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1. Leipzig - S. uncounted

1913 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
Gefthichts-Huellen für e arbeitendes und belebendes Lesen im Gemchtsunterrichthrsg.v.mug. Tecklenburg Mit Slüchers ftrotec von -er Katzbach bis an den Rhein Nach Berichten, Tagebüchern und Aufzeichnungen von Mitkämpfern Sargeftellt von Mug. Tecklenburg vanöenhoeck & Ruprecht in 0 Einzeln 30 M, 20 Exemplare un- mehr je 20 pfgr

2. Leipzig - S. 2

1913 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
— 2 — Löwenberg in Schles., 1. Sept. 1813. Aus Blüchers Armeebefehl. Schlesien ist vom Feinde befreit! Eurer Tapferkeit, brave Soldaten, eurer Anstrengung und Ausdauer, eurer Geduld in Ertragung von Beschwerden und Mangel verdanke ich das Glück, eine schöne Provinz den Händen des Feindes entrissen zu haben. In der Schlacht an der Katzbach trat euch der Feind trotzig entgegen. Mutig und mit Blitzesschnelle brächet ihr hinter euren An- höhen hervor. Ihr verschmähtet, den Feind mit Flintenfeuer anzugreifen. Unaufhaltsam schrittet ihr vor; eure Bajonette stürzten ihn den steilen Talrand der wütenden Neiße und der Katzbach hinab. Seitdem habt ihr Flüsse und angeschwollene Bäche durchwatet. . . Mit Kälte, Nässe, Entbehrungen, mit Mangel an Bekleidung habt ihr gekämpft. Dennoch murrtet ihr nicht; ihr verfolgtet mit Anstrengung den geschlagenen Feind. Habt Dank für euer lobenswertes Betragen. Nur derjenige, der solche Eigenschaften vereinigt, ist ein echter Soldat. . . Am Waffer der Katzbach er's auch hat bewährt, da hat er den Franzosen das Schwimmen gelehrt. Fahrt wohl, ihr Franzosen, zur Ostsee hinab und nehmt, Ohnehosen, den Walfisch zum Grab! (Arndt) 2. Aus der Lausitz gegen Wittenberg. Boyeu: Der Großen Armee unter Schwarzenberg fehlte Einheit und Unternehmungsgeist. Glücklicherweise bildete der rastlose Tatendurst Blüchers und Gneisenaus Scharfblick eine Vereinigung, die Kraft genug besaß, alle Hindernisse zu besiegen. Der ebenso kühn gedachte als geschickt ausgeführte Marsch der Schlesischen Armee aus der Lausitz gegen Wittenberg ist unbestritten eine der wichtigsten Handlungen dieser Periode und die Haupteiuleituug zur siegreichen Schlacht bei Leipzig. (Boyeu, Denkwürdigkeiten.) Löbau, 6. Sept. 1813. Blücher an seine Frau: Der Kaiser Napoleon ist aufgebracht über die Vernichtung seiner Armee an der Katzbach. Er ist jetzt mit seiner Hauptarmee wider mich marschiert, und zwei Tage hindurch wendet er alles an, um mich zu einer Schlacht zu bringen, da er zweimal so stark ist wie ich. Alle seine Manöver

