412 Xxi. §. 9. Innocenz Hi. oder die vollste Entfaltung rc.
senden hohenstaufischen Friedrich Ii., aus Sicilien über die Alpen
führen und auf den Kaiserthron zu Aachen setzen konnte. Nicht min-
der hatte der Herr in allen übrigen europäischen Staaten die Ver-
hältniffe so geordnet, und solche Fürsten bestellt, daß des Papstes
Obergewalt sich überall volle Geltung verschaffen konnte. Die Kö-
nige von Portugal, von Aragon, von England geriethen in die tiefste
Abhängigkeit von Rom und mußten Zins zahlen; die Könige von
Castilien (Leon) und Frankreich mußten ihre Ehen trennen oder wie-
derherstellen nach seiner Entscheidung, in Norwegen und Schweden,
in Polen und Ungarn entschied der Papst die Thronstreitigkeiten nach
seinem Willen; die Fürsten von Dalmatien und Bulgarien empfingen
ihre Kronen, der Erzbischof von Armenien das Pallium aus seinen
Händen. Das ganze griechische Reich ward dem päpstlichen Einfluß
geöffnet, und die bisher noch heidnischen Ostseeprovinzen dem christli-
chen Scepter des Papstes unterworfen (vgl. d. folg. §.).
Fragen wir nun, wie hat denn dieser Innocenz seine unver-
gleichliche Macht, seine Gott vertretende Würde benutzt, was hat er
gewirkt und ausgerichtet, so müssen wir anerkennen, daß er nicht bloß
überall ein edles Streben, zu bessern, zu helfen, zu beruhigen und in
die rechte Bahn zu lenken, an den Tag gelegt hat, sondern daß ihm
auch Vieles und Großes gelungen ist. Wie billig, hat er den Anfang
gemacht am eignen Hofe, in seiner unmittelbaren Umgebung. Wie
viel Uebelstände, wie viel Erpressungen, wie viel Bestechung und Unge-
rechtigkeit, wie viel Lurus und schwelgerische Ueppigkeit, wie viel Ueber-
muth hatte sich am Hofe St. Peter's eingeschlichen! Unnachsichtig
fegte Innocenz, so weit sein Auge reichte, allen diesen lang verjährten
Schmutz aus und stellte Einfachheit, Gerechtigkeit, Zucht und Ord-
nung in Rom wieder her. Und so that er durch alle Länder unter
der ganzen Geistlichkeit. Es ist unglaublich, welches Heer von Klagen
über den Weltsinn, die Ungerechtigkeit, die Sittenlosigkeit, ja die Laster
und Verbrechen der Geistlichkeit aus fast allen Ländern erhoben wur-
den. Ruhig und milde, aber mit unbeugsamem Nachdruck wußte auch
da Innocenz überall durchzugreifen, und wo irgend eine begründete
Klage zu seinen Ohren kam, hat es gewiß nicht an ihm gefehlt, wenn
sie nicht abgestellt wurde. Er sorgte für gehörige Beaufsichtigung der
niedern Geistlichkeit und der Mönche, für Unterricht des Volkes,
wirkte dem immer weiter um sich greifenden Aberglauben und Reli-
quiendienst entgegen und traf zweckmäßige Maßregeln gegen die Her-
umtreiber, welche unter dem Vorwand großer Heiligkeit sich den La-
sten und Pflichten des bürgerlichen Standes entzogen. Auch das muß
man anerkennen, daß er die wilden Lüste und ungeordneten Leiden-
schaften der Könige von Frankreich und England (in Frankreich hatte
Philipp August seine rechtmäßige Gemahlin schmählich verstoßen,
in England wüthete Richard's Nachfolger, der launenhafte Jo Hann,
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr], T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp]]
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Extrahierte Personennamen: Innocenz_Hi Innocenz Friedrich_Ii Friedrich Innocenz Innocenz Innocenz Innocenz Innocenz Innocenz Philipp Philipp August
Extrahierte Ortsnamen: Sicilien Aachen Portugal Aragon England Rom Frankreich Norwegen Schweden Polen Ungarn Dalmatien Bulgarien Armenien Rom Frankreich England Frankreich England
Xxii. §. 10. Die großen Kirchenversammlungen und die Hussiten. 457
Das zweite zu Kostnitz, 1415—18, saß drei Jahre und meinte ein
Großes gethan zu haben, da es den mit Lastern und greulichen Ver-
brechen wie mit einem unflätigen Gewand überkleideten Papst Jo-
hann Xxiii. absetzte und die beiden anderen Päpste zur Abdankung
bewog. Aber wie wenig es selbst in der Wahrheit stünde, bewies
das Concil in jammervollster Weise dadurch, daß es den Zeugen der
Wahrheit, Johann Huß, elendiglich als einen Ketzer verbrannte.
Das dritte Concil zu Basel, 1431—49, saß gar achtzehn Jahre.
