Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Landeskunde der preußischen Rheinprovinz - S. 10

1904 - Breslau : Hirt
10 Landeskunde der preußischen Rheinprovinz. sich nach N. senkenden Landrücken des Ardey (der Jsenberg, 125 m hoch), des westlichen Ausläufers der Haar. — Auch die äußerste Südwestecke des dreieckigen Beckens von Münster ist mit in die Grenzen der Rheinprovinz hineingezogen. Üppige Sumpfwaldungen Schuppenbäume, Siegelbäume, Schachtelhalme, Farne und Nadelhölzer, die zur mittleren Primärzeit die damalige Meeresküste vor dem Schiefer- gebirge bedeckten, sind in dem sie einhüllenden Meeresschlamm allmählich verkohlt; die mächtige Ablagerung der Steinkohlenschichten ist später noch mehrfachen Faltungen unterworfen gewesen, so daß deren Ergebnis sich in einer vierfachen muldenförmigen An- ordnung der Kohlenflöze darstellt. Die Müustersche Bucht (vgl. S 6} ist großenteils mit Kreideschichten bedeckt (f. Fig. 2, S. 43), als große Landscholle in der 'Tertiärzeit eingesunken und schließlich zur Eiszeit noch vom nordischen Inlandeise überdeckt, auf dessen Dasein die jetzigen sandigen Striche und erratische Blöcke hindeuten. Durchschnitt durch das Ruhrkohlengebiet (nach ö. Dechen). 1. Horst-Recklinghausener Mulde, Ii. Essener Mulde, Iii. Bochnmer Mulde, Iv. Wittener Mulde; 1. Devon, 2. Kulm u. flözleeres Kohleugebirge, 3. produktives Kohlengebirge (Flözzüge punktiert u. gestrichelt), I. Kreide. ^Auch die Oberfläche der Niederrheinischen Tiefebene weist noch müßige Höhenrücken (und einzelne Hügel) auf, so in der Kölner Tieflandsbncht die Bille oder das „Vorgebirge" (zwischen Rhein nud Erst), so auch weiter uach N.w. zu die niedrigen Hügelrücken, diezwischen Erst und Niers, zwischen Niers und Maas („Süchtelner Höhen"), zwischen Rhein und Niers (im N.w. der prächtige „ Reichswald ") die Wasserscheiden bilden, meist bloß 50m, nur au den höchsten Stelleu etwa 80 m über d. M. (der „Klever Berg" im Reichswald sogar 106 m). Der Niederrhein hat in seinen eigenen Ab- lagerungen (f. e) zu verschiedenen Zeiten seinen Lauf verändert, wovon zahllose alte Stromarme, die z.t. noch ausgedehnte Wasserflächen bilden, und sumpfreiche Bruchgegeuden deutliche Kunde geben. Je weniger hoch die Laudfläche über dem Spiegel des Stromes liegt, um so mehr ist sie Über- schwemmungen und stets neuen Absätzen vou Geröll und Saud ausgesetzt; das zeigt der Boden besonders dort, wo der Strom unsere Provinz verläßt. Nur in einigen Höhenzügen, besonders in der Ville, treten tertiäre Schichten meist mit Brauukohleu-Eiuschlüsseu) hervor; die Oberfläche der Tiefebene ist großen- teils quartäreu Ursprungs, und zwar — mit Ausnahme des Alluviums der Uber- schwemmuugen aus der geschichtlichen Zeit — diluvial. Dieses Diluvium rührt in den nördlichen Strichen hier und da von der zweiten Vergletscherung, der Eiszeit Herl, ist aber im übrigen vom Wasser abgesetzt. Sowohl in der Tertiärzelt (vgl. S. 8/9) als auch in der Diluvialzeit drang das Meer über unsere jetzige Tiefebene weit nach ©.£)._ hin vor und hinterließ, als es sich wieder zurückzog, große, nach N.w. zu immer mächtigere Geröll- und Sandschichten; und dabei hat der Rhein so viel Sinkstoffe in diesen Gegenden seiner damaligen Mündung abgesetzt, daß sein Bett nunmehr von seiner eigenen Anf- schüttnngsmasse gebildet wird (vgl. S. 9. Indessen findet sich in der von^dem Strome ausgewaschenen, breiten Lücke zwischen den Höhen bei Düsseldorf und bei Süchteln auch au einer oberflächlichen Stelle n. von Krefeld noch marines Tertiär, wahrscheinlich von dem bis hierher reichenden Inlandeise der zweiten nordischen Vereisung aufgestaucht-. 1 Vgl. Dr. A. Pahde, Erdkunde für höhere Lehranstalten, Iv. Teil Glogan 1902), S. 85, 120. 2 Vgl. Dr. E. Königs in den Jahresberichten des Naturwissenschaftlichen Vereins zu Krefeld 1894/95 und 1901/02 (vgl. auch Verhandlungen des Naturhist. Vereins der preußischen Rheinlande, Westfalens u. d. R.-B. Osnabrück, 1894).