3. Leipzig - S. 3

1913 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
— 3 — sind vergebens; ich weiche ihm aus, bis er wieder zurückgehen muß. Dann aber will ich ihn warm halten. . . Herrenhut, 15. 9. 1812. . . . Meine gute Male, Du bist verstimmt und mißvergnügt. Das macht mir Kummer. Weg mit den Grillen! Es wird alles gut werden. . . Noch heute marschiere ich nach Bautzen und bin in wenigen Tagen vor Dresden, oder ich gehe über die Elbe zwischen Torgau und Dresden. . . . Napoleon ist in der Tinte .. . 22. 9. Blücher an seinen Freund Bonin: Ich stehe mit der Nase wieder vor Dresden und denke bald hinein zu kommen. Der französische Kaiser steht mit seiner Hauptmacht bei Pirna; mir gegenüber steht der König von Neapel in Großenhain. Ich denke, ihn in einigen Tagen bei die Ohren zu kriegen . . . Die Sachen gehen nun gut, und vor Winter sinb wir sicher am Rhein; und dann wirb Friebe. . ! Du kannst nicht glauben, was unsere Lanbwehren brav sinb; auch die Russen, die ich bei mir habe, sinb sehr brav; die Kosaken aber stehlen wie die Raben . . . Füsilier Hechel: Währenb meine Wasfenbrüber bett Feind bei Groß-Görschen und Bautzen schlugen, und währenb unsere Schlesische Armee bett Sieg an der Katzbach errang, war ich ein hanbsester Füsilier geworben, der mit seiner Waffe wohl Bescheib wußte und dem das Herz auf dem rechten Flecke schlug. Am 30. August, also unmittelbar nach der Schlacht an der Katzbach, würde ich in das 2. Branbenburgische ober 12. Linien-Jnsanterie-Regiment und zwar in die 11. Kompagnie des Hauptmanns von Gaffron eingereiht. Unser Schlesisches Kriegsheer, unter Vater Blüchers Oberbefehl, bestaub aus vier Korps, nämlich brei russischen und dem preußischen des Generals von Aork und zählte 95000 Mann mit 356 Kanonen . . . Fast den ganzen September durch manövrierten wir immer her und hin. Bald ging's vorwärts und balb zurück, balb auf Bautzen los und balb wieber nach Schlesien hinein. Ruhe hatten wir nicht, und doch kam's auch zu keinem Treffen. Wir waren recht traurig. Wir wollten ja alle gern unser Leben opfern, wenn wir nur den Feind aus unserem Vaterlande hätten vertreiben können . . . Endlich, vom 26. September ab, wo Blücher von Bautzen ans den berühmten Seitenmarsch auszuführen anfing, kam neues Leben in uns. Unser Aorksches Korps bilbete zwei Kolonnen. Zu der ersten gehörte 1*

4. Leipzig - S. 5

1913 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
laß ich hinter uns abbrennen". Dieses Wort machte böses Blut und etliche Kerls murrten: „So braucht man uns nicht zu kommen. Wir werden unsere Schuldigkeit tun, gleich viel, ob die Brücke steht oder brennt". Da rief der Me begütigend: „Seid doch gescheut, Kinder! So habe ich's nicht gemeint. Wir kennen uns ja"! Nun wurden alle wieder vergnügt. Zu einem schlesischen Landwehrbataillon, dessen Leute halb nackt, barfuß und mit zerrissenen Kleidern vorbeimarschierten, sagte er: „Kerls, ihr seht ja aus wie die Schweine. Aber an der Katzbach habt ihr die Franzosen gut geschlagen. Damit ist's jedoch nicht genug. Ihr müßt sie heute wieder schlagen, sonst sind wir alle des Teufels"! Als alle Infanteristen über die Brücke waren, rief er: „Nu man frisch druf"! (Hechel.) Als die preußischen Truppen sich dann zum Angriff formierten, rauchten alle Schornsteine im Dorfe. Da ritt Blücher vor die Front und sprach mit seiner hellen wohlklingenden Stimme: „Jnngens! Seht, da backen sich die verfluchten Franzosen Weißbrot zum Frühstück; das wollen wir ihnen wegnehmen, weil es noch warm ist, Marsch"! Füsilier Hechel: Es war das erstemal in meinem Leben, daß ich in die Schlacht kam, und das Herz pochte mir an die Rippen, daß ich meinte, mein Nebenmann müßte es hören. Dem ging's indes nicht besser. Da lag Warten bürg vor uns, und ein einziger schmaler Elbdamm, den die feindlichen Batterien bestrichen, führte drauf zu. Die Kanonenkugeln sausten über uns hin. Jetzt hieß es: „Patronen los"! Die Päckchen wurden aufgebunden und 60 Schuß in die Patronentasche geschüttet, „Geladen"! scholl das Kommando, und neben, vor und hinter uns schlugen Granatkugeln nieder. Eine zerschmetterte den Burschen unsers Kapitäns, andere rissen große Zacken von den Baumen und rauschten durch das Gebüsch. Jetzt zitterten mir alle Glieder am ganzen Leibe, die Haare auf dem Kopfe sträubten sich, und es däuchte mir, sie höben den Tschacko hoch in die Höhe. Ich bückte um mich, aber wen ich ansah, der zitterte auch. Von meiner ersten Schlacht weiß ich nicht viel zu erzählen. Die Bestürzung war noch zu groß. Auch stand das Leibregiment vor uns im Feuer und hatte den härtesten Stoß auszuhalten. Um nach dem Elbdamme zu gelangen, ging's im Kugelregen durch einen Sumpf. Von unsern

