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Die allgemeine Bewegung, die sich nun im Volke kundgab, legte Zeugnis dafür ab, was ein Volk ans Anhänglichkeit an seine Heimat und aus Liebe zu seinem Herrscherhaus vermag. Jünglinge, kaum wehrhaft, Männer mit grauen Haaren und wankenden Knien, Offiziere, wegen Wunden und Verstümmelung schon längst entlassen, reiche Gutsbesitzer und Beamte, Väter zahlreicher Familien und Verwalter ausgedehnter Geschäfte, vom Heeresdienste befreit, stellten sich freiwillig unter die Fahnen. Die Gymnasien, die Hörsäle der Universitäten leerten sich; denn Schüler und Lehrer griffen zu Flinte und Schwert. Der Landmann verließ den Pflug, der Arbeiter die Werkstätte, der Kaufmann das Warenhaus, der Beamte die Schreibstube; alles, was Büchsen und Säbel führen konnte, eilte nach Breslau. Kolberg, Berlin und anderen Sammelplätzen. Auf den Landstraßen drängten sich die Freiwilligen, welche zu den Fahnen eilten; wer nicht selbst ins Feld ziehen konnte, steuerte zur Ausrüstung unbemittelter Freiwilliger nach Kräften bei; arme Landleute gaben ihr letztes Pferd hin, Kinder den Inhalt ihrer Sparbüchsen. Frauen und Jungfrauen ihr Geschmeide. Ein armes schlesisches Fräulein brachte ihr schönes Haupthaar zum Opfer, das dann zu Fingerringen, Armspangen und Broschen benützt, ungewöhnlich reichen Erlös ergab. Was an Geld und Gut nur irgend entbehrlich schien, ward willig dahingegeben. Die Zahl der Trauringe und Schmucksachen, die damals eingingen, wird auf 160 000 geschätzt. Wer einen goldenen Ring gab, erhielt einen eisernen mit der Inschrift: „Gold gab ich für Eisen, 1813."
In dem nun sich entfachenden großen Völkerkampfe erhob sich Napoleon noch einmal mit Riesenkraft. Der französische Senat bewilligte ihm neue 350 000 Mann, zu welchen später noch 180 000 Mann kamen. Die Streitkräfte der Verbündeten waren anfangs noch recht bescheiden; nur 100 000 Mann vermochten sie ins Feld zu stellen. So kam es, daß Napoleons überlegene Macht anfangs glückliche, wenn auch mit großen Verlusten erkaufte Treffen lieferte. Erst als Österreich, Schweden und Bayern — Württemberg kämpfte immer noch für Napoleon — Preußen und Rußland beigetreten waren, so daß nun 482 000 Mann die Waffen gegen Napoleon kehrten, wandte sich das Blatt. Blüchers Sieg an der Kahbach belebte die Hoffnung der Verbündeten. Auch andere Treffen fielen glücklich aus. Endlich zogen sich die Heere um
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gerietet oder in« Zuchthaus gesteckt. Andere wurden als Soldaten in die österreichische Armee eingereiht. Die Güter der Hingerichteten und Geflohenen nahm der Staat in Beschlag. Ungarn aber Murde als ein erobertes Land behandelt und seine Verfassung aufgehoben.
Mit der ungarischen Revolution legten sich die Stürme, welche Kanzöstsche Februarrevolution in Deutschland und Europa entfacht hatte. Die erhitzten Geister wurden allmählich wieder ruhiger und besonnener und erkannten, daß ans dem Wege gemeinsamer Friedens, arbeit eher etwas zu erreichen sei. als durch gewaltsame Auflehnung gegen die Regierung. Übrigens war die Bewegung von 1848 nicht ohne gute Folgen für die Zukuust. Was das Volk damals stürmisch forderte, ist ihm heutzutage größtenteils gewahrt. Dazu hat die Revo-sution gewiß ihren guten Teil beigetragen.
Anhang. Der Franzosenfeiertag.
(Samstag, 25. März 1848.)