Aber obgleich es eine Menge heilsamer kirchlicher Gesetze zur Abstel-
lung der gröbsten Uebelstände gab, fand cs doch kein Heilmittel wi-
der den Hauptschaden. Es gerieth vielmehr in Zerwürfniß mit dem
Papst, in Zerwürfniß mit sich selber und mit einem großen Theil der
Christenheit, und trat, nachdem es in den letzten Jahren eine kläg-
liche Rolle gespielt, mit Schimpf und Schande wieder vom Schau-
platz ab.
Das erste Concilium, zu Pisa, hatten die Cardinäle ausgeschrie-
den und zwar die römischen und französischen Cardinäle in Gemein-
schaft, denn es lag ihnen wirklich daran, die Einheit und dadurch die
Macht und den Einfluß des Papstthums wiederherzustellen. Nachdem
sie nun zu Pisa den Papst Alerander V. gewählt hatten, betrug
der sich sogleich wieder als Herr des Concils, löste es auf und tröstete
die erschrockenen Reformfreunde mit der Aussicht auf ein bald zu beru-
fendes neues Concil, wo die Reformation der Kirche sollte in Bera-
thung gezogen werden. Er wußte nur zu gut, daß die Leute, die in
Pisa versammelt waren, auch keine Heilige seien, und kannte die Ränke
und Schleichwege sehr genau, durch die man bei ihnen Vieles und Alles
durchsetzen konnte. Als dann nach Alepa nder's Tode 1410 der
Cardinal Balthasar Cossa, einer der verrufensten und schändlich-
sten Menschen, Papst geworden war (er nannte sich Johann Xxiii.),
ward er zwar durch das Drängen des Kaisers Siegmund, durch
die lästigen Anforderungen der Pariser Universität und durch den an-
dauernden Streit mit den anderen beiden Päpsten gezwungen, das Con-
cil nach Coftnitz zu berufen, aber er that es mit der Absicht und in der
Hoffnung, auch dort Alles in eine bloße Spiegelfechterei zu verkehren und
die Versammlung so bald als möglich wieder aufzulösen. Das gelang
ihm nun zwar nicht. Zu gewaltige Schaaren von gelehrten und ge-
wandten Geistlichen und Laien waren dort aus allen christlichen Ländern
zusammengeströmt (an 80,000 Menschen), die nicht so leicht mit sich
umspringen und sich wieder nach Hause schicken ließen. Der Kaiser
Siegmund in aller Pracht seiner glänzenden äußern Erscheinung
hielt dort seinen Hof und die angesehensten deutschen Fürsten mit ihm.
Gesandte aus allen Ländern, aus Griechenland und aus Schottland,
aus Schweden und aus Cypern, aus Portugal und aus Rußland wa-
ren mit ihrem zahlreichen Gefolge erschienen. Weiter aber lagerte auch
TM Hauptwörter (50): [T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
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Extrahierte Personennamen: Johann_Huß Johann Alerander_V. Balthasar_Cossa Johann_Xxiii Johann Siegmund Siegmund
Xxiv. §. 10. Ausgang des dreißigjährigen Krieges. 553
lich um den Gewinn betrogen zu werden. Es war der schon ge-
nannte Bernhard von Weimar, der länderlose Fürst, der durchaus
sich ein Herzogthum erkämpfen wollte, sei es mit evangelischer, sei es
mit katholischer Hülfe. Durch Gustav Adolf'stod und die Nieder-
lage von Nördlingen war ihm sein erträumtes Herzogthum Franken
verloren gegangen, jetzt wollte er unter französischem Schutz das El-
saß gewinnen. Er gewann es und starb, wie er selbst meinte, an
französischem Gift. Das Elsaß aber behielten hohnlachend die Fran-
zosen bis auf diesen Tag. Desto fester schaarten sich die Deutschen,
auch die Protestanten, um ihren Kaiser. Ehe er starb (1637), hatten
sie ihm seinen Sohn Ferdinand 11!. einmüthig zum Nachfolger er-
wählt. Und wie gern hätte der neue Kaiser seinen Verbündeten und
seinen Unterthanen den Frieden wiedergegeben. Aber was einmal
versehen war, ließ sich jetzt so leicht nicht wieder gut machen. Deutsch-
land und auch die kaiserlichen Erblande mußten den ganzen tiefen
Kelch des Leidens ausleeren, den der Herr ihnen ob ihrer schmachvol-
len selbstsüchtigen Zerrissenheit eingeschenkt hatte. Erst jetzt begannen
die Fremden recht mit ihrer ganzen Rohheit, mit viehischer Gemein-
heit und teuflischer Grausamkeit im deutschen Reich und in des Kai-
sers Landen zu schalten. Ein schwedischer General löste den andern
ab, aber alle waren sie sich gleich in dem erbarmungslosen Frevel-
muth, mit welchem sie jeden Winkel Deutschlands durchplünderten,
verheerten und gänzlich zu Grunde richteten. So Ban er in Sachsen
und Böhmen, Torstenson vor Wien und in Holstein, Wränge!
und Königsmark in Böhmen und am Lech — es ist eine trostlose
Jammergeschichte, so unser edles deutsches Vaterland von den zermal-
menden Fußtritten dieser fremden Horden, von einem Ende bis zum
andern in Grund und Boden getreten zu sehen. Und ihnen zu Hülfe
kamen voll Freude über das herrliche Gelingen ihrer heimtückischen
Pläne die Franzosen unter Guebriant, Turenne und Enghien.