5. Leipzig - S. 6

1913 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
Vordermännern fielen viele; wir schossen aber tapfer wieder. Hinter dem Damme fanden wir französische Soldaten. Sie hatten neben sich ganze Haufen schon abgebissener Patronen liegen, um schnell wieder laden zu können. Was von ihnen laufen konnte, lief. Es blieben aber viele zurück, die alle am Kopfe verwundet waren; denn den übrigen Körper hatte der Damm geschützt. Außer den Patronen hatte der Feind auch Töpfe und Kessel voll Pflaumensuppe zurückgelassen. Wir griffen zu und aßen mitten unter dem heftigen Gewehrfeuer. So sehr war schon die Angst von uns gewichen; denn als wir zuerst ins Feuer gingen, hätte gewiß keiner von uns einen Bissen angerührt. Nun folgte General Yorks berühmter Sturmangriff, immer auf dem schmalen Elbdamme hin, gerade auf die feindlichen Kanonen los und mitten ins Dorf Wartenburg hinein. Das Leibregiment stürmte vor uns her. . . . Der Sturm des Leibregiments auf Wartenburg. Ein preußischer Pionier-Offizier: Es war 3 Uhr nachmittags, als nun der schmale Damm, der zwischen dem Rötekolk und der Alten Elbe durch nach Wartenburg führt, endlich mit Sturm angegriffen werden konnte. General Horn setzte die 7. Brigade sofort in Marsch. An der Spitze des 2. Bataillons vom Leibregiment führte er seine Truppen persönlich zum Sturm. Der Zugang über den schmalen Damm wurde durch eine feindliche Batterie verteidigt. Die erste Paßkugel, die der anstürmenden preußischen Brigade entgegenflog, traf gerade in die Brust des Pferdes, auf dem General Horn ritt; das Tier stürzte tot unter ihm zusammen. Der General liegt unter dem Pferde; da schreit sein Adjutant, der Graf Canitz: „Herr Jesus! da liegt der General"! Herr von Horn ruft ihm entgegen: „Da is was zu Herr Jesusseu; mir fehlt nichts; schafft mir die Steigbügel von den Beinen"! Die Musketiere, die ihm zunächst marschieren, reißen dem General die Steigbügel von den Füßen; er springt auf, ergreift das Gewehr eines totgeschossenen Soldaten und schreit: „Ein Hundsfott, der schießt"! So springt der gewaltige Mann voran; das ganze Bataillon folgt ihm im raschen Lauf mit gefälltem Bajonett. Die feindliche Batterie speit einen Kartätschenhagel gegen das Bataillon und schmettert ganze Rotten nieder. Neun Offiziere werden verwundet, General Horn bleibt unversehrt und ist persönlich der erste in Wartenburg, schlägt eigeuhäubig die Kanoniere