®er Pariser Bolksausstand im Februar 1848 versetzte ganz Europa in Angst und Schrecken. Wie ein Sturmwind verbreitete sich die Revolution einen Monat später über Italien, Deutschland, Österreich und Ungarn. Der deutsche Bundestag, ja selbst die Throne der Fürsten wankten. Nicht bloß Minister, auch Stadt- und Gemeinderäte wehte die Märzenluft hinweg wie welkes Laub. Überall regte sich ein mächtiger Freiheitsdrang. Jedes Nestchen wollte seine unblutige Revolution haben; teils waren es alte Rechnungen, welche mit den Schulzen und lebenslänglichen Räten auszugleichen waren, teils war es die Freude an dem wohlfeilen Krawallieren. In Baden und Württemberg gab es Ausstände gegen Juden und Grundherrschaften.
In Niederstetten wurde das an das Fürstlich Hohenlohe-Bartenstein-sche schloß angebaute Kanzleigebäude in der Nacht vom 5. auf den 6. März abgebrannt unter dem Freudeugeschrei der Menge, das sich erhob, sobald wieder brennende Akten aufflogen. Rotten von 100 bis 150 Mann durchzogen die Straßen unter dem Ruf: „Freiheit! Gleichheit! Nieder mit Hohenlohe! Wir wollen königlich sein!"
Bei Weinsberg liegt das Dorf Weiler mit dem gutsherrlichen Schlosse bei' Herren gleichen Namens. Dort erschienen am 13. März in aller Frühe 4-500 Bauern, welche vom Burgfrieden des Mainhardter Waldes herab-gestiegen waren. Sie durchsuchten die Räume des Schlosses, ohne etwas anderes zu berühren, als Papier. Als ihnen vom Rentamtmann Wein an-
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gelang es ihm bei der Saumseligkeit der Deutschen noch einmal die Rheingegend, Schwaben und Franken zu verheeren. Am 17. Juni 170 7 erschien Marschall Villars in Württemberg, eroberte Schorndorf und ließ das Land plündern. Weitere Verheerungen wurden demselben durch die Herzogiumutter, welche durch Entrichtung von Iv4 Millionen Gulden (2 Millionen Mark) die Franzosen zum Abzug bewegte, erspart. Doch blieb ein Rest derselben noch im Lande liegen und brandschatzte weiter bis zum Rastatter Frieden 1714, der dem Krieg ein Ende machte. Württemberg hatte er mehr als 16 Millionen Gulden (27 Millionen Mark) gekostet. Solch ungeheuren Schaden fügten die übermütigen Franzosen unserem damals noch so kleinen Lande zu, ohne daß wir ihnen auch nur das mindeste zu leide gethan hätten. Und doch blieben die Deutschen so blind, daß sie es nicht einmal zu einer Vereinigung gegen sie brachten; ja sie ahmten sogar die Lebensweise dieser gewissenlosen Menschen nach, achteten gleich jenen die Religion gering und nahmen leichte Sitten an.
Ludwig Xiv, der eitle, herrschsüchtige, selbstgefällige und gottlose Fürst, starb im Jahr 1715, von seinen eigenen Unterthanen längst verwünscht. An seinem Begräbnistage sah man das verblendete Volk tanzen, singen und spielen.
Ii. Die französische Revolution und ihre Wirkung ans Deutschland.
1. Ursachen.
„Gerechtigkeit erhöhet ein Volk, aber die Sünde ist der Leute Verderben." Ein abschreckendes Beispiel für die Wahrheit dieses Wortes gab das französische Volk am Ende des vorigen Jahrhunderts. Durch eine Flut schlechter Schriften wurde Glaube und Sittlichkeit, sowie der Gehorsam gegen Obrigkeit und Gesetze untergraben. Den Geist der Empörung zog insbesondere der glaubenslose französische Schriftsteller Voltaire groß. Durch seine „Aufklärung" wurde der Gedanke der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit in weiten Kreisen des Volkes verbreitet und die Ansicht mehr und mehr befestigt, die Staatseinrichtungen der alteu Welt müßten von Grund aus umgestaltet
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tigsten, jedoch weniger auf die großen Staaten Preußen und Österreich, welche trotz mancher Mißstände doch im ganzen geordnete Verhältnisse und eine Geschichte hatten, auf die sie stolz sein konnten. Je kleiner und kleinlicher aber die Staaten waren und je näher sie Frankreich lagen, desto leichter entzündeten sich die Köpfe und desto mehr ließ man sich von den Franzosen leiten, die mit gleißenden Worten gleiches Recht für alle forderten und eine allgemeine Weltbrüderschaft verkündigten.
