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1. Erläuterungen zu Ad. Lehmanns Kulturgeschichtlichen Bildern und Ergänzung zu jedem Geschichtslehrbuch - S. 3

1917 - Leipzig : Wachsmuth
— 3 — Nach Gallien war das Christentum schon frühzeitig gekommen, zunächst zu den Römern, dann auch zu den Kelten, den Ureinwohnern des Landes. In das zum Teil christliche, zum Teil noch heidnische Gallien drangen während und nach der Völkerwanderung die Deutschen vor: Die Franken, die Burgunder, die Westgoten. Die Westgoten waren schon Christen, die Burgunder wurden es zu Anfang des 5. Jahrhunderts. Am wichtigsten wurde die Bekehrung der Franken am Ende des 5. und zu Anfang des 6. Jahrhunderts. Von den Franken kam das Christentum durch fränkische Missionare auch zu den deutschen Stämmen, die im Norden und Osten von ihnen wohnten; dabei haben ihnen auch keltische Missionare (aus Irland)1) zur Seite gestanden. Unter den Alemannen, die am Eheine und an der Donau wohnten, wirkte der keltische Mönch Columba, der später zu den Longobarden ging. Ein Genosse von ihm war Gallus, der ebenfalls unter den Alemannen predigte und das Kloster Gallen gründete. Als die Franken ihre Herrschaft auch über die Bayern ausdehnten und einen christlichen Herzog über den Stamm setzten, wurde auch in Bayern das Christentum die herrschende Religion. Auch die Thüringer kamen frühzeitig mit dem Christentume in Berührung. Als das Land 530 den Franken untertan wurde, gewann das Christentum größere Verbreitung im Lande. Neben fränkischen wirkten auch hier keltische Missionare. Um das Jahr 700 galt Thüringen für ein christliches Land, ohne daß freilich das Heidentum gänzlich verschwunden war. Zu Anfang des 7. Jahrhunderts hatten fränkische Missionare begonnen, unter den Friesen, die zum Teil den Franken unterjocht waren, das Christentum zu verbreiten. Mit der fränkischen Herrschaft ging aber später auch das Christentum wieder verloren. Ende des 7. Jahrhunderts kam Willibrord aus England2) nach *) Das von Kelten bewohnte Irland war im Laufe des 4. Jahrhunderts christlich geworden. Die irische Kirche wußte nichts von der Oberherrschaft des Papstes über die Kirche. 2) Nach Britannien, das von Kelten bewohnt wurde, war das Christentum durch die Römer gekommen. Die Angelsachsen, die zur Völkerwanderung ins Land kamen, drängten die Kelten nach Westen. Die Angelsachsen wurden von Gregor dem Großen bekehrt, der eine Anzahl Mönche nach England schickte. Die Angelsachsen waren römische Christen, erst später gelang es, auch die christliche Kirche zu Wales, Irland und Schottland dem Papste untertan zu machen.

