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1. Die Neuzeit - S. 24

1884 - Mainz : Kirchheim
Eroberung Mexikos. Ziehen, da ihr Auftrag ja ausgerichtet sei. Cortez ließ ihn bei diesem Glauben und sagte, man müsse nur erst die gehörigen Schiffe bauen. Eigentlich aber wartete er nur auf Verstärkung aus Spanien, wohin er schon vor neun Monaten Nachrichten gesandt hatte. Freilich wußte er nicht, daß diese Nachrichten von seinem Feinde Velasquez waren aufgefangen worden, und daß von daher ein Gewitter über ihn herauszog, das ihn mit einem Schlage um alle Früchte seiner Klugheit und seines Mutes zu bringen drohte. 10. Meriko erobert. Velasquez hatte nämlich infolge seines Zwistes mit Cortez eine Flotte von 18 Schiffen mit 800 Mann Fußvolk, 80 Reitern, 12 Kanonen und vielen Musketen und Armbrüsten unter dem Kommando eines gewissen Narvaez ausgesandt, der den Auftrag hatte, den Cortez in Ketten nach Cuba zu schicken und an seiner Stelle die Eroberungen fortzusetzen. Ohne sich aber durch die Gefahr außer Fassung bringen zu lassen, ließ Cortez 150 Mann in Mexiko zurück, ging mit seinen übrigen Truppen dem Narvaez entgegen, überrumpelte ihn, nahm ihn gefangen und zog sogar das Heer unter seine Fahne, das ihn als einen Rebellen bestrafen sollte. Allein während feiner Abwesenheit hatten die zurückgelassenen Spanier in Mexiko die Strenge des Cortez nachahmen wollen, ohne indessen seine Klugheit zu besitzen. Auf den bloßen Verdacht hin — eine Verschwörung angezettelt zu haben — ließen sie mehrere vornehme Mexikaner in einem Tempel niederhauen, und durch diese Grausamkeit geriet die ganze Stadt in Aufruhr. Cortez kam und richtete ein schreckliches Blutbad unter den Mexikanern an, ohne daß es ihm jedoch gelang, des Aufstandes Herr zu werden. Der geringste Verlust an Mannschaft war ihm ein beträchtlicher Schaden, denn was wollten 500 Spanier gegen 60,000 gereizte Menschen beginnen. Er nötigte daher den Montezuma, sich öffentlich sehen zu lassen und seinen Unterthanen Gehorsam zu gebieten. Dieser unglückliche Fürst, den man vorher anbetete, ward jetzt von seinem Volke als Sklave betrachtet. Matt beschimpfte ihn mit Worten und warf ihn sogar mit Steinen. Er ward verwundet und starb wenige Tage darauf, weil er sich durchaus keiner Heilmittel bedienen wollte. (1520). Gna timozin, der Neffe des Moutezuma, kam nun zur Regierung, und unternahm es, die Spanier aus dem Lande zu treiben. Er belagerte die Stadt Mexiko und ließ die Damme einreißen, welche sie mit dem festen Lande verbanden. Da es an

