120 Mittlere Geschichte. Dritter Abschnitt.
shn, zu werben. 1282 brach ein Aufstand aus (sicilianische Vesper), in welchem alle Franzosen auf der Insel ermordet wurden.
In Sicilien herrschten bis 1409 Könige aus aragonischem Stamme; darauf wurde die Insel mit dem Knigreich Aragonien vereinigt (. 85).
3. Das Interregnum in Deutschland 12541273. In, Deutschland wurden nach dem Tode Wilhelms von Holland (der 1256 bei den Friesen seinen Tod fand) zwei fremde Fürsten, Richard von Cornwallis, Bruder Heinrichs Iii. von England, und Alfons X. von Ca stillen, zu Knigen erwhlt. Ersterer kam nur auf kurze Zeit, letzterer gar nicht nach Deutschland. Im ganzen Reiche herrschte die grte Verwirrung; das Faustrecht galt als Gesetz. Mit der Wahl Rudolfs von Habsburg 1273 endete die kaiserlose Zeit.
. 75.
Der zweite, dritte und vierte Kreuzzug. 1147. 1189. 1228.
Zweiter Kreuzzug 1147. Edessa war (1144) durch den mchtigen Emadeddin Zenki, den seldschuckischen Fürsten von Mosul, erobert und viele Christen in die Sklaverei verkauft worden. Dies und die Fortschritte seines Sohnes und Nachfolgers Nureddin erregten einen neuen Eifer unter den Europern. Der heilige Bern-Harb, Abt zu Clairvaux, bewog Ludwig Vii. von Frankreich und Kaiser Konrad Iii. zu einem Kreuzzuge. 1147 zogen sie mit einem Heere von 100,000 Rittern durch Klein-Asien; doch kamen fast alle durch Mangel an Lebensmitteln und Kmpfe mit den Seld-fchucken in Klein-Asien um. Die beiden Könige gingen zwar zu Schiffe nach Jerusalem, kehrten aber (1149) zurck, ohne etwas aus-gerichtet zu haben.
Beim Tode Nureddins 1173 eroberte dessen Statthalter in Aegypten, Salahdin, ein edler, gerechter und tapferer Fürst, allmhlich alle Lnder Nureddins, und wurde Emir al Omrah. Als ihn der König von Jerusalem, Veit von Lusignan, beleidigte, eroberte er nach dem Siege bei Tiberias 1187 Jerusalem.
Dritter Kreuzzug 1189. Zur Befreiung Jerusalems zog 1189 Kaiser Friedrich Barbarossa mit 150,000 Mann nach Asien, eroberte Jconium, starb aber 1190 im Flusse Saleph in Cilieien. Auch sein Sohn Friedrich kam 1190 mit dem grten Theile des Heeres vor Ptolemais um.
Unterde waren Richard Lwenherz von England und Philipp August von Frankreich zur See nach Palstina gekommen, und eroberten mit dem Babenberger Leopold Vi. von Oestreich 1191 Ptolemais. Leopold, durch Richard beleidigt, ging zurck; auch von Philipp August verlassen, mute Richard vor Jerusalem um-kehren. Das von ihm eroberte Knigreich Cypern berlie er an Veit von Lusignan.
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Extrahierte Personennamen: Wilhelms Wilhelms Richard_von_Cornwallis Heinrichs Heinrichs Alfons_X Rudolfs_von_Habsburg Rudolfs Zenki Clairvaux Ludwig_Vii Ludwig Konrad_Iii Konrad Lusignan Friedrich_Barbarossa Friedrich Barbarossa Friedrich Friedrich Richard_Lwenherz Philipp_August_von_Frankreich Philipp August Leopold_Vi Leopold Oestreich Leopold Leopold Philipp Philipp August Knigreich_Cypern
Extrahierte Ortsnamen: Sicilien Aragonien Deutschland Deutschland Holland England Deutschland Edessa Mosul Frankreich Jerusalem Jerusalem Jerusalems Asien Cilieien England Palstina Jerusalem