Wie haben sie die Pfalz und Schwaben verheert, wie haben sie den
Kurfürsten von Bayern geängstigt! Er, einer der vornehmsten Mit-
urheber des Krieges, mußte am Ende desselben noch die Hefen aus-
trinken, und in seinem hohen Alter noch als länderloser Flüchtling
umherirren, ehe endlich, endlich das „süße Fried- und Freudenwort"
erscholl.
Aber welch ein Friede! Wie erniedrigend für unser Vaterland, wie
unheilvoll für die Zukunft. Das war noch bei Weitem nicht das
Schlimmste, daß Schweden nun doch einen Theil der Ostseeländer, ja
auch der Nordseeländer (wenn auch unter kaiserlicher Oberhoheit) er-
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Bernhard_von_Weimar Gustav_Adolf'stod Gustav Ferdinand
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Sachsen Wien Holstein Schweden
Xxiv. §.11. Das Ende der Gegenreformationen rc.
555
genen Blicken ein neuer Hoffnungsstern für Deutschlands Zukunft
auf. In Brandenburg war 1640 der große Hohenzoller Friedrich
Wilhelm hervorgetreten, den man mit Recht den großen Kurfürst
genannt hat. Er fand sein Kurfürstenthum in einem Zustande, daß
es fast unmöglich schien, dies ausgemergelte, bis auf den letzten Tropfen
ausgesogene, aller seiner Reichthümer und der Hälfte seiner Bewohner
beraubte Land noch wieder zu einem wirthlichen und mächtigen Reichs-
gebiet zu machen. Friedrich Wilhelm übernahm diese Aufgabe
und hat ste durchgeführt. Er begann mit der Bildung eines eignen
festbesoldeten, wohlgeschulten Heeres, welches den Schweden wie den
Kaiserlichen, die in gleichem Frevelmuth im Brandenburgischen zu Hausen
pflegten, Achtung gebot. Dann schloß er einen Waffenstillstand mit
den Schweden und brachte, während die übrigen deutschen Länder noch
unter der blutigen Geißel des Krieges seufzten, allmälig Ruhe und
Ordnung in sein zerrüttetes Land zurück. Er wußte Ostpreußen,
welches er noch von Polen zu Lehen trug, in ein unabhängiges Besitz,
thum zu verwandeln und verband es mit Brandenburg und mit Ven
westlichen Provinzen Cleve, Mark und Ravensberg, sammt den im osna-
brückschen Frieden gewonnenen Stiftern Minden, Halberstadt und Mag-
deburg nebst Hinterpommern durch weise Einrichtungen zu einem
Staatsganzen, welches allmälig zu dem Ansehen und der Selbständig-
keit einer europäischen Großmacht sich entwickeln sollte. Kraft, Frische,
Gedeihen, Erneuerung des Wohlstandes, eine Achtung gebietende
Macht zu Lande und zur See, das Alles finden wir in Friedrich
Wilhelm's Gebieten, wie sonst nach dem dreißigjährigen Kriege in
keinem deutschen Lande weiter. Er ist aber nicht bloß der Gründer
der preußischen Größe, sondern auch der Wiederhersteller deutscher
Ehre. Denn er war der einzige und der erste deutsche Fürst, welcher
den übermüthigen Schweden und Franzosen wieder nachdrückliche Be-
weise deutscher Tapferkeit und Kriegsüberlegenheit gab, so am Rhein,
so in Polen, vor Warschau, ganz absonderlich aber in der ruhmreichen
Schlacht bei Fehrbellin 1675.
§. 11. Das Ende der Gegenreformationen und der re-
ligiösen Bedrückungen.
Der dreißigjährige Krieg, sahen wir, war keineswegs ausschließlich
oder auch nur vorzugsweise ein Religionskrieg gewesen. Eben so sehr,
ja mehr noch war er von allem Anfang an ein Kampf um die kai-
serliche Macht, dann ein Kampf um den schwedischen Einfluß, endlich
ein ganz gewöhnlicher Räuberkrieg, wo es sich um Nichts weiter han-
delte, als dem Feinde einen Strich Land abzugewinnen. Schon gleich
anfangs, mehr noch gegen das Ende hin dienten im kaiserlich wallen-
steinischen Heer ebensoviel Protestanten, wie im mansfeldischen und
anhaltischen Heerhaufen Katholiken. Nach Gustav Adolf's Tode
wurde das wilde Durcheinander noch allgemeiner und ärgerlicher,
am Ende kam's so weit, daß in den meisten Gefechten Katholiken auf
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich
Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich
Wilhelm's Friedrich Gustav_Adolf's Gustav
Xxiv. §. 1. Jesuiten und Inquisition.