2. Erläuterungen zu Ad. Lehmanns Kulturgeschichtlichen Bildern und Ergänzung zu jedem Geschichtslehrbuch - S. 4

1917 - Leipzig : Wachsmuth
— 4 — Friesland und wurde Erzbischof von Utrecht. Nach Pipins Tode eroberten aber die heidnischen Friesen unter Radbod das fränkische Friesland und zerstörten die Kirchen und verjagten die Priester. Erst nach dem Tode Radbods kehrten die Missionare zurück, um ihr Werk zu vollenden. So wrar das Christentum bereits überall in Deutschland verkündigt worden (mit Ausnahme von Sachsen), als Bonifatius nach Deutschland kam. Aber das Heidentum war noch nicht gänzlich überwunden, das Christentum war vielfach nur äußerlich angenommen wrorden, und die bekehrten Germanen erkannten den Papst noch nicht als ihren Oberherrn an. Das Christentum zur herrschenden Religion in Deutschland und zugleich die deutsche Kirche dem Papste untertan gemacht zu haben, ist das Werk Winfrieds. Aus der Zeit Winfrieds bringt unser Bild eine Episode, die für sein Wirken außerordentlich charakteristisch ist. Winfried war der Sohn eines edeln sächsischen Grundbesitzers in Wessex. Schon als Knabe war er einem Kloster übergeben worden. Im Kloster Nhutscelle legte er den Grund zu der umfassenden Kenntnis der heiligen Schrift, die wir aus seinen Briefen kennen lernen. Bald empfing er die Priesterweihe. Die Überzeugung, daß nur der, welcher alles verläßt, ein vollkommener Christ sein könne, trieb ihn aus seiner Heimat, um den Heiden das Evangelium zu verkünden. Sein nächstes Ziel war ein bereits von englischen Missionaren bearbeitetes Missionsfeld: Friesland. Aber bald kehrte er nach England zurück, und die Brüder des Klosters ernannten ihn zu ihrem Abte; aber Winfried lehnte ab; denn er wollte wieder nach Germanien. Aber er wandte sich nicht wieder Friesland zu, sondern suchte zunächst Rom auf. Es war seine feste Überzeugung, daß die Kirche nur gedeihen könne, wenn sie in engster Verbindung mit Rom bleibe. Der Papst erteilte ihm die Ermächtigung, das Christentum in Hessen und Thüringen zu verbreiten. Er sollte hier das Heidentum, das besonders noch in Hessen feste Wurzeln hatte, völlig ausrotten und zugleich Einrichtungen und Anschauungen, die von keltischen Missionaren getroffen und verbreitet worden waren, die aber Rom verwrarf, beseitigen. Bonifatius, so wurde er von nun an genannt, begab sich zunächst nach Thüringen. Aber nur kurze Zeit wirkte er hier. Er

3. Erläuterungen zu Ad. Lehmanns Kulturgeschichtlichen Bildern und Ergänzung zu jedem Geschichtslehrbuch - S. 5

1917 - Leipzig : Wachsmuth
— 5 — wollte zu Karl Martell, um mit dessen Zustimmung und Unterstützung seine Pläne verwirklichen zu können. Aber auf der Reise nach dem Frankenreiche traf ihn die Kunde, daß Radbod, der Fürst der heidnischen Friesen, gestorben sei. Daher wandte er sich zum zweiten Male nach Friesland, wo er mehrere Jahre an der Seite Willibrords wirkte. Aber 722 kehrte er in das Innere von Deutschland zurück und zwar in das von den Franken unterworfene, aber noch zum größten Teile heidnische Hessen. Mit einem Genossen1) zog er predigend von Ort zu Ort, Der Erfolg war groß. In Amöneburg (bei Marburg) hat er eine Zelle gegründet und eine Anzahl Brüder dort gesammelt. Über seine Tätigkeit in Hessen schickte er einen Bericht nach Rom. Daraufhin erhielt er die Aufforderung, nach Rom zu kommen; denn er sollte hier die Ordination als Bischof erhalten. 722 bekam er die bischöfliche Weihe. Der Papst übergab ihm ein Schreiben, durch das er dem Klerus und dem Volke von Hessen und Thüringen eröffnete, daß er Bonifatius zu ihrem Bischöfe bestimmt habe. Ferner erhielt Bonifatius noch einen Brief an Karl Martell, in dem der Papst diesen bat, Bonifatius in Hessen und Thüringen zu schützen und bei seiner Wirksamkeit zu unterstützen. Auch ein Schreiben x) Die Gefährten und Gehilfen Winfrieds (s. Bild!) sind ihm aus seiner Heimat nachgefolgt, um ihn bei seiner Arbeit zu unterstützen. In erster Linie verdient Lul genannt zu werden, er wurde später der Nachfolger Winfrieds in Mainz. Im Kloster Nhutscelle war Bonifatius sein Lehrer in der Metrik gewesen. Mit vielen Genossen wallfahrte er nach Rom, wo die meisten am Fieber starben. Lul genas und begab sich zu Bonifatius, um sein Mitarbeiter zu werden. Mit Lul kam Denehard nach Deutschland, den Bonifatius als geschickten Unterhändler schätzte und den er mehrmals nach Rom sandte. Ein dritter Genosse des Bonifatius war Bur char d, bekannt als Bischof von Würzburg. Der Priester Wiehbrecht unterstützte Winfried in Hessen. Einen anderen Mönch aus Nhutscelle, Wigbert, schätzte Bonifatius wegen seiner Lehrgabe und bestimmte ihn deshalb zum Oberhirten des Klosters Fritzlar. Abt von Fulda wurde der Schüler des Bonifatius Sturm. Unter den Frauen, die dem Rufe des Bonifatius folgten, ist die hervorragendste Li ob a, eine Verwandte des Bonifatius, sie wurde Äbtissin von Tauberbischofsheim. Andere Frauen, die aus England kamen, um dem Bonifatius beizustehen, waren Chumihilt, Chumitrud und Thekla, die Äbtissin von Kitzingen und Ochsenfurt. — Alle diese Männer und Frauen waren neben Bonifatius nicht nur Verkündiger des neuen Glaubens, sondern sie machten auch eine höhere Auffassung des Lebens in Deutschland heimisch; sie übertrugen die christliche Bildung, die sich in England so rasch entwickelt hatte, nach Deutschland.

