292
Niederlande.
gerecht. In wissenschaftlicher Hinsicht steht die Nation seht nicht so
hoch altz die Deutsche, und wenn gleich Holland ausgezeichnete Männer
in vielen Fächern des Wissens und in der Kunst hervorgebracht hat,
so ist doch die glänzendste Periode der Literatur dort schon hinter der
Gegenwart. Nicht mit Unrecht wirft man den Cr. der nördlichen Pro-
vinzen ein starres Festhalten am Alten in Wissenschaft und Religion
vor; weit freier bewegt sich der S. Niederländer, dem es aber auch an
Gründlichkeit fehlt. Die Kunst scheint ziemlich verwaiset, weder Maler
(man denke an die glänzenden Namen des Xvl. u. Xvii. Jahrh.)
noch Bildhauer, noch Musiker der jehigen Zeit haben besonderen Ruhm.
Unstreitig herrscht in den N. Provinzen mehr Aufklärung als in S.
Für eigentlich literarische Bildung ist indeß auch in N. mehr geschehen,
als für den Volksunterricht. Man zählt 6 Universitäten und über
100 Athenäen und Gymnasien, mehr als 70 Gelehrten- und Künstler-
vereine, und mancherlei wissenschaftliche u. Kunstsammlungen.— Die
Niederlande waren vor Jahrhunderten in viele kleine Staaten getrennt,
die, obgleich sie nach dem Vertrage zu Verdun zu Deutschland gehör-
ten, sich doch seit dem Xi. Jahrhunderte unabhängig machten und end-"
lich fast alle dem Hause Burgund unterworfen wurden. Nach dem
Aussterben desselben mit Karl dem Kühnen 1477 kamen sie
an dessen Tochtermann Maximilian!, von Deutschland und dessen
Sohn Karl V. Sie wurden 1512 wieder mit dem Deutschen Reiche,
als Burgundischer Kreis, vereinigt, und genossen große Vor-
rechte. Die 17 Provinzen, welche sie bildeten, waren theils Herzogthü-
mer, theils Grafschaften, theils freie und bischöfliche Staaten. Nach
Karls V. Zurücktritt von der Regierung 1555 sielen sie an Phi-
lipp Ii. von Spanien, der, ihre Vorrechte nicht achtend, und voll
Haß gegen den sich immer mehr verbreitenden Protestantismus durch
den harten Druck seiner Statthalter Granvella und Alba das
gemißhandelte Land zur Empörung zwang. Im Jahre 1579 erklär-
ten sich in der Utrechter Union die 7 nördlichen Provinzen Hol-
land, Seeland, Utrecht, Geldern, Overyssel, Gronin-
gen und Friesland für unabhängig, und behaupteten nach langem
blutigen seit 1566 unter Leitung der beiden Prinzen v. Nassauora-
nien, Wilhelm (71583) u. Moritz (71625), geführten Kampfe
im Frieden zu Antwerpen (1609) und Münster (1648) ihre Un-
abhängigkeit. Immer blühender ward durch die Eroberung der Portu-
giesischen Colonien in Indien ihr Handel, immer größer ihre Seemacht.
Hernach entstanden aber innere Unruhen. Das Haus Oranien
machte allmählig seine St a t t h a lt e r w ürde in allen Provinzen erb-
lich , erbitterte zuletzt durch Preußens bewaffnete Einmischung (1786)
die Gegenparthei, und erleichterte den Franzosen die Eroberung des
Landes 1794. Es entstand die Batavische Republik, die endlich
nach verschiedenen Verfassungsveränderungen 1806 in das Königreich
Holland verwandelt wurde, und Bonapartes Bruder, Ludwig,
zum Regenten erhielt. Längst schon waren die Colonien von England
erobert, die Seemacht vernichtet und der Handel gänzlich zu Grunde
gegangen. Ludwig legte 1810 die Regierung zu Gunsten seines Soh-
nes nieder, aber der Franzos. Kaiser vereinigte wenige Wochen hernach
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp]]
TM Hauptwörter (100): [T74: [Frankreich England Spanien Krieg Frieden Rußland Italien Holland Preußen Deutschland], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium], T7: [König Kaiser Rudolf Friedrich Sohn Böhmen Haus Karl Ludwig Albrecht]]
TM Hauptwörter (200): [T103: [England Krieg Frankreich Spanien Franzose Engländer Flotte Jahr Holland Frieden], T165: [Kunst Wissenschaft Handel Gewerbe Bildung Land Stadt Schule Zeit Volk], T191: [Karl Sohn König Tochter Haus Kaiser Ludwig Herzog Tod Johann], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet]]
Extrahierte Personennamen: Karl Karl Maximilian! Maximilian Karl_V. Karls_V. Karls_V. Granvella Wilhelm Moritz_( Bonapartes Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Niederlande Deutschland Burgund Deutschland Spanien Seeland Utrecht Overyssel Friesland Antwerpen Indien Batavische_Republik Holland England
372 Jallien.
im Königreich Neapel. Hauptstadt gl. N. am Gargigliano, 6000 C. Ca-
stell. Bisthum.
Vui. Die Republik San Marino.
Sie liegt innerhalb der päpstlichen Delegation llrbino im Gebirge,
ist I^Q. M. groß und hat 7000 E., eine Stadt und zwei Dörfer.