122 Mittlere Geschichte. Dritter Abschnitt.
tigsten Gterbesitzer in Frankreich; doch war ihre Macht der die groen Vasallen weit geringer, als die der deutschen Könige der ihre Herzge. Daher oft Kriege der Herzge gegen den König und unaufhrliche Fehden im ganzen Lande, welche auch durch den Gottesfrieden nur wenig beschrnkt wurden. Besonders war das zehnte Jahrhundert in Frankreich, wie in Deutschland, eine Zeit groer Verwirrung und Noth, und erst nach dem Jahre 1000, als die Furcht vor dem Ende der Welt aufgehrt, begann eine grere Ordnung.
Bis zum ersten Kreuzzuge hatte zwar die Krone (welche dadurch im cape-tragischen Hanse erblich wurde, da jeder König bald nach seiner Thron-besteignng seinen ltesten Sohn zu seinem Nachfolger whlen lie) noch nichts an Lndereien gewonnen, wohl aber an Kraft und Einflu. Noch mehr hob sich das Ansehen des Knigs unter Ludwig Vi. dem Dicken (11081137), der zuerst die Städte, welche bald der mchtigste Schutz gegen die Vasallen wurden, durch Privilegien aller Art begnstigte. Unter ihm begannen die Kriege mit England, die, mit geringen Unterbrechungen, bis ins fnfzehnte Jahrhundert gedauert haben.
Ludwig Vii. (11371180) hatte, wie sein Vater, an dem Abt Suger von St. Denis einen einsichtsvollen Rathgeber. Da er sich von seiner pflichtvergessenen Gemahlin Eleonore, der Erbin von Poitou und Gwenne, trennte, und diese sich mit Heinrich Plantagenet vermhlte, so wurde der grte Theil Frankreichs mit England verbunden. Ludwigs Kreuzzug (s. . 75).
Philipp Ii. Augustus (11801223), ein thtiger und listiger Fürst, befestigte dadurch das knigliche Ansehen, da er zuerst bezahlte Kronsoldaten hielt. Meineidig gegen Richard Lwenherz, griff er dessen Besitzungen in Frankreich an. Im Kriege gegen Johann ohne Land eroberte er die Normandie, Anjou, Maine, Touraine, Poitou und Bretagne, und gewann durch die Vereinigung dieser Provinzen mit der Krone ein entschiedenes Uebergewicht der seine Vasallen.
Ludwig Viii. (12231226) starb auf einem Kreuzzuge gegen die Albi-genfer (. 79).
Ludwig Ix. der Heilige (1226-1270), ein Muster wahrer Frmmigkeit, dabei gerecht, weise und krftig, unterdrckte die Fehden der Groen, ver-besserte das Gerichtswesen, indem er es in die Hnde der Rechtsgelehrten brachte, stellte die Vasallengerichtc unter die kniglichen und begnstigte die freien Stadtgemeinden.
Ludwigix. unternahm 1248 den fnften Kreuzzug. Nach-dem er in Aegypten gelandet war, eroberte er (1249) Damiette; doch wurde sein Heer auf dem Zuge nach Cairo vernichtet, er selbst 1250 gefangen genommen. Gegen die Rumung von Damiette und eine Zahlung von 100,000 Mark Silbers in Freiheit gesetzt, kehrte er (1254) nach Frankreich zurck, und starb 1270 auf einem Kreuzzug gegen Tunis.
In Asien ging 1291 Ptolemais, der letzte Zufluchtsort der Christen, an den Sultan von Aegypten verloren; was nicht umkam, wurde in die Sklaverei verkaust. Ende der Kreuzzge.