2. Die Neuzeit - S. 26

1884 - Mainz : Kirchheim
Sein Tod. haben. Cortez wandte sich nun selbst mit einer treuen Erzählung feiner Thaten und einem reichen Geschenk an den König, und bat um die wohlverdiente Statthalterste.lle. Karl I. ^),'selbst ein unternehmender Kriegvinann, ward von gerechter Bewunderung seiner Thaten hingerissen und bewilligte ihm seine Bitte. Cortez ließ daraus Mexiko wieder aufbauen, die Ländereien verteilen und die Bergwerke untersuchen. Die unmenschliche Behandlung der Eingeborenen wurde auch hier eingeführt, wo sie dieselben schrecklichen Folgen, wie aus den Inseln hatte. Jede Empörung, durch welche die gekränkte Freiheit ihre Menschen-rechte herzustellen suchte, ward als Sklaventrotz angesehen, und fürchterlich bestraft. In einer einzigen Provinz wurden einmal 460 mexikanische Edle verbrannt, und ihre Weiber und Kinder zum Anblick dieses höllischen Schauspiels gezwungen. Ganz allein ward indessen dem Cortez die Einrichtung der neuen Erwerbschaft doch nicht überlassen. Es ward ihm von Spanien ans eine Regierungskommission zngeordnet, mit der sich aber der freie Herrsch erg eist dieses außerordentlichen Mannes nicht wohl vertragen konnte. Die Klagen und Anschwärzungen bei Hose singen nun wieder au, und es erschienen immer neue Untersuchungskommissarien, die den Statthalter vor ihren Richterstuhl zogen. Zu stolz, sich in dem Lande, das der Schauplatz seiner Siege gewesen war, einem schimpflichen Verhör zu unterwerfen, wollte er lieber selbst vor den König treten. Er erschien 1528 in Spanien mit einer Pracht, die seiner Würde angemessen war, eine Reihe mexikanischer Edlen in seinem Gefolge. Karl empfing ihn mit Auszeichnung, und überhäufte ihn mit Ehrenbezeugungen; aber ihn ganz unbeschränkt zu lassen, wagte er doch nicht mehr. Er unterwarf die bürgerliche Regierung von Mexiko einem eigenen Kollegium, und überließ ihm nur das Militär und das Geschäft, auf nette Eroberungen auszugehen. Mißmutig ging Cortez zurück, und zerstreute sich durch neue Züge. Nach unendlichen Mühseligkeiten entdeckte er 1536 die große Halbinsel Calisornien, und nahm den größten Teil des Golss , der sie von Neuspanien trennt, in Augenschein. Im Jahre 1540 reifte er abermals nach Spanien, fand aber die Herren am Hofe sehr verändert. Seine Verdienste schienen hier längst vergessen zu sein, und nach vielen fruchtlosen Bemühungen bei Ministern und Günstlingen starb er, wie Kolumbus, vor 1) Karl I., König von Spanien, war dort seinem Großvater mütterlicherseits Ferdinand d. K. gefolgt; da er auch seinem Großvater väterlicherseits, Maximilian I., als Kaiser von Deutschland folgte, führte er als solcher den Namen Karl V.

3. Die Neuzeit - S. 30

1884 - Mainz : Kirchheim
ü0 Eroberung Perus. — Entdeckungen der Portugiesen. . Der 5. Teil von dem Lösegelde des Inkas betrug allein mehr 13,250,000 Pfund Goldes, das Silber noch ungerechnet. Jeder Reiter der Spanier erhielt für feinen Teil 240 Mark ©oldes. Aber den Peruanern war es unmöglich, die Habsucht der Eroberer zu befriedigen. Diese verurteilten vielmehr bald darauf den Inka, weil er ein Götzendiener wäre, viele Weiber habe und der Urheber einer Verschwörung gewesen sei, zum Feuertobe. Ein Mönch überredete ihn, sich taufen zu lassen. Mau taufte ihn wirklich, erwürgte ihn aber bald nachher und verbrannte ihn. Pizarro und Alm agro verfeindeten sich bald darauf so sehr, daß der erstere den andern enthaupten ließ, und dafür aus Rache meuchelmöderifcher Weise umgebracht wurde. Ein Sohn des Almagro und ein Bruder des Pizarro wollten jetzt Peru beherrschen, aber beide starben eines gewaltsamen Todes. Bereits im Jahre 1535 hatte Almagro Chili entdeckt, und auch dies 2and als spanische Provinz in Besitz genommen. So konnte jetzt Karl I. mit Recht behaupten, daß in feinem Reiche die Sonne nicht untergehe. 13. Weitere Entdeckungen der Portugiesen. Während die Spanier in ihrem neuen Indien ungewissen Schätzen nachspürten, die noch erst gefunden werden sollten, verdoppelten die Portugiesen ihren Eifer, zu den gewisseren Reichtümern des alten Indiens auf dein Wege zu gelangen, den Bartholomeo Diaz schon 1486 eröffnet hatte. Eine Flotte von vier Schiffen unter dem trefflichen Seemann Vasco de Gama sollte die Umfchiffung des Vorgebirges der guten Hoffnung versuchen. Mehr fürchtend als hoffend versammelte sich die Reisegesellschaft, brachte nach damaliger Weise die Nacht vor der Abreise in einem nahen Kloster zu, und ging ant 9. Juli 1497 unter Segel. Aus Unfunde der Meerestücken hatte Vasco de Gaurn gerade die ungünstigste Jahreszeit gewählt. Das erfuhr er bald zu feinem Schrecken. Und noch war es leichter, die entsetzlichen Stürme zu ertragen, die seine Schiffe jeden Augenblick in den wnrde, hörte nicht sobald von diesen Dingen, als er dem Pizarro noch mehr versprechen ließ, wenn er ihn frei machen wolle. In dieser mißlichen Lage glaubte der geängstigte Atahualpa feinen anderen Ausweg Zu finden, als seinen Stiefbruder ermorden zu lassen. Nichts hätte dem Pizarro erwünschter sein können, als diese Mordthat, denn sie gab ihm einen guten Vorwand, sein Wort zu brechen und auch Atahualpa dem Tode zu überliefern.