523
von geistlichen Uebungen, als Fasten, Gebete, Betrachtungen, Selbst-
prüfungen, Entschlüsse, Gelübde, die zu bestimmter Zeit und nach fest-
stehender Regel mit einander wechselten. Zum zweiten aber in der
feindlichen Welt. Und da wollte der tapfere Kriegsmann zuerst nach
Weise der alten Kreuzfahrer im gelobten Lande gegen die Türken
den Kampf beginnen. Er reiste wirklich nach Jerusalem, und gewann
später, da er auf der Universität zu Paris seine theologischen Studien
machte, eine kleine Schaar Gefährten für denselben Zweck. Da sie
aber (1537) nach Venedig kamen, um ihre Wallfahrt nach Jerusalem
zu beginnen, fanden sie bald, daß das für jetzt unmöglich und auch
unnütz sei. So entschlossen sie sich denn, als eine Compagnie Jesu ihre
Dienste dem Papst anzubieten, zu unweigerlicher und uneigennütziger
Ausführung aller seiner Befehle, in jedes Land wollten sie gehen,
zu Türken, Heiden und Ketzern, wohin er sie senden werde. Der Papst
nahm keinen Anstand, diese eifrige und thatkräftige Verbindung zu be-
stätigen (1540). Er sah auf der Stelle, welchen Nutzen er von ihr
werde ziehen können. Einen solchen Orden hatte es noch nie gegeben.
Wie weit lag die stille Beschaulichkeit der alten Einsiedler und Klöster-
mönche, wie weit die gemüthliche Volkspredigt der Bettelmönche von
den Tendenzen dieser kriegerischen Ordensbrüder fern. Schnell hatte
ihr geistlicher Eifer, ihre beredte Predigt, ihr geschickter Unterricht,
ihre Selbstverleugnung in der Krankenpflege, zahlreiche Anhänger her-
beigezogen. Da ließ sich Ignaz förmlich zum Hauptmann, vielmehr
zum General der ganzen Verbindung ernennen. Ihm war Alles zu
militärischem, pünktlichem, unbedingtem Gehorsam verpflichtet. Klöster
zu errichten, erschien als unwesentlich, Klostertrachten und Klosteran-
dachten waren von keiner Wichtigkeit — die Hauptsache war: zu Felde
liegen gegen die Feinde des Papstthums, beständig in Bewegung, in
jeder Stadt, in allen Ländern, wohin auch immer der Dienst sie rufen
mochte, welche Forderungen auch an sie gestellt wurden. Vor Allem
erfüllten sie Spanien, ihr Heimathland, von Portugal aus zogen sie
schaarenweise nach den portugiesischen Besitzungen in der Heidenwelt,
nach Brasilien, nach Ostindien, nach China und Japan. Man fand
sie in Aethiopien, wie man sie in Deutschland und Frankreich fand,
wir werden ihnen in Schweden und Polen begegnen. Zur Heranbil-
dung neuer Ordensglieder (Professen) wurden hier und da Collegien
gegründet. Geistliche Coadjutoren oder Scholastiker leiteten die Un-
terweisung der Novizen, weltliche Coadjutoren sorgten für die äußeren
Angelegenheiten der Gesellschaft und ihrer Häuser. Jedes Talent wurde
brauchbar gemacht, jede eigenthümliche Begabung durste sich frei und
ungehindert entwickeln, aber alle wurden in strengster Unterwürfigkeit
unter die Befehle der Oberen nur auf das eine Ziel hingerichtet, wur-
den sorgfältig eingeübt mit allen Mitteln, guten und bösen, die eine
große Sache zu erstreben: Befestigung und Ausbreitung des Katholi«
cismus, Ausrottung aller Ketzer.
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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Extrahierte Personennamen: Ignaz
Extrahierte Ortsnamen: Jerusalem Paris Venedig Jerusalem Spanien Portugal Brasilien Ostindien China Japan Deutschland Frankreich Schweden Polen
Xxiv. §. 11. Das Ende der Gegenreformationen rc. 357
Bevölkerung in Deutschland ist bis heute ziemlich derselbe geblieben.