2. Landeskunde der preußischen Rheinprovinz - S. 12

1904 - Breslau : Hirt
12 Ort N. 2h'. ' Ö. L. Meeres- Januar Durch sch April rtittlicf)el V Juli uflwcirme Oktober Jahr Krefeld . . . 51° 20' i 6° 35' Köln .... 50° 55' 6° 57' Boppard . . 50° 14' 7° 34' Kreuznach . . j 49° 50' 7° 51' Trier .... 49° 46' 6° 38' sür die Zeit von 1851 bis 1890 45 m 60 m 99 m 114 m 150 m für Köln 0,8° 1,6° 1,1° 0,8° 1,1° bis 190 8,7° 9,7° 9,1° 9,7° 9,5° 0 ergebe 18,2° 18,7° 17,9° 19,0° 18,5° n sich di 9,8° 10,8° 10,0° 10,2° 10,1° Werte: 9,3° 10,1° 9,4° 9,8° 9,7° Ort N Br. Ö. L. Meeres- höhe Januar April Juli Oktober Jahr Aachen . . . Köln .... 50° 47' 50° 56' 6° 5' | 177 2,8° 6° 57' i 60 || 2,0° 9,3° 9,6° 18,1° 18,5" 10,5° 10,5° 10,0° 10,1° c Aus den warmen Tälern aber erheben sich die weiten Hochflächen als rauhe und unfreundliche klimatische Inseln, deren ziemlich hohe mittlere Luftwärme mehr auf milden Wintern als anf den — nicht hinreichend warmön — Sommern beruht und in ihrer Wirkung durch die heftigen Winde, die kühlen Nächte und die kalten Niederschläge sviel Schnee) größtenteils vernichtet wird. In besonderem Maße leidet unter diesem naß- kalten Seeklima die Eisel. Von den Winden treten die aus W. und S.w. kommenden besonders hervor als die, welche hauptsächlich deu Niederschlag bringen. Da. die barometrischen Minima nieist tt.tr. von unserer Provinz in n.ö. Richtung vorüberziehen, so gilt für uns auch meistens die Dovesche Wetterregel, wonach der Wind sich von O. über S. nach W. dreht und manchmal durch N. nach O. zurückspringt. Eine eigentümliche Luftdruckverteilung im Frühling niedriger Luftdruck in Ungarn, hoher Luft- druck im n.w. von Europa bringt die „drei gestrengen Herren" 11. bis 13. Mai hervor, und mit Nordwinden verbreitet sich im Frühjahr der Moorrauch oder Hohen- rauch von den friesischen nttd niedersächsischen Hochmooren über das Rheinland weit nach S. hin. — Maßgebend für den Psianzenwuchs sind Klima und Bodenbeschaffenheit. Es ist daher als eiue große Gunst der geographischen Verhältnisse aufzufassen, daß die vott dem milden Klima bevorzugten Striche unserer Provinz im großen und ganzen auch gerade diejenigen sind, deren Oberfläche von den für Landbau besonders geeigneten jüngeren Bodenschichten gebildet wird. Auf der Lothringer Platte wechseln Getreidefelder und anderes Ackerland mit kleinen Wäldern ab. Im Pfälzer Berglande bekleidet der Wald die Berghöhen, während in deu Tälern der Ackerbau blüht. Geschlossener Waldbestand findet sich aus den Hunsrückhöhen, deren Rauheit dem Landbau aber wenig günstig ist, so daß hier nur Kartoffeln und Flachs reichlich gedeihen. Weit ungünstiger noch sieht es auf der Eifel aus, wo nur vereinzelt größere Waldflächen sich ausdehnen, ohne aber auch die Erhebungen zu bedeckeu. Nicht einmal der fünfte Teil des ganzen Gebietes ist hier be- baut; ebensoviel aber ist 'besonders im N.w. von Hochmooren bedeckt, ltnb ein großer Teil des ackerbanfähigen Bodens liegt meist brach. Auf der rechten Rheinseite da- gegen tritt in den bergigen Teilen unserer Provinz Moor- und Weideland mehr in den Hintergrund, von dem anbaufähigen Lande sind zwei Drittel in Benutzung, obzwar auf der Höhe des Westerwedes die Verhältnisse recht ungünstig sind, und der Wald erfüllt ungefähr die Hälfte der Hochflächen. Die warmen obstreichen Täler des Rheins und i In Kreuznach z. B. zeigt das Thermometer als höchste Temperatur über- Haupt im Jahre etwa 33°, als niedrigste durchschnittlich — 1entsprechend ttt Köln 35,1° (25. Juni 1863 und — 22,8° C (26. Dez. 1853; — 22,5" C am 8. Dez. 1871 . Vgl. I. Hann, Klimatologie, und Festschrift zur Begrüßung des 14. Deutschen Geographen- tages, Köln 1903.