Das nächste aber war ein Verderbenbringenderkrieg
des deutschen Reiches mit den Franzosen, der 23 Jahre lang unser Land verwüstete und unsägliches Elend über seine Bevölkerung brachte. Als nämlich in Paris die rote Partei der Jakobiner die Oberhand bekam und das Leben des Königs bedroht war, da beschlossen König Friedrich Wilhelm Ii und Kaiser Leopold von Österreich, dem Könige von Frankreich nötigenfalls durch Waffengewalt seine Freiheit wieder zu verschaffen. Die Deutschen ahnten nicht, welch schwere Aufgabe sie sich gestellt hatten; sie kannten nicht die Macht der revolutionären Leidenschaften, welche sich jetzt mit ganzer Gewalt gegen den äußeren Feind kehrten. Zwar rückten die Verbündeten anfangs siegreich vor, bald aber mußten sie, und zwar zum Teil infolge ihrer Uneinigkeit, dem heftigen Anprall der Franzosen weichen und schließlich die Niederlande nebst sämtlichen deutschen Ländern aus der linken Seite des Rheins an Frankreich abtreten. In den eroberten Ländern, die als französische Provinzen galten, wurden die republikanischen Einrichtungen Frankreichs anfangs bereitwilligst angenommen. Bald aber gingen den Bewohnern die Augen auf. Auf Befehl des Nationalkonvents mußte in den Provinzen die französische Sprache gelehrt werden, und nicht lange dauerte es, so seuszten die Bewohner unter einem förmlichen Aussaugungssystem. Die öffentlichen Kassen wurden geplündert, neue Kriegssteuern auferlegt und die Soldaten auf Kosten der Einwohner unterhalten. Lebensmittel und sonstige Bedürfnisse mußten ohne Vergütung geliefert werden; was aber durchaus bezahlt werden mußte, das bestritt man durch Assignaten, ein Papiergeld, das gar bald seinen Wert verlor. Die eroberten Länder wurden mit Millionen solcher Assignaten überschwemmt und viele wohlhabende Familien dadurch zu Grunde gerichtet. Handel, Gewerbe und Verkehr stockten, weil am Rhein französische Zollwächter strenge Wache hielten.
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Bewohnern Stuttgarts blieb der Ernst der Lage nicht verborgen. Man war entschlossen, sein möglichstes zu thun und schritt nnverweilt zur That. General Hügel wurde mit der vorhandenen unbeträchtlichen Jnsanterie und einigen Geschützen nach dem Roßbühl bei Freudeustadt abgeschickt, um die nächste Zugangsstraße vom Rheinthal nach Württemberg zu versperren. Zur Verstärkung der Württembergischen Kreistruppen ans dem Roßbühl erwartete der Erbprinz Friedrich einige österreichische Abteilungen. Schon am Abend des 2. Juli rückten aber die Franzosen gegen die Stellung auf dem Roßbühl vor. Überall erschienen sie mit bedeutender Übermacht den schwäbischen Kreistruppen gegenüber. Doch hielten sich diese in der Schanze und in der nächsten Umgebung über eine Stunde, in der Hoffnung, daß die versprochene Verstärkung noch eintreffen werde. Da keine Unterstützung erschien, so mußten sie nach tapferer Gegenwehr der Übermacht weichen und den Paß aufgeben. Am 3. Juli rückten die Franzosen in Freudenstadt ein, am 14. waren sie bis Weil der Stadt vorgedrungen, und am 18. erschienen sie in Stuttgart. Aber es war auch schon die von Württemberg mit Frankreich in Baden-Baden abgeschlossene Waffenstillstands- und Neutralitätsurkunde eingetroffen. Nach derselben verpflichtete sich der Herzog von Württemberg zur Zahlung von 4 Millionen französischer Livres (8,2 Mill. Mark) in barem Gelde an den Zahlmeister der Rhein- und Mofelarmee, sowie zur Lieferung von 100 000 Zentnern Brotfrüchten, 50 000 Säcken Haber, 100 000 Zentnern Heu, 50 000
Paar Schuhen und 4 200 Pferden. *