Hier und da sind Protestanten auögewiesen worden, z. B. aus Salz-
burg, aus Tirol; die eine oder andere Fürstenfamilie hat ihre Con-
fession verändert, wie z. B. die sächsische, ohne daß dadurch wesent-
liche Veränderungen herbeigeführt wären. Man gewöhnte sich trotz
der verschiedenen Bekenntnisse und Gebräuche, friedlich mit einander
zu leben. Katholiken und Lutheraner hatten das auch schon
früher gekonnt, viel schwerer wurde es den Lutheranern und den Re -
sormirten. Mit fanatischer Heftigkeit ist von lutherischen Theolo-
gen gegen Calvinisten und Kryptocalvinisten gestritten worden. Von
ihnen wurde alles Gewicht ausschließlich auf die Lehre gelegt und
dagegen die Pflege des Gemeindelebens und der einzelnen Seelen,
die Uebung in der Heiligung versäumt. Wie hart und kalt und todt
waren da so viele lutherische Gemeinden sammt ihren Hirten gewor-
den! Doch waren auch die innig warmen, lauteren, gottinnigen Män-
ner unter ihnen nicht ausgestorben. Unerschöpflich sind die Schätze
der Erbauung, die man in den Schriften findet eines Joh. Arnd
(1-1621), Heinrich Möller (1-1673), Christ. Scriver (1-1629).
Welch eine Tiefe, Klarheit und Erwecklichkeit in den Lehrbüchern eines
Joh. Gerhard. Und welch edle Frucht haben die Leiden des
dreißigjährigen Krieges gezeitigt in den theuren Liederdichtern unserer
Kirche, Paul Gerhard, Paul Flemming, Rist, Rinkard,
Neumark, Herrmann, Rodigast u. a. m. Bei alledem be-
durfte die lutherische Kirche auch na ch dem dreißigjährigen Kriege noch
gar sehr einer neuen Ansassung, und sie wurde ihr durch das ge-
segnete Wirken Spener's und Franke's reichlich zu Theil.
Was sagte nun aber der Papst, was sagten die katholischen Eife-
rer zu diesem Umschwung der Dinge, zu dem westphälischen Frieden?
Sie haben ihn nie anerkannt. Eben derselbe Papst Urban Viii.
(1623 bis 1644), der zur Erhebung Frankreichs gegen den Kaiser, zur
Herbeiziehung der Schweden das Meiste beigetragen hatte, erklärte spä-
ter, als die Erfolge der schwedischen Waffen dem Katholicismus Gefahr
brachten, daß den Protestanten Nichts zugestanden werden dürfe, was
den katholischen Interessen zum Nachtheil gereiche, das Restitutionsedict
müsse ausgeführt, die verjagten evangelischen Fürsten dürften nicht
. wieder eingesetzt, es dürfe mit ihnen gar kein Friede geschloffen werden.
So erklärten sich auch seine Nachfolger. Wäre es auf die Päpste an-
gekommen, so wäre aus dem 30jährigen ein 300jähriger Krieg gewor-
den. Gegen den Abschluß des westphälischen Friedens haben die Päpste
förmlich protestirt. Aber wie die Dinge lagen, war der Friede eine
Nothwendigkeit geworden, man konnte sich um den Einspruch des
Papstes nicht mehr kümmern. So geschah es, daß die Päpste sich
gänzlich außerhalb des lebendigen Verlaufs der Dinge stellten, und ein
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Frankreichs Schweden
Xxiv. §. 7. Gegenreformation in Polen und Oestreich. 541
aussterbenden Königshause eine Sittenlosigkeit, eine Gemeinheit, eine
Wollust, eine zur Schau getragene Unzucht, daß man sich wahrlich nicht
wundern kann, wie der ganze, eben noch so blühende Stamm in wenig
Jahren verdorrte, wie alle drei, ja vier Söhne der Katharina noch
in jungen Jahren elend dahinstarben. Und von dem Hofe aus ver-
breitete sich das Gift der Schamlosigkeit, der offenbaren und geheinien
Wollust über den ganzen Adel, über alle vornehme Welt, über ganz
Frankreich. Und leider auch die Protestanten blieben von diesem Gifte
nicht unberührt. Wir finden Wenige unter ihnen, auf die unser
Auge mit herzlicher Theilnahme, Bewunderung und Ehrfurcht blicken
könnte, die festgestanden hätten mitten in der verderbten Umgebung.
Auch ein Cond6 läßt nicht ab, der Wollust zu fröhnen, auch ein
Heinrich von Navarra ist ein ausschweifender Lüstling. Vergleicht
man diesen König Heinrich Iv. mit seinen Vorgängern und Nach-
folgern, so mag er als ein Stern und hochzupreisendes Licht unter
ihnen erscheinen. Es fehlt ihm auch nicht an jener hochherzigen Rit-
terlichkeit, Talent und Gewandtheit, die dem Franzosen so wohl steht.