3. Landeskunde der preußischen Rheinprovinz - S. 14

1904 - Breslau : Hirt
14 Landeskunde der preußischen Rheinprovinz. Die Kelten haben vermutlich die großen Ringwälle angelegt (f. S. 21), während die „Hünengräber" (§. B- bei Duisburg und am Errensberge vgl. S. 6 ' vielleicht germanischen Ursprungs sind. Die Römer unterwarfen die Kelten staatlich und sprachlich (Trier als Hauptstadt! : aber die Versuche, über deu Rheiu in germanisches Land einzudringen und auch dort festen Fuß zu fasse« (Cäsar, 55 u. 53 v. Chr., Drusus, Tiberius, Narus, Germanicns, scheiterten auf die Dauer nicht bloß am deutschen Widerstande, sondern auch an der Iii, zugänglichkeit des waldigen Schiefergebirges. Schon damals aber drängten germanische Völker uach W.: die Ubier siedelten sich unter Augustus auf dem linken Rheinufer au und sahen später (50 n. Chr.) ihre Stadt zur Colonia Agrippinensis (Köln werden ^ und auch die Sigambrer blieben nicht auf das rechte Ufer beschränkt. Die schon 10 V. Chr. und später am Rheine angelegten römischen Standlag er und Festung en «Bingen, Boppard, Koblenz, Andernach, Sinzig, Remagen, Bonn, Köln [Altebitrg: Station der »Classis germanica«!, Worringen |Buruncum], Neuß icastra nova ober Novaesiuml, Gellep [Gelduba , Asberg [Asciburgiumi, Tanten [Castra vetera]2 u. n.,, von denen aus sich der römische Heeresdienst, Handel und Laudbail Weinbau unter Kaiser Probus um 280 n. Chr.) unter den Westgermanen verbreitete, vermochten aber beim Verfall des Römerreiches dem erneuten Vordringen der Deutschen nicht mehr Einhalt zu tun. Als die Germanen selbst zum Angriff übergingen, erhielten auch das linksrheinische Schiefergebirge und das Pfälzer Bergland unter Vernichtung der römisch gewordenen Bewohner eine neue, rein deutsche Bevölkerung und haben diese seitdem behalten, so daß die Bewohner der jetzigen Rhein- Provinz insgesamt deutschen Stammes sind — mit Ausnahme der Zugewanderten und der 10 000 Wallonen (Nachkommen der romani- sierten Velgen), deren Verbreitung von Belgien her in unsere Provinz hineinreicht. Zur Zeit jenes erfolgreichen Vordringens gegen das Römerreich (3. Jahrhundert waren die früher auf beiden Rheinseiten ansässigen kleineren Stämme zu dem Völkerbunde der Franken verschmolzen, der sich immer weiter links vom Rheine ausbreitete, während der große Stamm der Sachsen seine Sitze bis fast ans rechte Rheinufer vorschob. Wie überhaupt in der Mitteldeutschen Gebirgsschwelle, so hat sich auch im Schiefergebirge die Grenze zwischen beiden Stämmen (zum Teil mit der N.o.-Grenze der Rheinprovinz zu- sammenfallend) ziemlich nnverrückt bis in unsere Tage erhalten. Das zeigt die Verbreitung der Plattdeutscheu (sächsischen) Mundart ■— und die des sächsischen Bauernhauses gegenüber den fränkischen Gehöften, soweit die industrielle Neuzeit auf unserem Gebiete derartige Eigentümlichkeiten uoch nicht verwischt hat. Auch an alten Ortsnamen läßt sich auf der rechten Rheiuseite oft die ehemalige Grenze erkennen, indem Orten mit der fränkischen .Endung „heim" solche mit der sächsischen „Hansen" gegenüberstehen (z.b. Mülheim an der Ruhr und ganz in der Nähe Holthausen). Als der Frankenkönig Chlodovech (496) die Alemannen zur Unterwerfung zwang (ob bei Zülpich, ist fraglich und der römisch-katholischen Kirche beitrat, durfte diese deu einzig dauerhaften Staat der Völkerwanderung als feste Stütze gegenüber den anderen Richtungen des Christentums betrachten. Wenn schon iu der römischen Kaiserzeit die christliche Lehre in den Rheinlanden Eingang gefunden hatte (z. B. Maternus, Kaiser Konstantin und seine Mntter Helena), so war jetzt dem römischen Bekenntnis der Weg gebahnt (Castor, Goar n. ct.), die Glanbensboten der nächsten Jahrhunderte Willibrord im Rheindelta, Suitbert im Bergischen, Ludger an der unteren Ruhr und vor allen Bonifatins) stießen im fränkischen Rheingebiete weniger ailf Widerstand als ander- wärts, und Klöster und Bischofssitze faudeu daraufhin gerade hier günstigsten Boden. Sehr viel hat das Rheinland Karl dem Großen 768—814) zu verdanken; war doch die Pfalz zu Aachen sein Lieblingsaufenthalt, der auch seine Todesstätte wurde; hat er doch durch seine Kapelle (vgl. Abbild. S. 51) den Gruud zum Aachener Dome gelegt, Bistümer und Klöster mit Volksschulen gegründet, Pfalzen (Königsburgen):i 1 Hier wurde nämlich Agrippina geboren, die spätere Mutter Neros. — Die alte Römermauer ist noch zu verfolgen, vgl. Progr. d. Ober-Realschule zu Köln, 1883. 2 Noch heute ist die „Römerstraße" Köln-Nenß-Tanten wiederzuerkennen. ^ Eiue solche war schon vor Karl dem Großen das jetzige Duisburg sspr. Düs- lntrg], dessen Name so oft ganz falsch gedeutet wird. Im dritten Jahrhundert it. Chr. schon findet sich der Name Deuso für die Siedeluug in der Ecke zwischen Rhein und Ruhr; aus dem Merowinger-Sitz „Densobnrg" wurde „Dinsbnrg" wie auf den Münzen des 11. Jahrhunderts zu lesen ist), erst später verdreht in „Dmsbnrg". Vgl. H, Aver- dunk, Führer durch die Duisburger Altertumssammlung (1902 .

4. Landeskunde der preußischen Rheinprovinz - S. 16

1904 - Breslau : Hirt
16 Als der jülich-klevische Erbfolgestreit (1609—1614) beigelegt und — außer westfälischen Gebieten — das Herzogtum Kleve Brandenburg zuge- sprachen war, gelang es nach dem großen Kriege dem Großen Kurfürsten, diese nördlichste Landschaft unserer Provinz anch innerlich mit seinen östlicheren Gebietsteilen zu einem Staate zu verbinden In den übrigen Landschaften aber fehlte eine folche feste Hand; wiederholt suchten die Frauzoseu das Rheinland heim, und ihr Ansturm vernichtete vorübergehend auch die preußische Herrschaft am Rhein. Es war 1702 auch die Grafschaft Mörs sowie Stadt und „Herrlichkeit" Krefeld * und 1713 der Ostteil des Herzog- tums Geldern (mit Viersen und Geldern) an Preußen gefallen; aber das ganze linke Rheinufer kam 1794 bezw. 1801 in französische Hände^ die deutschen Fürsten ließen sich dafür ablohnen im Reichsdeputationshaupt- schluß 1803, der die geistlichen Herrschaften (außer Kur-Mainz) von der Karte Deutschlands tilgte und Preußen n. a. in den Besitz der Abteien Essen und Werden brachte. Erst nach den Befreiungskriegen konnte Preußeu seinen alten Besitz am Rheine wieder antreten; ■—> durch den Wiener Kongreß 1815 wurde das Rheinland, das der Franzosenzeit wenigstens den ersten Anflug von Einheitlichkeit (anch im Rechtswesen) verdankte, sast in der jetzigen Ausdehnung preußisch. Später kam nur noch das kleine kobnrgische Fürstentum Lichtenderg ^1834 durch Kauf) und 1866 der ehemals hessen-homburgische Kreis Meisenheim ls. S, 22) zu der — seit 1824 so genannten — Rheinprovinz 3. Seit 1821 unterscheidet man die fünf Regierungsbezirke Düffel- dorf, Köln, Aachen, Trier und Koblenz, die i. I. 1900 in 61 Land- und 14 Stadtkreise zerfielen (s. Vi, Zahlennachweise). Wie durch die Ereignisse des Jahres 1866 die große Lücke zwischen Rheinland und Westfalen einerseits und den altpreußischen Provinzen anderseits ausgefüllt worden ist, so haben die unvergeßlichen Kriegstaten von 1870/71 die deutsch-französische Grenze von der Saarlinie bis über die Mosel hinaus vorgeschoben. — Die Großmachtstellung Preußens und des Deutschen Reiches hat auch aus die Bedeutung des Rheinlandes segensreiche Rückwirkungen ausgeübt; der mächtige Aufschwung, seit dem 19. Jahrhundert besonders die Industrie auf Grund der Ausnutzung der reichen Bodenschätze des Landes genommen hat, steht dabei iu erster Linie, und damit hängt zusammen eine beträchtliche Zu- nähme der Bevölkerung, insbesondere der städtischen4. Am 1. Dezbr. 1900 zählte man in der Rheinprovinz 5759 798 (da- von 5001 467 im Rheinlande geborene) Menschen (25 Jahre vorher 3805431), das macht (vgl. oben S. 1) durchschnittlich 213,4 Einwohner ans 1 cikm (ohne Hohenzollern)^. Danach steht die Rheinprovinz, sowohl was die Bevölkeruugs- zahl an sich als auch die Volksdichte angeht, allen übrigen preußischen Pro- vinzen weit voran. Ende 1900 gab es im Deutschen Reiche 473 Gemeinden von mehr als 10 000 Einwohnern; davon gehörten 74 der Rheinprovinz an, und zwar vereinigten sich in diesen 74 Gemeinden mehr als 24/5 Mill. Seelen 1 Vgl. Dr. W. Mushacke, Krefeld zur Zeit der preußischen Besitzergreifung lkre- feld 1902). 2 Wie schon hundert Jahre vorher die Südspitze der Rheinprovinz, btc man sogar im ersten Pariser Frieden 1814 noch bei Frankreich ließ. 3 Neuerdings auch „Provinz Rheinland" genannt. 4 Die Volkszählung vom 1. ®ez. 1900 weist 132 Städte und 3151 Landgemeinden aus. 5 Unter den 5759 798 Bewohnern waren 2899421 männlichen ( Rechts 2860377 weiblichen ( ] J J "