Die in Württemberg einmarschierten Franzosen versetzten die Bevölkerung in Angst und Schrecken. Ein württembergischer Geschichtsschreiber erzählt: „Von Schrecken war das ganze Land ergriffen. In buntem Gemisch sah man die Straßen von Fliehenden bedeckt, welche in den neutralen preußischen Fürstentümern in Franken eine Zuflucht suchten. Da erschienen die reichen Equipagen der Fürsten und des Adels, von langen Zügen hungernder Handwerksburschen unterbrochen, die den Kriegsschauplatz verließen, um in friedlicheren Gegenden Arbeit und Nahrung zu finden. Wem es nicht gelang, sich und das Seine in» Ausland zu retten, der vergrub feine Schätze in die Erde und
legte in den Waldungen Verstecke für das Vieh an. Eine endlos
scheinende Wagenreihe, bald von Geschützen und Kriegsgerätschaften, bald
Klenk, Zeit- und Lebensbilder. Z
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ein Schrotschuß abgefeuert, so daß er aus 30 Wunden blutend in sein Schloß getragen werden mußte. Jedoch auch diesmal schwebte Gottes Hand schützend über ihm. Er genas, und als er aus dein Bade zurückkehrte, sagte er zu seinem Hofprediger: „Gott hat die Haare auf meinem Haupte gezählt, er hat auch die Schrotkörner gezählt, die in meinen Ar in und Kops gedrungen sind, und es hat keines in den Sitz des Lebens dringen können. Diese Wunden find heil, aber hier im Herzen sind Wunden, die heilen nicht."
Trotz dieser bitteren Erfahrungen schaute das Antlitz des greisen Kaisers nach wie vor mild und freundlich auf sein Volk herab, dessen Wohl ihm beständig am Herzen lag. Ganz besonders durfte die arbeitende Volksklasfe seiner Fürsorge sich erfreuen. Auf des Kaisers Betreiben kam im Jahr 1883 das Arbeiter-Krankenversicherungsgesetz und 1884 das Arbeiter-Unfallversich e-rungsgesetz zustande. Auch die Alters- und Invalidität s-versichernng wurde noch unter Wilhelms I Regierung vorbereitet. Durch diese Gesetze ist der Arbeiter vor Not in Zeiten der Krankheit und des Alters geschützt. An allen diesen Errungenschaften, hauptsächlich aber an der Gründung des neuen deutschen Kaiserreiches, hat der Reichskanzler Fürst Bismarck ruhmvollen Anteil.
Kaiser Wilhelm I starb am 9. März 1888 in einem Alter von 91 Jahren. Wenige Stunden vor feinem Tode äußerte er: „Ich habe keine Zeit müde zu sein." In Wilhelm I feiert Preußen feinen ruhmgekrönten König, die deutsche Nation den Schöpfer ihrer Einheit und das wiedererstandene Reich feinen ersten Kaiser.
2. Friedrich in (9. März bis 15. Juni 1888).
Nach dem Tode Wilhelms I bestieg dessen einziger Sohn „Fritz" als Friedrich Iii den deutschen Kaiferthron. Er wurde am 18. Oktober 1831, deut Gedächtnistage der Schlacht bei Leipzig, geboren. Im Jahre 1858 vermählte er sich mit Viktoria, einer Tochter der Königin von England.
Friedrich Iii war eine echt deutsche Heldengestalt. An der Seite seines Vaters half er die deutsche Einheit mit erstreiten. Er entschied die Schlachten bei Wörth, Weißen Burg und Sedan. Vertrauensvoll schaute das deutsche Volk und Heer auf diesen kraftvollen Hohenzoller, der trotz aller kriegerischen Lorbeeren mehr den Werken des Friedens, der Pflege von Kunst und Wissenschaft zugethan war. Leider sollte er nur 99 Tage regieren. Seit Jahren litt er an einer schrecklichen Kehlkopfkrankheit, deren Fortschritt auch der Auf-
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Extrahierte Ortsnamen: Wilhelm Leipzig England Sedan
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Weiße Täfelchen besagen, daß eine sofortige Lazaretbehandlnng notwendig ist, rote Täfelchen deuten an, daß der Verwundete ohne erhebliche Nachteile einen Transport auszuhalten vermag. Die Schwerverwundeten werden sofort in die Feldlazarete geschafft, die Leichtverwundeten nach den Sammelplätzen verbracht, von Ivo aus sie nach erfolgter Genesung wieder zu ihren Kameraden zurückkehren.
Die Unterbringung der Verwundeten erfolgt möglichst in Gebäuden (Kirchen, Schulen, Wohnhäuser), und wenn diese nicht ausreichen, in Zelten und Baracken.
Die Lazarete bieten einen überaus traurigen Anblick. Der Menschheit ganzer Jammer wird in ihnen fühlbar. Da liegen Hunderte mit hochaufgeschwolleuen, gräßlichen Wunden und winden sich in namenlosen Schmerzen. Während hier ärztliche Kunst zerschossene Glieder vom Leibe trennt oder klaffende Wunden vernäht und verbindet, schließen sich dort unter den Gebeten der Geistlichen matte Augen für immer. Ärzte, Geistliche, Krankenwärter und Diakonissen sind unablässig bemüht, jedem zu helfen; aber die Kräfte reichen bei der großen Zahl der Gefallenen oft kaum aus. Tag und Nacht sind die edlen Samariter auf dem Platze und verrichten ohne Rast und Ruhe die beschwerlichsten, oft widerwärtigsten Dienste, nicht achtend die Gefahr der Ansteckung, noch den Ekel, den manche Wunden und Krankheiten verursachen.
Aber auch die Lieben in der Heimat wetteifern in Werfen der Barmherzigkeit.
Zur Pflege der Verwundeten entstehen freiwillige Vereine, welche Verbandzeug, Betten, Kleider, Wäsche, ärztliche Werkzeuge, Getränke, Nahrungs- Remigungs- und Arzneimittel ins Feld senden. In edler Begeisterung für das Vaterland und im Drange barmherziger Liebe eilen opfermutige Frauen und Jungfrauen, Jünglinge und Männer in die Spitäler der Schlachtfelder, um dort Krankendienste zu thun oder solche Verwundeten, welche längere Zeit zu ihrer Erholung bedürfen, in den Sanitäts- und Krankenzügen in die Heimat zu begleiten.
Die Sanitätszüge mit ihren Hunderten von verbundenen Invaliden reden eine erschütternde Sprache von dem furchtbaren Ernst des Krieges, dieser Geißel der Menschheit. Auf Stroh gebettet liegen oder fitzen die braven Kameraden. Von treuen, meist freiwilligen Samaritern werden sie gehoben und getragen, gereinigt und verbunden. In den
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Erquickungsstationen der Bahnhöfe reichen mitleidige Herzen warme Speisen und stärkende Getränke. Für Schwerverwundete, welche zu schwach sind, eine lange Fahrt auszuhalten, werden auf den Bahnhöfen besondere Übernachtuugsstationen eingerichtet, in welchen sie gewaschen, erfrischt und gebettet werden. Die Spitäler der Heimat nehmen die kranken Krieger auf. In ihnen sind treue Hände unablässig bemüht, den Armen Hilfe und Linderung zu verschaffen. Mit großer Hingebung und zarter Aufmerksamkeit widmen sich auch die Fürstinnen denselben. Königin Augusta von Preußen hätte am liebsten jeden Verwundeten in ein „Himmelbett" gelegt. Trotz der grimmigsten Kälte besuchte sie die auf dem Tempelhofer Felde errichteten Baracken, ging von Bett zu Bett und erkundigte sich bei jedem, ob ihm nichts an seiner Pflege fehle. Für den von ihr gegründeten „Vaterländischen Frauenverein" nähte sie des Abends mit ihren Hofdamen Verbandzeug. Wenn im Lazarete Gottesdienst gehalten wurde, so setzte sie sich mitten unter die Soldaten. In der Küche nahm sie oft mit einem Holzschemel vorlieb. Stets kostete sie das für die Verwundeten bereitete Essen oder den Kaffee, lobte oder tadelte, je nachdem es not war.