6. Leipzig - S. 8

1913 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
4. Von Wartenburg nach Leipzig. Füsilier Hechel: Wir kamen auf unserem Marsche nach Halle, und wir Füsiliere vom 2. Brandenburgischen Regiment wurden bei Bürgern einquartiert. Ich kam mit fünf Kameraden in das Haus einer reichen Witwe zu liegen, wo wir aufs trefflichste bewirtet wurden. Wir ließen es uns den ganzen Tag über wohl sein. Am Abend führte uns unsere Wirtin in ein großes Zimmer und wies uns sechs schöne Betten zum Schlafe an. Wir mochten ihre Güte nicht mißbrauchen, standen verlegen da, und kein Mensch wollte mit der Sprache heraus. Einer rieb sich die Schulter am Türpfosten und sagte endlich: „Wir kommen aus Biwaks, Frau Wirtin, und sind's so gewohnt, geben Sie uns lieber eine Streu!" „Nein, nein!" sagte sie, „desto besser wird's Ihnen in Betten gefallen!" „Aber aus russischen!" fuhr er fort, um sich deutlicher zu machen. Die Wirtin sah ihn fragend an, da platzte wieder einer treuherzig heraus: „Und sitzen blindwettervoll Läuse!" Da fragte uns unsere freundliche Wirtin, ob wir nicht reine Hemden bei uns hätten, und als wir es bejahten, hieß sie uns dieselben anziehen und all unser Zeug auf einen Haufen werfen. Die Köchin mußte es abholen und in den Backofen stecken, und während wir schliefen wie die Prinzen, wurde unser sämtliches Ungeziefer totgebacken. Uns war aber am andern Morgen nicht wenig wohl, daß wir von dieser Plage befreit waren. Es war am 15. Oktober, als wir von Halle ausrückten. Noch vor Schkeuditz machten wir mit hereinbrechender Nacht Halt und lagerten uns zu beiden Seiten der Stadt. Ich holte in der Dunkelheit Wasser aus einem nahen Teiche, um eine Mehlsuppe zu kochen. Als sie fertig war, mochte niemand davon essen, so modrig schmeckte sie. Am andern Morgen, als wir den Teich sahen, aus dem ich das Wasser geschöpft, ward uns das Rätsel gelöst. Er lag voll toter Pferde, Schafe und Leichname von Franzosen. Die Kavallerie war durchgeritten und hatte alles aufgerührt. So geht's im Kriege her. Gut, daß wir die Suppe weggossen, sonst hätte sie sich wohl heute noch im Magen umgewendet. 14. Okt. Stabskapitän Schack vom'jorkschen Korps: Der Knoten wird von Minute zu Minute enger und gefährlicher geschürzt.

7. Leipzig - S. 11

1913 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
— 11 — „Paff, paff!" knallte es bald ihm entgegen, und er riß sein Pf erb herum. Nun konnte er gewissem Bescheib bringen. Es mochte 9 Uhr sein. Drei Schüsse ans schwerem Geschütz verkünbeten den Beginn der Schlacht. Der Kanonenbonner von 2000 Fenerschlünben dnrch-brüllte das gelb, und die Erbe erbebte. Unser Major von Krosigk sprengte vor die Front und rebete uns mit solgenben Worten an: „Wackere Kriegsleute! Die Stunbe schlägt, rüstet Euch zum Streit. Ihr alle kämpfet für eine Sache, für die Freiheit Europas. Alle für einen, jeder für alle. Mit biefem Felbgeschrei eröffnet den heiligen Kampf. Wir wollen das Dorf hier vor uns mit Sturm nehmen." Er hatte sich bies vom Kommanbierenben ausbrücklich ausgebeten. Wie das Dorf hieß, weiß ich nicht mehr. Nur das ist mir noch erinnerlich, Möckern und die Ziegelei lagen etwas rechts bahinter. Vor dem Dorfe besanb sich ein Teich. Der Major ritt durch, und wir folgten, bis ans Knie im Wasser watend. Die Franzosen rissen aus, sobalb sie uns zu Gesicht bekamen. Wir stutzten und durch* suchten sogleich die Scheunen und Ställe, ob uns nicht etwa ein Hinterhalt gelegt wäre, fanben aber keinen Feind. Mitten im Dorfe sprengten Panzerreiter auf uns zu, als wir aber ein Karree bilbeten, machten sie wieder Kehrt. Nun gingen wir über den Kirchhof. Die Einwohner des Dorfes kamen uns aus der Kirche zitternb und bebenb entgegen. Hinter bent Kirchhofe fanben wir einen Graben, an welchem wir ausmarschierten. Neben uns hielt unser Major und beobachtete den Feind. „Füsiliere, werft euch nieder!" kommanbierte er plötzlich, „die Hunbe werben den Augenblick schießen". Sie schossen aber nicht. Wir marschierten weiter vorwärts und blieben dann, vom schrecklichsten Kanonenfeuer umbrüllt, bis gegen Abenb auf freiem gelbe stehen. Manche Granate stäubte uns auseinander und streckte hier und ba einen zu Boden. Eine Kugel riß dem Major den Sattelknopf weg, doch, obgleich das Pferd darüber wild zu werden anfing, strich er sich gelassen den Bart und sagte: „Seht, Füsiliere, da hätte sie mich bald erschossen, aber sie sollen mich nicht treffen". Gegen Abend kamen plötzlich Generale und Adjutanten auf uns losgesprengt, schwenkten die Hüte und riesen: „Alles mit Sturm! Alles mit Sturm!" Nun setzte sich der Major im Sattel zurecht und donnerte: „Ich kommandiere nicht eher Feuer, als bis ihr nur zehn Schritte entfernt seid. Wer dann schießt und trifft nicht, dem haue ich den Kopf herunter." Wie