5. Landeskunde der preußischen Rheinprovinz - S. 19

1904 - Breslau : Hirt
Ortskunde. 19 Altersversicherung für die arbeitenden Klassen, womit schon seit längeren Jahren Orts- und Betriebskassen und Privatwohltätigkeit Hand in Hand gehen*. Nicht minder aber findet das geistige Leben in der Rheinprovinz volle Berücksichtigung; neben Juristen und Ärzten^ sind die Vertreter des Kirchen- und Unterriqtswesetts und der Künste in mannigfachster Weise tätig. Das evangelische Kirchenwesen ist der Aufsicht des Generalsuperinteudeuteu (in Koblenz) unterstellt; in die Leitung des römisch-katholischen Kirchenwesens teilen sich der Erzbischof von Köln und die Bischöfe von Trier und Münster; der Bischof der Altkatholiken hat seinen Sitz in Bonn. Die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn, verbunden mit der (and- wirtschaftlichen Akademie zu Poppelsdorf, und die Technische Hochschule zu Aachen stehen unmittelbar unter dem Ministerium, die 103 höheren Schulen (42 Gymnasien nebst 23 Progymnasien, 12 Realgymnasien und 3 Realprogymnasien, 10 Ober-Realschulen und 13 Realschulen) mit etwa 1300 Oberlehrern unter dem Provinzial-Schul-Kollegium (zu Koblenz), die 50 höheren Mädchen-, die Mittel- und Volksschulen^, uuter der „Regierung" ihres Regierungsbezirks. Dazu kommen an Fachschulen: die Handelshochschulen zu Köln und Aachen, die „Preußische höhere Fachschule für Textil-Jndustrie" (Webeschute, Färberei- und Appreturschute) zu Krefeld, die Webeschule und die Färberschule zu Mülheim a. Rh., die Webeschule zu Aachen, die Landwirtschaftsschuten zu Bitburg und Klebe, die gewerb- liche Fachschule zu Köln und die gewerblichen Schulen zu Krefeld, die Königliche Bau- gewerkschule Barmen-Elberfeld, die Hüttenschute zu Duisburg, zahlreiche kaufmännische, ländliche und gewerbliche Fortbildung^- und Handwerkerschulen usw. Mau zählt 5 evan- gelische und il katholische Lehrer-Seminare nebst 2 katholischen und 1 paritätischen Lehrerinnen-Semiuar, 8 Taubstummen- und eine Blinden-Anstalt. Die Kunstakademie und die Kunstgewerbeschule zu Düsseldorf, die Provinzial-Museen zu Bonn und Trier, städtische Museen zu Köln, Düsseldorf, Krefeld usw. dienen der Knustpslege. In bezng auf die Verwaltung leitet jeden Stadtkreis der Bürgermeister (dem. ge- wöhnlich der Titel Oberbürgermeister verliehen wird), jeden Landkreis der Landrat. Über diesen steht die Behörde des betr. Regierungsbezirks mit dem Regierungspräsidenten an der Spitze. Die oberste Behörde.der Provinz ist der Königliche Oberpräsident (Koblenz); dabei sind mancherlei innere Angelegenheiten der Selbstverwaltung dnrch den Prov inziallandtag (mit Proviuzialausschuß und Laudeshauptmauu) anheimgegeben. Dem Herrenhause gehöre» aus dem Rheinlande neben den persönlich oder sonst Berechtigten und den vom Könige berufenen Mitgliedern die Vertreter von 16 größeren Städten an, dem Abgeordnetenhause 64 Mitglieder. Außer diesen Mitgliedern des preußischen Landtags werden von unserer Provinz 35 Abgeordnete in den deutscheu Reichstag entsendet, um in Gemeinschaft mit dem Bundesrat an ihrem Teile zu wirken für Kaiser und Reich. V. Ortskunde (nach den Flußgebieten). 1. Das Rheintal von der Nahe- bis zur Moselmündung. Nach dem Rheine führt mit Recht unsere Provinz ihren Namen; hat sie doch anch am meisten Teil an seinem herrlichen Durchbruchstales das — wie kein zweites der Erde — stets aufs neue Dichter und Sänger zu den duftigsten und fröhlichsten Liedern begeistert! Aus dem sonnigen „Rheingau" tritt der Strom zwischen Rochusberg (Großherzogtum Hessen) und Niederwald (Provinz Hessen-Nassau) in das * Es gab 1901 allein an Krankenkassen stark 2000 mit fast 1 Mill. Mitglieder. 2 Im Jahre 1902 zählte man im Rheinland 2768 „approbierte Ärzte" 134 5zahn- ärzte und 536 Apotheken. ° ; 3 Im Jahre 1901 gab es im Rheiulaude 4930 öffentliche und 22 Privat-Volks- schulen mit insgesamt etwa 15 500 Lehrkräften und beinahe 965000 Schülern; von den 27 460 Rekruten (ohne die Einjahrig-Freiwilligen) waren nur 5 ohue Schulbildung, d. h. nur 0,02x (in Preußen durchschnittlich 0,07^) konnten weder lesen noch ihren Namen schreiben. 4 S. Umschau in Heimat und Fremde, I. Band, M. Schwann, Die Rheinlande von Mainz bis Koblenz, Kerp, Am Rhein, sowie Baedekers Rheinlande. 2*

