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1. Die Supplingenburger - S. uncounted

1890 - Braunschweig : Bruhn (Appelhans & Pfenningstorff)

2. Die Supplingenburger - S. 1

1890 - Braunschweig : Bruhn (Appelhans & Pfenningstorff)
Erstes Kapitel: Die Klause am Lutterüach. Mer alte, fromme Pater Wilbrand hatte sich keinen ^ schlechten Platz ausgesucht, als ihm Herzog Lothar von Sachsen, Herr von Supplingenbnrg, gestattete, am Fuße des Elmgebirges sich einen Ort zu wählen, wo er Gott und den Heiligen fürder Tag und Nacht dienen könnte. Mit den Augen eines feinen Naturkenners hatte er das Ufer des Bächleins gewählt, welches wegen feines klaren, lautern Wassers die Lauter oder Lutter genannt wurde und heute noch so genannt wird. Unter finstern Tannen und Buchen erbaute er sich dort, als ein geschickter Werkmeister, mit eigener Hand ein Hüttlein, dessen Dach er mit Rohr deckte und dessen Wände er mit Lehm und Moos dicht machte gegen die Unbilden der Witterung. Ein Tisch, ein Stuhl und eine Bank, alles roh mit einem Beile gearbeitet, bildete fein gesamtes Hausgerät; auf einem Gesimse standen einige irdene Schüsseln und Krüge, und in einer Ecke befand sich die ärmliche Lagerstatt, ein mit dürrem Laub gefüllter Sack und darüber liegend einige Reh- und Hirschfelle. Neben dieser Klause stand ein großes Kreuz, und zu Füßen desselben war aus rohen Steinen ein Altar aufgerichtet, welcher statt einer Decke mit grünem Epheu ganz überzogen war. In den Zweigen einer hohen, stattlichen Buche aber hing, im Sommer von grünem Laube ganz verdeckt, ein Glöckleiu, ein Geschenk der frommen Herzogin Richenza, der Gemahlin Lothars, welches Wilbrand dreimal täglich läutete, so daß der Schall weit hinunter tönte in das Thal und die Landleute zum Gebete rief. Tiemann, Die Supplingenburger. 1

3. Die Supplingenburger - S. 3

1890 - Braunschweig : Bruhn (Appelhans & Pfenningstorff)
— 3 — seiner Kräfte stehender Jüngling gewesen wäre. Und vielleicht war es gerade das Leben in der stillen Waldeinsamkeit, das den Geist des Klausners srisch und seinen Körper gesund erhalten hatte bis ins hohe Alter hinein. Seine Nahrung bestand aus grobem Gerstenbrot, welches ihm von den Dienstleuten des Schlosses wöchentlich einmal gebracht wurde; dazu suchte er sich im Frühlinge würzige Kräuter und zur Sommer- und Herbstzeit eßbare Pilze und duftige Beeren, die in großer Menge im Walde zu finden waren; das Wasser des nahen Baches aber war sein Trank. Und bei dieser einfachen Lebensweife fühlte Wilbrand sich glücklich und zufrieden und sehnte sich nicht zurück uach dem Leben an den stolzen Fürstenhöfen, an denen er früher gewesen war. Es war warm; den Greis überwältigte die Müdigkeit, sein weißes Hanpt sank aus seine Brust, und bald verkündeten tiefe Atemzüge, daß er eingeschlummert war. Da nahten sich leise Schritte seiner Klause; ein liebliches Mädchen von etwa sechzehn oder siebenzehn Jahren, ein kleines Körbchen im Arme haltend, war hinzugetreten und stand nun vor dem schlafenden Greise; neben ihr stand ein großer, zottiger Huud, der deu Schläfer ebenfalls schweifwedelnd betrachtete. „Thue ich's oder thue ich's nicht?" fagte das Mädchen leist für sich; „es ist zwar unrecht, den alten guten Pater zu stören in seinem Nachmittagsschlummer, aber wenn nachher mein Vater kommt, so wird er doch wach." Und sie ging hin und legte dem Klausner saust ihre Hand auf die Schulter. Sofort schlug dieser die Augen auf, und als er die Jungfrau vor sich stehen sah, sagte er: „Ei, sieh da, wie die kleine Bertha den alten Wilbrand im Schlase überrascht hat! Grüß' Dich Gott, mein liebes Kind, sei mir willkommen in meiner Hütte!" Mit diesen Worten reichte er dem Mädchen die Hand, und auch der Hund drängte sich heran, um einige Liebkosungen für sich in Empfang zu nehmen. „Verzeihe mir, lieber Vater Wilbrand, daß ich Dich in Deinem Schlummer gestört habe," sagte Bertha; „jetzt aber sollst Du raten, was ich Dir mitgebracht habe. Cs ist etwas l*

