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1. Kampf der Hohenzollern mit dem Adel in der Mark Brandenburg - S. uncounted

1916 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
national© Schieklud vorschuiig Braunsdiv/elg - , Gesihichts-4)uellen Ar erarbeitendes und belebenöes Lesen im efthichtsunterrichthrsg.v./iug.tecklenburg Kampf öekhohenzollern mit dem flöel in Ser Markörandenburg nach Willibald Miexis, Die Hofen -es Herrn von Sre-ow" oeck en v L Ruprecht in Göttingenß inventarisiert ur.tci^^ #, -20 fxcmplatc und 3 k 1 >c the’: **

2. Kampf der Hohenzollern mit dem Adel in der Mark Brandenburg - S. 1

1916 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
Kamps her ersten Hohcnzollern mit dem Adel in der Mark Brandenburg. jg-lya-f «ryc'riv7\t'i7ytyri(V(Yi Yiy(\r*7yr<Iyryi v< Vorbem.: „Laßt ihn nur kommen, den Tand von Nürnberg! Und wenn's auch ein ganzes Jahr sollt' Burggrafen vom Himmel regnen, hier in der Mark soll keiner aufkommen!" So höhnten die Ritter der Mark Brandenburg in ihrem Übermute, als der erste Hohenzoller die Huldigung forderte. Aber die Quitzows, Putlitze, Rochows und Bredows hatten sich geirrt. Friedrich I. hatte Kraft und Willen genug, die zuchtlose märkische Ritterschaft zu bändigen,' dem Unwesen des Raubrittertums ein Halt zu gebieten. Viele Jahrzehnte lang beunruhigte der Adel das Land nicht. Doch dem jungen, aber hochgebildeten, ernsten Joachim Nestor sollte ein Kampf mit der Ritterschaft nicht erspart bleiben' Joachims Freund, Geheimrat Herr von Lindenberg, lauerte einem Kaufmann auf, warf, knebelte und beraubte ihn. Der edle Kurfürst, der „Recht und Gleich einem jeden widerfahren laffen wollte", verurteilte v. Lindenberg zum Tode. Mit diesem gerechten Urteil machte sich Joachim den Adel zum Feinde, und — der Kampf begann. Lassen wir nun den Dichter Willibald Alexis reden. I. Im Schlosse. 1. „Ich stach in ein Wespennest. Ich weiß es. Heran! Hier ist mein Arm, hier meine Brust, mein Gesicht ist frei. Ich will ihnen auch ins Gesicht sehen. Warum haben sie nicht bett Mut! Was schwirrt es wie Käfer in der bunstigen Luft! Ihre Väter haben es boch gewagt, es galt eine große Frage. Gott entschieb für meine Väter. Warum geht ihnen der Atem ihrer ftörrigen Vorfahren aus? Es muß schlechter um ihr Bewußtsein stehen, als um ihr Recht!" ©o sprach der Kurfürst und ging mit hastigen Schritten auf und alb. Er war allein; der Kamnterbiener, der die Lichter angezünbet, eilte, daß er wieber hinauskam. Der Fürst liebte nienianb um sich in dieser Stuube. Aber noch eben hatten die Bürgermeister der beibett Städte (Berlin und Köln a. b. Spree) und einige Ratsherren im Zimmer gestanben. „Auch biefe Bürgerherren, ich will es glauben, sie lieben mich; ich tat ihnen ja noch nichts wie meine Vorfahren. Aber warum benn nicht heraus mit der Sprache? Warum biefe bunfeln, ungewissen, Tecklenburg, Geschichtsquellen 14. i