Vor 1355 Jahren soll ein. Einsiedler Mari nutz zu Stadt und Staat
Veranlassung gegeben haben, dessen Verfassung sonst völlig demokratisch
war; jetzt steht ein Rath von 300 Ältesten, ein Senat und ein Ca-
pitan o an der Spitze. Wein-, Obst-, Seidenbau und Viehzucht sind
die Beschäftigung der E. Während ganz Italien pon den Franzosen
erobert ward, behielt dieser Staat durch Bonapartes Gunst seine völ-
lige Freiheit und steht jetzt unter päpstlichem Schutze.
Die Stadt Marino auf einem Berge, ;u dem nur ein steiler Weg
führt, gelegen, hat 6000 E. Burg auf dem Felfengipfel mit 3 Thürmen.
In einer Kirche das Grab des heil. Marinus.
Ix. Das Königreich Neapel oder beider Sizilien.
Größe — 2000 Q. M. Es begreift 1) die ganze südl. Hälfte der
Italien. Halbinsel, 2) die Insel Sizilien. Der Boden der
Halbinsel wird durch die Fortsetzung der Apenn inen gebildet, die
hier am höchsten und rauhesten erscheinen. Sie gehen in unveränder-
ter So. Richtung bis zum 41° fort; dort wendet sich der Hauptzug
fast gegen S., nimmt aber an Höhe bedeutend ab. Noch niedriger ist
der Zug gegen O., der an vielen Stellen eine bloße Hochebene bildet.
An der N. Seite, so wie zwischen den beiden Armen des Gebirgs am
Busen von Taranto, sind weite steppenartige Ebenen; in den meisten
Gegenden ist aber große Fruchtbarkeit. Die höchsten Gipfel der Apen-
ninen sind in N., der Monte Coruo, auch wohl Gran Sasso
genannt, — 9500 F., der Am aro — 8800 F., der Velino —
7700 F., der Terminel lo — 6600 F. Ganz getrennt liegt auf
einer Halbinsel am Adriat. Meere das Gebirge Gargano mit dem
Calv o — 4800f. Auch der 3500 F. hohe Vesuv ist ganz isolirt.
Die Küste wird hier durch verschiedene Meerbusen getheilt, in O. ist
der von Manfredonia, in S. der von Taranto u. Squillace
(latsche), in W. der von Eufemia, Policastro, Salerno,
(durch die Fata Morgan« berühmt), Neapel u. Gaeta. Kein
einziger bedeutender Fluß bildet sich hier und selbst der größte, der
Garigliano (riljano) ist nur eine kurze Strecke schiffbar; andere
Flüsse sind: der Volturno und Sele in W., derbrandano und
Basiente in S., der Ofanto, Cervaro, Sangro u. Pescara
ln O. Unter den Seen, deren man zwölf von einiger Bedeutung
zählt, ist der von Celano (tschelano), 10m. im Umfange, der be-
deutendste. Allethalben trägt der Boden vulkanische Spuren, nirgend
mehr als in Sw., wo der Vesuv von Zeit zu Zeit wicderkehrende
Erdbeben (1783 wurden mehr als 100 Städte und Dörfer Kalabriens
dadurch zerstört) den noch nicht gestillten Aufruhr in den Tiefen der
TM Hauptwörter (50): [T44: [Alpen See Stadt Schweiz Italien Meer Berg Insel Fuß Inn]]
TM Hauptwörter (100): [T33: [Stadt Meer Italien Neapel Hauptstadt Rom Insel Genua Spanien Land], T49: [Berg Gebirge Höhe Fuß Ebene Seite Gipfel Gebirg Elbe Meer], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
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Extrahierte Personennamen: C._Ca- Mari Bonapartes Marinus Taranto Eufemia Cervaro Celano
428
Frankreich.
niälig, neue Provinzen wurden mit der Krone vereinigt und die Eng-
länder vertrieben; nur Calais blieb ihnen bis 1558, und die Norman-
nischen Inseln gehören ihnen noch jetzt. Unter den Bourbons, seit
Heinrich Iv. (1589 bis 1610), stieg Frankreich bis zu seinem jetzigen
Umfange. Unumschränkt war die Macht der Könige geworden und
Ludwig Xiv. (1643 bis 1715) stand fast als Gebieter Europas da.
Unter ihm sorgte der Minister Colbert besonders für Colonien, Han-
del und Fabriken, die sich seit dieser Zeit zu ihrer jetzigen Blüthe ho-
den, aber fast nie endende Kriege und Verschwendung eines üppigen
Hofes unter ihm und seinem Nachfolger Ludwig Xv. (1715 bis 1774)
stürzten das Land in eine ungeheure Schuldenlast, die nur der Bürger
und Bauer tragen mußte; daher die Rev olution (1789), die Frank-
reich durch alle Schrecken der Anarchie und des Wechsels der Verfassung
führte (Hinrichtung Ludwigs Xvl., 1793, 21. Jan.), bis Napoleon
Bonaparte den Sturm beschwichtigte, und seit 1799, M. Deebr. als
Konsul, seit 1804, 18. Mai als Kaiser, das Reich "zu einem Um-
fange und Einflüsse erweiterte, den es seit Karl dem Großen nicht ge-
habt hatte. Es reichte von der Ostsee bis zur Tiber und umfaßte ei-
nen Raum von mehr als 13,500 Q.m. mit 42mill. E., worunter
28 Mill. Franzosen, 6l Mill. Italiener, 4^ Mill. Niederländer, 4mill.
Deutsche, in 130 Departements. Dazu kamen noch die völlig abhän-
gigen Italienischen, Jllyrischen und Deutschen Provinzen— 2500q.m.