4. Die Supplingenburger - S. 4

1890 - Braunschweig : Bruhn (Appelhans & Pfenningstorff)
gar schönes, ich habe es selbst für Dich im Walde gesucht!" Und bamit hielt sie ihm das Körbchen zu, das sie mir großen Blättern gar zierlich bebeckt hatte. „Ei, ei, Bertha," sagte der Greis lächelnb; „was für Schätze birgst Du in Deinem Korbe? Laß sehen, was es ist!" Er wollte der Jungfrau denselben aus der Haub nehmen, aber btese wehrte ab und sprach: „Nein, nein, mein guter Pater! Erst raten, und wenn Du es nicht rätst, bekommst Du es nicht!" Scherzenb begann jetzt der Greis zu raten. „Gewiß bringst Du mir köstliche Birkhuhneier, oder gar die Eier der Auerhenne? Ich hätte nicht gebacht, daß meine Bertha sich so gut auf das Eiersuchen verstände!" „Fehl geschossen, guter Pater, fehl geschossen!" rief Bertha lachend. „O welch ein großer Naturforscher doch der weise Pater Wilbrand ist! Birkhuhneier im Spätsommer!" „Ja, Ktnb, baran beichte ich nicht", sagte der Klausner; „dann werben es wohl bunte Forellen sein, die Dein guter Bater im Lutterbach gefangen hat!" „O nein", erwiderte Bertha; „ich habe Dir doch gesagt, daß ich es selbst im Walde für Dich gesucht habe". „Nun", für Wilbrand fort, „dann bringst Du mir gewiß köstliche Morcheln und Trüffeln, die ich, wie Du weißt, gern esse". „O nein, nein", jubelte Bertha, „das ist es auch nicht. Rate nur weiter!" „Nun denn", sagte jetzt der Klausner, „dann smb es sicher schwarze Walbbeeren, die Tu in Deinem Korbe trägst. Dein Münbchen ist Dein Verräter; Du hast gewiß nicht allein für Deinen alten Freunb, Du hast auch für Dich gesorgt!" „Enblich hast Du es erraten, Vater Wilbranb," sagte jetzt Bertha, inbem sie sich mit einem Tuche die frischen roten Lippen rieb, auf welchen schwache Spuren der genossenen Beeren zu sehen waren. „Zum Lohne sollst Dn jetzt die Beeren bekommen; sinb sie nicht herrlich?" Und triumphierend übergab sie dem Greise das Körbchen, besten bustigen Inhalt er sich gut schmecken ließ; sie selbst aber setzte sich auf einen Stein zu seinen Füßen und schaute glückselig lächelnb ihrem alten Frennbe ins Angesicht. Es war ein gar liebliches Bilb, der Greis, die Jung-

5. Die Supplingenburger - S. 6

1890 - Braunschweig : Bruhn (Appelhans & Pfenningstorff)
er nicht, bis er geholt wurde, sondern unaufgefordert trat er an das Krankenlager und bot seine Hülfe an. Aber obgleich er für das Gute, was er durch seine wirksamen Arzneimittel dem Volke that, keine Belohnung nahm, so sahen die Landleute ihn doch mit Mißtrauen an, denn sie glaubten, daß er sich solche Wissenschaft erworben mit Hülfe der falschen Götter, ja sie erzählten sich schaudernd und sich bekreuzend, daß Rodbert heimlich noch den alten,, fast vergessenen Göttern diene und ihnen nächtlicherweise Opfer darbringe. Vergebens suchte Wilbraud, vergebens suchten andere einsichtsvolle Leute diesem Aberglauben zu steuern. Die Landleute nahmen, wenn sie in Not waren, wohl die Hülfe Rodberts in Anspruch, aber wenn sie ihn nicht gebrauchten, begegneten sie ihm mit Mißtrauen oder gingen ihm weit ans dem Wege. Er selbst machte sich hieraus freilich wenig: aber es kränkte ihn bitter, wenn er sah, daß auch seine unschuldige Tochter unter dem Vorurteil der Menschen zu leiden hatte. Wenn Rodbert dieses bemerkte, so schwoll ihm die Zornesader auf der Stirn, und Bertha hatte dann oft Mühe, den aufgeregten Vater zu besänftigen, daß er nicht im Zorne eine heftige That beging. Dies war der Grund, daß Rodbert sich mehr und mehr von den Menschen zurückzog, und daß er auch seiner Tochter untersagte, in das Dorf, das am Fuße des Berges lag, hinunterzusteigen. So waren denn beide allein auf sich und auf den Umgang mit dem Pater Wilbrand angewiesen, und derselbe genügte ihnen vollständig. Der Alte verstand es, zu den Herzen zu reden, und dein Kinde teilte er ans dem reichen. Schatze seines Wissens mancherlei mit und freute sich, wenn er bemerkte, daß seine Worte in dem empfänglichen Herzen desselben Wurzel schlugen. Von Tag zu Tag, von Jahr zu Jahr gestaltete sich das Verhältnis zwischen den drei Personen herzlicher und inniger. Rodbert und Bertha hingen an dem ehrwürdigen Pater mit aufrichtiger Verehrung, und dieser suchte durch freundliche Gespräche den Köhler vergessen zu machen, daß er von den Landleuten gemieden, ja gefürchtet wurde.