8. Leipzig - S. 12

1913 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
— 12 — aber die Trommeln in der ganzen Ebene den Sturmmarsch wirbelten und wir mit gefälltem Gewehre vorwärts liefen, hoben sich meine Haare wieder vor Entsetzen in die Höhe, und alle meine Glieder gitterten am Leibe. Die Franzosen sahen uns kommen und fingen so heftig an zu schießen, daß ich glaubte, wir müßten alle stürzen. Die Salven krachten, und unsere Leute fielen wie gemäht, aber noch war ich nicht im Bereich der Kartätschen. Doch jetzt — ich fühle meinen Nebenmann zur rechten Hand nicht mehr, und wie ich hinsehe, war im selben Nu alles neben mir zerschmettert und zu Boden gestreckt. Da hörte ich den Feldwebel zu mir sagen: „Hechel, rücke heran"! was ich denn auch tat, und wobei mir die andern, die noch standen, folgten, xjch war von Blut und Gehirn der Zerschmetterten so bespritzt, daß ich kaum aus den Augen blicken konnte. Wie ich mir eben das Gesicht abwische, sieht mich mein Nebenmann plötzlich starr an, und ich ihn. Sein Mund stand offen, die rechte Backe war weggerissen; er fiel. Im Sturmschritt ging's weiter. Unsere Kanoniere schossen nun auch mit Kartätschen. Der Major jagte auf das feindliche Geschütz zu, hieb die Artilleristen von den Kanonen, und wir nahmen die ganze Batterie. Nun ging's auf das dahinterstehende Karree los. Unser Major stürmte uns wieder weit voraus, hieb mit dem Säbel rechts und links um sich, sank aber, eher wir herankommen konnten, von Bajonettstichen und Kugeln durchbohrt, vom Pferde. Wir faheu's und stürzten nach. Als wir ankamen, war das Karree schon wieder geschlossen, aber die Feinde zitterten am ganzen Leibe. Ich war vorgedrängt und stand dicht vor ihren Bajonetten, mußte aber erst einen Augenblick Luft schöpfen. Dann nahmen der Unteroffizier Böttcher und ich die Gewehre verkehrt, schlugen erst mit den Kolben die gefällten Bajonette von der Seite, und dann den Franzosen immer „patsch, patsch" ins Gesicht. Unsere Kameraden folgten dem Beispiele, und noch heute kann ich nicht begreifen, warum die Feinde so fest in einander gedrängt standen und sich nicht wehrten. Sie ließen sich ohne Widerstand totschlagen, oder krochen mit den Köpfen unter die Toten. Jetzt erst, als das ganze Karree niedergemacht war, traten wir zu unserem Major von Krosigk, der uns so tapfer geführt. Er lag aus dem Boden bleich und blutend, den Säbel fest in der Faust. Einige wollten ihn