4. Die Neuzeit - S. 31

1884 - Mainz : Kirchheim
Vaseo de Gama. Seeweg nach Ostindien. 31 Abgrund Zu versinken drohten, als die Verzweiflung und die Meutereien seiner Leute, die den tollkühnen Urheber und Verlängerer ihrer immerwährenden Todesaugst mehr als einmal über Bord zu werfen, im Begriff standen. Aber mit der Ruhe und Standhaftigkeit des Kolumbus überwand er alle Gefahren, erreichte nach einem viermonatlichen Kampfe am 20. November das Kap der guten Hoffuuug und lenkte glücklich nach Osten herum. Sodann fuhr er längs der Küste von Sofala hinauf nach Mozambique bis dicht unter den Äquator , wo er überall schon einen ziemlichen Grad von Kultur und einen blühenden Handel fand. Die Einwohner waren Muhamedauer. Der König von Melinda nahm ihn freundlich auf, und gab ihm einen treuen Piloten mit, der ihn 700 Meilen quer über den Ocean, und gerade in den Hafen von Kalikilt1) führte, wo er den 19. Mai 1498 ankerte. So war also das vielgepriesene, nie gesehene, wirkliche Indien gefunden. Aber alles, was die Portugiesen hier sahen, überzeugte sie bald, daß hier mit ihren vier Schiffen keine Eroberung zu machen, und mit den Schellen und Glaskorallen, die sie bei sich hatten , kein Handel anzufangen fei. Die Ostindier lebten in einem blühenden Wohlstände, hatten eine große Stadt, Manufakturen, Handel, Ackerbau, und einen König, der an Pracht und Aufwand europäischen Kömgen nichts nachgab. — Ein Kaufmann aus Tunis, der sich des Handels wegen hier aufhielt, und Spanisch verstand, freute sich, so unvermutet Europäer hier zu finden. Vasco de Gama ließ sich durch ihn dem Z a -niorin oder König von Kalikm vorstellen, und hatte schon die -beste Hoffnung, ein vorteilhaftes Handelsbündnis zustande zu bringen, als der Neid der Muhamedauer, die von einem solchen Verein großen Nachteil für ihren Handel besorgten, das gute Vernehmen schnell zerstörte. Vasco war froh, daß er noch mit dem Leben und feinen Schiffen entrinnen konnte, und segelte schnell wieder nach Melinda in Afrika, und von da nach Europa zurück. Am 14. September 1499 lief er in den Tajo ein, nachdem er die längste und schwierigste Seereife feit der Erfindung der Schiffahrt gemacht hatte. Der König Emanuel von Portugal eilte, von Vasco's glücklicher Entdeckung den schnellsten Gebrauch zu machen. Eine Flotte von 13 Schiffen ward den 8. März 1500 unter den Befehlen des klugen und mutigen Admirals Eabral abgesandt, 1) Kaliknt, Stadt an der Südwestküste (Küste Malabar) Vorderindiens.