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_Vi Ludwig Ludwig_Vii Ludwig Denis Eleonore Heinrich_Plantagenet Heinrich Ludwigs Ludwigs Philipp_Ii Philipp Augustus Richard_Lwenherz Johann Ludwig_Viii Ludwig Ludwig_Ix Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Frankreich Deutschland England Frankreichs England Frankreich Maine Bretagne Ludwigix Frankreich Tunis Asien
144 Mittlere Geschichte. Vierter Abschnitt.
Die knigliche Gewalt hatte sich allmhlich durch die Begnstigung der Städte und durch die Einziehung der groen Lehen so gehoben, da Lud-wig Xi. fast unumschrnkter Herrscher war. Auch die Reichsversammlungen, auf denen der Abel, die Geistlichkeit und die Abgeordneten der Städte erschienen, wrben auf Befehl des Knigs zusammenberufen, und die Steuern, welche dieselben (zuerst in den Kriegen gegen England) bewilligten, spter willkrlich forterhobeu. Eine Hauptsttze der Knigsmacht wurden die um diese Zeit eingefhrten stehenden Heere. Da nmlich die Vasallen sich der Heeresfolge entzogen, und die Könige sich auch auf sie nicht hinlnglich verlassen konnten, so wurde der Krieg zum grten Theil durch Sldnerhaufen gefhrt. Diese blieben oft nach geendetem Kriege noch beisammen und wur-den dann, wenn sie nicht in die Dienste eines anderen Fürsten treten konn-ten, eine harte Plage des Landes, wie die Kameradschaften in Frankreich, die Condottieri in Italien, die Landsknechte in Deutschland, die Schweizer zc. Aus solchen Sldnern bildete Ludwig Xi. die Geusbarmes, das erste stehende Heer. Noch mehr wurde die Kriegfhrung durch das von einem deutschen Mnche, Berthold Schwarz, 1354 erfundene Schiepulver verndert. An-fangs brauchte man es, um aus groen Mrsern Steine zu werfen; spter wandte man kleinere Kanonen, endlich Bchsen und Musketen an. Da die Tapferkeit nun nicht mehr ausreichte, so zog sich der Adel immer mehr vom Kriegshandwerk zurck; die Rstung, welche nicht mehr schtzte, wurde ver-einfacht, und ein Stck derselben nach dem andern abgelegt.
. 87.
England.
1. Whrend der franzsischen Kriege war England (. 69) auch der Schauplatz innerer Unruhen. Der schwache und durch unwrdige Gnstlinge geleitete Sohn des schwarzen Prinzen, Richard Ii. (1377 1399), wurde durch Heinrich Iv. von Lancaster entthront und starb (1400) im Gefngni.
Könige aus dem Hause Lancaster 13991461. Heinrich Iv. (t 1413) regierte unter bestndigen Unruhen und Emp-rnngen, die er mit Wachsamkeit unterdrckte.
Heinrich V. (f 1422) erhielt durch den Vertrag von Trohes die Zusicherung der Nachfolge in Frankreich und hinterlie beide Reiche seinem neun Monate alten Sohn Heinrich Vi. (14221461).
2. Kriege der weien und rothen Rose zwischen den Husern York und Lancaster 14551485. Richard von York, während einer Gemthskrankheit des Knigs zum Protector ernannt, erhob An-sprche auf die Krone, weil er durch seine Mutter von einem lteren Sohne Eduards Iii. abstammte, als die Herzge von Lancaster; er fiel aber 1460 beiwakefield. Sein Sohn Eduard Iv. siegte 1461 bei Touton der Heinrichs Vi. Gemahlin Margarethe, mute jedoch, als sein Bruder, der Herzog von Clarence, und der Graf Marwick 1470 Heinrich Vi. wieder auf den Thron erhoben, nach den Niederlanden
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_Xi Ludwig Berthold_Schwarz Richard_Ii Heinrich_Iv Heinrich Lancaster Heinrich_Iv Heinrich Heinrich_V. Heinrich_V. Heinrich_Vi Heinrich Richard_von_York Eduards_Iii Eduards Eduard_Iv Eduard Heinrichs Margarethe Heinrich_Vi Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: England Frankreich Italien Deutschland England England Frankreich
154 Neuere Geschichte. Erster Abschnitt.
11) Die Eroberungen der Osmanen wurden unter dem fried-liebenden Bajazed Ii. (1481 1512) auf kurze Zeit unterbrochen. Nach Solimans Tode (1566) sank das Reich.