8 Mill. E. und die verbündeten Staaten, Spanien, Neapel, Schweiz,
der Rheinbund, Warschau rc. — 18,800 Q.m. mit 35mill. E. Na-
poleon wurde 1814, 3. April gestürzt und die beiden Pariser Friedens-
schlüsse 1814 und 1815 führten mit den Bourbons das Land auf
seine alte Gränze von 1789 mit geringen Veränderungen zurück*),
gaben ihm aber zugleich eine Verfassung, durch welche die alte durch
die Revolution schon vernichtete Macht des Adels und der Geistlichkeit
in Schranken gehalten, die königl. Gewalt gemildert und die gleichen
Rechte aller Staatsbürger gesichert werden sollten Der König ist K ar l X.,
geb. 1757, regiert seit 1824. Er hat die vollziehende Gewalt, er
allein ertheilt Ämter und Würden, von ihm hangt Krieg und Friede
ab, aber die Gesetzgebung und das Recht, Auflagen zu erheben, theilt
er mit den Reichsständen, Kammern. Der Thronerbe heißt
Dauphin, der älteste Bruder des Königs Monsieur. Die höch-
sten Staatsbehörden sind der Kabinetsrath und der Staats-
rath, unter denen 8 Minister die einzelnen Zweige der Staatsver-
waltung leiten. Das oberste Gericht ist der Cassationshof, unter
welchem die Assisenhöfe, einer in jedem Departement, eigentliche
Criminalgerichte, in denen neben den Richtern Geschworne sitzen,
26appelationshöfe, Tribunäle, Handels- und Friedens-
gerichte stehen. Das ganze Land theilte sich vor der Revolution in
34 sehr ungleiche Provinzen, seit 1760 sind aber mit Inbegriff von
Korsika aus diesen 86departements gebildet, an deren Spitze Prä-
*) Es wurde das Herzogthum Bouillon, die Festungen Philippeville,
Marienburg, Saarlouis und Landau und zwei kleine Districte ab-
getreten.
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp]]
TM Hauptwörter (100): [T74: [Frankreich England Spanien Krieg Frieden Rußland Italien Holland Preußen Deutschland], T96: [Ludwig Karl König Frankreich Kaiser Xiv Napoleon Krieg Franz Italien], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner]]
TM Hauptwörter (200): [T98: [König Jahr Mitglied Verfassung Regierung Republik Präsident Kammer Gewalt Staat], T79: [Ludwig Xiv Frankreich König Ludwigs Xvi Napoleon Xviii Xv. Philipp], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König]]
Extrahierte Personennamen: Heinrich_Iv Heinrich Ludwig_Xiv Ludwig Ludwig_Xv. Ludwigs_Xvl. Ludwigs Napoleon Karl_dem_Großen Karl
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Frankreich Europas Ostsee Spanien Neapel Schweiz Rheinbund Warschau Korsika Marienburg Landau
410 Portugal.
und Coa (letzteren allein von S. her) ans; zum Tejo fließt der
Zezere (ßeßereh) und Zatas, zum Guadiana der Ardila und
Chanza (tschanßa). Die Küstenflüsse sind der Lima, Cavado,
Bouga (woüga), Mondego, Sado oder Sadao (daung). Land-
seen sind in den Ebenen in S. des Tejo, aber von keiner Bedeutung;
ebendaselbst auch Lagunen an der Küste. Produkte sind die herrlich-
sten Südfrüchte aller Art, Wein, Getreide und dergl. wie in
Spanien; die Oliven sind ganz vortrefflich, aber das Öl durch ver-
nachlässigte Bereitung schlecht, Kastanien in großer Menge; in den
beiden nördlichen Provinzen sind Eichen, Ulmen und andere nordi-
sche Pflanzen, in den Ebenen der Ladanstrauch, die Kermes-
und Korkeiche, die Eiche mit eßbarer Frucht, die Zipresse,
der Mastirbaum, viele duftende Gesträuche und Blumen schmücken
die unbebaueten Gegenden, ganz in S. selbst die Agave; Weizen
mehr in S., Mais in N., Rocken in Tras os Montes. Wenig
Pferde und Rinder, viel Esel, Maulthiere und Schweine,
starke Schafzucht in Beira. Wild ist nicht zahlreich (Damhir-
sche und Schweine), jedoch viele Kaninchen; dagegen giebt es
Wölfe u. wilde Katzen. Besonders zu bemerken ist das wilde Berg-
schaf in dem nördlichen Gebirge und Schweine von Chinesischer Ab-
stammung, schwarz ohne Borsten. Starke Fischerei. Bienen- und
Seidenzucht könnte viel stärker seyn. Im Meere fängt man den
Tintenfisch, der hier häufig gegessen wird; in den Gebirgen sind
giftige Vipern, in S. Skorpione. Die Gebirge zeigen Spuren
edler und unedler Metalle, Bergbau ist aber fast unbekannt;
es giebt eine einzige Eisenhütte. Steinkohlen bei Coimbra.