5. Die Neuzeit - S. 32

1884 - Mainz : Kirchheim
32 Cabral. Entdeckung Brasiliens. Fahrt nach Indien. der zugleich die geheime Weisung erhielt, sich auf seiner Fahrt nach dem Kap^ recht weil westlich zu halteu. Er that's, und fand zufällig, wie es hieß — Brasilien in Südamerika. Er nahm das Land mit gewöhnlichen Ceremonien für den König von Portugal in Besitz, und fertigte sogleich eins von seinen 13 Schiffen mit der frohen Botschaft nach Lissabon ab. Mit den übrigen brach er am 5. Mai 1500 von Brasilien auf, und wandte sich nach dem Vorgebirge der guten Hoffnung. Auf diesem Wege ereilte ihn ein entsetzlicher Sturm, und er hatte den Schmerz, eins feiner besten Schiffe, und mit demselben den wackern Entdecker des Kaps, Bartholomeo Diaz, vor seinen An gen vom Meere verschlungen zu sehen. Nach vielen Gefahren erreichte er endlich Melinda, und am 13. August lief er in den Hafen von Kalifut ein. Er überreichte dem Zamoriu im Namen seines Herrn Geschenke und trug auf ein Handelsbündnis und auf die Erlaubnis an, in seinen Staaten ein Fort zur sicheren Niederlage der portugiesischen Waren anlegen zu dürfen. Der Zamorin schien anfangs nicht abgeneigt, ward aber von den eifersüchtigen Mnhamedanern bald um gestimmt, und ließ die Portugiesen zuletzt gar feindlich angreifen. Cabral zum Widerstände zu schwach, verließ Kalifut mit der Drohung, bald wieder zu kommen, sprach bei feiner Beschiffung der malabarischen Küste bei den kleinen Königen von K o ch i ntx) und Kanon o r ein, die ihn freundlich aufnahmen, und gegen feine europäischen Waren eine überschwengliche Ladung von Pfeffer und andern Gütern austauschten, mit denen er am 31. Juli 1501 glücklich zu Lissabon ankam. Cabral hatte teils die Macht des Zamorin von Kalifut an sich sehr groß, teils aber auch den Einfluß der dort handelnden Muhotnedctrter so bedeutend gefunden, daß der König Emanuel entweder den indischen Handel ganz aufgeben, oder eine Macht hinschicken mußte, die dem Zamorin mitsamt feinen Muhame-danern Trotz bieten sonnte. Er wählte das letztere. Im März 1502 ward der wackere Gama mit 20 Schiffen ausgesandt, mit denen er sich und dem portugiesischen Namen in Indien bald Achtung verschaffte. Er beschoß die Hauptstadt Kalifut einen ganzen Tag lang, und nahm mehrere sarazenische Schiffe weg, auf denen er eine so reiche Beute, selbst an Gold, Perlen und Edelsteinen fand, daß er, überflüssig für feine Fahrt belohnt, nach Lissabon zurückkehrte, wo er den 1. September 1503 an-farn. Wiederholte Kämpfe und Trnppenfendungen waren nötig, 1) Kochim oder Kotsch in, Stadt und Gebiet südlich von Kalikut.

6. Die Neuzeit - S. 36

1884 - Mainz : Kirchheim
o6 Der Clerus. Licht- und Schattenseiten. des kirchlichen Lebens. Durch die Verlegung des päpstlichen Stuhles von Rom nach Avignon hatte das Papsttum seine erhabene Stellung, und durch das dadurch herbeigeführte unselige Schisma, sowie durch die Erörterungen aus den Kircheuversamm-lungeu zu Coustauz und Basel seinen früheren Einfluß aus Europa verloren. Das Schisma wurde zwar aus dem Concil zu Coustauz beseitigt; aber die traurigen Folgen dauerten fort. Auch unter dem Clerus gab es viele Unwürdige, welche nur zur Verhöhnung und Herabwürdigung des geistlichen Standes beitrugen. Selbst in viele Klöster war das Verderben eingedrungen, und wenn auch sehr vieles, was über die Verkommenheit des damaligen Klosterlebens geschrieben worden, der Begründung entbehrt, so war doch im Allgemeinen die klösterliche Zucht in großen Verfall geraten, was schon der Umstand bekundet, daß die Prediger des Abfalls sich zumeist aus aufgesprungenen Mönchen rekrutierten. Indessen war die unter der Geistlichkeit eingerissene Verweltlichung durchaus keine allgemeine; auch der damalige Clerus hatte eine große Anzahl von Männern auszuweisen, die nicht nur persönlich sich rein erhielten von der herrschenden Verderbnis, sondern auch mit dem nachdrücklichsten Ernste für die Hebung der Religion und eine durchgreifende Verbesserung der kirchlichen Verhältnisse thätig waren. So drang beispielsweise der berühmte Prediger Geiler von Kaisersberg (gest. 1510) in seinen Predigten, unter schonungsloser Geißelung der unter der unkirchlichen Geistlichkeit herrschenden Mißbrauche, aus die Erneuerung des kirchlichen Sinnes und frommer Zucht. Aber diese vereinzelten Bestrebungen waren, so viel Gutes sie auch im engeren Kreise wirkten, um so weniger imstande, dem allgemeinen Verderben Einhalt zu thun und eine bessere Zeit anzubahnen, als ihnen von den glaubensseiudlicheu Humanisten:) durch absichtliche Irreleitung der öffentlichen Meinung mit ebensoviel Erfolg als Geschick entgegen gearbeitet wurde. Der Humanismus hatte in Deutschland Vertreter aller 1) Humanisten (lat. homo, Mensch, und humanus, menschlich) sind solche Leute, die sich durch das Studium der alten Sprachen (oder des klassischen Altertums) auf den Standpunkt stellten, als seien sie allein im Besitz dessen, was den Menschen zum Menschen macht und ihn vom Tier unterscheidet. Der Humanismus suchte namentlich im 15. u. 16. Jahrh, der Schulweisheit des Mittelalters entgegen zu treten. Huma-noria sind die sprachlichen (philologischen) Wissenschaften, zum Unterschied von deu theolog. u. allen anderen, die mit dem heidnischen Altertum nichts zu schaffen haben.