4. Erläuterungen zu Ad. Lehmanns Kulturgeschichtlichen Bildern und Ergänzung zu jedem Geschichtslehrbuch - S. 6

1917 - Leipzig : Wachsmuth
— 6 — an einige thüringische Christen empfing Bonifatius, um diese im Glauben zu stärken. Schließlich wurden ihm noch der übliche Geleitsbrief eines reisenden Bischofs und mancherlei Reliquien übergeben , ebenso eine Vollmacht des Papstes, auch in Sachsen das Christentum verkündigen zu dürfen. So ausgerüstet, kehrte Bonifatius 723 aus Eom zurück. Er begab sich zunächst zu Karl Martell, der seine bischöfliche Würde anerkannte und ihm einen Schutzbrief aushändigte. Nun reiste er nach Hessen, um seine Missionsarbeit von neuem aufzunehmen. In diese Zeit versetzt uns das Bild, dessen Vorwurf wir nun genauer kennen lernen wollen. Ii. \on Franken aus begab sich Bonifatius nach Hessen. Sein Weg führte ihn zuerst zu dem fränkischen Grafen, in dessen Gau Amöneburg lag, wo er auf seiner ersten Missionsreise in Hessen nicht ohne Erfolg tätig gewesen war. Er übergab ihm das Schreiben Karls und bat ihn, eine Gauversammlung zu berufen, damit er allem Volk den Willen des heiligen Vaters in Rom kund tun könne. Die Boten des Grafen eilten von Hof zu Hof, von Siedelung zu Siedelung, um die freien Männer zur Versammlung zu entbieten. Von allen Seiten kamen die Geladenen herbei. Der Graf er-öffnete die Versammlung.1) Neben ihm stand der Bischof in seiner Amtskleidung'2) mit seinen Gehilfen, Mönchen und Priestern. Der Graf nimmt aus der Hand des Bonifatius den Schutzbrief Karls und läßt ihn durch einen Mönch verlesen.3) Unverletzlich soll Bonifatius unter den Hessen und Thüringern stehen. Der Frankenherr erklärte ihn für sein Mündel. Suchen die Freien Urteil gegen ihn, so sollen sie ihre Klage an den Frankenhof bringen, ihrem Gerichte ist der Fremde enthoben. Das alles steht in dem Briefe, den der Mönch deutet und den der Graf bestätigt. Erstaunt ist der ganze Ring, als er von der Tierhaut die Worte des großen Franken hört. J) Siehe: Aus vergangenen Tagen. Heft Iii. Sendgrafengerieht. 2) Siehe ebenda. 3) Das Nachfolgende z. T. nach Gustav Freitag, Die Ahnen I, S. 396 ff., der uns die Tätigkeit des Bonifatius in Thüringen anschaulich vor Augen führt. Wir können wohl ohne Bedenken die Handlung auch nach Hessen verlegen, wo die Verhältnisse ähnlich wie in Thüringen lagen.