3. Kampf der Hohenzollern mit dem Adel in der Mark Brandenburg - S. 2

1916 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
— 2 — scheuen Andeutungen? Fahre ich mit einer Frage, einem Wort, einem Blick drein, stäubt's auseinander wie der Rauch vorm Winde, und erstarrte Ehrfurcht zittert vor mir, der das Wort im Munde gefror; sie wissen nichts. — Wenn sie auch wüßten, der Mut ging ihnen aus. Haben so die trägen Jahre gezehrt, hat so das Fett sie eingeschüchtert? Allmächtiger Gott, ich weiß es ja, daß ich eine große Sendung übernahm, dieses verwüstete Land zu sittigen, daß ich tief einschneiden muß in das Fleisch, Wunden gibt es. Hat die alte Wüstheit ein Recht für sich, warum tritt sie nicht auf, warum ficht sie nicht offen, Mann gegen Mann mir gegenüber? Ich liebe einen tüchtigen Widerstand, der meine eigene Kraft stählt, einen großen, ehrlichen, offenen Kampf, wo Gott entscheidet. Wenn sie siegten —" Er schwieg bei sich. Ob er sich doch nicht zutraute, wenn sie siegten, dem Gottesurteil sich zu unterwerfen! Auch der Tapferste liebt es nicht, besiegt zu werden. 2. „Und auch das noch!" rief er, das fürstliche Siegel, das sein Wappen enthielt, auf einem Schreiben erbrechend, welches der Fourier hereingebracht. Der Brief war von seinem Oheim, dem Markgrafen Friedrich dem Älteren von Baireuth. „Wieder Warnungen, Anmahnungen! — Ein Graf von (Siech! — Herr Graf von Giech, Euren alten Adel, Euer schönes Stammschloß auf den fränkischen Bergen in Ehren, in Ehren auch den Botschafterposten meines erlauchten Ohms, aber ich werde mit Euch märkisch reden. Wenn mein Ohm, Euer Herr, als ich bei meines Vaters Tode ein Knabe war, mich für verständig genug hielt, daß ich das Regiment auch ohne Vormund führe, so erwägt, daß ich durch Jahre und Erfahrung älter ward und keinen Hofmeister aus der Fremde bedarf. — Er mag kommen, der Herr Graf von Giech!" Der Fürst warf das Schreiben auf den Tisch und sich in den Sessel. Seine Augen flogen durch das Dunkel des gewölbten Zimmers. „Wer hat mich angeklagt? Wer rief nach Franken um Hilfe? Der Brief ist stumm. Und wenn ich den Herrn Grafen fragen werde, wird er wie die Bürger antworten: Man sagt', ,man meint'. O, diese namenlosen Angeber, diese dunkle Macht des Gerichts, diese Fledermäuse in dunstigen Gewölben! Alle sind es, aber keiner. Sie grollen alle, aber wen ich ansehe, warum zeigt mir denn keiner die Zähne? — Warum verziehen sich die Runzeln in ein freundliches

4. Kampf der Hohenzollern mit dem Adel in der Mark Brandenburg - S. 4

1916 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
— 4 — „Und gerabe zum heiligen Weihnachtsfest! Ich hatte mich nimmer so gesehnt, es in stiller Weihe zu begehen, als bieses Jahr, um mich würbig vorzubereiten auf das große Werk in Frankfurt (Grünbung der Universität). Weitn nach Neujahr der Abt, mein Freunb, wie er versprochen, kommt —" Er hielt sich das Gesicht mit beiben Hänben: „Mein Freunb! — Wer ist bettn mein Freunb! Der ist ein Freunb meines Wissens, meines Strebens, der der Ehren, die ich ihm zutoenbe, der ein Hunb an der Kette, der webelt mich an aus Furcht, daß ich ihn schlage. — Ich habe feinen Freunb!" — 5. Die ungeputzten Kerzen brannten nur bunfel. Es war totenstill. Von bett Türmen schlug es Mitternacht. Der Fürst lag zurückgelehnt in seinem Stuhle. „Es ist zu spät, es ist geschehen", murmelten seine Lippen, sein Auge schloß sich, aber vor dem inneren traten die Gestalten auf, die ihn allnächtlich heimsuchten. Seine Brust bebte, sein Arm hob sich etwas, die Hand preßte sich krampfhaft zusammen. Er sah den Geist des Ritters, die Wenbeltreppe kam er herauf, er schritt durch den langen Gang. „Warum, warum immer mit den hohlen Augen, Sinben-berg? Klagst bu die Raben an ober mich? Dein Auge war so glänzenb! Ich riß es bir ja nicht aus. Was schleichst bu wie auf Diebessohlen? Was siehst bu an der Tür?" Die Erscheinung verschwanb nicht. Es war ein etwas Mehr als die Vision, die aufgeregten Sinne würden tätig. Er hob sich, auf die Armlehne gestützt, wie ein Lauschenber. Plötzlich ein Schrei, er sprang auf: „Maria, Joseph, was ist das?" Joachim riß die Augen auf. Er hörte beutlich einen streichenben Ton an der Tür, ein Kratzen; dann ein Fall, wie ein leichter Körper auf den Fliesen des Bobens; dann Tritte wie eines hastig Forteilen-ben. Er wollte nach der Klingelschnur greisen, das wäre zu spät geworben. Den Armleuchter ergreifenb, stürzte er nach der Tür und riß sie auf. Am Ende des langen Korribors verschwanb die bunfle Gestalt. „Mörber!" wollte der Fürst rufen, die Stimme versagte ihm. — Das Licht der Kerzen beleuchtete etwas Weißes an der Rußbaumtür. Die Kreibe, mit der die Schrift geschrieben, lag am Boben. An der Tür stauben die Worte:

5. Kampf der Hohenzollern mit dem Adel in der Mark Brandenburg - S. 5

1916 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
„Jochimken! Jochirnken, hüte bi! Kriegen toi bi, so hangen toi bi!" Unten stampfte ein Roß. Hufschlag bnrch das Portal. Er stürzte in das Zimmer zurück ans Fenster. Über die lange Brücke sprengt zwei Reiter. Von brüben kam eine fröhliche Gesellschaft von eim Schmause zurück. Bei dem Schein der Fackeln konnte er die Umritje der einen Gestalt erkennen. Die Reiter mußten große Eile Habel So preschten sie bnrch die Gäste. Er hörte ihre Hufschläge flapperi, die Oberberger Gasse entlang. T Wenn der Kurfürst jetzt, ba er nach der Schnur zur großen Gloch eilte, in den Spiegel gesehen, an dem er vorüberging, hätte er auch vor einem Gespenst erschrecken mögen. Ein so blasses Gesicht sah ihtl mit starren Äugen aus dem Glase an. Als die Glocke stürmte, bnrchj schauerte es ihn bang. Seine Miene schien zu sprechen: „Wen wirb sie rufen? Steh' ich boch schon vielleicht allein?" — Die Ebelknaben' schliefen. Hatte man sogar vergessen, die Wächter auf den Gang auszustellen, — waren die Dritte, die jetzt den Korribor Haftenb herankamen, schon die Tritte der Mörber? Seine Hand griff unwillkürlich an der Rechten nach dem Dolch, aber schnell ließ er die Hand wieber finken, als schäme er sich der Bewegung. Er hatte anbere Waffen. 6. Die Kammerherren, die hereinstürzten, erschraken, wie er, auf die Stuhllehne gestützt, bastanb und sie anschaute. „Wer hatte die Wacht im Schlosse?" „Der Ritter von Otterstäbt." „Wo ist der Otterstäbt?" Was wollte der Fürst mit dem strengen, irren Blicke? Als verlange er die Antwort nicht mehr, machte er eine abwehrenbe Bewegung, welche sie gehen hieß. Der Geheimrat von Schlieben warb angemelbet. Zählte der Fürst auch bessen graue Haare? Forschte er, ob der Verrat barunter verborgen sei? Er saß wie erschöpft im Armstuhl, und sein strenger Blick hieß den alten Diener seines Hauses an der Schwelle weilen. „Durchlauchtigster Herr, ich komme zur ungewohnten Zeit —" „Aber bu stnbcst mich wach. Das werben sie alle, sag's ihnen!" „So wüßte mein gnäbigster Herr schon —" „Otterstäbt ist ausgestrichen, wie ans meinen Diensten, ans dem Buche meiner ©nabe. Man soll ihn sahnben, wo man ihn trifft.

6. Kampf der Hohenzollern mit dem Adel in der Mark Brandenburg - S. 6

1916 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
— 6 — Man setze ihm nach auf der Stelle! Ich will ihn finden, wo er sich verberge, einen Preis auf seinen Kopf! Ich sage euch, er soll es büßen, schwer, furchtbar, entsetzlich. Joachim läßt nicht mit sich spielen. Wehe dem, der sich erdreistet, mich für einen Knaben zu halten!" „Wie, mein gnädigster Herr, was ich eben erst —" „Zauderst du? Gehörst du auch zu ihnen? — Ja, du zitterst!" „Den Otterstädt holen wir nicht mehr ein. Er flieht mit unter- legten Rossen nach der Lausitz zu seinen Verwandten, den Minckwitzen." „Die Rosse bestelltest du ihm. — O, auch ich kann Verwunderung heucheln. Wer noch? Ich frage lieber: Wer nicht? Deine Hände auf! Sind sie nicht auch weiß von Kreide?" „Ich stehe hier und spreche, weil es meine Pflicht ist, weil mein Schwur, als meines Kurfürsten Diener, es mir gebietet. Erst in dieser Stunde ward ich von den schweren Dingen unterrichtet. Mißvergnügte hatten eine Anklage gegen Euer Kurfürstliche Durchlaucht bei dem Freigericht versucht, was ich ein Erfrechen nenne." „Wer sind die Mißvergnügten? Nenne sie!" Der Geheimrat zuckte die Achseln. „Und das deine Pflicht, das dein Schwur! Damit soll ich zufrieden sein!" Joachim war aufgesprungen. „Lindenbergs Hinrichtung hat viel Schmerz bereitet." „Ist das alles? Hier siehst du einen, der an diesem Schmerze nagt." „Mehr als Schmerz. Daß ich mich unterstehe, es meinem durchlauchtigsten Herrn zu sagen, viele haben es mißbilligt, sehr mißbilligt, die Zahl der Mißvergnügten wurde sehr groß." „Heute erst! Warum wagtest du nicht früher, es auszusprechen? Der stiehlt und raubt fest an meiner Seite; die lassen zu, daß ein ehrlicher Mann darum fälschlich angeklagt wird; der kritzelt mit seiner verruchten, majestätsverbrecherischen Hand an die Tür meines Schlafgemachs eine Todesdrohung, und du, mein erster Rat, geschworen, mir treu zu dienen, erprobst die Treue, daß du mir verschweigst, was mir zu wissen vor allem not tat. Verantworte dich, Herr von Schlieben!" „Wenn alle gestraft würden, gnädigster Herr, welche anstehen, ihrem Fürsten zu berichten, was ihm unangenehm zu hören ist, hätten die Fürsten keinen Hof mehr, keine Räte und keine Minister." „Und doch, wie bereitwillig seid ihr alle, zu hinterbringen, wenn es Dritte gilt. Welch Gaudium eurer Seelen, Verdacht auszustreuen,

7. Kampf der Hohenzollern mit dem Adel in der Mark Brandenburg - S. 7

1916 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
— 7 — wo ihr zu ernten hofft. Nur diesmal alle einig, weil jeder die Schuld des andern trägt und verbirgt. Dieser Mann ist mir lieb, dieser Dtterftäbt. Er hat doch was gewagt. Die wüste Tollheit seines verbrecherischen Hirns brach wie die Flamme heraus, die sich nicht mehr zügeln läßt. Wenn sein Kopf auf der Stange steckt, werde ich ihm zunicken. Ich liebe warmblütige Menschen. Ihr anderen seid der stille Brand, der fortglüht unter der Asche. Man sann nicht überall die Augen, nicht überall acht haben, wo er helle Lohe schlägt. Vor mir, da bin ich sicher; aber wer schützt mich vor denen hinter meinem Rücken?" Der Geheimrat verneigte sich tief; er sprach die Bitte aus, da fein gnädigster Herr fein Vertrauen von ihm abwende, ihn feiner Dienste zu entlassen und einen würdigeren Rat zu wählen. Ein böses Lächeln schwebte um Joachims Lippen: „Wo ich hin-greise, ist's derselbe Stoff. Ein Toter fagt's, hörst du, die Toten lügen nicht. Es lohnt sich nicht zu ändern, wo man nicht bessern kann. Du bleibst. Wer ritt mit Dtterftädt?" „Man riet auf den und jenen. Bestimmtes weiß niemand." „Der und jener — man rät — niemand! — Ich will diesen Niemand finden, diesen Ratenden ein Rätsel aufgeben. — Wer bezog die Schloßwache?" „Konrad Burgsdorf." „Wenn er Brandbriefe an die Mauer schreibt, soll er Handschuhe anziehen. Die Kreide an feinen Fingern könnte ihn verraten." „Mein Gott, was soll daraus werden!" entfuhr es dem von Schlieben. So in krankhafter Aufregung hatte er feinen Fürsten noch nie gesehen. „Nur ein Hochgericht, Schlieben. Wenn meine Mannen und Diener zu verschlafen sind, einem Verbrecher nachzusetzen, wird Gott andere Rächer einem beleidigten Fürsten erwecken. Es gibt Gerichte auch drüben in Sachsen. Nicht rasten will ich, noch ruhen, bis Otter-städts Haupt auf einer Stange über dem Tore von Berlin schwebt. Ich bin's mir, ich bin's einem andern schuldig, der mir lieber war. Zur Warnung euch allen, so hoch der Verbrecher stehe, so stark fein Arm ist, so viele Freunde für ihn sprechen!" „Gnädigster Herr! Welche entsetzliche Wahnbilder beunruhigen Ew. Durchlaucht! Euer Volk, ich darf es sagen, ist ein gutes und treues Volk, und wenn unter Eurem Adel Mißvergnügte sind —"

8. Kampf der Hohenzollern mit dem Adel in der Mark Brandenburg - S. 9

1916 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
— 9 — um sich weiß. Die Klugen sind alle Verräter, ich will's nun mit — mit dem will ich's versuchen!" Ii. Im Heidekrug. 1. „Der kommt ungelegen", sprachen zwei Reiter, die am grauenden Morgen durch die Köpuicker Heide ritten, als der Wind einen ersten leichten Schnee ihnen ins Gesicht trieb. Es waren ritterbärtige Leute; aber mit den kurzen Waffen und in ihren Büffelkollern und Wolfspelzen, unter denen die Panzerhemden verräterisch blinkten, ritten sie nicht zu Hof und Hochzeit. Der Morgen war rauh und unfreundlich wie ihre Gesichter. Sie folgten einem wenig befahrenen Holzwege. Wo der Wald sich lichtete, hielten sie, wie um zu horchen. In weiter Ferne hörte man dumpfe Hufschläge. Auf der andern Seite der Lichtung schimmerte aus der Niederung eine verfallene Lehmhütte, deren wettergepeitschtes, schiefes Dach allmählich seine braune Farbe verlor. Der eine Ritter schien gerade dies Dach mit besonderer Aufmerksamkeit zu betrachten: „Siehst du, Wedigo, es wird weiß!" Der andere strich aus seinem roten Knebelbart den Morgennebel: „Es bleibt aber nicht weiß. Der Rauch schmilzt es da am Schlot. Die Sonne tut's für uns nachher." „Bis neun Uhr, wo er kommen soll, hat sie nicht die Kraft." „Und wenn nicht, was weiter?" „Was weiter, schwere Not! An die siebzig, die von links und rechts kommen, müssen doch Tapfen lassen. Es wäre die Pestilenz, wenn er Wind bekäme und es ginge wieder quer." „Sst er nur bis zum „Süßengrund", dann mögen sie uns wittern." „D, dieser süße Grund!" knirschte der andere, „er soll ihm ein bitterer, saurer werden!" 2. Sie ritten, am Waldrande sich haltend, auf das Haus zu, um, nach der Verabredung, die ersten zu sein. Alle kamen auf Nebenwegen mit großer Vorsicht heran; alle vermummt. Einige mit alten Helmen und geschlossenen Visieren, alle wohl bewaffnet. Ihrer Tracht nach schien keiner vornehmer als der andere zu sein. Aber in jeder Gemeinschaft muß es Führer und Häupter geben, und wo keine

9. Kampf der Hohenzollern mit dem Adel in der Mark Brandenburg - S. 12

1916 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
— 12 — 5. „Der Otterftäbt kommt noch immer nicht", rief einer, der ungebulbig schon mehrmals zur Tür hinausgegangen. Em freubiges Holla braußen, ein Gewirr von Rüstungen, ein Pferbewiehern. Und im nächsten Augenblick stürzte ein Reiter herein und warf ungestüm den Helmsturz zurück: „Da bin ich! — Er kommt!" Otterstübts Augen rollten wie eines Irren, feine Brust hob sich und senkte sich, fein Atem versagte ihm. „Er kommt?" „Vor einer Stunbe ritt er burchs Köpnicker Tor. — Das sah ich noch von Walbeck aus — flog wie der Winb. — Aber der Teufel der Ritt griff mich an —" „Verschnaufe bich!" „Er reitet —" „Mit wievielen?" »Nicht der Rebe wert. Heintz von Rebern ist's und Kaspar Köckeritz von den Seinen. Den pornrnerfchen Abgesanbten Hans von Pannewitz nahm er mit, und bamit ihnen die Zeit nicht lang werbe, seinen lieben Bischof Seultetus, der ihnen Schnurren erzählen muß. Mit zehn Reisigen werfen wir sie alle. Aber — er reitet nicht nach dem Süßengruub, burchs große Gestell nach dem Spechtgraben zu." „Das änbert unfern Plan." "Ihr müßt euch teilen," sagte Otterftäbt, „rechts an die Spree, links an die Sümpfe. Ein Stünblein mehr, aber wir haben ihn im Retz. Mein Feind ist er, mein Tobfeinb; ich Haffe, verabscheue nichts so auf Gottes Erbboben. Meinen Frennb Hat er gemorbet, feinen eigenen Bufenfreunb; Pest und Tod, wer mich Hinbern will! Ich hau' ihn nieber, Basta!" Iii. In der Köpnicker Heide. 1. Die Verschworenen stürzten zur Tür hinaus, daß die Wänbe der morschen Hütte zitterten. „Götze! Herr Götze von Ziatz, wacht auf!" hatte einer der letzten dem Schläfer auf der Bank zugerufen und ihn gerüttelt; boch erst nachbem er hinaus war, hatte der Schläfer sich aufgerichtet. Als er

10. Kampf der Hohenzollern mit dem Adel in der Mark Brandenburg - S. 14

1916 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
— 14 — führt der Zufall, sagt die Weisheit der Kinder dieser Welt, die geharnischten Dreihundert, die Kurt Schlabrendorf einüben will, zum Köp-nicker Tor hinaus. Nun, wer den Engel Michael mit flammendem Schwerte nicht sehen will, der sehe diese wackere Schar, vom Zufall geleitet, ihrem Fürsten folgen. Schaut, wie ihre glänzenden Panzer, ihre Schilde und Helme durch die Heide flimmern; die Krähen und Raben schreckten auf vor dem Glanze, die siebzig Mörder sehen sie nicht; vor dem Klirren der Stahlrüstungen, vor dem Getös und Getrampel der zwölfhundert Hufen flohen die Hirsche, man sah die Hasen ins Wasser springen, die Vögel entflohen, die Räuber hörten nicht und flohen nicht. Sie ließen sich umzingeln wie ein blödes Tier. Siebzig Dolche, siebzig Schwerter, siebzig Streitäxte, siebzig verzweifelte Böfewichter wehrten sich nicht. Sie ließen sich fangen, binden, führen, richten, ohne einen Schwertschlag. Wer blendete, betäubte, lähmte sie, die sich vermessen, unseren Kurfürsten umzubringen und das Reich umzudrehen? „Nun ist's entschieden. Mit dem Adel ist's aus." So sprach der Bürgermeister von Berlin. Iv. In des Kurfürsten Zimmer. 1. Am folgenden Sonntag ritt ein hoher, stolzer Ritter — der Graf von (Siech — mit stattlichem Gefolge in Berlin ein. Sein Gesicht war blaß, seine Augen rollten fast zornig von dem, was er gesehen. Es hätte auch andere erschreckt, die langen Reihen von Galgen, der Kopf auf der Eisenstange über dem Köpnicker Tore, der ihn schon von fern angrinste. Es war Otterstädts Kopf. Ein Karren mit zerrissenen Gliedern peitschte an den Reitern vorüber. Es waren Otterstädts Glieder. Der Graf von Giech trat in glänzender Silberrüstung, als Abgesandter seines Herrn, des Markgrafen Friedrich des Ältern, vor den Kurfürsten von Brandenburg. Der Vertreter des Oheims sprach zu dem Neffen feines Herrn. In ihm sprach mit der Zorn des großen, freien Edelmanns, vielleicht auch das verwundete Herz des Menschen. Nicht alle Gesandte sprechen so vor einem Fürsten, in dessen Hand noch das Richtschwert zittert. Die Hofleute sahen es mit Schrecken und hörten es doch mit heimlicher Freude.
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