6. Landeskunde der preußischen Rheinprovinz - S. 21

1904 - Breslau : Hirt
Ortskunde. 21 Koblenz mit der auf einem Felsvorsprunge des Westerwaldes (176 m über d. M.)^ von Preußen neu erbauten Feste Ehrenbreitstein und etlichen Forts ans den umliegenden Höhen einen wichtigen befestigten Punkt, der aber durch die Vorschiebung der deutschen Grenze nach Lothringen in zweite Linie rückte. Tie Festungswerke der Stadt selbst wurden daher seit 1890 niedergelegt und in eine Ringstraße umgewandelt; seit 1903 werden die Befestigungen ganz „aufgelassen". Aber Koblenz hat in anderer Weise sehr an Bedeutung ge- Wonnen, seit das Moseltal zur Herstellung des Verbindungsweges zwischen der gewaltigen neuen Grenzseftnng Metz und dem Mittelpunkte des Reiches ausgenutzt worden ist. Dieser Schienenweg überschreitet den Rhein oberhalb der Koblenzer „Rhein- anlagen"1 auf einer vortrefflich gebauten Brücke mit zwei Hauptbogeu, während unter- halb, durch eine beim Schloß in drei Bogen ts. Abbildung) nach Pfaffendorf >2500 E.) hinüberführende Brücke, die rechtsrheinische und die linksrheinische Eisenbahn verbunden sind; für die letztere Linie ist auch die Mosel überbrückt. Außerdem sind Lützel-Koblenz 'auf dem linken Moselufer) durch eine alte feste Brücke von 14 Bogen und die Stadt Tal-Ehrenbreitstein (5300 E.) durch eine Schiffbrücke -'s. Abbildung) mit Koblenz verbunden. — Bemerkenswert ist noch der alte Stadtteil an der Mosel, die vor mehr als 1900 Jahren s. S. 14 gegründete Castorkirche, die Denkmäler von Max von Schenkendorf (+ 1817 und General August von Göbcn -f 1884;, zumeist aber das mächtige, von der Provinz gestiftete Denkmal Kaiser Wilhelms I. am „deutschen Eck". Den günstigen Verbindungen zu Wasser und zu Laude entspricht die Tat- sache, daß von den 46000 E. der Stadt Koblenz sast ein Viertel Handel und Verkehr treibt (u. a. Weinhandel und Schaumweinbereitung). Andrerseits er- scheint Koblenz aber als echte Beamten- und Militärstadt; denn es ist (seit 1822) nicht nur der Hauptort eines Regierungsbezirks, sondern auch der Sitz der obersten Behörden der ganzen Provinz (vgl. oben S. 18—19) und hat mehr als 4500 Mann Besatzung .dazu Ehrenbreitstein fast 2500). 2. Der Nahegau. Nach dem Anfangs- und dem Schlußpunkte der beschriebenen Rhein- strecke hin vereinigen sich — wenn man von kleinen, dazwischen mündenden Bächen absieht — die sämtlichen Gewässer des ganzen Südens der Rheinprovinz. Die Nahe entspringt am Südabhange des Hochwaldes auf dem Ge- biete des oldenburgischen Fürstentums Birkenfeld2, desseu gleichnamiger Hanpt- ort (382 m über d. M., 2500 E.) abseits vom linken Ufer des Flusses liegt. Auf der Strecke, wo die Nahe mehrfach die Südostgrenze des genannten Fürsten- tums bildet, treten die Felswände Melaphyr, s. oben S. 5) oft so nahe an den Fluß heran, daß die das Saarbecken mit dem Rheine verbindende Eisenbahn sich bald auf diesem, bald anf jenem Ufer unter Benutzung von etwa 20 Brücken und 10 Tunneln hindurchwinden muß. Nahe bei dem preußischen Grenzorte Otzenhausen liegt der sogen. Hunnenring von fast 2 1cm Umfang; solcher vorgeschichtlichen Befestigungsringe siehe oben S. 14) gibt es in jenen Hunsrückgegenden mehrere, z. B. weiter n.ö. einen kleineren, vollständig erhaltenen auf dem Pfannenfels. Am großartigsten ist das Tal bei Ob er st ein (265 in über d. M, 5900 E.); hier und am Jdarbach aufwärts bis Idar (4200 E.) finden sich mehr als 50 Schleifmühlen für Achate und andere Halbedelsteine. Diese werden nicht mehr aus den Felsen der Umgebung, sondern größer und billiger aus Südamerika beschafft; in mehr als 100 Werkstätten werden die geschliffenen, oft auch 1 Die Entstehung derselben verdankt Koblenz wesentlich der Kaiserin Angusta (i 1890 , der m den Aulagen ein Denkmal gesetzt ist. 2 Vgl. Landeskunde des Großherzogtums Oldenburg von Dr. G. Rüthning.