Sehr bedeutend ist dagegen die Gewinnung des See salz es. Heiße
Quellen giebt es in Menge. Die E. (3,500,000) sind von alt Ibe-
rischer, Römischer, Germanischer u. Arabischer Abstammung,
wie die Spanier; auch ihre Sprache ist nur ein rauherer Dialekt der
Spanischen. Dieselben Ursachen, welche im Nachbarlande Ackerbau,
Viehzucht und alle Gewerbe Niederdrücken, finden auch hier Statt; je-
doch hat der Einfluß der vielen hier sich aufhaltenden Engländer vor-
theilhaft auf die Industrie einzelner Gegenden gewirkt. Wein- und
Obstbau wird am fleißigsten getrieben. Der Seehandel ist blühend,
aber in den Händen der Ausländer, vor allen der Engländer und
N. Amerikaner. Innerer Verkehr wird durch gänzlichen Mangel ei-
gentlicher Landstraßen sehr erschwert und meistentheils nur durch Maul-
thiere betrieben. Die Bildung der Einw. ist der Span, gleich. Ver-
fassung , Aberglaube und Pfaffenzwang hielten bislang bei manchen
guten wissenschaftlichen Anstalten und einem in neueren Zeiten sich
regenden Eifer Alles darnieder.—* Portugal thcilte bis zum Xi. Iahrh.
mit Spanien gleiches Schicksal. Heinrich von Burgund, Schwie-
gersohn des Königs Alfons Iv. von Kastilien, ward 1094 Statthalter
des bis zum Tejo von Maurischer Herrschaft befreieten Landes, dehnte
durch Besiegung der Mauren die Gränzen des Landes aus und erhielt
1109 das Land erblich. Sein Sohn Alfons I. ward nach dem Siege
bei Ourique 1139 vom Volke zum Könige ausgerufen. Er und
seine nächsten Nachfolger gaben dem Staate Verfassung und den jetzigen
TM Hauptwörter (50): [T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel], T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser]]
TM Hauptwörter (100): [T11: [Wein Getreide Boden Viehzucht Weizen Land Pferd Obst Kartoffel Ackerbau], T33: [Stadt Meer Italien Neapel Hauptstadt Rom Insel Genua Spanien Land], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T45: [Spanien Stadt Portugal Granada Madrid Valencia Königreich Ebro Provinz Hauptstadt], T195: [Pferd Tier Hund Schaf Löwe Wolf Rind Mensch Schwein Thiere], T178: [Rio Peru Hauptstadt Republik Stadt Brasilien San Südamerika Land Chile], T137: [Wein Obst Weizen Kartoffel Frucht Getreide Gerste Hafer Mais Flachs]]
Extrahierte Personennamen: Iahrh Heinrich_von_Burgund Heinrich Alfons_Iv
Extrahierte Ortsnamen: Portugal Lima Cavado Bouga Mondego Spanien Beira Coimbra Spanischen Portugal Kastilien
122
A. Europa.
sophischen Speculation, wovon andere Völker kaum eine Ahnung haben;
und zu gleicher Zeit giebt es kein Land in der Welt, wo die Schulen so-
wohl für die höchste Bildung als für den Volksunterricht so zahlreich und
im Ganzen so zweckmäßig eingerichtet wären, als in Deutschland; kein Land,
wo mannigfaltige Kenntnisse und Bildung so allgemein verbreitet wären.
Abermals einzig steht Deutschland, und verdankt diesen Vorzug wieder
der Reformation, in dem Reichthum und der Innigkeit kirchlicher Lieder;
in der Tiefe und dem wahrhaft christlichen Geiste sowohl der theologischen
Forschungen als der Kanzelberedtsamkeit, wenn auch die glänzendere, aber
meist oberflächliche und dürftige Beredtsamkeit der französischen Kanzelredner
von Unkundigen mehr bewundert wird. Und wenn nun Deutschland trotz
seiner weniger giinstigen geographischen Lage, trotz seiner Theilung, trotz
der beinahe unaufhörlichen Kriege, wovon es der Schauplatz gewesen ist,
doch auch an Wohlstand und allgemein verbreiteter Betriebsamkeit nur den
begünstigtsten Ländern Europas um Weniges nachsteht, so wird man ohne
Unbilligkeit dem Deutschen den Ruhm geistiger und bürgerlicher Thätigkeit
nicht absprechen können. — Rur in einer einzigen Hinsicht stehen wir gegen
einige andere Völker zurück, in politischer Einheit und Kraft, doch wir sind
auf dem besten Wege, auch auf diesem Gebiet die Ersten zu werden; mit
der größeren Einigung und in dem Streben nach Einheit, sowie durch die
glänzenden Siege im Jahre 1866, hat sich auch das Nationalgefühl bedeutend
gehoben. Seit der Begründung des Norddeutschen Bundes durch Preußen
und dein neuen Abschluß des Zollvereins zwischen den Nord- und den Süd-
staaten, wie nicht minder durch die Militärconventionen oder Verträge, ist
Deutschland, allerdings vorläufig mit Ausschluß der deutsch-österreichischen
Staaten, zu einer Gesammtmacht ausgebildet, die, wenn sie von Ost oder
West angetastet werden sollte, ihre Riesenkräfte nur noch mehr entfalten
würde; jede fremde Einmischung in Deutschlands innere Angelegenheiten ist
glücklicher Weise unmöglich geworden. Die frühere Theilung Deutschlands
in so viele Staaten von ungleicher Größe, woraus von jeher gegenseitiger
Neid, Abneigung stammverwandter Völker, verderbliches Anschließen einzel-
ner an fremde Mächte und Schwächung des Ganzen hervorgegangen sind,
Deutschland ist dadurch
hat auch ihren segensreichen Einfluß gehabt,
vor jenem einseitigen und starren Nationalegoismus anderer Völker bewahrt
geblieben und durch die verschiedenen Mittelpuiikte für Wissenschaft und
Bildung in den verschiedenen Staaten konnte diese von vielen Punkten
aus sich gleichförmig über das ganze Volk verbreiten, niemals aber, wie
in vielen anderen Ländern, das ausschließliche Eigenthum einer Alles
verschlingenden Hauptstadt werden. Der Trieb der freien Selbstbestimmung,
der Individualismus, überwiegt in unserer Nation den Trieb nach
Selbstständig zu sein im Denken und im Dichten, in der
Religion wie in Wissenschaft und Kunst, gilt dem Deutschen mehr als
Einheit und Stärke des Vaterlandes, als Centralisation und Uniformität.