Nichts desto weniger muß man über ihn das Urtheil sprechen, daß er
durch seine Sittenlosigkeit und Maitressenwirthfchaft noch auf dem Thron
ein überaus schweres Aergerniß gegeben, ein noch schwereres aber durch
die Leichtfertigkeit, mit der er zweimal seinen Glauben abschwor, einmal
aus Furcht, das zweite Mal aus Lust, aus Herrschbegier. Für den Besitz
von Paris, für den Thron Frankreichs war ihm sein evangelischer
Glaube feil. Auch das Haus Bourbon, sehen wir, hat sich wie alle
neu eintretenden Herrschergeschlechter in Frankreich, mit einem Brand-
mal im Gewissen auf den Thron geschwungen; und wir wissen, auch
das Haus Bourbon ist wie alle übrigen in Blut und Jammer zu
Grunde gegangen.
tz. 7. Gegenreformation in Polen und Oestreich.
Unter dem Eindruck jeneö schrecklichen Ereignisses (1572), welches
wir als Bartholomäusnacht zu bezeichnen gewohnt sind (Philipp Ii.
und Papst Gregor Xm. ließen Dankfeste feiern), war der katho-
lische Angriff mit verstärktem Eifer nach allen Seiten hin gerichtet wor-
den. Wir sahen schon, zu welchen Ergebnissen er am Rhein, in
Franken, in Westphalen und den Niederlanden geführt hat; mit wie
großen Gefahren er in England zurückgewiesen wurde. Zu derselben
Zeit waren die Jesuiten auch in Schweden eingedrungen. Schon
hatten sie den König Johann Ii. in ihren Netzen, als noch zu rech-
ter Zeit der allgemeine Widerwille des Volks und der unkluge Uebcr-
muth der Eindringlinge die Gefahr für das evangelische Land besei-
tigte. Desto fester setzten sie sich in Polen. In diesem Lande waren
nämlich die Protestanten bereits so zahlreich und so mächtig geworden,
daß sie sich, wenn sie gewollt hätten, leicht einen protestantischen Kö-
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Katharina Heinrich_von_Navarra Heinrich Heinrich_Iv Heinrich Philipp_Ii Philipp Gregor_Xm Gregor Johann
Extrahierte Ortsnamen: Polen Frankreich Paris Frankreichs Frankreich Polen Rhein England Schweden Polen
544 Xxiv. §. 7. Gegenreformation in Polen und Oestreich.
Frankreich den Sieg gewinnen zu wollen. Dann folgte ein kurzer
Rückschlag durch den schmalkaldischen Krieg, durch den Sieg des Kai-
sers über die protestantischen Fürsten und Städte in Deutschland und
durch die Eröffnung des tridentinischen Concils. Aber schnell wendet
sich die Sache wieder. Der Kaiser muß 1552 vor den Protestanten
weichen, wird aus dem deutschen Reich so gut wie vertrieben, durch
einen feierlichen Friedensschluß wird die Einigkeit der deutschen Für-
sten wiederhergestellt; und nun beginnt eine protestantische Bewegung,
welche auch die festesten Burgen des Katholicismus in Deutschland und
in allen Landern nordwärts der Alpen und Pyrenäen ergreift. Auch
die bayerischen und östreichischen Lande, Polen und Ungarn, die Rhein-
lande und Westphalen, Frankreich und die Niederlande neigen sich
mehr und mehr dem Protestantismus zu. Schottland ist schnell völlig
gewonnen. Auch in England bricht, nach kurzer Unterbrechung durch
Maria die Blutige, der protestantische Eifer um so kräftiger wieder
hervor. Nur etwa an drei Orten außerhalb Italiens und Spaniens
war der Katholicismus völlig unerschüttert geblieben. nämlich in Tyrol
und dein schweizer Hochgebirge, in Irland und in den wallonischen
Provinzen Belgiens. Da hatten sich aber hinter den Alpen bereits
die Streilkräfce gesammelt, welche jetzt (etwa seit 1563) die Berge
überstiegen, um die abgefallene Welt abermals für Rom zu erobern.
Wir sahen, es waren jene unreinen Geister oder Geister der Teufel,
wie sie Offenb. 16, 14 genannt werden, welche Zeichen thun und aus-
gehen zu den Königen auf Erden, sie zu versammeln in den Streit
wider Gott den Allmächtigen. Vor Allen die Jesuiten; später
kamen ihnen auch noch andere Orden zu Hülse. Ueberall wußten sie
mit dämonischer Schlauheit auf das Geschickteste anzuknüpfen, die alten
Erinnerungen zu beleben, die schwankenden Gemüther zu befestigen,
insonderheit aber sich der Fürsten zu bemächtigen. Durch deren Hülfe
gelangen ihnen die großen Erwerbungen in Deutschland, in Polen, in
Oestreich; sie erhoben sich zu den umfassendsten Aussichten auf Eng-
land, auf Schweden, auf Rußland. In Frankreich fanden sie mächtige
Bundesgenossen an den Guisen. Von ihnen ausgenommen und un-
terstützt, erwecken sie bald im ganzen Lande neuen katholischen Eifer.