Und wie die Königin von Preußen, so haben alle deutschen Fürstinnen — vor allem auch unsere in Gott ruhende Königin Olga (s. Abschn. Ix, 3) — und viele edle deutsche Frauen und Jungfrauen den Verwundeten hilfreiche Hand geboten. Außerdem wurde durch freiwillige Beiträge einer großen Anzahl Invaliden der Gebrauch stärkender Bäder und die Anschaffung künstlicher Glieder ermöglicht.
Mit dem Friedensschluß ist jedoch die Thätigkeit der freiwilligen Krankenpflege nicht abgeschlossen. Im Gedanken, daß erfahrungsgemäß bei vereinten Kräften Großes geleistet werden kann, haben sich hilfbereite deutsche Frauen und Männer zu einem großen Verein, dem „roten Kreuz" zusammengeschlossen. Ein namhaftes, durch freiwillige Beiträge gesammeltes Kapital, bessert Grundstock im Jahr 1871 360 000 Mark betrug, hat dieser Verein im Ernstfälle sofort für die Pflege der Verwundeten zur Verfügung. Auch ist das „rote Kreuz" bestrebt, durch Ausbildung weltlicher und geistlicher Krankenpfleger und -Pflegerinnen, sachverständige Kräfte für einen kommenden Krieg, den Gott verhüten möge, heranzuziehen. Da der freiwilligen Krankenpflege auch im Frieden ein weites und dankbares Feld der Thätigkeit offen steht, so ist zu wünschen,
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und zwar in beit 13 oberen Rangklasseit, welche herabgingen bis zu ziemlich mebergestellteu Beamten. Bedingt frei waren die Bewohner der beiben Resi-benzen Stuttgart und Ludwigsburg, Studierende, Künstler, einzelne Klassen von Angestellten, gewisse Besitzer, einzige Söhne. Gewerbetreibenden und Handelsleute», deren Vermögen 10 000 Gulden (17 000 Mark) überstieg, war gestattet, um einen Stellvertreter nachzusuchen, der 400 Gulden (684 Mark) kostete. Die Militärpflicht begann mit dem 18. Lebensjahr. Bei der Infanterie diente man sechs Jahre, bei der Kavallerie und Artillerie zehn Jahre. Das ist heutzutage alles anders.
Das Schulwesen förderte Friedrich durch Errichtung des Seminars Eßlingen 1811, Handel, Gewerbe und Landwirtschaft durch den Bau von Straßen und die Anlage des Hafens in Buchhorn (Friedrichshafen), sowie durch Eröffnung der Eisenwerke in Friedrichsthal.
Drückend für die Bevölkerung war das Answanderungs- und Jagdverbot und unbillig die rücksichtslose Behandlung der Kirche, welcher Friedrich eine neue Liturgie aufdrängte.
Am Schlüsse seines Lebens wollte der König seinem Lande noch eine neue Verfassung geben, aber die Stände lehnten das Dargebotene ab und forderten „das alte gute Recht." Ehe es zu einer Einigung kam, starb Friedrich an einer Erkältung, welche er sich an einem windigen Oktobertage bei der Besichtigung der auf dem Seelberg bei Cannstatt ausgegrabenen Mammutzähne und -Knochen zugezogen hatte.
2. König Wilhelm I (1816—1864).
König Wilhelm I wurde geboren am 1. September 1781 zu Lüben in Schlesien, wo sein Vater, der Württembergische Erbprinz und nachmalige König Friedrich, preußischer General war. Seine Erziehung war ernst und streng. Im Jahre 1800 kämpfte er als Freiwilliger im österreichischen Heere gegen Frankreich und 1814 nahm er ruhmvollen Anteil an den Kämpfen der Verbündeten bei la Ro-t hie re und Monte rau. Nachdem die von Napoleon ihm aufgedrungene Ehe mit einer bayrischen Prinzessin gelöst war, vermählteer sich 1816 mit der geistvollen Großfürstin Katharina, der Schwester des russischen Kaisers Alexander I. Im Jahre 1816 bestieg er nach seines Vaters Tode den Württembergischen Thron, den er 48 Jahre lang inne hatte. Alle Herzen schlugen dem neuen Könige entgegen, und noch mehr steigerte sich die Begeisterung des Volkes, als sofort nach seinem Regierungsantritte dem Jagdunwesen gesteuert, das Brief-
Klenk, Zeit- und Lebensbilder. c
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