5. Erläuterungen zu Ad. Lehmanns Kulturgeschichtlichen Bildern und Ergänzung zu jedem Geschichtslehrbuch - S. 7

1917 - Leipzig : Wachsmuth
— 7 — Und noch ein anderes Pergament hält der Graf in die Höhe und ruft über die Versammlung: „Dies ist ein Brief aus Rom, den der ehrwürdige Bischof von Rom Gregor, der dort auf goldnem. Stuhle sitzt, an die Häuptlinge des Volkes niedergeschrieben hat. Wer seine Worte hören will, der trete herzu.“ Da drängen sich alle um die Linde, ein Priester verliest den lateinischen Brief, und der Rufer kündet mit weitschallendei Stimme die Deutung in der Landessprache, welche ihm der Priester Satz für Satz vorspricht. Die Gemeine vernimmt die Worte: „Den vollen Männern, seinen Söhnen Asulf, Godolav, Wilari, Gundhari, Albold und allen, die treue Christen sind, sendet dies Papst Gregor.“1) Mit gehobenem Haupte und geröteten Wangen treten die Häuptlinge, deren Namen gerufen wird, vor die anderen, und Gundhari ruft in seiner Freude laut: „Gundhari bin ich, und hier stehe ich.“ Scheu blickt die ganze Versammlung nach den Ruhmvollen, die durch das weiße Pergament aus fernem Lande angesprochen werden. Ihre Verwandtschaft drängt sich um sie, und viele strecken die Hälse, um einen Anblick der Schrift zu erhalten. Der Rufer fährt fort und kündigt die Briefworte des Papstes: „Uns ist berichtet euere herrliche Treue gegen Christus. Denn als die Heiden euch zum Götzendienst drängten, habt ihr in festem Glauben geantwortet: ihr wollet lieber selig sterben als die Treue gegen Christus, die ihr einmal auf euch genommen, irgendwie verletzen .... Wir haben unseren geliebten Bruder Bonifatius-zu Hilfe gesandt, wir haben ihn zum Bischof geweiht und zu euerem Prediger bestellt, damit er euch im Glauben unteiweise. Wir begehren und mahnen, daß ihr ihm in allem beistimmt, auf daß euer Heil im Herrn völlig werde.“ Dieser Verkündigung folgte ehrfurchtsvolles Schweigen; endlich begann Asulf, der nach Geschlecht und Gütern der vornehmste war, ein stattlicher Mann, dem die grauen Locken über die breiten Schultern hingen: „Gefällt dirs, Herr, so laß mich die Stelle sehen,, auf welche der ehrwürdige Vater in Rom meinen Namen geschrieben hat.“ Winfried nahm das Pergament und wies auf die Namen, alle drängten herzu. „Groß ist die Ehre, die du uns durch diesen Brief bereitest“, begann Godelar, „wir bitten dich, Herr, lies uns und dem Volke *) Schreiben Gregors Ii. an einige thüringische Christen. Hauck I, 428.

6. Erläuterungen zu Ad. Lehmanns Kulturgeschichtlichen Bildern und Ergänzung zu jedem Geschichtslehrbuch - S. 9

1917 - Leipzig : Wachsmuth
Bis dahin hatten die Heiden abseits gestanden und höhnisch über die bereitwilligen Spender von Ackerland gelacht. Als aber noch ein dritter Brief aus Rom verlesen wurde an das ganze Volk der Hessen und Thüringer, in dem der Papst dem Klerus und dem Volke eröffnete, daß er Bonifatius ihnen zum Bischof geweiht habe, da fühlten sie doch die Ehre, daß der große Bischof zu Rom so zutraulich zu ihnen sprach wie zu guten Bekannten, und die wohlmeinende Anrede bändigte den Ausbruch ihres Grolls. Von dem Grafenbanner schritten die Christen, von Winfried und den Priestern geführt, in langem Zuge zu dem Altar, der unter Baumesschatten erhoben war. Der Gottesdienst begann. Die Heiden wichen zurück und hörten von ferne Gebet und feierlichen Gesang der Priester. Dann trat Winfried auf die Stufen des Altars und sprach zu der Gemeinde von der Botschaft des Heils, daß der große Himmelskönig seinen Sohn gesandt habe auf die Männererde, um alle zu erlösen von Übel und Sünde und durch die heilige Taufe und ihr Gelöbnis zu binden in eine große Gefolgschaft, damit sie hier Glück und Heil fänden und nach dem Leben im Christenhimmel wohnen könnten als selige Bankgenossen des Himmelsherrn. Und er kündete die hohen Gebote, denen jeder Christ nachleben soll, damit der Herr ihn als seinen treuen Mann beachte. Als er geendet hatte und die Christen alle niederknieten, damit er sie segne, war es still unter den Heiden, und kein Hohnwort und Gelächter tönte widerwärtig in die feierliche Handlung. Auch der wildeste scheute die Gegenwart der Edlen und vielleicht noch mehr die Reisigen des Grafen, die zu Roß mit ihren Speren in weitem Ringe um den Baum hielten. Nach dem Gottesdienste taufte Winfried die, welche während seiner Abwesenheit durch seine Diener zum Christentum gewonnen und auf die Taufe vorbereitet waren. Die Taufhandlung begann mit den Worten: Fahre aus, du unreiner Geist und gib Raum dem heiligen Geiste! und mit dem Zeichen des Kreuzes an Stirn und Brust des Täuflings, und daran schlossen sich die Fragen: Forsachistu diabolae ec forsocha diabolae end allum diabol gelde? end oc fors acho allum diabol geldae end allu diabolef uuercum