. 92.
Die Ursachen der Reformation.
Das Wiederausleben der Wissenschaften hatte zunchst in Italien und dann in den meisten Lndern Westeuropas dem mensch-lichen Geiste eine neue Bewegung gegeben. Der mit demselben er-wachte Forschungsgeist, der Antheil, den auch die Laien an wissen-schaftlichen Kenntnissen erhielten, vorzglich aber das in Deutschland durch ausgezeichnete Gelehrte (Agricola, Reuchlin, Erasmus, Ulrich von Hutten 14881523) neu belebte und bald allgemein verbreitete Studium des Alterthums, arbeiteten immer krftiger den herrschenden Vorurtheilen entgegen. Besonders wurden auf den nach dem Muster von Bologna und Paris im 14ten und 15ten Jahrhundert gestifteten Universitten (Prag. Wien, Heidelberg, Erfurt. Leipzig; Oxford, Cambridge; Lwen; Upfala) manche bisher unbestrittene Glaubensartikel einer wissenschaftlichen Untersuchung unterworfen. Der mlf diese Weise neu belebte geistige Verkehr wurde durch die Buch-druckerkunst erleichtert, welche zugleich die aus demselben hervor-gehende Aufklrung bis in die untersten Volksklassen verbreitete. Am mchtigsten aber vermehrte der durch die Entdeckung Amerikas erweckte Unternehmungs- und Forschungsgeist den Aufschwung, den das ganze Leben der europischen Nationen genommen hatte.
Whrend dieser allgemeinen Bewegung war das Papstthum unverndert geblieben. So deutlich sich auch die Sehnsucht der Vl-ker nach einer Reformation der Kirche an Haupt und Glie-d ern ausgesprochen hatte, so hatten doch die Ppste, blind gegen die Zeichen der Zeit, die auf gesetzmige Weise (zu Konstanz und Basel) versuchte Ausfhrung derfelben zu hintertreiben gewut. Die Ppste des fnfzehnten Jahrhunderts berlieen sich darauf mehr als \t der Verfolgung selbstschtiger Zwecke, und mehrere derselben (wie Alexan-der Vi. ums Jahr 1500) schndeten den ppstlichen Stuhl durch den anstigsten Lebenswandel. Whrend zugleich ein groer Theil der Geistlichen durch Anmaung, Unsittlichst und Unwissenheit ihrem Stande Ha oder Verachtung zuzogen, zeigten sich neue, schreiende Mibruckie, wie der (zum Bau der Peterskirche) sr Geld ausgebotene Abla aller Snden und die Lehre, da man fr Geld Verstorbene aus dem Fegefeuer erlsen knne. Da shrte ein deutscher Mnch das seit langer Zeit vorbereitete Werk aus.
Die am allgemeinsten ausgesprochenen Beschwerden waren folgende: die Ppste hatten sich die frher den Capiteln zustehende Besetzung vieler geist-licher Stellen angemat und trieben mit denselben einen schamlosen Handel; sie bezogen die Einknfte des ersten Jahres nach jeder neuen Besetzung eines
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Dritter Abschnitt.
Von der franzsischen Revolution bis aus unsere Zeiten.
(17891877.)
. 117.
Die Ursachen der Revolution.
Wie im Anfang des 16. Jahrhunderts durch das Verderbni der Kirche die Reformation, so wurde am Ende des 18. durch das Verderbni des gesellschaftlichen Zustaudes eine Revolution hervor-gerufen, die sich von Frankreich aus, da alle Lnder an denselben Nebeln litten, der den grten Theil Europas ausbreitete und die Umwandlung der meisten (aus dem Feudalwesen hervorgegangenen) absoluten Monarchieen in co nstitutionelle Staaten zur Folge hatte.