6. Die Supplingenburger - S. 10

1890 - Braunschweig : Bruhn (Appelhans & Pfenningstorff)
— 10 — Tyrannen. Als dann der Kaiser auch den Kampf begann mit dem übermächtigen Papst Gregor, da waren es die Sachsen, welche zuerst dem gebannten Kaiser den Gehorsam weigerten. Es geschah dieses wahrlich nicht aus Ehrfurcht vor dem stolzen, finstern Priester, welcher vorgab, an Gottes Statt von Rom aus das Weltall zu beherrschen, oder aus Gehorsam gegen sein Gebot, welches die Unterthanen ihres Eides und ihrer Pflicht gegen den Kaiser entband, sondern die Sachsen sahen in dem römischen Machthaber ihren natürlichen Bundesgenossen. War ihr Thun recht oder unrecht, wer möchte es entscheiden? Wohl fühlte Lothar, wohl fühlten viele der Sachsen das Unwürdige dieser Bundesgenossenschaft, wohl hätte er, und mit ihm die meisten der Sachsen, lieber die Waffen getragen gegen die äußeren Feinde des Reiches, als sie gegen den eigenen Kaiser zu kehren; aber es war die Pflicht der Selbsterhaltung, welche ihnen die Waffen in die Hand zwang. Welch eine Stütze hätte der Kaiser haben können an diesem streitbaren, tapfern Volke, wenn er dessen Liebe nicht durch unzeitige Härte verscherzt hätte! Wahrlich, der demütigende, in seinen Folgen verhängnisvolle Gang nach Kanossa wäre ihm wohl erspart geblieben! Während dieser Fehde des Sachsenvolkes gegen den Kaiser war es, als Lothar von Snpplingenbnrg an den Hof der Herzogin Gertrud nach Braunschweig kam. Hier sah er Richenza, und die eben fünfzehnjährige, zarte Jungfrau machte einen tiefen Eindruck aus den um mehr als zwanzig Jahre älteren Krieger. Auch Richenza sah den starken, kampfgeübten Recken gern, und wo sich nur eine Gelegenheit bot, zeichnete sie ihn aus vor den übrigen Rittern. Aber Lothar wagte es nicht, um die Hand der reichen Erbin der brunonischen Güter zu werben; denn er kannte den Stolz ihrer Mutter und fürchtete, eine Abweisung zu erfahren. Kein Herzogtum konnte er der Geliebten zu Füßen legen; denn seiner Güter waren wenige und sein Geschlecht war auch keines der ältesten im Sachsenlande. Da teilte er dem treuen Wilbrand, zu dem er eine herzliche Zuneigung gefaßt, seine Besorgnis