7. Erläuterungen zu Ad. Lehmanns Kulturgeschichtlichen Bildern und Ergänzung zu jedem Geschichtslehrbuch - S. 10

1917 - Leipzig : Wachsmuth
— 10 — end ec fors acho alluni diabolef uuercum and nuordum thunaer ende uuoden ende saxnote ende allem them unholdum the hira genotaf sint Gelobistu in got alamehtigan fadaer ec gelobo in got alamehtigan fadaer Gelobistu in crist godes suno ec gelobo in crist godes suno Gelobistu in halogan gast ec gelobo in halogan gast.1) Nach der Entsagung (Exorcismus) und dem Bekenntnis folgte die Taufe durch Untertauchen und Wiederemportauchen aus dem Wasser. Da Winfried zum Bischof geweiht worden war, konnte er auch den früher Bekehrten das Sakrament der Firmung spenden.2) Nach der heiligen Handlung drängten sich die christlichen Häuptlinge und das Volk ehrfürchtig nahe an Winfried; sie suchten ein freundliches Wort von ihm zu gewinnen, seine Hand zu fassen oder doch einen Zipfel seines Gewandes zu berühren. Er aber sprach zu den einzelnen wie ein Fürst zu seinen Getreuen, hörte ihre Bitten und wußte jedem durch Rede und tröstlichen Spruch wohlzutun. Der Graf aber sprach: „Alles ist dir heute wohlgelungen. Ich selbst hoffe Gutes von deiner Ankunft; denn williger werden sie mir jetzt den Zins zahlen, wenn du mahnst, und ich vertraue, sobald du ihnen die Waffen segnest, mögen sie auch den Sachsen stärkere Hiebe geben als ehedem.“ „Mir aber hat der Papst“, sprach der Bischof, „auch Vollmacht gegeben zu predigen unter den Sachsen.“3) Aber der Graf sprach: „Viel hast du vor, aber in Hessen sind bisher noch wenige getauft, die große Menge des Volkes hängt noch treu an Donar, Wotan und Saxnot. An den heiligen Tagen versammeln sich noch viele an der heiligen Eiche des Donar, und nicht wenige von denen, die heute ihre Knie beugten vor deinem ’ Gotte, sitzen morgen unter der Donareiche beim Opfermahle.“ J) Rettberg I, 360. 2) Hauck I, 432. 3) Hauck I, 429.