In Frankreich war ans Ludwig Xiv. (. 104) sein fnfjhriger Urenkel Ludwig Xv. 17151774) gefolgt. Schon unter des ver-worfenen Herzogs von Orleans vormundschaftlicher Regierung war der Hof der Sammelplatz von Sittenlosigkeit und Ausschweifungen (Dnbois); nach dem Regierungsantritt des elenden, von Weibern be-herrschten Knigs nahm das sittliche Verderben und die Verschwendung noch zu. Die Finanzen waren zerrttet (Schuldenlast von 4000 Millionen); das Volk seufzte unter drckenden Auflagen; der Adel hatte alle Kriegs- und Hofmter, und behauptete nebst der Geistlich-keit unter anderen Vorrechten das der Selbstbesteuerung. Whrend der allgemeinen Roth und des zunehmenden Despotismus (geheime Polizei, lettres de cachet) untersuchten geistreiche Schriftsteller die Rechte des Volkes gegen die Fürsten, und verbreiteten Unzufriedenheit mit den bestehenden Staatseinrichtungen und republikanische Ansichten und Wnsche (Rousseau, f 1778).
Unter Ludwig Xvi. (1774 1793), einem sittenreinen und verstndigen, aber kraftlosen Fürsten, wurde bei der zunehmenden Verbindung mit Nordamerika das Streben nach gesetzlicher Freiheit immer allgemeiner. Da der Krieg mit England die Nationalschuld
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_Xiv Ludwig Ludwig_Xv. Roth Ludwig_Xvi Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Europas Frankreich Nordamerika England
80
Es ist gestattet, bet der Versammlung auch Klagen und Rechts-
händel ans Tod und Leben anzubringen. Die Strafen sind nach dem
Vergehen verschieden: Verräter und Überläufer knüpfen sie an Bäumen
auf; bei leichteren Vergehen finden Abstufungen in den Strafsätzen
statt; wer überführt ist, wird um eine Anzahl Pferde oder Vieh ge-
straft. Ein Teil der Buße gehört dem Könige oder der Gemeinde,
ein Teil wird dem, zu dessen Gunsten das Gericht einschreitet, selbst
oder seinen Anverwandten gezahlt. Ferner werden in den Versamm-
lungen die Vorsteher gewählt, die in Gauen und Dörfern Recht sprechen.
Jeden umgeben hundert Beisitzer aus dem Volke, um ihm mit Rat bei-
zustehen und Ansehen zu verschaffen.
Kein Geschäft verhandeln sie anders als in Waffen. Diese aber
darf keiner anlegen, bevor nicht die Gemeinde ihn für wehrhaft erklärt
hat. Dann schmückt in der Versammlung selbst entweder einer der
Fürsten oder der Vater oder ein Verwandter den Jüngling mit Schwert
und Framea. Das ist die erste Ehre der Jugend; bis dahin sind sie
dem Hause angehörig, dann der Gemeinde.
Wenn in der Gemeinde, in der sie geboren sind, langer Friede
die Tatkraft lähmt, so ziehen Scharen des jungen Volkes aus freien
Stücken zu den Stämmen, bei welchen es gerade Krieg gibt. Das
Land zu bebauen oder des Jahres Segen abzuwarten, dazu möchte
man sie minder leicht bewegen, als einen Feind herauszufordern und
sich Wunden zu erkämpfen. Trüge und mattherzig dünkt es sie, mit
Schweiß zu erwerben, was man mit Blut erkaufen kann. Sobald sie
nicht in den Krieg gehen, bringen sie viel Zeit mit Jagen, mehr noch
mit Müßiggang zu, dem Schlafen und Schmausen hingegeben. Die
Sorge für Haus, Herd und Land wird den Weibern, den Greisen und
den schwächlichsten Gliedern der Familie überlassen.
