neu auf; kein früherer König, auch
Ludwig Xiv. nicht, that in dieser Richtung so viel als Bonaparte; für
den Verkehr baute er Straßen und Kanäle und schuf die gewaltigen
Heerstraßen über die Alpen, wahre Römerwerke. Das Unwesen, daß
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Extrahierte Personennamen: Bonaparte Guastalla Siebenzehntes Ludwig_Xiv Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Lyon Italien Piacenza Frankreich Parma Etrurien Spanien Amerika Frankreichs
Belagerung der Stadt. 177
daß sein Anerbieten, einen kriegserfahrenen Offizier nach Magdeburg zu entsenden, bereitwilligst werde ergriffen werden. So geschah es auch. Er erwählte dazu den Obersten Dietrich vonfalkenberg, einen der fähigsten, entschlossensten und erprobtesten seiner Offiziere, der ihm schon als politischer Zwischenträger bei verschiedenen Höfen wichtige Dienste geleistet batte. Falkenberg langte in Magdeburg an und wurde zum Kommandanten der Festung ernannt. Sofort richtete er sein Augenmerk auf die Befestigung der Stadt und ließ dieselbe durch bedeutende Außenwerke verstärken.
Tilly hatte schon während des Winters 1630—31 den Feldmarschall Pappenheim mit 6000 Mann in das Erzstist gesandt, um Magdeburg zu belagern; dieser hatte jedoch bisher nur geringe Erfolge erzielt, weil feine Streitkräfte für die Größe der Aufgabe nicht ausreichten. Im April 1631 kam Tilly selbst mit dem Hauptheere nach, so daß die gesamte Streitmacht 23,000 Mann zu ^-uß und 7000 zu Pferde zählte. Die Artillerie bestand aus 36^Geschützeu. Mit der ganzen Wucht feiner Streit-fräste Ichritt Tilly vor, und in dem kurzen Zeitraume von 48 stunden hatten die Magdeburger beinahe alle ihre Außenwerke verloren.
Nicht leicht^ ist ein großer Mann ungerechter verläumdet worden, als Tilly. Dichter und Geschichtsschreiber haben ge-wettetfert, seinen Charakter als den eines fanatischen Blutmen-Ichen zu brandmarken. „Die Zerstörung Magdeburgs durch -Lilly ist ein geschichtlicher Glaubensartikel geworden " Und doch ^dieser Glaubensartikel ein bloßes Trugbild, geschaffen durch absichtliche Verunstaltung der Thatsachen. Wie wenig ihm an der Zerstörung Magdeburgs Schuld zu geben ist, beweisen drei ?ne'™' die er am 4. Mai aus seinem Lager an den Rat und ^ Bürgschaft Magdeburgs, an den Markgrafen Christian Wilhelm und an Falkenberg sandte. In dem ersten gab er den Bewohnern zu bedenken, wie vielen Verlust an Gütern und Wohlstand jte durch ihr bisheriges Verhalten schon erlitten hät-teij, und stellte ihnen vor, wie es durch göttliche Fügung so weit gekommen, daß es in seiner Hand liege, sie mit Hab und Gut, mrt Werb und Kind gänzlich zu verderben. „Deshalb erinnere ich Euch aus getreuer Sorgsalt und Wohlmeinung gegen Euch," Tä 5 T£rt; "ermahne und warne Euch in Ernst, daß Ihr Euch bte Gnabenthur, die Euch noch offen steht, nicht verschließt, ^ch zweifle nicht, Ihr werbet selbst Euer Bestes wissen. Ihr werdet es mcht zum äußersten kommen lassen, welches für Euch, für Euere Wewer und Euere Kinder, für Euer Hab und Gut Ho ff mann, Weltgeschichte rc. Iii. 12
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Extrahierte Personennamen: Falkenberg Tilly Tilly Tilly Tilly Christian_Wilhelm Wilhelm Falkenberg Ernst Wewer
Sein Tod. "
zeiten sein eigenes Leichenbegängnis veranstalten, und sich im Sarge in die Kirche tragen, um dem Totenamte für die Ruhe seiner Seele anzuwohnen. Aber die Feierlichkeit erschütterte ihn so, daß er in ein Fieber fiel, welchem er nach einigen Wochen in seinem 58. Lebensjahre erlag (am 21. September 1558).