Am höchsten schätzt er die Gewissensfreiheit. Die kirchliche und religiöse
Reformation in Nimm das ebenbllrtiaite Kii
ihm so
kung lind
Großen: „Bei mir kann Jeder nach seiner Fa^on selig werden", verräch
Einheit.
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden]]
TM Hauptwörter (200): [T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T71: [Deutschland Krieg Preußen Volk Napoleon Frankreich Macht Frieden Europa Land], T165: [Kunst Wissenschaft Handel Gewerbe Bildung Land Stadt Schule Zeit Volk], T148: [Kirche Macht Staat Deutschland Kampf Frankreich Reich Reformation Zeit Gewalt]]
Extrahierte Ortsnamen: Europa Deutschland Deutschland Deutschland Europas Deutschland Deutschlands Deutschlands Deutschland
Vh. Deutschland.
125
wie gering auch der Gebrauch gewesen sein mag, die Schreibekunst, wie
dies die Runenschrift der verwandten nordischen Stämme beweiset. Auch
alles klebrige, was wir von ihren Sitten, ihrem Glauben, ihrer Verfassung
wissen, setzt sie weit über die Urbewohner Amerikas. Mit Staunen rühmen
Heilighaltung
Keuschheit
weibliche Geschlecht bei den Germanen stand, während Herabwürdigung des
Weibes ein für alle Wilde charakteristischer Zug zu sein scheint. — Ihre
Kleidung war einfach, dem Klima angemessen, aus leinenen Unterkleidern
und Pelzröcken bestehend; keine Spur verräth bei den Germanen jene
ekelhafte Sitte der wilden Völker, den Leib und selbst das Angesicht durch
Einschnitte, Farben u. s. w. (das Tätowiren) zu verunstalten. Manche
germanischen Stämme mögen wohl mehr ein Nomadenleben geführt haben,
die meisten aber hatten feste Wohnungen, wenn auch meist einzeln gelegen
und zerstreut, wie der Freiheitssinn es liebte; auch von größeren Ansiede-
iind Svuren vorhanden. — Die
Germanen
möchte
Nachrichten der Römer kennen lernen, war ein einfacher
Erde
r
griechischen
hoch
(altnordisch
gebildeten Alten; wie auch darin, daß wenigstens der Deutsche in seinen
Göttern nicht, wie es bei Griechen und Römern der Fall war, Vorbilder
jeglicher niederen Leidenschaft und jedes Lasters fand; dagegen aber von
der festen Zuversicht auf ein künftiges Dasein belebt war, wo in Walhalla
die abgeschiedenen Helden bei Jagd, Gefecht und frohem Mahle eine ihren
Begriffen angemessene Seligkeit genossen. Zu hoch dachte der Deutsche
von seinen Göttern, um sie, wie Tacituö sagt, unter irgend einer Gestalt
oder in Gebäuden, von Menschenhänden gemacht, anzubeten; heilige Haine
waren die Tempel; und wenn man den Deutschen auch nicht von dem
Vorwurf der Menschenopfer gänzlich freisprechen kann, so muß man doch
gestehen, daß dies nur selten vorkam und sich auch darin der germanische
Sinn höchst vortheilhaft vor dem blutigen, schauderhaften Götzendienst der
Gallier, Briten, Karthager u. a. auszeichnete. Kein Wunder, daß das
Christenthum von diesem edlen Volke zwar nicht gleich anfangs begierig
ergriffen (denn die Religion der Väter ist gutgearteten Söhnen stets ein
Gegenstand der Achtung, und das Einheimische mit dem Fremden leicht-
sinnig zu vertauschen, ist ernsten Charatteren nicht eigen), vielmehr ernst
bekämpft wurde, aber nachher, als es erkannt und angenommen worden,
zur Beschämung der hochgebildeten Griechen und Römer, seine geistige
Ausbildung vorzüglich bei germanischen Völkern gefunden hat. — Was
aber den Römern das meiste Erstaunen entlockte, war die einfache und
doch höchst verständige Verfassung der deutschen Völker. Zum Volke
gehörten nur Edle und freie Männer; Sklaven, meist wohl Kriegsgefangene,
obwohl menschlicher behandelt als bei den Römern, blieben auch nach ihrer
Freilassung Fremdlinge im Volle. Der Unterschied der Edlen und
der Freien
kaum
dem jetzigen Adel
Bürger
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen]]