Unvorsichtig lassen sich die Hugenotten hinreißen, ihre Religions-
sache mit dem politischen Treiben der selbstsüchtigen Parteien am könig-
lichen Hofe zu vermischen. Es gereicht ihnen innerlich und äußerlich
zu großem Schaden. Der Abfall beginnt in ihren eignen Reihen, sie
müssen zuletzt sich zufrieden geben, in dem wieder ganz kathol sehen
Frankreich nur noch Duldung zu finden. Inzwischen sind aus Spa-
nien und Italien nicht bloß die Mönchsorden, sondern es sind schlag-
fertige Heere hervorgebrochen, um dein Katholicismus mit Gewalt die
verlorenen Länder wieder zu erobern. In Frankreich sehen wir sie im
Bunde mit den Guise», in den Niederlanden bringen sie Belgien wieder
zum Gehorsam des Papstes und des spanischen Philipp. Denn un-
aufhörlich haben in den beiden südlichen Halbinseln Philipp Ii. und
die Päpste aus allen Kräften an der Wiederaufrichtung der römischen
Kirche gearbeitet. Gregor Viii. und Sirtus V. (letzterer von 1585
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Extrahierte Personennamen: Maria Maria Oestreich Philipp Philipp Philipp_Ii Philipp Gregor_Viii Gregor
Extrahierte Ortsnamen: Polen Frankreich Deutschland Deutschland Polen Ungarn Frankreich Niederlande Schottland England Italiens Spaniens Tyrol Irland Belgiens Rom Deutschland Polen Schweden Frankreich Frankreich Italien Frankreich Niederlanden Belgien
Xxiv. §. 8. Ausbruch des dreißigjährigen Krieges, 1618. 547
Glatz, in Mahren. Auch die friedliche Genossenschaft der mährischen
Brüder wurde zersprengt, der Strom des Katholicismus erfüllte alle
östreichischen Lande an allen Enden. Und, müssen wir hinzusetzen,
in Folge des sich weiter spinnenden Kriegs erfüllte er bald auch das
ganze obere Deutschland; ja schon sind die mittleren, schon werden
die norddeutschen protestantischen Stifter bedroht, Halberstadt, Mag-
deburg sind wieder in katholischen Händen, Bremen, Verden, Minden,
Camin, Havelberg, Schwerin werden von ihnen zurückgefordert; ganz
Deutschland scheint dem Andrang des waffengewaltigen Katholicismus
und der kaiserlichen Uebermacht rettungslos unterliegen zu müssen.
Da fing es an, sich zu erfüllen, was die weiseren Kurfürsten dem
unbesonnenen Friedrich v. d. Pfalz vor der Annahme der böhmischen
Königskrone warnend und weissagend geschrieben hatten: es würde aus
seinem Unterfangen ein Bruderkrieg entstehen, der die deutsche Freiheit
in Knechtschaft verwandeln, fremde Völker zu Herren in Deutschland
machen und ein unabsehbares Elend über das Vaterland herbeiführen
würde. Denn nicht ging mit der Wiedereroberung Böhmens der un-
selige Krieg zu Ende. Dreißig lange, schwere Jammerjahre hat die in
Böhmen entzündete Flamme fortgelodert, hat ihre dunkeln, verzehren-
den Gluthen von Osten nach Westen, von Süden nach Norden fortge-
wälzt, hat Dänemark, Schweden, Frankreich, Italien, Spanien, hat
allmälig ganz Europa mit ergriffen und einen ungeheuren Brand er-
nährt, dessen Heerd und Mittelpunkt unser unglückliches Vaterland
bleiben mußte. Da ist das Grab der deutschen Herrlichkeit gegraben
worden, und die einstmals eine Fürstin war unter den Völkern, ward
jetzt zur Magd, ein Raub und Spott der Fremden. Es haben aber
beide Confesfionen mit gleichem Fleiß an solcher Selbstzersteischung
unseres Landes mit geholfen. War von den protestantischen Böhmen
und vom reformirten Friedrich v. d. Pfalz der erste Schritt gethan,
so that Herzog Maximilian von Bayern mit seiner katholischen Liga
den zweiten Schritt. Er wollte sich den Kurfürstenhut erwerben und hat
ihn auch erworben. Dazu mußte er den pfälzischen Friedrich, ihn selbst
und alle seine Nachkommen ihres Kurfürstenthumes berauben. Das that
er, sobald Böhmen bezwungen war. Da ließ er zuerst die Oberpfalz *)
wegnehmen, dann die Unterpfalz. Alles wurde wieder katholisch; in Hei-
delberg wurde wieder die Messe gelesen, die berühmte Heidelberger Bi-
bliothek als Geschenk nach Rom an den Papst geschickt. Und nun
wäre vielleicht der Krieg zu Ende gewesen, wenn nicht etliche unberu-
fene, kriegslustige, kleine protestantische Fürsten in thörichtervermessen-
heit und kurzsichtiger Beutelust die Truppen der Liga und die Spanier,
die am Oberrhein standen, noch länger im Felde gehalten und hinter
*) Das jetzt bayerische Gebiet an der böhmischen Grenze von Regenöburg nörd-
lich bis in die Gegend des Fichtelgebirges.