Daß die germanischen Völkerschaften keine Städte bewohnen, ist
hinlänglich bekannt; sie dulden nicht einmal unter sich verbundene
Wohnungen. Abgesondert und zerstreut siedeln sie sich weit vonein-
ander an, wie ihnen gerade eine Quelle, ein Feld, eine Waldung be-
hagt. Ihre Dörfer legen sie nicht so an, daß die Gebäude aneinander
stoßen und zusammenhängen; jeder umgibt sein Haus mit einem freien
Raume. Auch sind Mauersteine und Ziegel bei ihnen nicht im Ge-
brauch; zu allem wenden sie unbehauene Baumstämme an. Einige
Stellen bestreichen sie mit einer reinen und glänzenden Erdart, daß es
wie Malerei aussieht. Sie pflegen auch unterirdische Höhlen auszu-
graben und belegen sie oben mit Dünger, als eine Zuflucht für den
Winter und ein Versteck für die Feldfrüchte.
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92
der Weser und dem Rheine waren ihnen dem Anschein nach gänzlich
unterworfen.
Gegen das Jahr 9 nach Christi Geburt führte der römische Statt-
halter V a r u s in Deutschland den Befehl. Er hielt schon auf römische
Weise Gericht und, was die Deutschen am meisten aufbrachte, ließ
nach römischer Sitte die Beile mit den Rutenbündeln vor sich hertragen,
welche ein Zeichen seines Rechts über Leben und Tod und zu körper-
licher Züchtigung sein sollten. Eine Züchtigung aber mit Schlägen wäre
dem freien deutschen Manne die entsetzlichste Beschimpfung gewesen. Da
regte sich der Groll der Deutschen, und sie dachten darauf, den zudring-
lichen Fremdling los zu werden.
Dennoch wurde der Unwille lange Zeit nicht laut, und Barns hielt
die Herrschaft der Römer in Deutschland für fest begründet. Aber so
dachte Arminius, ein edler deutscher Mann vom Volke der Cherusker,
nicht. Das Joch eines fremden Volkes mit fremder Sprache und ver-
dorbenen Sitten schien ihm so unerträglich, daß es unter jeder Bedingung
abgeschüttelt werden müsse. Armin war eines cheruskischen Fürsten
Sohn, von fürstlicher Gesinnung und an Gestalt und Tapferkeit ein
wahrer Held. Er war als Knabe nach Rom gekommen und hatte die
Römer mit ihrer Staats- und Kriegskunst sowie mit allen ihren Lastern
genau kennen gelernt. Sein Haß gegen das verdorbene Volk, welches
sich anmaßen wollte, freie Menschen zu Knechten zu machen und dazu
mit seinen Lastern anzustecken, wurde unauslöschlich. Er kehrte zu seinem
Volke zurück, begeisterte mit seiner Rede die übrigen Fürsten und An-
führer desselben und trat an die Spitze des cheruskischen Bundes. In
einer nächtlichen Versammlung im Walde schwuren seine Anhänger allen
Römern in Deutschland den Untergang. So geheim indes das Unter-
nehmen betrieben wurde, so wurde es doch dem Varus verraten. Aber
Varus hielt die Deutschen für zu dumm und sich für zu mächtig, als
daß er irgend eine Gefahr hätte fürchten müssen.
Als der Herbst des Jahres 9 n. Chr. gekommen war, schritt Her-
mann zur Ausführung seines Planes. Um Varus von seinem guten
Lagerplatze weg in gefährlichere Gegenden zu locken, mußte ein ent-
ferntes Volk einen Aufstand erregen. Varus brach gegen dieses auf. Die
verbündeten Fürsten entfernten sich, zogen ihre schon bereit gehaltenen
Haufen zusammen, verabredeten den Angriff, und als die Römer mitten
in den Wildnissen des Teutoburger Waldes waren, brachen die Deutschen
von allen Seiten aus sie los.