7. Die Supplingenburger - S. 14

1890 - Braunschweig : Bruhn (Appelhans & Pfenningstorff)
— 14 — Hülfe gelingt es mir wohl, die teure Kranke dem Leben wiederzugeben. Aber ohne Gottes Hülfe vermag ich nichts". Als Lothar und Wilbrand diese Worte horten, verwunderten sie sich. Das waren nicht die Worte eines Heiden; so konnte nur ein Christ, ein wahrer Christ sprechen. „Nun wohl", sprach deshalb der Pater, „so tretet hinzu und helft der edlen Frau; möge Gott Eurem Borhaben seinen Segen geben!" „Amen!" sprach der Köhler, indem er an das Lager trat; und „Amen! „Amen!" wiederholte der Herzog, der mit gespannter Aufmerksamkeit jede Bewegung des Köhlers verfolgte. Und siehe da, Gott, der das Flehen der Seinen hört zur rechten Zeit, unterstützte die Bemühungen des einfachen Mannes. Kaum hatte er der Kranken die Arznei eingeflößt, als sie die Augen aufschlug und bald darauf in einen ruhigen Schlummer fiel. Es war der Schlummer der Genesung; noch einmal wich der Todesengel, der schon seine kalte Hand nach feiner Beute ausgestreckt, von dem Lager der Herzogin. Nach einigen Tagen schon konnte sie dasselbe verlassen und Gott und dem braven Manne, der ihr geholfen, banken für seine Hülfe. Wilbranb aber gedachte an das Gelübde, welches er abgelegt; er verließ seine bisherige Wohnung im Schlosse und erbaute sich die Klause am Lutterbach, in welcher er beit größten Teil des Jahres zubrachte und sie nur verließ, wenn im Winter die Witterung zu ungestüm wurde. — An bieses alles und noch an manches anbere bachte Wilbrand, während er so vor der Thür seiner Hütte saß. Zehn Jahre waren schon seit der Krankheit Richenzas dahingeeilt, zehn lange Jahre hatte er hier in der ßitv samkeit des Waldes gelebt. Mit dem wackern Köhler verband ihn von jetzt an innige Freundschaft, denn er hatte erkannt, daß er ein frommer Mattn war trotz des Gerebes, welches auch jetzt noch nicht verstummen wollte. Bescheiben hatte berselbe jebe Belohnung, die der Herzog ihm anbot, abgelehnt; aber Wilbranb erzeigte sich thut bennoch dankbar, so viel er vermochte, und besonbers wibmete er sich der Tochter des Köhlers, und er hatte

8. Die Supplingenburger - S. 17

1890 - Braunschweig : Bruhn (Appelhans & Pfenningstorff)
fuhr er deshalb fort; „unser Gebieter Heinrich, der Obolritenfürst, den Gott uns und der Kirche lange erhalten möge, hat uns gesandt, damit wir feinem Freunde und Bundesgenossen, dem Herzog dieses Landes, eine Botschaft bringen. Wir kommen in friedlichster Absicht, nichts Böfes führen wir im Schilde. Darum bitten wir Euch, gebt uns Euren Segen und geleitet uns auf den rechten Weg, der nach Supplingenburg führt". Als Wilbrand dieses hörte, zauderte er nicht, dem Wunsche des stattlichen Ritters zu willfahren: er erteilte ihm und den ©einigen den Segen und brachte sie bis an den Weg, der in geringer Entfernung an feiner Klause vorbeiführte und den die Reiter in der Dunkelheit des Waldes verfehlt hatten. „Habet Dank für Euren Dienst!" rief Sventibold dem Mönche zu, indem er ihm vom Pferde herab die Hand reichte; dann sprengte er mit feinen Begleitern auf dem Waldwege dahin, und bald waren sie den Augen des Greifes entschwunden, der nun in feine Hütte und auf fein hartes Lager zurückkehrte. Ehe wir nun aber hören, welcher Art die Botschaft war, die die wendischen Gesandten im Aufträge ihres Fürsten dem Herzog überbringen sollten, ist es notwendig, zu vernehmen, in welchem Zustande sich damals die wendischen Völker und die von ihnen bewohnten Gebiete befanden; denn feit der Regierung König Heinrichs und Kaiser Ottos war bei ihnen manches anders geworden. Es ist uns bekannt, daß unter den ersten deutschen Königen aus dem Geschlechte der Ludolstnger die Wenden überwunden wurden, und daß der tapfere Sachfenherzog Hermann Billung als Markgraf des Wendenlandes in den eroberten Gebieten herrschte und deutsche Ansiedler herbeirief, um mit ihrer Hülfe das Deutschtum immer fester im Lande zu pflanzen. Weiter und weiter zogen sich die heidnisch gebliebenen Stämme der Wenden nach Osten zurück, jemehr das Deutschtum vordrang; die Obo-triten, Zirzipaner und andere aber beugten sich endlich nach langem Widerstande vor dem sieghaften Christengott und nahmen die Taufe an. Es wurde ihnen gestattet, Tiemann, Die Supplingenburger. 2