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Amerikas Walhalla
126
A. Europa.
vergleichen und beruhte mehr auf Tapferkeit, Erinnerung der Thaten berühmter
Vorfahren, als auf großem Besitz. Jeder freie Mann aber durfte die
Waffen führen, legte sie beinahe nie ab und gab seine Stimme bei den
Volksberathungen. Das Land war in viele kleine Bezirke, Gaue, getheilt,
welchen später eigene Beamte, Grafen, vorgesetzt wurden. Im Kriege
wählte nian, gewöhnlich ans den Edlen, einen Anführer, den Herzog, dessen
Ansehen ganz von seinem Werthe abhing. Fürstengewalt, gewöhnlich wohl
erblich, doch mehr in der Familie als in der unmittelbaren Folge, war
mehr eine ehrenvolle Auszeichnung, als eine beschränkende Macht. Die
Versammlung der Edlen und Freien entschied über Krieg und Frieden und
über bürgerliche Streitigkeiten. Persönliche Beleidigungen rächte Jeder
selbst, daher der Zweikampf; und die Fürsten und das Volk sorgten nur
dafür, daß die Feindschaften sich nicht verewigten; Sühne, in Sklaven,
Vieh u. a., büßte und versöhnte jedes Verbrechen; nur Feigheit oder Ver-
rath wurde mit dem Tode bestraft; die Priester, als Diener der Götter,
vollzogen das Urtheil des Volkes. Zn allgemeinen Kriegen war Jeder ver-
pflichtet; an berühmte Fürsten und Krieger schloß sich freiwillig eine kampf-
lustige Jugend, oft zu einzelnen, unabhängigen Abenteuern; solchen frei
erkorenen Führer in der Schlacht zu überleben, war schimpflich. Aus
dieser Kampfgenossenschaft oder dem freiwilligen Gefolge bildete sich in der
Folge das Lehuswesen (denn der Anführer sorgte für den Unterhalt der
Seinigen und machte sie sich durch Geschenke und Bente geneigt), die
Abstufung der Ritter und Knappen und manche andere Eigenthümlichkeit
des neueren Europa. Kunstlos und doch zweckmäßig war die Anordnung
im Gefecht: das Gefolge umgab seinen Führer; familien- und stammweise
vereinigt focht das Volk, doch so, daß meist einer zu Pferde von mehreren
zu Fuß begleitet war; eine Einrichtung, die selbst Cäsar zweckmäßig fand
und nachahmte. Die Weiber begleiteten oft das Heer, ermunterten die
Streitenden durch Zuruf, pflegten die Verwundeten und stellten mehr als
ein Mal die halb verlorene Schlacht durch ihre Ermunterungen wieder her
oder wählten auch wohl freiwilligen Tod, um der Knechtschaft zu ent-
gehen.
Bedenkt inan nun noch, wie innig das Christenthum nach und
nach von den Deutschen aufgenommen, wie schnell Bevölkerung, Wohlstand
und selbst geistige Bildung in den von den Germanen eroberten Ländern
emporblühten; wie Sprachen, Sitten, religiöse Ansichten, bürgerliche und
gesellige Verhältnisse, mit einein Worte, die ganze neue europäische Bildung,
das deutliche Gepräge dessen tragen, wovon wir die Grundzüge in den von
den Römern uns geschilderten Germanen wahrnehmen, so wird man diese
schwerlich mit amerikanischen Wilden vergleichen, wenigstens ihre hohe
Bildungsfähigkeit und ihre geistige Kraft nicht verkennen. ''
Dieses kräftige Volk war bestimmt, einst die alle Eigenthümlichkeit
der Völker vernichtende Weltherrschaft der Römer zu zertrümmern; und
unfehlbar hätte es diesen von einsichtsvollen Römern Jahrhunderte vorher
geahnten Beruf früher erfüllt, wenn es nicht in sich selbst uneins, in eine
Menge kleiner, einander häufig selbst befehdender Volksstämme getheilt
gewesen wäre. Erst spät, als sie die Gewalt der römischen Waffen mehrere
Male erfahren, lernten die Germanen sich theilweise zu gemeinsamer Ab-
wehr des Feindes verbinden, und ans solchen Eidgenossenschaften teutscher
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind]]
TM Hauptwörter (100): [T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T145: [Bauer Adel Land Stadt Bürger Herr Stand Recht Gut König], T155: [Soldat Krieg Heer Land Mann Truppe König Waffe Geld Feind], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König]]
Vii. Deutschland.