9. Leipzig - S. 13

1913 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
— 13 — aus der Schlacht tragen, doch er sagte: „Füsiliere, laßt mich liegen, es ist aus mit mir. Geht und tut eure Schuldigkeit". Darauf befahl er seine Seele Gott und starb. Neben ihm verschied auch sein tapferer Adjutant Honig, ein Rechtsgelehrter. Nun ging's auf das zweite Karree los. Wir hieben wacker drauf los und kamen an das dritte Viereck. Als wir uns noch mit demselben herumschlugen, schickte Blücher einen Ajntanten und ließ fragen, was das unsere für ein Regiment wäre? Wir antworteten: das zweite Brandenburgische. „Ach, sind's die braven Brandenburger?" rief der Adjutant. „Blücher läßt euch sagen, er wird sogleich Kavallerie schicken." Wir fochten neu ermutigt weiter, aber welch ein Schreck! Von seitwärts rückten wieder zwei große Vierecke auf unsern blutenden Überrest los, und dahinter sprengte feindliche Kavallerie an. Den gewissen Tod vor Augen, sammelten nun auch wir uns zum Karree, entschlossen, unser Leben so teuer als möglich zu verkaufen. Wir hatten drei französische Fahnen erbeutet, die nahmen wir in unsere Mitte und wehrten uns nun durch Schießen so, daß ich fast taub von dem gewaltigen Krachen wurde. General Jork hatte unsere Not bemerkt und sandte uns branden-burgische und littauische Dragoner. Die hieben die feindlichen Vierecke in Stücke, und die französische Reiterei jagte davon. Jetzt ritt der General an uns heran und rief uns voller Freuden zu: „Euer Karree gehört unter die Sterne am Himmel! Noch stand ein französisches Viereck in der Ferne. Von ihm abgesandt, kam ein Offizier auf uns zu und winkte mit einem weißen Taschentuche. Es war ein wilder Tag. Wir gaben und nahmen keinen Pardon. So nahmen wir auch jetzt keine Notiz von dem Friedenszeichen und antworteten mit Kugeln. Der Offizier fiel, sein Karree entfloh. Viele retteten sich im nahen Walde; doch keinem, den wir erreichen konnten, schenkten wir das Leben. Endlich brach die Nacht herein. Hin und wieder ging noch ein Geschütz los, und die Schlacht verendete in dem immer schwächer werdenden Röcheln der Verwundeten und Sterbenden. Die Flammen von acht rings um uns brennenden Dörfern und die hoch auflodernden Wachtfeuer waren die Fackeln, die den weiten, schwarzen Totensaal erleuchteten. . . .

10. Leipzig - S. 15

1913 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
— 15 — 7. Vor und in Leipzig am 18. Oktober. Füsilier Hechel: Am folgenden Morgen rückten wir vorwärts auf Leipzig zu. Ich konnte meiner Traurigkeit noch immer nicht Herr werden. Todesgedanken erfüllten meine Seele. Und ich hatte mein Leben jetzt lieber, nachdem ich den Tod in so furchtbarer Gestalt gesehen. Für heute war meine Furcht grundlos. Unser Häuflein blieb den ganzen Tag im zweiten Treffen. Wir standen auf dem linken Flügel und hatten eine Batterie zu decken. So blieben wir nur Zuschauer des gewaltigen Kampfes. Das Wetter der Schlacht entlud sich heute über andern Häuptern. Am Nachmittage gingen ein sächsisches Husaren- und Ulanenregiment mit klingendem Spiele zu uns über. Blücher stellte sie unter Befehl des Generals von Jork. 18. Okt. In Blüchers Hauptquartier. Der Breslauer Professor Steffens: Wir rückten an diesem Morgen nicht so ganz früh aus. Blücher hatte sich dem Korps des Generals Längeren angeschlossen. Jenseits der Parthe erhebt sich die Gegend, und hier genossen wir ein erstaunenswertes Schauspiel. Auf dem langen Höhenzug erblicken wir in der Ferne die große Armee der Verbündeten. Am entferntesten östlichen Horizont tauchten die Kolonnen auf; ruhig bewegten sich alle Waffengattungen nacheinander. Hier und da sah man die Waffen in der Morgenröte glänzen. Die Entfernung war groß genug, um das ganze Heer als eine Erscheinung im Traume vorüberschweben zu lassen, bis der endlose Zug im entferntesten Westen untertauchte. . . . Man konnte glauben, ein auswanderndes Volk zu ersticken. So mochten zur Zeit der Völkerwanderung die germanischen Stämme erschienen sein, als sie die deutschen Gaue überschwemmten. Der Anblick ergriff uns alle mit großer Gewalt. Hier war es, wo Müffling der bevorstehenden Schlacht den Namen gab; er nannte sie die große Völkerschlacht. . . . Steffens: Dieser Tag bot uns noch ein überraschenderes Schauspiel dar. Über die Ebene rückte in schöner Rüstung und ruhiger Ordnung eine Schar fremder Kavallerie auf uns zu, die wir, ohne von Truppen in der Nähe umgeben zu sein, ruhig erwarteten. Ohne Zweifel war Blücher von ihrer Ankunft unterrichtet. Es war säch-
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