Die Römer dachten an keinen Angriff; ohne Ordnung, mit vielem
Gepäck, sogar mit einem Haufen von Frauen und Kindern zogen sie
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150
gefangen und nur gegen hohes Lösegeld freigegeben wurden. Der
Handel der Städte lag ganz danieder, und das Volk war verarmt,
zumal mehrere Mißernten verbunden mit Hungersnot, das Land heim-
gesucht hatten.
Am 14. Dezember 1289 hielt Kaiser Rudolf seinen feierlichen
Einzug in Erfurt, von Rittern, Geistlichen und Bürgern freudig be-
grüßt. Schon in den nächsten Tagen ließ er 29 Räuber, welche sich
in der Umgegend von Ilmenau festgesetzt hatten, gefangen nehmen und
vor den Toren von Erfurt enthaupten. Im März 1290 sandte er
seine Ritter mit den Bürgern von Erfurt und thüringischem Volke aus,
um die Burgen der Räuber und Landfriedensbrecher zu erobern. Nicht
weniger als 66 derartige Raubnester wurden in kurzer Zeit zerstört,
und noch heute zeugt manche Ruine auf Bergeshöhen von dem tat-
kräftigen Handeln Kaiser Rudolfs. Dann richtete er den Landfrieden
auf und verhängte die Acht über jeden, der diesen Frieden brechen
würde.
Fast ein Jahr hielt Rudolf in Erfurt Hof und versammelte hier
die meisten geistlichen und weltlichen Fürsten um sich. So glanzvolle
Tage hat die Stadt Jahrhunderte hindurch nicht wieder gesehen. Das
Volk aber verehrte den Kaiser wegen seiner Gerechtigkeit und erzählte
viele Geschichten von seinem leutseligen Wesen. Erst im November 1290
verließ er Erfurt. Nach O. Dobenecker.
113. Kaiser Rudolfs Ritt zum Grabe.
1. Auf der Burg zu Germersheim,
stark am Geist, am Leibe schwach,
sitzt der greise Kaiser Rudolf,
spielend das gewohnte Schach.
2. Und er spricht: „Ihr guten Meister,
Ärzte, sagt mir ohne Zagen:
Wann aus dem zerbrochnen Leib
wird der Geist zu Gott getragen?"
3. Und die Meister sprechen: „Herr,
wohl noch heut erscheint die Stunde!"
Freundlich lächelnd spricht der Greis:
„Meister, Dank für diese Kunde!" —
4. „Auf nach Speyer! auf nach
Speyer!"
ruft er, als das Spiel geendet,
„wo so mancher deutsche Held
liegt begraben, sei's vollendet!
5. Blast die Hörner! Bringt das Roß,
das mich oft zur Schlacht getragen!"
Zaudernd stehn die Diener alst
doch er ruft: „Folgt ohne Zagen!"
6. Und das Schlachtroß wird gebracht.
„Nicht zum Kampf, zum ewgen
Frieden,"
spricht er, „trage, treuer Freund,
jetzt den Herrn, den lebensmüden!"
7. Weinend steht der Diener Schar,
als der Greis auf hohem Rosse,
rechts und links ein Kapellan,
zieht, halb Leich, ans seinem Schlosse.
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Extrahierte Personennamen: Rudolf Rudolf Rudolfs Rudolf Rudolf Rudolfs Rudolf Rudolf
159
gegen Deutsche geführt haben — der sächsische Bruderkrieg. Die Söhne
des Kurfürsten Friedrich des Streitbaren, Kurfürst Friedrich der Sanft-
mütige und Herzog Wilhelm der Stolze, gerieten, als sie 1445 das
väterliche Erbe geteilt hatten, in heftige Streitigkeiten, da Wilhelm sich von
seinem Bruder übervorteilt wähnte. Apel von Vitztnm, Wilhelms Rat-
geber und Friedrichs persönlicher Feind, schürte den Zorn seines Herrn
zur hellen Flamme; alle friedlichen Verhandlungen scheiterten an Wil-
helms trotzigem, stolzem Sinn, und so kam es zu einem Kriege, durch
den die Thüringer und Meißner Lande auf das grauenhafteste ver-
wüstet wurden.