7. Landeskunde der preußischen Rheinprovinz - S. 25

1904 - Breslau : Hirt
Krtskuude. 25 5. Das Mosel-Flußgebiet in der Eifel. Die Wasseradern des größten Teils der Eifel, namentlich die der ganzen ^vulkanischen) Vorder-Eisel sind der Mosel zinspflichtig. Die Eifelbahn Köln-Trier durchzieht das ganze Gebiet in N.-S.-Richtung, während die 1895 eröffnete Strecke Mayen-Gerolstein eine ost-westliche Linie hergestellt hat, die von Andernach a. Rhein nach der von Aachen aus südwärts ziehenden Bahn hinüberführt; andere Bahnlinien reichen nur in die Ränder der Eisel hinein. Nördlich von der Schneifel (s. S. 6) entspringt ein kleiner Bach, die Ur, die von der N.o.-Ecke des Großherzogtnms Luxemburg au fast immer die Ostgreuze dieses Landes bildet, bis sie bei ihrer Einmündung in die Sauer von letzterer darin abgelöst wird (vgl. S. 23). Unterhalb des luxemburgischen Grenzstädtchens Echternach nimmt die Sauer noch die Prüm auf, die sich an der S.o.-Seite der Schneifel entwickelt und gleich im Oberlauf an der Kreisstadt Prüm (mit den Gebäuden einer früheren Benediktinerabtei, 2700 E.) vorbeifließt. Vom Kylltale ^Gerolstein! aus führt über Prüm die Eisenbahn nach dem gewerbreichen Städtchen St. Vith 2000 E.z jenseit der Ur und setzt sich als Hohe-Venmbahn nördlich fort (f. o.). Zwischen Prüm und Kyll liegt die kleine Kreis- stadt Bitburg (Bedae vicus, 2800 E.) an der alteu Römerstraße Trier-Köln, so daß in der Nähe — ähnlich wie an der Mosel — noch mancherlei römische Altertümer ge- funden sind. Der bedeutendste n. Zufluß der Mosel ist die Kyll, die nördlich vou der Schneifel entsteht ^vgl. S. 6); ihrem Tale folgt die Eifelbahn. Sie fließt am N.o.-Ende jenes Höhenrückens vorbei, durchschneidet die Vulkanreihe ^ der Vorder-Eifel (f. S. 6) und erreicht hinter der Kasselburg (aus 100 m hoher Berg- kuppe) den Ort Gerolstein (396 m), der wegen seiner vulkanischen Umgebung viel besucht wird. Viel häufiger als bisher wechselt nun die Eifelbahn zwischen dem rechten und linken Kyllufer ab (44 Brücken und Viadukte, im Unterlauf 10 Tunnel); auf dem rechten Ufer quillt oberhalb des Dorfes Birresborn ein kräftiger Sauerbrunnen hervor; an Stelle der oft kahlen Ufer treten (auf dem Buutsaudsteiu der Trierer Bucht — s. Fig. 2 S. 43 und S. 7) bald waldige Umgebungen, und so gelangt man nach dem Glanzpunkte des Tals, dem von einer Flußwindung fast ganz umgebenen Orte Kyllburg auch Kilburg geschrieben). Auch die Lieser, die westlich vom Hohen Kelberg (s. S. 6) entspringt, zieht quer durch die Vulkaureihe der Vorder-Eifel hindurch; gleich bei dem Kreisorte Daun (an der Bahn Gerolstein-Mayen, 375 m hat sie sogar einen Lavastrom durchnagt, auf dessen abgetrenntem Teile sich die Überreste der alten gräflichen Burg2 erheben. Sie fließt dann hart an der N.w.-Seite der Sand- und Tuffmasse der Dauner Maare vorbei (s. S. 7 und Abbildung S. 49 ; ihr anfangs breiteres Tal verengt sich in dem Tonschiefer mehr und mehr und zeigt sich höchst malerisch bei Manderscheid, wo in der gewundenen tiefen Tal- furche zwei von der Lieser umrauschte, zackige Schieferfelsen von Burgtrümmern gekrönt sind. Eine^ Wandruug auf der Landstraße von Gerolstein nach Dauu und Gillenfeld lehrt die Kahlheit und die merkwürdigen vulkanischen Formen dieser Gegenden kennen, gewährt aber auch mehrfache Einblicke in die armseligen Verhältnisse ihrer Bewohner. — Die Alf nimmt den Abfluß des Schalkenmehreuer Maares auf, begleitet dann über Gillenfeld (407 m) die Südwestseite des Vulkanzuges, wird aber schließlich durch die Berge zu einer großen Biegung gezwungen (Moselbahn), so daß sie sich erst bei Alf (s. vor. S.) in die Mosel ergießt. Der Ußbach, den die Alf kurz vor ihrer Mündung aufnimmt, entsteht aus einem früheren Maar an der Südseite des Hohen Kelbergs; sein windungsreiches Tal erweitert sich etwas bei dem Badeorte Bertrich (160 m, etwa 400 E. und jährlich meist 1000 Kurgäste. Etwas oberhalb von Bertrich, dessen Quellen 32*/»° C. haben, sind die Basaltgrotte des „Käskellers" und die Falkenlei (s. S. 6) die äußersten Zengen der vorgeschichtlichen vulkanischen Tätigkeit. In der Umgebung des Hohen Kelbergs liegt noch die Quelle des Elzbaches (siehe vor. S.); er ist das letzte der Eifelflüßchen, welche die aus dem Trierer Talkessel kommende, immer weit links von der Mosel nach Lützel-Koblenz führende Landstraße kreuzt. 1 Der Bodeu besteht hier sonst aus Buutsaudsteiu s. Fig. 2, S. 43. 2 Heimat des österreichischen Feldmarschalls Daun.