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Stämme, wie die der Sueven oder Schwaben, der Katten (Hessen), der
Cherusker u. a., ist wahrscheinlich der Name Germanen, d. h. Wehr-
mannschaften, entstanden. — Was man gewöhnlich die große Völkerwan-
derung nennt und als ein räthselhaftes sich vorwärts und übereinander
Wälzen der Völker betrachtet, ist im Grunde nichts Anderes, als das sieg-
reiche Ende des Jahrhunderte lang fortgesetzten Kampfes der Deutschen
gegen die Römer und ihres Bestrebens nach Ansiedelung in fremden Ländern,
bei Ueberfüllung des eigenen Vaterlandes oder beim Drange nomadischer
mongolischer Völkerzüge gegen Westen. So treten zuerst, schon 100 Jahre
v. Chr. Geb., die Cimbern und Teutonen, aus deni nördlichen Deutschland
oder der dänischen Halbinsel, Ansiedelung gegen treue Dienste im Kriege
begehrend, ans und unterliegen der überlegenen römischen Kriegskunst des
Marius, weil sie den Römern gerade in dem höchsten Punkte ihrer kriege-
rischen Macht begegneten. So brechen die Helvetier aus ihrem Lande her-
vor und tverden von Cäsar nach großem Verluste zurückgewiesen, und auch
Ariovist (Ehrenvest?), ein Oberhaupt der Sueven, wird von Cäsar über
den Rhein zurückgeworfen. Von nun an beginnt der beinahe ununter-
brochene
endlich
M9 V w 9 * * » • » w
nach vier Jahrhunderten den vollständigsten Sieg erringen. Cäsar hatte
nur versuchsweise und ohne bleibenden Erfolg den Rhein, wahrscheinlich in
tw Gegend von Neuwied, überschritten. Unter Augustus hoffte man eine
Zeit lang, die Germanen zu unterjochen, wie es mit so manchen anderen
kriegerischen Völkern gelungen war. Drusus, der tapfere Stiefsohn Augusts,
drang in 4 Feldzügen, 12—9 Jahre v. Chr., bis an die Elbe, doch ohne
bleibende Eroberungen zu machen; sein Bruder Tiberius kämpfte nicht
allein mit Glück, sondern es gelang ihm auch, mehrere deutsche Völker-
schaften zu gewinnen und als Hülsstruppen in Sold zu nehmen. Schon
glaubten die Römer, das Land bis an die Weser das ihre nennen zu
können, und der kurzsichtige Varuö unternahm es sogar, römische Sitten
und Gerichtsordnung einzuführen, als er mit 3 Legionen von den Deutschen,
unter Hermanns (Arminius), eines Fürsten der Cherusker, Anführung im
Teutoburger Walde, wahrscheinlich beim heutigen Feldrom (unweit Pader-
born), völlig vernichtet tvard. Germaniens, der edle Sohn des Drusus,
unternahm vergeblich 4 Feldzüge, um die Erschlagenen zu rächen; frucht-
lose, unentschiedene Siege waren Alles, was er gewann, und kaum nur
entging ein Theil seines Heeres dem Schicksal des Barus. Hermann aber, der
mit Recht jetzt allgemein gefeierte Retter der deutschen Freiheit, von seinen
eigenen Zeitgenossen wenig erkannt, von seinem Schwiegervater Segest, dem
er die Tochter Thusnelda entführt hatte, zeitlebens angefeindet, dessen
eigener Bruder unter dem Namen Flavius im Römerheere diente, fiel
durch Meuchelmord, als ein Opfer der kleinlichen Eifersucht seiner Ver-
wandten und anderer Oberhäupter. Doch lebte zu Tacitus' Zeiten sein
Andenken in den Liedern, die das Volk zu seiner Ehre sang. Von der
Zeit an ward es Grundsatz der Römer, sich aus den Besitz des Rhein-
und Donauufers zu beschränken, und lange genug gelang es ihnen, diese
wohlbefestigten Grenzen unter harten Kämpfen zu behaupten. Siegreich
führte noch Trajan den Krieg im heutigen Ungarn und überschritt die
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Extrahierte Personennamen: Marius Marius Cäsar Cäsar Cäsar Cäsar Cäsar Augustus Augusts Tiberius Hermann Schwiegervater_Segest Thusnelda
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Schwaben Hessen Deutschland Rhein Rhein Neuwied Germaniens Ungarn
Vii. Deutschland.
Die Besitznahme der römischen Provinzen durch die Germanen war
im Ganzen genommen von geringen Verheerungen und Blutvergießen
begleitet gewesen: desto blutiger aber waren die Kämpfe, welche nunmehr
unter den Eroberern selbst entstanden, als besonders die Franken unter
Chlodwich von 491 bis 511 die Westgothen und Burgunder, im heutigen
Frankreich, die Allemannen im südlichen und die Thüringer im östlichen
Deutschland besiegten und sich unterwarfen. Das dadurch entstandene große
Frankreich kam nach langen inneren Zerrüttungen endlich in die kräftigen
ände Karl Martell's, seines Sohnes Pipin und endlich dessen Sohnes
arls des Großen, 771—814, welcher die Grenzen seines Reiches durch
Umerjochung
achsen
schwachen
er mit Waffengewalt zum Christenthum bekehrte, und eines T
Spanien bis an den Ebro bedeutend erweiterte. Als aber nach der
Regierung seines Sohnes Ludwigs des Frommen dessen Söhne erst mit
dem Vater um die Theilung, dann unter sich um den Besitz der Erbschaft
seines Reiches in blutigen Kämpfen stritten, kam endlich 843 zu Verdun
jener berühmte Theilungsvettrag zu Stande, wodurch die unabhängige
Existenz der drei Reiche Deutschland, Frankreich und Italien begründet
ward. Von Ludwigs Söhnen erhielt Lothar Italien und das sogenannte
lotharingische Reich; Karl der Kahle das eigentliche Frankreich, und
Ludwig der Baier oder der Deutsche Deutschland, und mit ihm beginnt
(876) im engeren Sinne die Geschichte des deutschen Reiches. Welche
Veränderungen bis auf diesen Zeitpunkt in der ursprünglichen Ver-
fassung der deutschen Völker entstanden, das Entstehen großer Vasallen,
das Emporkommen der Geistlichkeit und ihre Theilnahme an der Regie-
rung der Völker, das Alles haben wir bei Frankreich entwickelt.
Hier bleibt nur noch zu erinnern übrig, daß das Christenthum theils
durch die Bemühungen ftommer Mönche, zuerst von Gallien und später
vorzüglich aus England, unter welchen Winfried oder Bonifacius der
bedeutendste gewesen, im Lause des 7. und 8. Jahrh., theils aber auch
durch die siegreichen Waffen Karls des Großen in Deutschland einge-
führt ward.