35*
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_v Friedrich Friedrich_v Friedrich Maximilian_von_Bayern Maximilian Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Halberstadt Bremen Minden Havelberg Schwerin Deutschland Deutschland Schweden Frankreich Italien Spanien Europa Hei- Rom Regenöburg
550 Xxiv. §. 9. Gustav Adolf in Deutschland, 1630-32.
des Papstes, der die Uebermacht des Kaisers gleicherweise zu fürch-
ten beginnt, betritt er den deutschen Boden — das ist kein Religions-
krieg mehr. Auch waren die deutschen Fürsten sich der Gefahr, die
ihnen aus dem Einmischen der Schweden erwuchs, sehr wohl bewußt.
Keiner von ihnen hatte sie gerufen, so trat auch keiner mit ihnen in
Bündniß, als sie nun da waren. Vielmehr hatten sie soeben bei der
Größe der Gefahr, die alle, katholische, wie evangelische, von dem über-
mächtigen Kaiser zu befürchten hatten, bei dem unsäglichen Elend, mit
welchem die kaiserlichen Heere das ganze Land erfüllten, sich noch ein-
mal, man mag sagen, das letzte Mal, geeinigt, hatten den Kaiser
gezwungen, einen Fürstentag nach Regensburg zu berufen, und
waren ihm dort so entschieden entgegengetreten, daß er seinen allge-
mein verhaßten Generalissimus Wal len stein entlassen, das Restitu-
tionsedict wenigstens ausschieben und sein Heer verringern mußte.
Es war vorauszusehen, daß, wenn der Kaiser fortgefahren hätte, den
unumschränkten Herrn zu spielen, sich die ganze Macht der katholi-
schen Liga wider ihn gewendet hätte. Für die deutsche Freiheit war
also ohne die Schweden immer nur wenig zu fürchten, durch die
Schweden Alles. Eine andere Frage aber ist, wie es ohne sie dem
Protestantismus ergangen wäre.
Die ersten Bewegungen Gustav Adolf's in Deutschland waren
nicht glücklich. Während er sich mühsam von Pommern, wo er ge-
landet war (1630), durch Brandenburg hindurcharbeitete, deffen Kur-
fürst ihn als unberufenen Eindringling behanvelte, fiel Magdeburg
in die Gewalt des katholischen Heeres, und die gänzliche Zerstörung
dieser altprotestantischen Stadt mußte wohl ein Jammergeschrei und
Entsetzen durch alle protestantischen Lande erregen. Erst nachdem es
dem Schwedenkönig unter dem Eindruck dieses Ereignisses gelungen
war, außer mehreren kleinen Fürsten auch Brandenburg und Sachsen
zum Anschluß an ihn zu bewegen (die kleineren Fürsten, z. B. die Her-
zöge von Mecklenburg mußten seine Vasallen werden), da entschloß er
sich zu einer entscheidenden Schlacht. In den Ebenen von Leipzig, wo
seitdem so oft noch blutige Schlachten von Fremden auf deutschem Bo-
den geschlagen werden sollten, bei Breitenfeld errang Gustav
Adolf jenen glänzenden Sieg, welcher mit Einem Schlage die kai-
serlich katholische Macht auseinanderwarf und ihm ganz Deutschland
wehrlos in die Hände gab. Durch Thüringen und Franken ging sein
Zug bis an den Rhein. Denn am Rhein und Main gedachte er zu-
nächst die schönsten Gauen zum eignen Besitz sich auszusuchen. Darum
gab er auch dem unglücklichen pfälzischen Kurfürst Friedrich, der
das ganze Elend angestiftet hatte, sein angestammtes Erbe trotz alles
Bittend und Drängens nicht zurück, sondern hielt ihn mit Versprechun-
gen und demüthigenden Bedingungen hin, bis ihn der Tod ereilte.
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TM Hauptwörter (200): [T30: [Gustav Schweden Adolf Wallenstein Kaiser Heer Tilly König Krieg Schlacht], T151: [König Volk Kaiser Reich Fürst Land Gott Wilhelm Deutschland Frieden], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T40: [Protestant Kaiser Kirche Katholik Reichstag Jahr Lehre Reformation Augsburger Land]]
Extrahierte Personennamen: Gustav_Adolf Gustav Adolf Gustav_Adolf's Gustav Gustav
Adolf Gustav Adolf Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Schweden Regensburg Schweden Deutschland Pommern Brandenburg Magdeburg Brandenburg Sachsen Leipzig Breitenfeld Deutschland Rhein Rhein Main