9. Die Supplingenburger - S. 20

1890 - Braunschweig : Bruhn (Appelhans & Pfenningstorff)
— 20 — treten. Ihm galten die Rechte der einzelnen Stämme des deutschen Volkes nichts; nach seiner Willkür, so wollte er es, sollte alles im Reiche geregelt und regiert werden, und wer sich nicht diesem seinem Willen fügen wollte, den drohte er zu vernichten. Besonders waren es auch für ihn die Sachsen, die er sich zur Zielscheibe seiner schrankenlosen Willkür ausersehen hatte. Ohne Recht zog er ihre Güter ein und nahm sie für sich in Besitz, und auf die Klagen des Volkes hatte er als Antwort nur Hohn und Spott. Da bemächtigte sich der Sachsen eine tiefe Mißstimmung, und auch Herzog Lothar, obgleich er einst der Freund und Zeltgenosse des Kaisers gewesen war, durch den er auch sein Herzogtum als Lehen erhalten hatte, war unzufrieden über das rücksichtslose Vorgehen desselben, welches zeigte, daß er kein Recht und Gesetz achtete, wenn es galt, sich zu bereichern mit fremdem Gut. Zwar hatte Lothar noch nicht die Hoffnung aufgegeben, daß ein offener Krieg der Sachsen gegen den Kaiser vermieden werden möchte, da er noch immer glaubte, daß das Unglück des Vaters den Sohn abschrecken würde vor offener Gewaltthat. Aber dennoch mußte er auf der Hut fein, und es war keineswegs geraten, sich lange von der Heimat zu entfernen. Als daher Sventibold dem Herzog die Bitte seines Fürsten vortrug, antwortete Lothar den Wenden: „Gehet hin und saget Eurem Herrn, daß ich in kurzer Frist kommen werde, um ihm den Schutz, um den er mich bittet, zu gewähren. Noch vor dem Weihnachtsfeste, so ist mein Wille, soll der Krieg gegen die Ruganen und die andern Heiden beendet sein; denn es ist geboten, daß ich nicht zu lange abwesend sei von der Heimat. Entbietet ihm daher meinen Gruß und sagt ihm, daß er in aller Eile seine sämtlichen Krieger sammele und bewaffne; gemeinsam wollen wir dann gegen den Feind ziehen, und Gott wird uns den Sieg geben über die Heiden, die Feinde seiner Kirche". Froh über diesen willkommenen Bescheid zogen die Wenden nun zurück in ihre Heimat, und Lothar zauderte nicht, das Wort, welches er gegeben^

10. Die Supplingenburger - S. 22

1890 - Braunschweig : Bruhn (Appelhans & Pfenningstorff)
— 22 — das wendische Gebiet durchzog, hatte er oftmals Gelegenheit, sich an seinen großen Vorgänger Hermann Billnng und an seine Thaten zu erinnern. Er sah Städte und Dörfer, Burgen, Kirchen und Klöster, die von ihm gegründet waren; er hörte, daß sein Name, wie in den Liedern der Sachsen, so auch in den schwermütigen Gesängen der Obotriten noch fortlebte. Oft genug mußte er aber auch sehen, daß die von ihm gegründeten Burgen in Trümmern lagen, daß die Felder verwüstet waren; denn wohin die Heiden ihren Fuß gesetzt, da hatten sie christliche und deutsche Kultur wieder völlig vernichtet. Mit Wehmut gedachte er daran, daß durch die Schuld der Deutschen selbst, welche bei den Fehden im Innern ihres Reiches der großen Aufgaben, die König Heinrich und Kaiser Otto thuen vorgezeichnet, vergessen hatten, den Wenden die Möglichkeit gegeben sei, wieder nach Westen vorzudringen, und er nahm es sich vor, allen Fleiß darauf zu verwenden, daß wenigstens die alten Grenzen, die Hermann Billnng gezogen, wieder hergestellt würden. Nach einem Marsch von wenigen Tagen kam er mit seinen kampfesmutigen Rittern an das Lager der Feinde. Er schlug sein Lager dem ihrigen gegenüber aus, und beschloß, sie am folgenden Tage anzugreifen. In der Nacht aber unternahm er mit wenigen mutigen Begleiter» unter Sveutibolds Führung einen Ritt um das feindliche Lager, um zu erkundigen, wie weit dasselbe sich ausdehne. Es war eine kalte Herbstnacht; der Mond schien dann und wann durch zerrissene Wolken und beleuchtete die Ebene mit seinem unsicheren Lichte. Lothar und seine Begleiter waren schon eine geraume Zeit geritten, ohne auf etwas Verdächtiges oder Auffallendes zu stoßeu. Endlich näherten sie sich einem Dorfe, welches sich aber, als sie dasselbe erreicht hatten, als unbewohnt erwies; die Bewohner desselben waren bei dem Herannahen der beiden feindlichen Heere geflohen. Schweigend ritten die Sachsen durch die verlassenen, öden Dorfstraßen; Plötzlich scheute das Pferd Lothars, welcher an der Seite Sveutibolds
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