Graf Heinrich Ix. von Gera, genannt „der Unglückliche", ein
Mann von seltenen Geistesgaben, klug und hochverständig im Rat, ein
trefflicher Redner und ritterlicher Held, nahm an dem Kriege tätigen
Anteil. Von Jugend auf dem Kurfürsten Friedrich dem Sanftmütigen
treu ergeben und von diesem zum Geheimrat und Minister ernannt,
wollte es das Unglück, daß er durch die obengenannte Erbteilung sein
Land von Wilhelm dem Stolzen zu Lehen bekam. Allein sein strenger
Sinn für Wahrheit und Recht ließ ihn nicht einen Augenblick schwanken,
mit Wort und Tat für die gerechte Sache seines kurfürstlichen Freundes
einzutreten. Herzog Wilhelm aber schwur ihm dafür Rache.
Im Sommer 1450 rückte er gegen Gera heran. Brennende
Dörfer bezeichneten seinen Weg; von Altenburg bis gen Zeitz stand
alles in Flammen. Herr Heinrich, der sich beim kurfürstlichen Heere
in Thüringen befand, ernannte den Grafen Ludwig von Gleichen zum
Stadthauptmann von Gera. Wilhelm betrieb die Belagerung der
Stadt mit brennendem Eifer; unaufhörlich flogen die schweren Wurf-
geschosse gegen die Mauern und das Schloß, und als nun gar bei
einem Ausfall der Graf von Gleichen samt 150 Mann gefangen ge-
nommen wurde, erreichte die Besorgnis der geängstigten Einwohner den
höchsten Gipfel. In dieser großen Not wurde die Gräfin Luitgard,
Heinrichs hochbetagte Mutter, die Retterin der Stadt. Die drohende
Gefahr verachtend, ließ die Gräfin sich das Klotztor öffnen und schritt
mit ihren Frauen dem feindlichen Lager zu. Ihren inständigen Bitten
und heißen Tränen gelang es, den Herzog zum Abzug zu bewegen.
Aber nicht lange währte die Freude über die glücklich bestandene
Gefahr. Denn kaum hatte Wilhelm erfahren, daß Heinrich von Gera
in fein Amt Roda eingefallen war, so erschien er wutschnaubend vor
den Toren der Stadt, verstärkt durch 9000 Böhmen und durch die
Truppen, welche ihm der Kurfürst Friedrich Ii. von Brandenburg
zuführte.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Wilhelm Wilhelm Wilhelms Wilhelms Friedrichs Heinrich_Ix Heinrich Friedrich Friedrich Wilhelm Wilhelm Heinrich Heinrich Ludwig_von_Gleichen Ludwig Wilhelm Heinrichs Heinrichs Wilhelm Heinrich_von_Gera Heinrich Friedrich_Ii Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Friedrichs Gera Gera Altenburg Zeitz Gera Brandenburg
Drei Worte gibt ein R und E,
ein doppelt N, ein O und D;
das eine brüllt, das andre sticht,
dem dritten fehlts an Kälte nicht.
4.
Ein Vogel ist es, und an Schnelle
buhlt es mit eines Adlers Flug;
ein Fisch ists und zerteilt die Welle,
die noch kein größres Untier trug;
ein Elefant ists, welcher Türme
auf seinem schweren Rücken trägt;
der Spinnen kriechendem Gewürme
gleicht es, wenn es die Füße regt;
und hat es fest sich eingebissen
mit seinem spitzen Eisenzahn,
so stehts gleichwie auf festen Füßen
und trotzt dem wütenden Orkan.
TM Hauptwörter (50): [T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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