8. Erläuterungen zu Ad. Lehmanns Kulturgeschichtlichen Bildern und Ergänzung zu jedem Geschichtslehrbuch - S. 11

1917 - Leipzig : Wachsmuth
— 11 — „Und wo liegt der heilige Ort, wo man dem Donnar noch Opfer bringt? Denn ich will dahin, um den Heiden zu zeigen, wer der größere und mächtigere Gott ist, Donar oder Christus“, rief der Bischof. „Zwei Tagereisen von hier, unweit einer Rodung, die sie Geismar1) nennen, steht eine uralte Eiche, dem Gotte Donar geweiht. Hier unter den Ästen des beinahe abgestorbenen Baumes kommen die Heiden an bestimmten Tagen zusammen zum Opferschmause.“ „So führe mich dorthin. Ich will es; denn mir gebietet es Christus“, sprach der Bischof. „Nicht ungefährlich ist es für dich und die Deinen, dem geweihten Ort za nahen. Denn nicht wohl gesinnt sind dir die Heiden und ihre Priester; aber es sei, wie du willst. Doch ziehe nicht allein mit deinen Priestern; ich werde Krieger mitsenden, und mancher, der heute dir gelobt hat, Acker, Wald und Wiese zu überlassen, wird bereit sein, dir zu folgen“, entschied der Graf. * * * Das Heiligtum des Donar lag in einem heiligen Haine in der Nähe einer Waldblöße. Denn „die Götter in Wände einzuschließen oder in Menschengestalt abzubilden, halten sie unverträglich mit der Größe des Himmlischen. Wälder und Haine weihen sie ihnen, und mit Namen der Götter bezeichnen sie jenes Geheimnis, das sie nur in Ehrfurcht schauen“. (Tac. G. Ix.) „Zu feststehenden Zeiten kommen sie in einem durch der Väter Weihe und altherkömmliche religiöse Scheu geheiligten Walde zusammen.“ (Tac. G. Xxxix.) Einzeln oder zu kleinen Genossenschaften vereinigt ziehen die Heiden nach der Opferstätte. Mancher ist darunter, der an der letzten Gauversammlung des Grafen teilgenommen und Winfried und seine Priester gesehen und gehört hat. „Schlau ist seine Rede, und hinterhältig sein Sinn; er hält es mit den Franken, die uns unterjocht haben“, hob der eine an. *) Der Name Geismar kommt in Hessen mehrfach vor: ein Geismar liegt zwischen Frankenberg und Frankenau, ein zweites bei Fritzlar, ein drittes (Hofgeismar) nördlich von Kassel; zu einer Entscheidung für das eine oder andere fehlt jeder Anhaltspunkt. Hauck I, 438. Rettberg entscheidet sich für Geismar bei Fritzlar. I, 344.

9. Erläuterungen zu Ad. Lehmanns Kulturgeschichtlichen Bildern und Ergänzung zu jedem Geschichtslehrbuch - S. 13

1917 - Leipzig : Wachsmuth
— 13 — „Deutlicher sprechen aber unsere Götter zu uns“ sagte der erste, „von ihnen berichtet das Lied des Sängers und der Spruch der Weisen, ihre Stimme höre ich im rauschenden Baume, im singenden Quell, im Schlage des Donners. Jedes Frühjahr fährt der Sturmwind über die Täler, und wenn die Götterhunde bellen und die Geisterrosse schnauben, zieht der große Schlachtengott über unsere Häupter dahin.“ „Zwieträchtig ist, wie ich ahne, die Herrschaft der Götter“, hub ein anderer an, „der neue Gott der Christen, den sie den Dreieinigen nennen, herrscht wie ein Tagkönig. Jedoch die Götter unseres Landes schweben daneben, sie walten und schaffen, aber ich sage,, sie vermögen ihn nicht zu überwinden.“ Er senkte traurig das Haupt, auch die ändern schwiegen, bis der Dritte begann: „Jeder von uns hat schwere Gedanken. Mir aber widerstehet der fromme Brauch und die neue Lehre; denn die alten Götter geben meinem Leben Ehre und Segen, unbedachtsam und frevelhaft wäre ich. wenn ich die Helden verließ. Darum denke ich so: hat sich ein Kampf erhoben zwischen unsern Göttern und dem Christengott, so harren wir ehrfurchtsvoll, welcher der stärkere sei.“ „Folge du gefügig dem Sieger“, fuhr der andere auf, „ich gedenke treu zu bleiben den Gewaltigen, denen meine Väter gelobt haben, und die mir, seit ich Kind war, bei Tag und Nacht ehrwürdig gewesen sind. Kommt, laßt uns eilen zur Opferstätte! Schon stehen die Genossen an der Eiche Donars. Durch die Aste leuchtet das weiße Gewand des Priesters, und wiehern höre ich schon die weißen Rosse.“ Sie eilten vorwärts und gelangten auf schmalem Pfade in eine Lichtung des Waldes, wo ein uralter, zum Teil schon abgestorbener Baum seine Aste ausstreckte, an denen Pferdeschädel bleichten, ein Zeichen, daß noch viele Donar treu geblieben waren und ihm Opfer darbrachten. Unter der Eiche liegt der Opferstein; Stufen führen hinauf. Daneben steht die Opferschale, ein metallenes Gefäß1) von großem *) „Die Kimbern sandten dem Augustus den bei ihnen am heiligsten gehaltenen Weihkessel als Geschenk.“ (Strabo Vii. 2,1.) „Als Columbanus zu den Bewohnern jener Gegend (am Bodensee) kam, fand er sie im Begriff, ein Opfer zu feiern. Sie hatten ein großes Gefäß, das sie Kufe nennen und das 26 Maß ungefähr faßte, mit Bier angefüllt und in die Mitte gestellt. Der Mann Gottes