So groß war die Ehrfurcht vor dem Andenken Karls des Großen,
daß man, so lange Nachkommen von ihm vorhanden waren, der alten
deutschen Sitte der Wahl zu vergessen schien, bis sie endlich mit dem
unmündigen Ludwig dem Kinde 911 ansgestorben. Deutschland befand sich
damals in einem traurigen Zustande der inneren und äußeren Schwäche.
Die vier großen Vasallen, die Herzöge von Sachsen, Franken, Baiern und
Schwaben, waren der königlichen Macht weit überlegen, und unaufhörlich
wiederholte Einfälle raubgieriger Barbaren zerrütteten das unglückliche
Land. Im Norden streiften die heidnischen Normänner (allgemeiner Name
der Dänen, Norweger und Schweden); im O. drohten die Wenden; von
So. brachen die Alles verwüstenden Schwärme der Ungarn hervor, die
mit ihrer leichten Reiterei Alles überschwemmten und jede Gegenwehr
unmöglich machten, und einst sogar durch Deutschland nach Frankreich vor-
drangen und ihren Rücktveg durch Italien nahmen. Noch Konrad der
Lalier (Herzog von Franken), der erste deutsche Wahlkönig, vermochte
wenig zur Wiederherstellung der Ordnung. Dies gelang erst den Regenten
Bkanc's Handbuch 11. 8te Aust.
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Frankreich Deutschland Frankreich Spanien Deutschland Frankreich Italien Frankreich Frankreich Gallien England Deutschland Deutschland Sachsen Baiern Schwaben Schweden Ungarn Deutschland Frankreich Italien
Vii. Deutschland.
131
ihm trotzte, in den Bann gethan, Leicht war es dein Papste, die deutschen
Fürsten, besonders die Sachsen aufzuwiegeln, und oon allen verlassen unter-
warf sich Heinrich der schmählichsten Demüthigung vor dem Papste zu
Canossa, einem Bergschlosse in Italien, um vom Banne losgesprochen zu
werden. Selbst dies half ihm nur wenig, sein Leben war und blieb eine
Reihe von Unruhen und Unglücksfällen, welche der unversöhnliche Haß der
Päpste ihm bereitete. Die deutschen Fürsten wählten einen Gegenkönig,
Rudolph von Schwaben, und als dieser geschlagen und, wie man glaubt,
von der Hand Gottfrieds von Bouillon schwer verwundet gestorben war,
llod) pinoii fsovntmirt Immi ftitvpmftitrn hipsom hovtrun firh
Mit diesem vertrug sich
Heinrich, und Hermann entsagte freiwillig; aber sein eigener Sohn Konrad,
von dem Papste aufgereizt, warf sich zum König von Italien auf, und als
auch dieser überwunden, empörte sich sein schon zum Nachfolger erwählter
Sohn Heinrich V., und der unglückliche Heinrich Iv. starb zu Lüttich als
ein halber Gefangener im Bann; erst 5 Jahre nachher gestattete der Papst
dem Leichnam ein ehrliches Begräbniß. Eben dieser Heinrich V. aber,
1106—1125, welcher die Partei der Päpste gegen den eigenen Vater
iffen
endlich
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Fürsten nach der Wahl mit dem Scepter belehnen dürfe, worauf dann die
Bestätigung des Papstes folgte. Hundert Jahre später hatte sich die Sache
schon zum Vortheil der Päpste gänzlich umgekehrt; der Papst bestätigte
nun nach geschehener Wahl, und der Kaiser durfte dann erst den nicht mehr
abzuweisenden Bischof belehnen. Viele Jahre lang hatte dieser Streit und
die daraus erfolgten Parteiungen der Fürsten Deutschland in allen Theilen
verwüstet; auch war es den Kaisern nicht gelungen, die Aristokratie zu ver-
nichten, sondern diese hatte sich unterdessen sogar zu solcher Macht aufge-
schwungen, daß sie sich erblich gemacht und königliche Einkünfte an sich
gerissen hatte.
nicht
schwäbischen Kaisern
in Deutschland, das
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oder den Friedrichen. Eins der mächtigsten Häuser
der schwäbischen Herzöge von Hohenstaufen, auch Weiblinger (von einem
Stammgute des Stamms) genannt, rechnete nach Erlöschung des fränkischen
Stammes auf die Königswürde. Die Eifersucht der Geistlichkeit hintertrieb
für diesmal die Wahl, und Lothar Ii. von Sachsen, 1125—37, ward
König. Er sowohl als sein mächtiger Schwiegersohn Herzog Heinrich von
Sachsen und Baiern, ans dem in Deutschland und früher in Italien
mächtigen Hanse der Welfen, suchte die Hohenstaufen zu demüthigen, und
hieraus entspann sich jener berühmte hundertjährige Streit in Deutschland,
wo es die Eifersucht verschiedener Häuser galt, der Weiblinger und
Welfen; in Italien, wo es mehr ein Kampf der Päpste und der Kaiser
war, hieß er der Streit der Guelsen (päpstliche) und der Ghidelliuen
(kaiserliche). Rach Lothar's Tode gelangte der Hohenstaufe Konrad Iii.,
1138—52, auf den Thron, und der Streit gegen den Welfen Heinrich
den Stolzen, welcher sich weigerte, eins seiner Herzogthümer abzutreten,
ward nur von einem erfolglosen Kreuzzuge Konrads unterbrochen. Als
Heinrick gestorben und sein Sohn Heinrich der Löwe mit dem 'Kessen und
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Sachsen Italien Italien Deutschland Deutschland Sachsen Baiern Deutschland Italien Deutschland Italien