7. Die Neuzeit - S. 38

1884 - Mainz : Kirchheim
oo Die Humanisten. Reuchlin. der Lehre Luther's von der Unfreiheit des menschlichen Willens auf den Kampfplatz. Johann Reuchlin (geb. 1455 zu Pforzheim, gest. 1522), der auf_ der Universität zu Paris griechische Sprache und Litteratur, später zu Orleans und Poitiers Jurisprudenz und zuletzt in Rom die hebräische Sprache und Litteratur studiert hatte, übte durch Wort und Schrift den größten Einfluß auf die deutsche Gelehrtenwelt aus und war einer der Ersten, welche der griechischen Litteratur eine feste Stelle in dem höheren Bildungswesen verschafften. Noch bedeutender war seine Wirksamkeit auf dem Gebiete der hebräischen Sprache, für welche er zuerst ein vollständiges Lehrgebäude schuf. Die öffentliche Aufmerksamkeit hatte sich damals in besonders hohem Grade den Inden zugewandt, und unter den gegen ihre Anmaßungen treffenden Maßregeln war auch die Vernichtung ihrer dem Christentum feindlichen Bücher, namentlich des Talmud, in Vorschlag gebracht worden. Ganz besonders eiferte für diese Maßregel der getaufte Jude Pfefferkorn aus Köln, der im Jahre 1509 von Kaiser Maximilian einen Befehl erwirkte, kraft dessen die Inden zur Auslieferung ihrer Bücher angehalten, diese von gelehrten Männern untersucht und die für schädlich befundenen verbrannt werden sollten. Reuchlin, der als der hervorragendste Kenner der hebräischen Litteratur zu einem Gutachten über die bereits weggenommenen Bücher aufgefordert worden, nahm sich derselben an, da die bar in enthaltene Geheimlehre seinem zu geheimnisvollem Grübeln geeigneten Geiste zusagte, und geriet dadurch mir den Kölner Dominikanern in einen Streit, in welchem auch die Theologen der Universitäten von Paris und Löwen gegen ihn Partei ergriffen, während der Bischof von Speier als päpstlicher Kommissar sich zu Gunsten Reuchliu's aussprach. Die ganze „Bücherfrage" gelangte zu feiner endgiltigen Entscheidung; doch knüpfte sich an dieselbe ein ungleich folgenschwerer Streit zwischen den Theologen und den Humanisten, in welchem die letzteren die Niederlage der Dominikaner zur Verbreitung einer Masse hämischer Schriften gegen ihre Widersacher ausbeuteten. Am weitesten ging in dieser Beziehung Ulrich von Hutten, der aus dem Boden des Streites über die Frage, ob die klassische (heidnische) Litteratur der Alten den christlichen Glauben gefährde oder nicht, die Fahne der Empörung gegen die unbestreitbare Herrschaft der Kirche aufpflanzte. Ulrich von Hutten, der talentvollste, aber auch zugleich der leidenschaftlichste und sittenloseste unter den glaubens-feindlichen Humanisten, war als Sprößling eines alten, aber

8. Die Neuzeit - S. 39

1884 - Mainz : Kirchheim
Ulrich v. Hutten. — Martin Luther. verarmten fränkischen Rittergeschlechts am 21. April 1488 auf dem Schlöffe Steckelberg geboren und wurde in seinem 11. Jahre von seinem Vater, der ihn dem geistlichen Stande bestimmt hatte, in die Klosterschule zu Fulda gebracht. Aber er entwich als sechzehnjähriger, kecker, unbotmäßiger und streitsüchtiger Junge heimlich aus dem Kloster und trieb sich seitdem, von seinem Vater verstoßen, 10 Jahre lang als Student und fahrender Litterat, den niedrigsten Ausschweifungen hingegeben, auf den verschiedenen Universitäten Deutschlands und Italiens herum. Durch seinen Geist und insbesondere durch sein glänzendes Talent, mit Leichtigkeit lateinische Verse hinzuwerfen, erwarb er sich unter den gelehrten Vergötterern des Altertums zahlreiche Gönner, auf deren Kosten er lebte. Ost geriet er in die äußerste Dürftigkeit und verschmähte dann auch gewöhnliches Betteln nicht. Dabei mischte er sich mit Leidenschaft in alle gelehrten Streitigkeiten und verfolgte diejenigen, bei denen er feine Rechnung nicht fand, mit den beißendsten Ergüssen seiner vergifteten Feder. Als sein Vetter Hans von Hutten im Jahre 1515 von Herzog Ulrich von Würtemberg meuchlerisch ermordet worden und er in mehreren umfangreichen Flug- und Streitschriften die Bestrafung des Frevels forderte, wurde er von feiner Familie wieder aufgenommen. Aber den Ruhelosen litt es in der Heimat nicht; denn nur im Streite fühlte er sich wohl. Seinem Wesen fehlte jeder innere Halt. Seine Reizbarkeit und das wilde Feuer, das in dem kleinen, schmächtigen, unscheinbaren Manne loderte, flößten selbst feinen Freunden Furcht ein. Von maßlosem Stolze auf seine glänzende Begabung und seine humanistische Bildung erfüllt, betrachtete er sich als den Träger einer neuen Zeitbewegung; aber feine ganze Bedeutung bestand im Zerstören. Alles, was feinen umstürzenden Ideen entgegenstand, erschien ihm als Despotismus und Geistesdruck, in dessen Bekämpfung er jedes Mittel, Entstellung der Thatsachen, gemeine Lüge und Verlänmdung, für erlaubt hielt. 2. Martin Luther. Martin Luther- war den 10. November 1483 zu Eisleben geboren, wohin feine Mutier auf den Jahrmarkt gekommen war. Luthers Voreltern waren Bauern in Möhra. Von dort zog fein Vater, Johann Luther, nach dem Bergwerk Mansfeld. Hier empfing Martin Luther feinen ersten Unterricht und wurde 1497 in die Franziskaner-Schule nach Magdeburg, und ein Jahr darauf in eine höhere Schule nach Eisenach gebracht. An

9. Die Neuzeit - S. 40

1884 - Mainz : Kirchheim
^0 M. Luther. Staupitz. beiden Orten war er, da sein Vater für 8 Kinder zu sorgen hatte, auf die Unterstützung wohlthätiger Leute angewiesen und erwarb sich nach damaliger Sitte seinen Unterhalt durch Singen an den Thüren wohlhabender Leute, bis ihn in letzterer Stadt eine adelige Dame, Frau Cotta, in ihr Haus aufnahm. Von dort bezog er in seinem 18. Jahre die Universität Erfurt (1501). Hier studierte er die alten Sprachen und Philosophie, welche der Umverfitätsprofeffor Jodocus mit vielem Beifall lehrte, und erhielt nach 2 Jahren die Würde eines Baccalanreus, und nach weiteren zwei Jahren die eines Magisters, womit das Recht zu Vorlesungen verbunden war. Auf den Wunsch feines Vaters begann er_ jetzt_ die Rechtswissenschaft zu studieren, welche ihn jedoch wenig ansprach. Da er nun nicht wußte, welchen Beruf er ergreifen sollte, so bemächtigte sich seiner neben der ausgelassensten Fröhlichkeit eine ernste Stimmung, welche bisweilen in Trübsinn und Schwermut überging. Er fühlte sich von Gewissensängsten beschwert, zu welchen noch körperliche Leiden sich gesellten. Luther saud kein Vergnügen an der Rechtswissenschaft und trug sich mit dem Gedanken, Mönch zu werden In diesem Entschlüsse wurde er durch den plötzlichen Tod eines Freundes und ein furchtbares Gewitter, düs ihn in die größte Lebensgefahr brachte, noch bestärkt. Er gelobte der heiligen Anna, ins Kloster zu gehen und trat auch trotz der Abneigung feines Vaters gegen das Klosterleben am 17. Juli 1505 in das Augustiuerktofter zu Erfurt ein1). Dort mußte er im Anfange feines Prüfungsjahres nach der bestehenden Klostersitte sich lästigen Hausarbeiten unterziehen, von denen er jedoch als Magister bald von dem Ordeusproviuzial Johannstaupitz dispensiert wurde. Der junge Mönch unterzog sich den strengsten asceti-schen Vorschriften und Übungen, um die Ruhe seiner Seele zu gewinnen. Denn oft war er nahe daran, an Gott zu verzweifeln, weil er, wie er^ selbst gestand, hauptsächlich die Regungen oes Zornes, des Hasses und Neides nicht zu überwinden vermochte. Wohl kannte er die Lehre von der Gnade, allein es fehlte ihm, wie er sagte, an der Liebe Gottes. Das Gebet konnte ihm nicht helfen, weil er in dem Wahne befangen war, man müsse, um zu Gott zu beten und von ihm erhört zu werden, ganz rein und ohne Sünde, wie die Heiligen des Himmels fein. 1) Er selbst sagte: „ich ward ja nicht gern oder willig ein Mönch, viel weniger um Mästung des Bauches willen; sondern als ich mit Schrecken und Angst des Todes eilend umgeben, gelobte ich ein gezwungen und gedrungen Gelübde."

10. Die Neuzeit - S. 41

1884 - Mainz : Kirchheim
Das falsche System Luthers. 41 In diesem peinlichen Seelenzustande, der immer unerträglicher wurde, suchte Luther in der Bibel, welche ihm Staupitz geschenkt hatte, eine für seinen Zustand tröstliche Lehre. Ein alter Augustiner machte ihn auf die Stelle im Briefe Pauli an die Römer (3, 28.) aufmerksam, wo es heißt: daß der Mensch gerecht werde ohne des Gesetzes Werke durch den Glauben. — Die Art und Weise, wie Luther diese Stelle auffaßt x), war offenbar das Ergebnis seines damaligen Seelenzustandes und für diesen persönlichen Zustand höchst erwünscht, ohne daß er selbst der nächsten und unabweisbaren Folgerung, die sich ans seiner Vorstellung ergab, im Augenblick bewußt sein mochte. Doch nicht lange nachher ward ihm die Tragweite dieses Ausspruches klarer, dessen Einsicht ihm, wie er schloß, durch höhere Eingebung zu teil geworden war. Das Fundament war für ihn da, auf dem er weiterbauen konnte. Was von den kirchlichen Glaubenslehren und Einrichtungen zu demselben nicht paßte, das mußte nun folgerecht als unächt ausgeschieden, und die Kirche selbst, welche die Lehre von der Rechtfertigung des Menschen anders auffaßte und lehrte, nicht als die wahre angesehen werden. So weit war Luther mit sich im reinen, als ihm die Predigten Tetzels eine Veranlassung gaben, seiner Ansicht Eingang zu verschaffen. Er war damals Lehrer an der im Jahre 1502 gegründeten Universität Wittenberg, wohin ihn deren Stifter, der Kursürst Friedrich der Weise von Sachsen, auf die Empfehlung des ebenfalls dort angestellten Dr. Staupitz berufen hatte (1508). Hier lehrte er zuerst Philosophie, widmete sich aber später mehr der Theologie. Im Jahre 1510 machte er in Angelegenheiten seines Ordens eine Reise nach Rom. Beim Anblick dieser Stadt fiel er auf fein Angesicht nieder, und rief mit aufgehobenen Händen: „fei mir gegrüßt, du heiliges Rom!" Auch unterzog er sich dort allen Übungen der Pilgerfrömmigkeit, und legte die Skala Santa auf den Knien zurück, um den hohen Ablaß zu erlangen, der an diese Andacht geknüpft war. Nach feiner Rückkehr wurde ihm die Würde eines Doktors der Theologie erteilt (1512). Er hielt jetzt Vorlesungen über das alte und neue Testament und suchte zu beweisen, wie man sich der Seligkeit wegen allein an die göttlichen Schriften der Propheten und der Apostel halten müsse. Seine Vortrüge, denen sich auch feine nächsten Collegen, Peter Lnpinus und Andreas Karlstadt anschlossen, trugen viel dazu bei, daß sich überhaupt in Wittenberg 1) Er schob das Wörtchen „allein" dazwischen, also : „allein durch den Glauben."
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