Dieser Kaiser übertraf unstreitig au Weltkenntnis und Klugheit alle seine Zeitgenossen. Denn er wußte nicht nur sich selbst überall zurecht zu finden, sondern auch mit seinem Scharfsinne die Talente ausfindig zu machen und an den rechten Platz zu stellen. Selbst vielseitig gebildet, wußte er wohl die Vorteile der Wissenschaft zu schätzen, und erwarb sich das Verdienst, Beschützer der Künste und Wissenschaften zu seiu. Auch in seinem Äußern zeigte er edlen Austand und große Geschmeidigkeit; nur war er sehr wortkarg und verschlossen und selten sah man ein Lächeln über sein ruhig stolzes, blasses Antlitz hinziehen. Er war Herr seiner Leidenschaften, und alles, was er that, erscheint als die Wirkung kalter Überlegung. In Betreff der religiösen Angelegenheit hat man ihm Mangel an Energie und an gutem Willen vorgeworfen, da er bei der Macht, welche er besaß, wohl imstande gewesen wäre, den Triumph der seine Zeit bewegenden Ideen zu bewirken, wenn er sich an die Spitze derselben gestellt hätte. Daß dieser Vorwurf ein parteiischer ist, ergiebt sich aus der bisherigen Darstellung der Geschichte dieses Kaisers. Wir haben gesehen, daß der Hauptgedanke, an welchem er unerschütterlich fest hielt, und zu deren Verwirklichung er große Kraft bethätigte, die politisch-religiöse Einheit der abendländischen Christenheit war, deren Aufrechthaltung er für feine durch Religion und Politik gebotene Pflicht hielt. Daß er aber nicht gleich mit dem Schwerte drein schlug, sondern es vorzog, die Religionsangelegenheiten auf friedlichem Wege durch eine Kirchenversammlung wo möglich zu begleichen, beweist jedenfalls seinen guten Willen, der um so mehr anzuerkennen ist, als ihn der Papst Paul Iii. aus unbegründeter Furcht vor einem aus der wachsenden Größe des Kaisertums drohenden Kampfe mit dem Papsttum nicht immer gehörig unterstützte. Daß aber Karl trotz des Glücks seiner Waffen, zu denen er endlich greifen mußte, eine große Mäßigung bewies, rühmt selbst Melanchthon an ihm.
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548
Deutscher Bund — Geschichte.
Argwohn und theologischem Hader, bis endlich, durch des jesuitisch erzogenen
Kaisers Ferdinand Ii. Bigotterie imb Herrschsucht entzündet, der fürchterliche
30jährige Krieg ausbrach. Der westfälische Friede beruhigte zwar endlich die
Parteien und setzte ihre Rechte fest, das Reich blieb aber in vielerlei Stücke und
Partikelchen gespalten — ein Unheil, das ans der kurzen Dauer der ersten
Kaiserdynastien herrührt. Hätte sich ehmals den Vasallen der Krone nicht wieder-
holte Gelegenheit zur Wahl eines Oberhaupts, also auch zum Stimmenverkanf
geboten, so wäre von den oberherrlichen Rechten nicht eins nach dem andern ver-
äußert worden, um die Wahlherrn damit zu belohnen und zu Regenten zu
machen. Hierin liegt der Hauptgrund der Vielherrschaft, nicht aber, wie man
hie und da meint, in einer Stainmesverschiedenheil; denn wer könnte die Hun-
derte von Staaten, in welche unser Reich answuchs, und die häufig ihre Gränzen
Änderten, für eben so viele Stämme halten wollen? oder gäb' es wirklich einen
Stamm der Detmolder, Nassauer, Hannoveraner, Badenser, Meininger, Olden-
burger rc. ? Gewiß nicht; und überhaupt erwächst jedes größere Volk aus meh-
reren ursprünglich kleineren, die sich bei gleicher Sprache leicht vereinen und ihre
Sicherheit, ihre Macht, eben in dieser innigen Vereinigung finden. Widrige
Schicksale sind es allein, die ein großes Volk, das sich als solches schon fühlte,
aufs neue in Volkschaften zertheilen. Das war Deutschlands Loos, und überall
unter den Machthabern Selbstsucht und Ausländerei, kein Nationalgefühl. Seit
die großen europäischen Mächte auf deurschem Boden sich gestritten, erhielt sich
jede eine Parthei unter den Reichsständen; und da der französische Hof des
Louis Xiv. überaus glänzend war, so verbreitete sich leicht durch viele deutsche
Residenzen die Nachahmulig desselben mit Prachtliebe und Herrscherei, während
in den Freistädten der ehmals mnthige ehrenfeste Bürgersinn zur Spießbürgerei
herabsank. Von der Unbehülflichkeit und Langsamkeit der Reichstagsverhandluugen
zu Regensbnrg ging pedantische Unistäudlichkeit in alles öffentliche Leben, der
schwerfällige Kanzleistyl in die Literatur über. Und wie man in der Tracht die
pariser Moden (Perücken, Steifschöße u. s. w.) vorzog, so mischten sich auch
zahllose französische Wörter und Redensarten in die Sprache der Gelehrten, ein
widerliches Gemengsel in Versen und Prosa, wobei sich die Schriftsteller auf ihr
barbarisches und weitschweifiges Geschreibe noch viel zu gut thaten; sie nannten
das Gründlichkeit.