8. Landeskunde der preußischen Rheinprovinz - S. 27

1904 - Breslau : Hirt
Ortskunde, 27 Nördlich von dieser Stelle bezeichnen die Zinkerzberg werke und -Hütten der Gesellschaft »Vieille Montagne« das neutrale Grenzgebiet von Moresnet. Der Hauptpunkt des ganzen Jndustriebezirks im deutschen Maasgebiete und darum auch die Hauptstadt des westlichen preußischen Regierungsbezirks ist Aachen (180 m über d. M,, 136 000 E.)1. Als Lieblingsplatz Karls des Großen, vou dem noch der achteckige Kuppelbau des Domes herrührt Abbildung S. 51), und als Krönungsstadt vieler deutscheu Kaiser hat Aachen zwar eine bedeutende geschichtliche Vergangenheit (vgl. oben S. 14), die bis iu die Römerzeit zurückreicht (»Aquisgranum«); zwar bildet die fleißige Benutzung der warmen kochsalz-, schwefel- (und eisen-) haltigen Heil- quellen von 45 bis 55" C. (»urbs Aquensis«; in der Vorstadt Burtscheid sogar bis zu 77,5" 0.) das stetige Bindeglied zwischen der neuen und jener alten Zeit — aber sowohl in bezng auf das Badeleben wie besonders als Sitz einer großen Gewerbtätigkeit (namentlich Tuch-, Nadel- und Papierfabriken) macht Aachen durchweg den Eindruck eiuer lebensvollen Stadt der Neuzeit, die seit 1897 mit der s.ö. Nachbarstadt Burtscheid (Tuchweberei) vereinigt ist und sich so um 16 000 Einwohner vermehrt hat Das Rathaus fußt auf einigen Überresten der alten Kaiserpfalz, Als Aachen 1815 an Preußen fiel, hatte es kaum 30006 E. Die Technische Hochschule für Rheinland und Westfalen wird von etwa 400 Studierenden besucht. Aachen ist auch Eisenbahn- knotenpnnkt; zu den schon genannten Linien ls. vor, S,I kommen, die Verbindungen mit Moresnet, Maastricht, M.-Gladbach und Jülich hinzu; zudem besteht ein ganzes Netz elektrischer Kleinbahnen, In Aachens Umgebung entsteht der Wormbach, dessen waldiges Tal gleich n, von der Stadt Kohlenzechen aufweist. Ihm folgt, zum Teil an der holländischen Grenze, die von Aachen kommende Eisenbahn bis zu dem Kreisstädtchen Geilenkirchen (4200 E,), um darauf durch hügeliges Ackerland und die Niederung der Rur hindurch auf deren rechtem llfer nach der Kreisstadt Erkelenz (4700 E) und weiter nach dem niederrheinischen Baumwoll- und Seidenbezirke hinzulenken. Die Worm oder Wurm) mündet in die Rur unterhalb des Städtchens Heinsberg (2300 E,), dessen Kreise die Westspitze der Provinz ls. oben S. 2) angehört. In all den Landstrichen am Unterlaufe der Rur und ihrer Zuflüsse, wo fruchtbare Äcker und fette Wiesen den teils sanft gewellten, teils ebenen Boden bedecken, tritt die industrielle Tätigkeit hinter der landwirtschaftlichen zurück. Das gilt auch von der alten Kreisstadt Jülich (5500 E.), dem Mittel- Punkt des früheren gleichnamigen Herzogtums (s. oben S. 16); bis zum Jahre 1860 war sie noch eine Festung; Bahnen von Düren, Stolberg und Aachen treffen hier zusammen. — Die friedliche Ruhe des Landlebens — namentlich auf dem rechten Ufer der Rur — grenzt naturgemäß den Aachener Regiernngs- bezirk ab gegen die industrielle Lebhaftigkeit des Reg.-Bez. Düsseldorf (an der Niers und am Rhein). 7. Das Rheingebiet von Koblenz bis zum Siebengebirge. Von dem Eifellande bleibt nach der Besprechung des Mosel- und Maas- gebietes noch das kleinere Ostdreieck übrig, als dessen Eckpunkte die Ahrquelle, die Moselmüudung und der Rolandsfel'sen anzusehen sind; seine Flußadern eilen dem Rheine selbst zu. Die Umgebungen der Hohen Acht ls, oben S. 6), zwischen Elz und Ahr, find die ^uellgegend der Nette, die das vulkanische Gebiet des Laacher Sees ls> oben S. 7) auf der Südseite umfließt. Bereits bei der Kreisstadt Mayen (238m über d, M., 12000 E.), der Hauptstation an der Bahn Andernach-Gerolstein, gewahrt man eine fleißige Aus- beutung der Lavamassen, die dereinst den n, Vulkanen entquollen sind. 1 Vgl, Schjerning, Aachen und seine Umgebuug.

9. Landeskunde der preußischen Rheinprovinz - S. 33

1904 - Breslau : Hirt
Ortskunde. 33 Drahtseile usw. allein 6000 Arbeiter beschäftigt; Station für mehrere rechtsrheinische Schienenwege, steht Mülheim auch mit der sich ostwärts an Deutz anschließenden Stadt Kalk 21000 E , chemische Fabrik iu Bahnverbindung. Unterhalb, in Leverkusen, dehnen sich die Elberfelder Farbenfabriken 'vorm. Bayer & Eie.) aus. Nach N. zu geht es ins „Bergische Land". 10. Der Wupper- und Nuhrgau. Der älteste rheinische Jndustriebezirk wird durchflössen von der Wupper, deren Quellgebiet sich in bezng auf Lage und Eisenerzgehalt an die obere Agger anschließt. Nördlich von Gummersbach (f. oben S. 30 liegt die Quelle der 105 km langen Wupper, die in waldiger Berggegend zwischen der Kreisstadt Wipperfürth (5500 E.) und dem Städtchen Hückeswagen 4000 E., Tuchfabriken, in den Regierungsbezirk Düsseldorf eintritt. Dessen Ostecke bildet der Kreis Lennep, in ihm ist rechts von der Wupper Rade vorm Wald (11000 E.) durch seine Eisenwaren und Tuche bekannt. Die von Wipperfürth herkommende Eisenbahn aber zieht von Hückeswagen an weit links von der Wupper nach N. und sendet einen Zweig über Wermelskirchen 16000 (£ ., Herstellung von Stiefelfchäften nach den Bezirken der unteren Wupper, in denen bei Burscheid 6300 E. und Opladen 4200 E., Eisenbahnknotenpunkt) neben der Webe- Industrie der Obstbau blüht. Die Bewohnbarkeit des gesamten Berglandes, die Triebkraft seiner Gewässer und seine Metallschätze haben bereits iu früheren Jahrhnn- derten gewerbliche Tätigkeit der Bewohner hervorgerufen, zumal deren Zahl dort vom Landbau allein nicht ernährt werden konnte; im neunzehnten Jahrhundert hat die Nachbarschaft der Ruhrkohlen auch Maschinenbetrieb ermöglicht, und elektrische Kleinbahnen helfen neuerdings über die Steigungen hinweg. So häufeu sich jetzt im Wnppergebiet die Industriestädte. Lennep (320 m über d. M., 10000 E.), vor 600 Jahren Hauptstadt der Grasen von Berg, jetzt Kreisstadt, sendet seine Tuchfabrikate bis nach Amerika; eine Eisenbahn ver- bindet es mit der höchstgelegenen bergischen Stadt, die mit den umliegenden Gemeinden jetzt einen eigenen Stadtkreis bildet, Remscheid (59000 E.). Die „Remscheider Waren", hunderte Arten von Werkzeugen und anderen Arbeiten aus Stahl und Eisen (Haus-, Acker- und Handwerksgeräte, Schlittschuhe usw. — die Hälfte der Bevölkerung besaßt sich mit ihrer Herstellung •—), werden von bedeutenden Firmen (z. B. I. B. Hasenclever n. Söhne) aus die fernsten Weltmärkte gebracht. Innerhalb des Hufeisenbogens der Wupper, der gerade in der Remscheider Gegend auch landschaftliche Reize bietet, z. B. an der Talsperre (von 1 Mill. cbra, vgl. S. 26) und bei dem von dem wiederhergestellten Schlosse überragten Städtchen Burg (1500 E., wollene Decken und „Burger Brezel"), folgen an der Eifenbahn n. von Lennep Lüttring- Hausen (12000 E.) und Ronsdorf (14000 E.), teils in Eisen- und Stahlwaren, teils bei der Nähe von Barmen) in Bandweberei tätig, während (n.w. von Remscheid) in Kronenberg 1l000 E.) große Hausindustrie in Eisengeräten vorwiegt. Seit 1897 ist Remscheid durch einen großartigen Bahn- und Brückenbau mit dem auf einer Anhöhe w. von der Wupper gelegenen Solingen ver- bnnden. Die Kaiser-Wilhelm-Brücke (491 m lang) bei Müngsten über- spannt die Wupper iu einem 107 m hohen Bogen von 170 m Spannweite; zum Bau dieser höchsten deutschen Brücke sind mehr als 5 Mill. kg Eisen verbraucht worden (Baukosten: 2 700000 Mark). Solingen (Stadtkreis von 47 000 E. — seit 1889 ist Dorp an der Wupper mit ihm vereinigt —) ist der Mittelpunkt der deutschen Massen- und Schneidewarenfabrikation, das „deutsche Sheffield", aber in manchen Beziehungen der englischen Großstadt überlegen; Soliuger Klingen finden sich sogar auf den Märkten Jnuer-Asrikas. Zum Teil durch Hand-, zum Teil durch Maschinenarbeit werden die einzelnen Teile von Messern, Scheren, Bajonetten und namentlich Degenklingen („der Schmied von Pah de, Landeskunde der preußischen Rheinprovmz. 4. Aufl. 3