10. Erläuterungen zu Ad. Lehmanns Kulturgeschichtlichen Bildern und Ergänzung zu jedem Geschichtslehrbuch - S. 14

1917 - Leipzig : Wachsmuth
— 14 — Umfange,, nicht ohne künstlerischen Schmuck, bestimmt, das Blut der Opfertiere aufzunehmen (s. Bild!). Aus Nah und Fern sind die wehrfähigen Männer erschienen, um an dem Opfermahle teilzunehmen, kräftige, hohe Gestalten mit langen, blonden Haaren, blauen Augen, trotzigen Geberden; auch der Häuptling des Stammes, kenntlich an der reicheren Gewandung, ist zugegen. (Siehe „Aus vergangenen Tagen“, Heft I, Seite 7!) Schon hat der in weiße Kleider gehüllte Priester des Stammes1) das kurze Schwert gezückt, schon wird ihm das zum Opfer’2) bestimmte Roß zugeführt, da brechen auf der anderen Seite der Waldlichtung die Christen hervor. Allen voran schreitet unerschrocken Bonifatius, in prächtiger Gewandung, ein Holzkreuz in der erhobenen Rechte tragend. Ihm folgen zwei Mönche, ein jüngerer, das Evangelium3) tragend, und ein älterer, der wohl schon lange unter den Heiden gelebt und gepredigt hat. Hinter den Männern Gottes drängen sich Männer, trat herzu und fragte, was damit geschehen sollte. Jene anworteten, sie ■wollten ihrem Gotte Wodan opfern.“ (Vit. Columb. c. 27.) „Die Priesterinnen (derkimbern) gingen den Gefangenen mit gezückten Schwertern entgegen, bekränzten sie und führten sie zu einem Opferkessel von etwa 20 Amphoren Gehalt. Hier hatten sie eine Stiege, die eine von ihnen bestieg und über den Kessel gebeugt jedem empoigehobenen (Gefangenem die Kehle abschnitt. Aus dem in den Kessel stimmenden Blute weissagte sie, andere schnitten den Leib auf und beschauten die Eingeweide, indem sie den ihrigen den Sieg verkündeten.“ (Strabo Vii. 2,3.) *) »Wird das Los von Staats wegen befragt, so nimmt der Priester des Staates . . . unter Anrufung- der Götter udd im Aufblick zum Himmel dreimal je ein Losstäbchen. . . Glänzend weiße Rosse werden in eben den Hainen (der Götter) von Staats wegen gehalten, unberührt von irdischer Arbeit.“ (Tac. G. X.) „Den Wagen der Narthus zu berühren, steht nur dem Priester zu.“ (Tac. G. Xl.) „(Dem althergebrachten Gottesdienste bei den Naßavalen) steht vor ein Priester in weiblicher Tracht.“ (Tac. G. Xliii). „Die Kimbern begleiteten weissagende Priesterinnen mit grauen Haaren, in weißen Gewändern, fein leinenen, durch eine Spange befestigten Oberkleidern, ehernen Gürtel, nackten Füßen. . .“ (Strabo Vii. 2,3.) ~) „Unter den Göttern verehren sie am meisten den Mercurius (Wodan), dem an bestimmten Tagen auch Menschenopfer darzubringen, für Recht gilt. Den Mars (Saxnot oder Ziu) und den Hercules (Donar) versöhnen sie durch das Opfer gewisser dazu geeigneter Tiere.“ (Tac. G.ix.). „Die Alemannen verehren ihre Götter, indem sie ihnen Rosse opfern und Stiere und viele andere Tiere.“ (Agath. Hist. 1,7.) 3) Erdburga (Äbtissin von Thenet) bittet Bonifatius um ein von ihr selbst mit goldenen Buchstaben geschriebenes Exemplar der Briefe des Petrus und fügt als Giund hinzu, es solle dadurch bei der Predigt den fleischlichen Gemütern grüßeien Respekt vor den heiligen Schriften eingeflößt werden. Rettberg I, 408.
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