So stand wahrlich Deutschland am Ende des 17. Jahrh, in mancher Hin-
sicht tiefer als im Beginn des I3ten, jedoch nur vorübergehend, nur erschöpft
durch taugen innern Streit und durch die zerstückelte Staatsform. Der Kern
des Volkes war noch tüchtig, noch ungeschwächt; wie ein bejchmierter Edelstein
unkenntlich geworden, konnt' er über kurz oder lang den Schmutz abstreifen und
das verlorne Feuer wieder gewinnen. Die bösen Früchte des im 16. Jahr-
hundert begoitnenen Kampfs hatte man geerntet; die guten, nämlich die Ent-
fesselung des Geistes und die Wiederbelebung des Nationalgcfühls waren erst
noch zu ernten. Sobald das Schwert des kirchliche» und politischen Zwiespalts
wirklich im Ernst beiseit gelegt war, tonnte man die Idee, worüber gekämpft
worden, ruhiger betrachten und von dem gewonnenen Rechte freier Forschung
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Extrahierte Personennamen: Ferdinand_Ii Ferdinand Nassauer Ernst
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Louis_Xiv Deutschland
Die Römer in der Zeit der Umwälzungen und der Bürgerkriege. 523
hatte. Zugleich hatte aber der syrische Statthalter Piso Auftrag, ihm
hemmend entgegenzutreten. Es entwickelte sich ein heftiger Zwist und
Germanicus starb im Jahre 19 zu Antiochia in der Meinung, daß er
durch Piso vergiftet sei. So wirkte zur Vollendung des allgemeinen
Unglücks mit, daß der Beste unter den Männern der herrschenden Familie
dem Reiche entrissen wurde. Die Herrschaft aber bildete sich durch ihren
jetzigen Inhaber entschieden zur Despotie aus. Die Abschaffung der
Wahlen und die Uebertragung der Ernennungen an den Senat entfernte
die letzte Erinnerung an vergangene Zustände und machte bei der Ohn-
macht, in welcher sich der Senat befand, Alles von dem Willen des
Herrschers abhängig. Wie sehr die eine Person ohne Rücksicht auf ir-
gend eine Schranke die bewegende Kraft im Staatsleben bildete, wie
jede Rücksicht, die früher auf den Staat zu nehmen gewesen war, sich
auf sie übertrug, zeigte die Einführung der Majestätöverbrechen, unter
welchen man einstens Angriffe auf die Sicherheit des Staates verstan-
den hatte, zu welchen man aber jetzt in der allerunbeftimmtesten Weise
jede dem Herrscher ungünstige oder mißliebige Handlung oder Aeuße-
rung zählte. Aus ihnen erwuchs schlechten Menschen ein Erwerb, in-
dem aus Hoffnung auf die Belohnung die geringfügigsten Dinge, sofern
sich ihnen irgend eine gegen die Person des Herrschers gerichtete Ab-
sicht andichten ließ, zur Anzeige gebracht wurden. Nur von einer Macht
konnte sich Tiberius nicht befreien, er gab ihr vielmehr, da er durch sie
die eigne Sicherheit zu fördern gedachte, eine größere Stärke. Schon
Augustus hatte eine Truppenschaar, die Prätorianer, für den Dienst in
seiner Nähe gebildet, zur Aufrechthaltung der Ordnung in der Stadt
und zum Schutze seiner Person. Diese bisher in der Stadt vertheilte
Schaar zog Tiberius an einer Stelle in einem befestigten Staudlager
zusammen. Von dem Befehlshaber derselben, Sejanus, der sein einzi-
ger Vertrauter war, ließ er sich leiten und dieser benutzte, um desto
selbstständiger handeln zu können, seinen Einfluß dazu, den Tiberius aus
Rom zu entfernen. In seinem finstern Gemüthe von Schreckbildern
geängstigt, ließ sich der Tyrann leicht überreden, einen fernen, einsamen
Aufenthalt zu suchen, wo er sich durch schändliche Lüste betäuben und
den Staat durch Befehle an den Senat regieren könne. Hierzu wählte
er die im Meerbusen von Neapel gelegene Insel Capreä, die er nicht
mehr verließ. Während er dort lebte, übte Sejanus in Nom eine ty-
rannische Gewalt im vollsten Maße und erst die bei Tiberius aufgestiegene
Besorgniß wegen eigner Sicherheit machte seinem Wüthen ein Ende. Ein
neuer Befehlshaber der Prätorianer ward ernannt und Sejanus auf einen
an den Senat gerichteten Befehl verhaftet, verurtheilt und hingerichtet. Ti-
berius aber wüthete seitdem mit eigentlichem Blutdurste, da ihm der Anblick
von Hinrichtungen und Qualen ein Ergötzungömittel geworden war.
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Extrahierte Personennamen: Germanicus Tiberius Augustus Tiberius Sejanus Tiberius Tiberius