10. Landeskunde der preußischen Rheinprovinz - S. 35

1904 - Breslau : Hirt
Ortskunde. 35 Speldorf (mit der großen Hauptwerkstätte der rechtsrheinischen Eisenbahn, wie Nippes [f. S. 32: und Oppum bei Krefeld linksrheinisch , Saarn und Styrum haben sich jetzt mit Mülheim vereinigt. Seit dem 1. Jan. 1904 bildet Mülheim a. d. Ruhr^ einen Stadt- kreis von 90000 Einw., der mit Duisburg zusammen zu den dichtbevölkerten Teilen der Provinz gehört. Er weist mannigfache Industrie auf (Friedrich- Wilhelms-Hütte, Walzwerk und andere Eisenwerke, wohl an 70gerbereien usw.); die Lage am Eingange zu den Kohlenschätzen des Ardey bedingt daneben einen bedeutenden Kohlenhandel, dessen Schiffe neben denen von Ruhrort und Dnis- bürg von Rotterdam bis Mannheim gehen. — Gleich in der nächsten Um- gebung begiuut die Reihe der Kohlenzechen2, die besonders am Nordabhange des Gebirges bis weit nach Westfalen hineinreicht. Hier kreuzen sich die Linien der früheren Köln-Mindener, Bergisch-Märkischen und Rheinischen Eisen- bahn mehrfach, und besondere Seitenlinien schließen die industriellen Werke und die Zechen an (s. S. 18); elektrische Straßenbahnen gibt es in dem ganzen Ruhrkohlengebiete von Jahr zu Jahr mehr. Den Mittelpunkt des Kohlen- beckens, spweit es unserer Provinz angehört, bildet der Stadtkreis Essen. Trotz 1000jähriger Geschichte — die prächtige Münsterkirche weist noch aus die Zeiten des Franenstists zurück (). S. 16) — hat Essen erst in der Neuzeit durch Kohle und Eisen seine Größe erlangt, während es noch als Ackerstädtchen von noch nicht 4000 Einw. preußisch geworden war. Erst als an die Stelle des unbedeutenden wagerechten Tagebaues der nur durch Dampfmaschinen mögliche Bergwerksbetrieb in die Tiefe trat, der die Stadt selbst unter- wühlt, als dann mit Hilfe der so gewonnenen Steinkohlen die Eisenerze (jetzt meist von Sieg und Lahn und fremden Ländern verhüttet und nnn Gußeisen, Schmiedeeisen und Stahl verarbeitet wurden, begann der Aufschwuug; für die Stadt Essen schließt er sich an den Namen Krnpp an. Aus den unscheinbarsten Ansängen ist durch die rastlose Tatkraft des „Kanonenkönigs" Alfred Krnpp, des Vaters seiner Arbeiter (f 1887), die größte Fabrik der Erde entstanden, die an der Westseite von Essen ungefähr 4 qkm bedeckt. > Näheres s. Abbildung S. 55.) Durch Eingemeindung des z. T. von Krupps Arbeiterkolonien erfüllten Vororts Altendorf, jetzt Essen-West, hat es der Stadtkreis Essen auf mehr als 180000 Seelen gebracht. Steinkohlenzechen finden sich dort in Menge, ebenfo z. B. in Alten essen (30000 E.) und in Borbeck, der größten preußischen Landgemeinde ,50000 E.v. An den Schacht- gebäuden und Eisenwerken ragen Schornsteine in die Lnft, und den Nachthimmel beleuchten die Hohöfeu und Kokereien (vgl. S. 22). Wie Kohlen- und Eisenindustrie umgestaltend wirken können, das lehrt am auf- fallendsten das Beispiel des aus dem Nichts der Heide in 5 Jahrzehnten emporgewachsenen Eisenbahnknotenpunktes Oberhausen (jetzt etwa 45000 E.); für diese Stadt ist die jenseit der Emscher nach Sterkrade (16 000 E.) ausgedehnte „Gnte-Hoffnungs-Hütte" besonders wichtig. 11. Der Gau des Niederrheines und der Niers. Wenn die früher betrachteten größeren Rheinstädte wegen ihres römischen Ursprungs aus dem linken Ufer lagen, folgen jetzt solche auf dem rechten Ufer als Häfen für die Jndnstriebezirke. Da, wo nach Aufnahme der Erft (stehe S. 31) der Rhein eine fo scharfe Biegung macht, daß sein Bett (an einer 1 Geburtsort des Dichters der Jobsiade, Dr. A. Kortnm, und des Schinan-Forschers Prof. Dr. Karl von den Steinen. 2 Ms 8 Zechen der Mülheimer Umgebung förderten 5000 Bergleute im Jahre 1883 o nn6~ Milliarden kg Kohlen. — Am 29. Nov. 1897 wurden im Rnhrkohlengebiet 302o800 Ztr. Kohlen und Koks auf 15129 Eisenbahnwagen (zu 10 Tonnen) zur Ber- sendnng gebracht! (Zum erstenmal mehr als 15000 Wagen an einem Tage.)
   bis 10 von 64 weiter»  »»
64 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 64 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer