Innere Zustände Bñjoariens unter d. Agilolfingern. 25
Haft waren. Einen Beweis liefert die bekannte Taufsormel eines
Pfarrers, der aus Unkenntniß der lateinischen Sprache stets in
folgender Weise taufte: „ baptizo te in nomine patria et
filia et spiritus (ua?) sancti (a?).“ Um die nöthigen Bücher
theils für die Studien, theils für den öffentlichen Gottesdienst §u
erhalten, war das Bücherabschreiben und die Berichtigung der
Abschriften eine Hauptbeschäftigung in den Klöstern. Von den
in den Handschriften angebrachten Zierrathen und der Pracht-
schreiberei war nur ein schwacher Uebergang zur Malerei.
Die Landwirthschaft war zur Agilolfingerzeit, wie ihre
Gesetze entnehmen lassen, in gutem Stande: man trieb Wein-,
Obst- und Gemüsebau und hatte zum Betrieb wilder Bienenzucht
eigene Zeidler.
Die Gewerbe trieben die Leibeigenen und das weibliche
Geschlecht, das vorzüglich Linnen und Wolle webte und daraus
Kleider fertigte, doch verlegten sich Freie auch auf die hoch-
geschätzte Schmiedekunst. Mau wusch Gold aus der Isar und
dem Inn, man sammelte die europäische Cochenille zum Roth-
färben und bereitete Salz aus der Soole von Reichenhall. Den
Handel trieben meist in Städten Freie und Juden, das Münz-
und Wechslerwesen nur die Freien. Die Lieblingsbeschäftigung
der Freien war die Jagd, namentlich aus wilde Stiere, deren
es in den Wäldern eine Menge gab. Welchen Aufwand sie hie-
sür machten, zeigen uns wieder ihre Gesetze, in welchen eine
Menge von Hunden und Stoßvögeln ausgesührt ist, auf deren
Entwendung oder Verletzung bedeutende Geldbußen gesetzt waren.
Mit dem Grundbesitze hing das Heerwesen innigst zu-
sammen. Der freie Besitzer eines Erbgutes (Allodium von al
oder all — ganz, und dem ahd. ot — eigen, also ganz eigen)
war zur Heerfolge, wenn sie gebannt, d. h. geboten wurde, ver-
bunden, und dieß hieß man den Heerbann. Der Heerbann-
soldat mußte sich selbst ausrüsten und für den Felddienst aus
drei Monate mit Lebensmitteln versehen. Die Waffen waren
entweder voller Harnisch, oder Lanze und Schild, oder Bogen
mit zwei Sehnen und zwölf Pfeilen.
Die Bestimmung, daß d?7 Heerbann nur mit Einwilligung
der ganzen Nation aufgeboten werde, rief das Lehens wesen
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Anhang.
Kulturgeschichtliche Grundbegriffe.
I. Kultur und Kulturvölker.
Das Wort Geschichte ist abgeleitet von „geschehen". Also wäre Geschichte alles, was geschieht. Da aber die Summe dessen, was geschieht, unermeßlich groß, auch nicht alles, was sich ereignet, gleich bedeutend ist, faßt man den Begriff „Geschichte" enger und versteht darunter nur solche Ereignisse, welche wichtig genug sind, im Gedächtnis der Menschheit festgehalten und der Nachwelt über* liefert zu werden. Derartige Ereignisse sind uns in der Regel nur von sog. Kulturvölkern überliefert. Unter Kulturvölkern versteht man solche Völker die zur Kultur, d. H. zur fortschreitenden Ausbildung und Entwicklung der Menschheit wesentlich beitragen. Im allgemeinen unterscheidet man:
. und Fischervölker; sie leben von den Erträgnissen der Jagd und
des Fischfangs. Das Fleisch der Tiere dient ihnen zur Nahrung, das Fell zur Kleidung. Feste Wohnsitze sind in der Regel unmöglich; denn wenn eine bestimmte Gegend ausgebeutet ist, muß eine andere aufgesucht werden. Eine gewisse Kunstfertigkeit, also Ausbildung, zeigt sich in der Herstellung der Jaad-gerate; von gezähmten Tieren kommt anfangs nur der zur Jagd oder auch als Zugtier verwendbare Hund in Bettacht.
2. Nomaden- oder Hirtenvölker; sie haben bereits die wichtigsten Tiere gezähmt (Rind Pferd, Kamel ic.), haben sie demnach zur Verfügung und sind mcht mehr auf das Jagdglück und Fangergebnis angewiesen. Fleisch und Milch der Tiere dienen zur Nahmng, das Fell oder die Wolle in irgend einer Verarbeitung zur Kleidung. Jagd und Fischsang sind nicht mehr Hauptbeschäftigung, sondern nur Nebenbeschäftigung. Waffen und Hund benutzt man vor allem zur Verteidigung gegen feindliche Menschen und Tiere. Feste Wohnsitze sind noch immer nicht möglich; denn wenn der Pslanzenwuchs einer Gegend abae-tdeioet ist, muß wieder eine andere aufgesucht werden. Solche Völker gibt es heu zutage nur noch wenige, z. B. einzelne Jndianerstämme in Nord- und Südamerika, die Urbevölkerung Australiens, Zentral- und Südafrikas, die Nopmden-ftamme Jnnerasiens u. dgl. 1
Die erste Voraussetzung für höhere Kultur ist die Seßhaftigkeit Sefaaft kartn ein Volk nur dann werden, wenn es durch irgend ein Interesse an einem bestimmten Boden oder Platze festgehalten wird. Dieses Interesse zeigen lediglich i. ackerbautreibende Volker. Sobald diese die Saat der Erbe anvertraut r °n Ort bleiben, um ernten zu können, wenigstens
9 * Ian9cre Zeit. Dadurch werden sie veranlaßt, ihren Wohnsitz be-
Soren), Lehrbuch. 1
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Die gypter.
13
f In dieses Flugebiet wanderten in vorgeschichtlicher Zeit semitische Stmme aus Vorderasien; sie stieen auf eine Urbevlkerung, die teils geknechtet wurde teils mit den Eroberern verschmolz; daraus entstand die altgyptische Bevlkerung. Die gypter erreichten schon in frher Zeit eine hohe Kulturstufe, die in vielen Punkten der mesopotamischen glich. So hatten sie einen blhenden Ackerbau, der sich auf ein groartiges Kanal-system mit Schleusen und Schpfrdern sttzte; weltberhmt war der Stausee Mris in der Oase Faym am westlichen Berghang sdlich von Memphis noch heute etwa dreimal so groß wie der Chiemsee , der das kstliche Na zur Zeit der Flut aufspeicherte, dann zur Zeit der Drre der das Land abgab. Demgem galt das Nilgebiet im ganzen Mertnm bis in die rmische Kaiserzeit als Hauptkornkammer der stlichen Mittelmeerlnder. Auerdem gediehen die Dattelpalme, ferner die Baum-wollen- und Papyrusstaude (letztere eine Wasserpflanze). Auch die Industrie war der hochentwickelten vorderasiatischen hnlich; zu merken ist die Ge-winnung des Glases, die Bearbeitung von Steinen und Metallen, besonders Edelmetallen, sodann die Herstellung feiner Leinwand und des als Papyrus bekannten Schreibmaterials. Der Landhandel ging nil-aufwrts zu den A t h i o p e n, von denen man Gold, Ebenholz, Weih-tauch, Elfenbeins, Strauenfedern, Sklaven u. dgl. eintauschte, dann ostwrts nach Vorderasien und westwrts an der Nordkste Afrikas entlang. Einzelne Handelswege fhrten auerdem durch die Wste; dieselben muten sich naturgem an die Oasen anschlieen; eine solche war z.b. Siwah mit dem berhmten Tempel des Ammon. Fr den See-Handel fehlte den gyptern das Schiffsbauholz; auch hatten sie keine lngere Kstenlinie; doch empfingen sie gerne die phnicischen, spter die griechischen Seefahrer. Von 600 v. Chr. an besaen sie berdies eine eigene Flotte.
Der Volkscharakter. Aus diesen Verhltnissen entwickelte sich der eigen-artige gyptische Volkscharakter. Die Abgeschlossenheit des Landes sowie der durch Flei und Migkeit erworbene Reichtum machten die Masse des Volkes ebenso hochmtig, selbstzufrieden und u n k r i e g e r i s ch wie die Chinesen. Nur einmal während ihrer langen Geschichte traten die gypter erobernd auf, nmlich ' 1 in der Zeit nach Vertreibung der Hyksos; sonst behalfen sie sich mit S l d n e r n, die sie den lybischen Wstenstmmen, spter griechischen, lydischen und karischen Einwanderern entnahmen. Das Volk war in Stnde geteilt (Priester, Krieger, Kaufleute und Handwerker, Bauern und Hirten): sie waren zwar nicht so streng geschieden wie die Kasten der Inder; doch galt es als Gewohnheitsrecht, da die Kinder dem Stande der Eltern folgten
Kunst und^Wissenschaft.
Die Hauptbedeutung der alten gypter lag auf dem Gebiete der Kunst und Wissenschaft; beide wurden wie bei den Babyloniern und Assyrern
!) Daher der Name der Stadt Elephantine" bei Syene in Obergypten.
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^ Das Altertum.
mif Tr' rrie ägyptischen Ärzte, die ihn nicht heilen konnten,
auf Pfahle spießen lassen wollte. Nur die Fürbitte des griechischen Arrtes der thn geheilt hatte, hielt ihn davon ab. 5 '
8 30.
Griechenland.
76) Während die riesigen Staaten Asiens in Trümmer zer-stueit, halten sich Bildung und Gesittung nach Europa verpflanzt. Die ersten Träger waren die Bewohner des jetzigen Griechenlands. Ms das südöstlichste Land Europas und in der Mitte dreier Weltteile gelegen, war es vorzüglich geeignet, die Kultur der Alten Welt in sich aufzunehmen und veredelt den europäischen Völkern zu übermachen. Die Griechen waren es vorzüglich, die das Schöue m Kunst und Wissenschaft pflegten und es in einer solch vollendeten Form darzustellen wußten, daß ihre Kunstwerke noch heute für uns klassische, d. H. mustergültige sind. Sie nehmen unter den Völkern des Altertums die erste Stelle ein. Ihre ^schichte nimmt deshalb unsere Aufmerksamkeit vorzüglich in Anspruch.
77) Im allgemeinen bestand Griechenland ans drei großen Landschaften. Im Norden lagen Thessalien und Epirus. An dieses grenzte Mittelgriechenland oder Hellas an, welches durch die Landenge (Isthmus) von Korinth mit dem südlichen '^eile, dem Peloponnes, zusammenhing. Bewohnt wurde es von einer Menge kleinerer Völkerstämme. Die ersten Einwohner kamen vom Kaukasus her. Es waren die Pelasger, welche in Thessalien und Epirus einwanderten. Nach ihnen kamen aber bald die Hellenen, welche die Oberhand gewannen, während von den Pelasgern viele nach Italien und den Inseln auswanderten.^ Bald nannte man.alle die vielen Völkerstämme mit dem gemeinschaftlichen Namen die Hellenen. Unter den Hellenen traten bald die Dorier in Thessalien und die Ionier in Attika hervor.
Anmerkungen.
1. Griechenland ist auf drei Seiten vom Meere umgeben, im Süden vom Mittelländischen, im Osten vom Ägäischen und int Westen vom Jonischen Meere. Im Norden ist Griechenland durch hohe Gebirgsketten gedeckt. Im Osten ist es beiläufig ebenso weit von Kleinasien entfernt, als im Westen von Italien. Den Namen Griechenland erhielt Hellas von den Römern, und zwar sollen sie das Land nach dem kleinen thessalischen Volksstamme der Grajen so genannt haben.
Thessalien wird von dem größten Flusse Griechenlands, dem Penens, durchströmt. Die vorzüglichsten Gebirge sind: der Olymp, wohin die Phantasie den Wohnsitz der Götter verlegte; der Ossa, von
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Produkte der Erde. uz
kalten Erdstrichs ihrer Kleider, Schuhe, Zelte, Bettde-
cken und andere Dinge. Aus ihren Hörnern wissen sie
allerlei Gerathe, aus den Knochen Messer, Löffel und
Nadeln, und aus den Därmen und Sehnen Stricke zu
machen. Die Klauen werden zu Trinkgeschirren, und
die Harnblasen zu Beuteln und Flaschen gebraucht. Ist
es nicht eine höchst bewundernswürdige Anordnung
Gottes, das; ein einziges Thier alle Bedürfnisse des
Menschen befriedigt?
Der Erdstrich, in welchem wir wohnen, hat weder
eine sehr heiße, noch eine sehr kalte, sondern eine ge-
mäßigte Witterung, welche sich oft verändert,
und eben dadurch zur Erzeugung und Ernährung der
meisten Produkte geschickt ist. In keinem Erdstriche
findet man daher eine so große Mannichfaltigkeit won
Erd-und Baumfrüchten, als in dem gemäßigten, und
nirgends ist das Thierreich so reichlich angefüllt, als
in diesem. Ackerbau und Viehzucht sind die beiden
Hauptbeschäftigungen der Bewohner dieses Erdstrichs.
Der W einst ock ist das eigenthümliche Produkt dessel-
den, denn er gedeiht weder in den heißen, noch in den
kalten Erdstrichen.
i. Das Thierreich.
^8on den Thieren haben wir ( S. 9 — 14.) schon
mancherlei gelesen, und daraus gelernt, daß man alle-
Thiere, welche auf und in der Erde, im Wasser und in
der Luft leben, am besten von einander unterscheiden
kann, wenn man sie unter folgende 6 Abtheilungen
oder Klassen bringt: Säug et hiere, Vögel, Am-
phibien, Fische, Insekten und Würmer. Lille
Thiere haben dieß mit einander gemein, daß sie einen
Mund (Maul) haben, durch welchen sie dem Körper
seine Nahrung zuführen, und daß sie, vom Hunger-
getrieben, willkührlich ihre Nahrung zu sich nehmen.
Dabei werden sie von ihrem Naturtriebe (I n -
stinkt) geleitet, und vor allem, was ihnen schädlich
ist, bewahrt. Diese Naturtriebe ersetzen bei ihnen den
Mangel der Vernunft, und sind bei einigen Thieren
höchst bewundernswürdig, indem Manche dadurch zum
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608
der Feuerwehr in großen Städten hat sich der Telegraph als merk-
samster Helfer gegen die Ausbreitung des zerstörenden Elements er-
wiesen. Die Sicherheit des Eisenbahnbetriebes hängt zum großen
Teil von ihm ab; durch ihn erhalten wir im voraus Kunde vom
nahenden Sturme, von drohender Wassergefahr. Die politischen
Zeitungen müssen ihn zur Hilfe nehmen, um die Neugierde ihrer
Leser zu befriedigen, und im Kriege spielt der Feldtelegraph eine
sehr wichtige Rolle.
Am großartigsten gestaltet sich aber die Dienstleistung des
Telegraphen für den Welthandel. Im dritten Teile einer Sekunde
durchläuft der elektrische Funke in den Tiefen des atlantischen
Ozeans den Weg von Europa nach Amerika. Es kommt vor, daß
Londoner Kaufleute, welche des Morgens telegraphisch in San Frau-
zisco Bestellungen machen, am Abend desselben Tages Nachricht
über den Abschluß des Kaufes erhalten. Von allen Weltteilen
laufen in Europa die Telegraphenlinien zusammen und vermehren
sich von Jahr zu Jahr immer mehr. Und trotz dieser großartigen
Leistungen sind erfinderische Köpfe thätig, um den Telegraphen durch
das Telephon zu verdrängen.
8. Das Telephon oder der Fernsprecher.
Durch den Fernsprecher ist unser an Erfindungen und neuen
Einrichtungen so reiches Zeitalter abermals um ein Verkehrsmittel
bereichert worden, welches noch eine große Zukunft hat.
Ein vor einem Magnetstabe befestigtes Eisenplättchen wird
durch jeden aus dasselbe gerichteten Ton oder Laut in Schwingungen
versetzt, die nach der Höhe, Stärke und Klangfarbe des Tones ver-
schieden sind. Durch diese Schwingungen werden in einer Draht-
spirale, welche den Maguetstab umgibt, elektromagnetische Ström-
ungen erzeugt. Diese setzen sich durch eine Drahtleitung, ähnlich
derjenigen, die zu telegraphischen Zwecken benutzt wird, bis in die
Drahtumwindung eines entfernten zweiten gleichartigen Apparates
fort und versetzen dort das vor dem Eisenstabe befestigte Eisenplätt-
chen in dieselben Schwingungen, wodurch im Ohre des Hörers auch
dieselben Töne vernommen werden. Aber nicht nur einzelne^ Töne
werden auf diese Weise übertragen, sondern auch die menschliche
Sprache, ferner volle Accorde und ganze Musikstücke. Die Töne
erklingen ganz in der Art des Echos; man vernimmt die Worte
wie aus weiter Ferne, allein nach kurzer Übung so klar und deut-
lich, daß man jede Biegung der Stimme und aus dieser den Reden-
den unzweifelhaft erkennt. Die Empfindlichkeit der Eisenplättchen
ist so groß, daß sie jeden Laut der in der Nähe geführten Gespräche
mitteilen, sobald sie von den Schallwellen erreicht werden.
Der Erfinder des Telephons ist der deutsche Lehrer Philipp
Reis (geb. 1834 in Gelnhausen), der seine ersten Versuche in
Friedrichsdors bei Homburg anstellte. Große Verdienste um die
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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Extrahierte Personennamen: Philipp
Reis Philipp
Extrahierte Ortsnamen: Europa Amerika Europa Gelnhausen Homburg
346 1”7. Geschichtliche Emwicklung der Gewerbe im Mittelalter.
Klassen, hatte sich aus den Banden der Unfreiheit herausgearbeitet.
Die Frucht dieses Sieges erblicken wir in dem überraschend schnellen
Aufschwung, welchen die Städte von da an nehmen, gestützt auf die
Wechselwirkung zwischen Industrie und Handel. Die späteren Städte-
bündnisse sind der beredteste Ausdruck dieses Umschwunges der Dinge
und in ihrer Machtentfaltung, vor der sich selbst Könige beugten, viel-
leicht das stolzeste Denkmal, das je dem Handelsgeiste gesetzt worden ist.
Engelmann.
177. Geschichtliche Entwicklung der Gewerbe im Mittelalter.
Im ganzen Altertum mangelt die freie Arbeit; denn selbst das
Kastenwesen, wie es bei den Indern und Ägyptern bestand, konnte bei
der großen Einschränkung dieselbe nicht fördern, wenn es auch große
technische Fertigkeiten entwickelte dadurch, daß der Beruf in der Familie
erblich war. Bei allen Völkern des Altertums aber, mit Ausnahme der
Chinesen, finden wir die Einrichtung der Sklaverei. Woher erklärt sich
das wohl? Nach der Anschauung der Alten war die geistige und poli-
tische Tätigkeit die einzige Aufgabe des Mannes und mit der eigentlichen
Handarbeit unvereinbar. Wenn sich ein freier Mann, wie z. B. in Athen,
dem Gewerbe zuwandte, so genoß er keine Achtung und vermochte es
auch zu keinem Erwerb zu bringen, weil er die Konkurrenz mit der
Sklavenarbeit, die ja sehr billig war, nicht bestehen konnte. Die Gering-
schätzung des Handwerks traf selbst den Künstler, dessen Werke man
bewunderte.
Die gewerbliche Arbeit war in der alten Welt im eigentlichen
Sinne Hauswirtschaft. Zu einem größeren Hause gehörten, abgesehen
von der persönlichen Bedienung und der Bewirtschaftung der Landgüter,
auch die gewerblichen Unternehmungen, so daß die Zahl der Sklaven in
einem Haushalte bis zu Tausenden stieg. Dadurch konnte allerdings die
Arbeitsteilung zu einem hohen Grade gedeihen und damit die Aus-
bildung der Handgeschicklichkeit und Kunstfertigkeit. Immerhin aber war
es ein roher Zustand,' denn er bewirkte eine große Verschwendung der
Arbeitskraft. Und damit hängt auch die Erscheinung zusammen, daß
das Altertum zu großen technischen Erfindungen, wie sie bei den
neueren Völkern hervortreten, nicht gelangen konnte. In Rom wurden
z. B. die Stunden des Tages durch Sklaven ausgerufen; damit kam
es nicht zur Erfindung der Uhr; die römische Staatszeitung wurde von
Sklaven geschrieben und vervielfältigt. Es war also kein Bedürfnis nach
Erfindungen vorhanden.
Da im Altertum nur die Richtung auf politische Interessen und
wissenschaftliche Beschäftigung Würde und Ansehen verlleh, konnte sich ein
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