1907 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Seydlitz, Ernst von, Rohrmann, Adolf
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
Wi
Vorbemerkung.
!^as vorliegende Heft ist nach denselben Grundsätzen gearbeitet, wie die
vorangehenden Hefte der Ausgabe Gl Aber die Betrachtung der Länder geht
von höheren Gesichtspunkten aus, als in der Unterstufe. So ist die Ent-
stehung der jetzigen geographischen Verhältnisse, die wirtschaftliche Bedeutung
der Länder, ihre Beziehung zu und Wichtigkeit für Deutschland, die Stellung
im Verkehr entsprechend berücksichtigt. Besondere bei den einzelnen Ländern
eingereihte Abschnitte über Wirtschafts- und Verkehrsgeographie
ermöglichen bequeme Wiederholungen der Länder Europas nach diesen Ge-
sichtspunkten. Das aber ist von Wert für die knappen wiederholenden Über-
blicke in den oberen Klassen, für die in erster Linie auch die Wiederholungs-
fragen bestimmt sind.
An neuer Literatur ist A. Philippson, Europa (Sievers, Länder-
künde), I. Partsch, Mitteleuropa, H. Hettner, Das Europäische Rußland,
A. Philippson, Das Mittelmeergebiet, M. Eckert, Grundriß und Leit-
faden der Handelsgeographie, Chr. Gruber, Wirtschaftsgeographie, vor-
zugsweise benutzt.
Der nach Photographien hergestellte Bilderanhang berück-
sichtigt auf dieser Stufe weniger das rein Landschaftliche, als die Wirtschaft-
liehen und geologischen Verhältnisse.
Den Herren Professoren Saurenbach in Barmen, Dr. Lnllies in
Königsberg, Dr. Weise in Hannover sei auch an dieser Stelle für das
freundliche Mitlesen einer Korrektur und manchen guten Ratschlag auf-
richtigster Dank abgestattet. Verbesserungsvorschläge und Berichtigungen sind
jederzeit dankbarer Annahme gewiß.
Hannover, im März 1907. Rohrmann.
Wiederholt vorgekommene, das Maß des Erlaubten überschreitende Be-
Nutzung von Text, Karten und Abbildungen der Seydlitzschen Geographie
veranlassen mich zu der Erklärung, daß ich künftighin gegen jede derartige
rletzung meiner Rechte auf Grund des Gesetzes, betreffend das Urheber-
t, vom 19. Juni 1901 vorgehen werde. Das Recht der Übersetzung
? vorbehalten.
reslau, Ostern 1907. Ferdinand Hirt.
_—-
Erklärung der Zeichen und Abkürzungen.
* vor den Städtenamen bezeichnet 25000 bis 50000 Einwohner.
** „ „ „ bezeichnen 50000 „ 100000
-I- „ „ „ bezeichnet 100000 „ 250000
_ „ „ „ bezeichnen 250000 „ 500000
ttf „ „ „ bezeichnen 500000 „ 1000000
ttes 1° „ „ „ bezeichnet über eine Million Einwohner.
: diesem Buche gebrauchten Aussprachezeichen sind folgende (angewendet auf a):
a--langes, betontes a (Basel), ä —kurzes, betontes a (Mäntua),
ä — langes, unbetontes a (Genua), ä—kurzes, unbetontes a(Ode'ssä).
Abkürzungen: m = Meter, km= Kilometer, Quadratkilometer, Br.—Breite,
E. = Einwohner, Fig. — Figur, Hst. — Hauptstadt, L. — Länge, l. — links, r. — rechts,
S. — Seite oder — Siehe, s. — siehe, N. 0. S. W. und n. ö. s. w. für die Himmels-
richtungen. _
Qdg ~j!
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2
Maße zum'vergleiche.
5. Stromgebiete in Tausenden qkm.
Themse............... 14
Weser..............................50
Elbe................................140
Rhein..............................220
Donau ............................800
Wolga...............I 500
Jenissei, Nil, Ob, Kongo, >
Parana, Mississippi )
Amazonas..........................7 000
6. Flächen in qkm.
Rügen (970).......... 1 000
Kgr. Sachsen.......... 15 000
Sizilien (26 000)........ 25 000
Schlesien, Brandenburg, Schweiz 40 000
Kgr. Bayern.......... 75 000
Kgr. Preußen.......... 350 000
Deutsches Reich, Frankreich. . . 540 000
Europa— 18mal Deutsches Reich.
Europa—7,4% d. bekannt. Landoberfläche.
7. Größe und Bevölkerung der Erdteile.
Asien Amerika.
44müi. qlcm. 42miilqkm. Afrika
30mill.<jkia
Etjropa 10mü1. qkm. Australien 9 Mill crkitl
Fig. 1. Größe der Erdteile.
Deutsches Reich: 0.54 Mill. qkm, 60,0 Mill. Eiuw., 112 Eiuw. aus 1 qkm.
Erdteile. Millionen Prozente der Landoberfläche der Erde Millionen Bewohner Prozente der Erd- bevölkerung Bewohner- zahl^für
Australien und Polynesien . . 9 6,6 7 0,5 0,8
Europa.......... 10 7,4 400 26,4 40
Afrika........... 30 22 140 9,3 5
[ Südamerika .... 18 13,3 40 2,0 2,2
Amerika < Nordamerika mit
( Polargebieten . . 24 17,7 Ho 7,2 4,6
Asien........... 44 32,4 820 54 19
Landoberfläche d. bekannten Erde 135 — 1517 rund 1520 — 11,5
8. Größe der Ozeane in qkm.
Indischer Ozean.........................etwa 75 Mill.
Atlantischer Ozean........................ „ 90 „
Großer Ozean.......................... „ 175 „
9. Verteilung von Land und Wasser ans der Erdoberfläche.
Landoberfläche einschließlich der nur abgeschätzten, mibe-
kannten Polargebiete................144 Mill. qkm = 28%
Wasseroberfläche einschließlich der Polargebiete...... 366 „ „ —72%
Gesamte Oberfläche der Erde — 500 Mill. Europa — 510 „
Davon noch unbekannt.........20 Mill. qkm —4%—2mal Europa.
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A. Allgemeine Übersicht.
3
l. Länderkunde Europas.
A. Allgemeine Übersicht.
10 Mill. qkm, 400 Mill. E,, 40 auf 1 qkm.
Äußerste Punkte sind das Nordkap, 71° jnt (wieviel km vom Nordpol § 2.
entfernt?), im W. Kap Roca, d. i. Felsenkap, 350'/2o 0, und die nur 5 Schnell-
dampfer-Tagereisen von Neufundland entfernte Westspitze von Irland, im S. Kap
Tarifa, 36° Ist, 14 km von Afrika entfernt, im O. der Ural, 60° O.
Gliederung. Europa ist der zweitkleinste, aber gegliedertste und § 3.
wichtigste Erdteil. Die größte Ausdehnung hat es vou Sw. nach No.
Der Rumpf Europas bildet ein Dreieck. Dessen drei Eckpunkte zeigt
die Karte. Im O. schließt der Erdteil sich in breiter Landmasse an den
Rumpf Asiens. Im Nw., im W. und im S. zerlegen tiefe und breite
Meereseinschnitte ein Drittel seiner gesamten Bodenflüche in viel-
gestaltete Glieder, die nur durch deu zwischen ihnen lagernden Festlands-
kern zu einer geographischen Einheit verbunden werden. Welche vier Ein-
schnürungen des Festlandes zeigt die Karte?
Die Glieder im N. sind nur durch sehr seichte Meeresräume vom
Festland geschieden. Sie liegen uoch auf der vom Meere überschwemmten
Fortsetzung des Festlandes, auf dem sogenannten Festlandssockel, der größeren
Umfang hat als der über dem Meeresspiegel gelegene Kontinent. Das
größte Glied ist die Skandinavische Halbinsel.
Die drei nächstgrößten Halbinseln liegen in Südeuropa. Sie verdanken
ihre Entstehung den tiefen Einbrüchen des mittelmeerischen Senkungsfeldes.
Ihre Gebirge find teils Überbleibsel des einst den ganzen Raum des Mittel-
meeres erfüllenden Gebirges, stehen gebliebene „Horste", teils sind sie infolge
der Senkungen gefaltet.
Die größte Inselgruppe, Großbritannien und Irland, ist dem
W. Europas in ähnlicher Weise meerbeherrschend vorgelagert wie dem O.
Asiens die Japanischen Inseln.
Weltstellung. Wenn man auch Europa, das schon von den alten § 4.
Griechen als selbständiger Erdteil im Gegensatz zu Asieu betrachtet wurde,
dem Kartenbilde nach als eine w. Halbinsel Asiens bezeichnen kann, so ist
die herkömmliche Betrachtung als Sondererdteil doch wegen der
Gliederung, wegen des Klimas, der Bevölkerung, der Stellung
in Geschichte und Kultur der Menschheit voll berechtigt. Dazu tritt
1*
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I. Länderkunde Europas.
noch die günstige Lage in der Mitte der Landhalbkugel der Erde
und damit im Mittelpunkte des Weltverkehrs.
So haben die Bewohner Europas seit zweinndeinhalb Jahrtausenden
die erste Stelle in der Bevölkerung der Erde innegehabt.
§ 5. Die Umgrenzung des Erdteils nach der Karte augeben! (Zeicheuhilfe^
Welche drei Flußmündungen schneidet 45" N? Wo schneidet 50° N Europa?
Wo 60° N? Wo 5° und 25° 0?)
Fig. 2. Die natürlichen Hauptteile Europas.
§ 6- Höhcngliederung. Der Rumpf Europas weist weuig Einheitlich-
keit im Aufbau auf. Er besteht vorwiegend aus Tieflaud. Die los-
getrennten wie die anhängenden Glieder dagegen bestehen meist ans
Gebirgsland und unter diesen die Pyrenäen-Halbinsel überwiegend aus
1 Dafür künftig die Abkürzung Zh.
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A. Allgemeine Übersicht.
5
Hochland. Mit Ausnahme des O. herrscht nirgends in Europa eine Er-
Hebungsform wie in Asien und Afrika weithin vor, sondern sie ändert sich
in häufigem Wechsel. Das hat die vielseitige Entwicklung der Menschheit
in Europa gefördert.
Nach dem Aufbau (f. Fig. 2) unterscheidet mau: §
1. einen Südeuropäischen Faltengebirgsgürtel, der das Gebiet von den
Pyrenäen über die Alpen, die Karpaten und den Balkan bis zum Gebirge
der Halbinsel Krim, ferner den Karstzug (Dinarische Alpen und die griechischen
Gebirge), den Apennin und die Sierra Nevada in Spanien umfaßt.
Die Sierra Nevada war einst außerhalb Europas durch das Atlasgebirge mit
dem Apenninznge verbuudeu.
Inuerhalb dieser erst in später Erdzeit1 gefalteten Gebirge sind große und
kleinere Erdschollen in die Tiefe gesuukeu. Dadurch ist das Mittelländische Meer
mit seineu Busen, Buchten und Halbinseln entstanden-.
2. das Nordwesteuropäische Schollenland, das Französische, das Britan-
nische und das Deutsche Mittelgebirge.
Es ist ein sehr altes Gebirge, das durch zahlreiche Einbrüche von Schollen in
viele einzelne Stücke zerrissen und durch starke Abtragungen zu flach gewölbten
Rücken und tafelförmigen Massen erniedrigt ist.
3. das Skandinavisch-Russische Tafelland, das Festland ö. der Weichsel
und die Skandinavische Halbinsel.
Es besteht im Nw. aus einer Folge steil zusammengepreßter, von Gletschern
abgehobelter Falten, in Rußland meist aus wagerecht gelagerten, alten Gesteins-
schichten, die über einer steil gefalteten Urgebirgsgrnndlage liegen.
Die Karte zeigt, daß Tiefland und Gebirge durch die Verbindungslinien §
zwischen Minden, der Dnjeprmündnng und der Spitze des Golfes von
Biseäya getrennt sind.
^ Im Oberflächenbilde Europas fällt der alpine Gebirgszug am meisten
auf: die Alpen, die Jllyrischen Ketten und die Karpaten^ sind maß-
gebend für die Gliederung Europas.
Im W. und N. sind den Alpen Mittelgebirge vorgelagert: das
Französische und das Deutsche Mittelgebirge. Zwischen diesen und
dem Meere zieht sich ein Gürtel von Tiefland hin.
Auch der die Halbinsel Italien ausfüllende Apennin schließt sich an
die Alpen an, dagegen nehmen die übrigen Gebirge Europas eiue Sonder-
stellnng ein.
Die mittlere Höhe Europas ist auf 300 m berechnet.
1 Tertiärzeitalter, der Neuzeit der Erde, die Känozoische Periode
genannt ist, weil in ihr neue Lebewesen, gleich oder ähnlich den heutigen, auftreten.
Von der Tertiär- bis in die Quartärzeit, die Gegenwart der Erde.
^ 3 Der Balkan wird neuerdings nicht dem Karpatensystem, sondern dem des Krim-
geknrges und des Kaukasus zugerechnet.
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I. Länderkunde Europas,
§ 9. Das Tiefland. Etwa 60 % des Erdteils nimmt das Tiefland ein. Es
heißt nach den drei Großstaaten, die sich in seinen Besitz teilen, das
Französische, das Deutsche und das Russische Tiefland.
Der Boden der Tiefländer besteht aus lockereu Schichten von großer
Mächtigkeit. Am wenigsten wertvoll ist der mit größereu und kleineren Irrblöcken
überstreute Sandboden, der beim Abschmelzen des eiszeitlichen Eises* aufgeschüttet
ist. Fruchtbar ist besonders der Lehm- und Tonboden, der Marschboden in
den Küstenniederuugeu und der teils durch Wind aufgetragene Löß. Zahlreich sind
die auf toniger, undurchlässiger Unterlage bei mangelndem Abfluß entstandenen
Sümpfe und Moore, die indes durch die Kuust des Meuscheu entwässert und in
Ackerland verwandelt werden können.
$ 10. Klima. Ju seinen klimatischen Verhältnissen ist Europa vor deu
übrigen Erdteilen ebenfalls bevorzugt. Es gehört größtenteils der n.
gemäßigten Zone an, und zwar überwiegend deren n. kühleren Teilen, wird
im Nw. tief landeinwärts von den warmen Luftmassen, die über dem Golf-
ström lagern, beeinflußt, und so sind ihm jene scharfen Gegensätze, die z. B.
das Innere Asiens kennzeichnen, fremd. Sein Klima ist im allgemeinen
gemüßigt und gilt mit wenigen Ausnahmen für gesund.
Da die Einschnitte des Meeres zahlreich und tief sind und im W. ab-
sperrende Gebirgsketten fehlen, so finden überall und meist auch zu allen
Jahreszeiten Niederschläge statt. Ausgiebige Ernten an Nährfrüchten und
Jndnstriepflanzeu, auch ausgedehnte Waldungen sind fast überall möglich.
So gibt es keine Wüsten, und selbst die Steppe, die zwar im Frühjahr
und Herbst in Gräsern und Blüten Prangt, auf der aber im Sommer der
Pflanzenwuchs der Dürre und Glut erliegt und im Winter der Schnee zu
herrscheu pflegt, tritt nur im f. Rußland in größerer Ausdehnung auf.
Die sehr regenreichen, gebirgigen Küstengebiete von Nordwesteuropa
(f. die Regeukarte von Europa) verdanken den über dem Golfstrom dahinziehenden
Lüften ihre große Feuchtigkeit und ausfallende Wärme. Darum erreicht auch der
Getreidebau und der Waldwuchs in Norwegen die nördlichste Breite. — Auch die
Gebirge Mitteleuropas, die wie die Alpeu, die Sudeten, der Harz von den w.
Winden der Länge nach bestrichen werden, erhalten große Mengen von Niederschlägen.
Die ausgiebigsteu Regengüsse aber empfängt die Küste Dalmatieus und
die Südseite der Ostalpen, an der die mittelmeerischen Winde Steignngsregen
bis zum vielfachen Betrage der Niederschläge im Nordseegebiete hervorbringen.
Tabelle der Niederschläge in Europa in cm.
Süddalmatieu......... 435 ^ Bregenz, Finme. . . 155! Prag, Budapest. . 45
Nordwesteuglisches Bergland 430 ! Berlin, Kopenhagen, ! St. Petersburg . . 40
Bergen, Brocken.......170 Paris....... 60 Astrachan...... 16
Wichtiger als die Durchschnittshöhe der Niederschläge ist
jedoch ihre Verteilung auf die Jahreszeiten.
1 Im Zeitalter des sog. Diluviums, d.i. Flut, in der Quartärzeit der Erde,
als der Mensch schon vorhanden war.
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B. Das Gebiet der Südeuropäischen Faltengebirge.
45
Der wichtigste Fluß ist der n. von Cadix mündende Guadalquivir^
[gtoabalfmur]. Er ist vom Hochgebirge gespeist, darum durch gleichmäßigere
Wasserfülle ausgezeichnet und weit aufwärts schiffbar.
Auch der Ebro ist weit hinauf dem Verkehr dienstbar gemacht. Er
allein von den spanischen Strömen fließt nach O. durch die nur in den
Flußtälern bewässerte und dann ertragreiche Aragonische Ebene, durchbricht
das Katatonische Küstengebirge und baut ein Delta.
Klima. (S. § 11.) In schärfstem Gegensatz zu den Randlandschaften § 81.
steht das äußerst trockene, durchaus binnenläudische und wegen der
großen Wärmeschwankungen zwischen Tag und Nacht, Sommer
und Winter ungesunde Klima des Hochlandes der Mitte, dem
die Randgebirge viel Niederschläge rauben und das deswegen regenarm,
stellenweise Steppe (La Mancha) und dünn bevölkert ist. — Das Ebro-
6ecken liegt im Regenschatten der Randgebirge und ist darum trocken. —
Der Süden ist sehr warm.
Wirtschaftsgeographie. Auf der Pyrenäen-Halbinsel ernährt die Land- § 82.
Wirtschaft den weitaus größten Teil der Bevölkerung. Weiu und Kork2
bilden die Hauptmasse der Ausfuhr. Schafe, Ziegen und Geflügel sind
äußerst zahlreich. Weinhandel und Bergbau (Eisenerze in den Baskischen
Provinzen, Steinkohlen im N. des Tafellandes und in der Sierra Morena,
Blei, Kupfer und Quecksilber) sind durch Engländer und Deutsche in Blüte
gebracht. In Katalonien ist die Banmwollindustrie bedeutend.
Das Deutsche Reich liefert Webstoffe, Eisenwaren, chemische Fabrikate und
bezieht Weine, Eisenerz, Südfrüchte und Kork.
Bevölkerung. Spanier und Portugiesen entstanden aus der Vermischung § 83.
der romanisierten iberischen Ureinwohner mit den Einwanderern, die in der Völker-
Wanderung Germanen waren. Bei den Portugiesen kam noch französisches Blut hinzu,
und beide Stämme sind weit mehr voneinander verschieden als die deutschen. Bei
beiden hat im S. die Jahrhunderte dauernde Herrschaft der Mauren zahlreiche
Spuren hinterlassen. Einen durch Sprache, Sitte, Unabhängigkeitssinn und Unter-
nehmungsgeist merkwürdigen Überrest der ältesten Bevölkerung bilden die Basken.
Die Bewohner der Halbinsel sind römisch-katholisch, von niedriger Bildung
und meist vou geringem Wohlstand, bei aller Glut des Temperaments steif-vor-
nehm (spanische Grandezza), stolz, aber bedürfnislos und großenteils ohne Lust
zur Arbeit 3.
a) Königreich Spanien. §84.
500 000 qkm, 18,5 Mill. E., 30% der Volksdichte des D. R.
A. Der Norden.
An der durch Brandung und Flutwelle eingesägten Nordwestküste der befestigte
1 D. i. der Große Fluß.
2 Die Rinde der Korkeiche wird, wenn der Baum an 40 Jahre alt ist, etwa alle
10 Jahre in einer Dicke von 10 cm abgeschält. Das kann ungefähr ^200 Jahre fort-
gesetzt werden.' Wb. Wünsche^!!, 2 (Straße von Gibraltar). — 3 Wb. Wünsche Ii, 7. -■
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I. Länderkunde Europas.
§12. Die Gewässer. Europa kann sich an Größe und Wassermenge seiner
Flüsse nicht mit Asien, Amerika und Afrika messen, dagegen übertrifft es
alle anderen Erdteile an Menge der schiffbaren Flüsse, die nicht durch
Wasserfälle, Stromschnellen und andere Hindernisse gestört sind. Wo finden
die bedeutendsten Flüsse Raum zur Entwicklung?
Diejenigen mitteleuropäischen Flüsse, die vom Wasserschatze der
Alpen das ganze Jahr hindurch gespeist werden, haben nur wenig schwanken-
den Wasserstand. Je weiter nach W. und S., desto günstiger sind ihre
Eisverhältuisse.
Den Flüssen der drei großen s. Halbinseln kommt hauptsächlich
wegen ihres schwankenden, meist niedrigen Wasserstandes weit geringere
Wichtigkeit zu.
Die Verkehrsbedentuug der beideu größten Ströme Europas, der
Wolga und der Donau, wird durch die Einmündung in abgeschlossene
Meeresbecken stark verringert und steht hinter der des Rheines weit
zurück.
Die Hauptwasserscheide zwischen den s. und n. Stromgebieten Europas (s. Karte)
liegt vielfach so niedrig, daß Kanäle schiffbare Verbindungen zwischen den
Meeresräumen des N. und des S. herstellen.
Stromgebiete s. Tabelle § 1,5.
Zahlreich, aber ungleich verteilt siud die Landseen iu Europa.
Besonders ausgezeichnet durch die Menge und Größe der Seespiegel
ist die Umrandung der Ostsee.
Sie war einst das Gebiet einer zusammenhängenden, riesigen Gletscher-
bedeckuug L, die während der diluvialen Eiszeit von Skandinavien ans sich bis an
die deutschen Mittelgebirge und über deu größten Teil von Großbritannien und
Irland ausbreitete.
Meist gruppenweise finden die Seen sich aus deu sogenannten Seenplatten,
am dichtesten in Finnland. Sie verdanken fast alle deu Moränen und Schmelzwässern
der Eiszeit ihre Entstehung.
In Mitteleuropa umgeben die Seen den Fuß der Alpen als schönster
Schmuck lieblicher Landschaften.
Hier sind sie in alten Talfalten meist durch den von Endmoränen großer Gletscher
aufgeschütteten Wall oder durch die Ausschüttungen von quer zur Talfurche müu-
denden Gebirgsbächen abgedämmt. — Flächengröße der bedeutendsten Seen Europas
s. Tabelle § 1,4.
§ 13. Den klimatischen Verhältnissen der wärmeren mittelmeerischen Zone
entspricht die subtropische Pstanzenwelt. Hier herrschen die immergrünen
Laubhölzer vor, die vermöge ihrer derben Blatthaut uach den Mouateu kräftigster
Entwicklung die Zeit der Dürre ertragen können, ohne zu viel von ihrem Safte
zu verlieren (f. Bild 6 und 7). Tie Südfrüchte, wie Zuroueu und Apfel-
1 Es wird angenommen, daß die Mächtigkeit der Gletscher in der Ostsee 4000 in und
am s. Rande, wo sie ihre mitgeführten skandinavischen Felstrümmer, die Moränen, hoch
an den Rändern der Mittelgebirge hinauf abgelagert haben, noch mehrere hundert Meter
betragen hat.
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A. Allgemeine Übersicht.
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finen1, sind erst durch die Kultur verbreitet. Außer dem Ölbaume sind Lorbeer,
Myrte, Zypresse, wildwachsender Oleander schon früh in diesem Gebiete heimisch
geworden, in neuester Zeit aber sind die amerikanischen Agaven, Feigendisteln
(Kakteen, s. Bilv 14) und der australische Gummibaum hinzugekommen. — Das
übrige Europa hat blattwechselnde Laubhölzer, von denen die Birke und
der Bogelbeerbanm (Eberesche) noch das Nordkap erreichen. Der größte Teil
des N., sowie die höheren Lagen der Mittelgebirge tragen Nadelhölzer
(Fichten, Tannen, Kiefern). — Auch unser Erdteil hat jenseits des Polarkreises
seine einförmige, trostlose Steppe, seine Tundra, in der Torfmoose und Erd-
flechten (Renntiernahrnng) vorwiegen, während die winzigen, aber oft mit großen
und leuchtenden Blüten ausgestatteten Kräuter und die Sträucher nur spärlich
zwischen ihnen eingestreut sind.
Die Tierwelt Europas stimmt zum größten Teil mit der des benachbarten § 14.
Asien überein. So finden sich Gemse und Steinbock in den Alpen und Karpaten,
der Wisent^ in Rußland, das Elen in Ostpreußen und zahlreicher in Skandinavien
und Rußland. Sie erhalten sich in Europa nur durch künstliche Schonung gleich den
übrigen wildlebenden Pflanzenfressern, wie Edelhirsch, Reh, Wildschwein. Wolf
und Bär sind am häufigsten in Rußland. In Großbritannien, den Niederlanden
und Dänemark sind beide ausgerottet, im D. R. der Bär. Der Wolf erscheint in
strengen Wintern zu Besuch au der französischen und russischen Grenze. — Unsere
Haustiere sind in den edelsten Rassen verbreitet, im So. und in Mittelitalien
auch der Büffel. Auf den f. Halbinseln wie in Südfrankreich blüht die Zucht der
Esel und der Maultiere, im Atlantischen, Osteuropäischen und Politischen
Klimagebiet besonders die des Hausrindes, des Pferdes und des Schafes.
Bevölkerung. Auf Europa kam um 1900 mehr als ein Viertel der § 15,
Erdbevölkerung, 400 Mill. Es ist mit 40 Eiuw. auf 1 qkm trotz der
starken Auswanderung^ dichter besiedelt als irgend ein anderer Erdteil, am
dichtesten (s. Karte der Volksdichte) in Großbritannien, Frankreich, Belgien,
den Niederlanden, im D. R., in Österreich, der Schweiz und in Italien —
in den Industrieländern. Am dünnsten bevölkert ist der No. und So.
Der politischen Bedeutung und Zahl nach sind die Germanen, Ro-
manen und Slawen am wichtigsten (s. die Völkerkarte).
Mittelländer 93%. Mongolische Völker. Kleinere Volksteile.
Romanen. . . 110 Mill. Kalmücken und Kelten
Germanen. . 130 „ türkische Völker Basken
Slawen4 . . . 125 „ Finnen
Religion. Nur gegen 18 Mill. sind Nichtchristen, nämlich zur Hälfte
Juden und fast zur Hälfte Mohammedaner. 3/4 Mill. sind Heiden. (S. die
Religionskarte!)
Römische Katholiken 175mill. | Protestanten 100mill. | Griech.-Orthodoxe 100mill.
1 D. i. Apfel von China.
2 Irrtümlich Auerochs genannt.
1 1821—1900 sind allein in die Union 17,5 Mill. Europäer eingewandert.
4 Einschließlich der Litauer und Letten.
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- Geschlecht (WdK): Jungen
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I. Länderkunde Europas.
B. Das Gebiet der Südeuropäischen Faltengebirge.
1. Übersicht über die Alpen'.
§ 16. Die Alpen bilden eine Gebirgs-, Klima-, Wasser- und Völker-
scheide.
Die Grenzen der Alpen nach der Karte angeben! Das Hochgebirge erstreckt
sich ziemlich in der Mitte zwischen dem Äquator und dem Nordpol. Der von den
Alpen bedeckte Flächenranm ist 2/3 so groß wie das Kgr. Preußen.
Das Gebirge gliedert sich durch die meridional laufende Linie Bodensee-
Rhein-Splügenpaß-Comer See in die Westalpen und die Ostalpen.
Die Westalpen haben geringere Breite, aber beträchtlichere
Höhe. Wo sie sö. vom Genfer See nur 125 km breit sind, erhebt sich der
Gipselpunkt des ganzen Erdteils, der Montblanc, zu 4800 m Höhe. Vom
Großen St. Bernhard-Passe an wenden sich die Westalpen, nunmehr
Schweizer Alpen genannt, nach Ono. Im w. Teile der Schweiz über-
steigen mehrere Gipfel noch 4000 m. — Der Hauptkamm der Westalpen
dacht sich nach der Po-Ebene steil, nach W. und Nw. allmählicher ab.
Die Ostalpen nehmen nach O. hin an Breite zu, au Höhe ab. Wie
breit siud sie auf der Linie Wien-Triest? Ihr gesamter Hauptkamm ist
niedriger, nur der Beruma erhebt sich noch über 4000 m. Ihr So. ist
durch die breiten Längstäler der nach Ungarn strömenden Gewässer (s. Karte)
zerschnitten.
Au Gipfel- und Kammhöhe, an Zahl der Pässe, an Flächen-
größe2, an Kühnheit und Reichtum der Formeu übertreffen die
Alpeu die anderen Gebirge Europas.
§ 17. Geologische Zusammensetmng. Ein Gürtel kristallinischen Urgesteins,
meist ans Gneis, Glimmerschiefer und Granit bestehend, geht vom Golf von Genua
bis an die Vorberge an der Ungarischen Ebenes (f. die geologische Karte der Alpen
Fig. 3). Eingefaßt ist er im Bereiche der Ostalpen auf beiden Seiten von schroff-
wandigen Kalken, nach denen diese n. und s. Nebengürtel „Kalkalpen" heißen.
In den Westalpen hat nur die Außenseite des Gebirgsbogens einen aus
Jura- und Kreidegesteinen gebildeten Kalkalpengürtel, der jedoch vielfach mit dem
Urgestein des Innengürtels verwachsen und auch wohl aus einen Sockel von Ur-
gestein aufgefetzt ist. Diese Urgesteine bilden öfter sogar die Gipfel der w. Kalk-
alpen. Darum spricht man in der Schweiz nicht von einem besonderen Kalkalpengürtel.
Von der Aare bis zum Wiener Walde zieht sich ein Vorgebirgsgürtel
aus den verschiedensten Gesteinsmassen, die durch die Verwitterung und Abtragung
1 S. Kntzen, Das deutsche Land. 4. Aufl. Breslau 1900, F. Hirt. — Hirts
Allgemeine Erdkunde in Bilderu. 3. Aufl. Nr. 3, 4, 8.
2 Das Skandinavische Bergland bedeckt einen etwa doppelt so großen Flächenraum.
3 Dieser Jnnengürtel von Urgesteinen war einst mit einer aus 2000 m Mächtigkeit
berechneten Schichtendecke von Trias- und Jurakalken überlagert, die durch Verwitterung
— hauptsächlich durch die zerstörenden Kräfte der Atmosphäre — meist abgetragen oder
wenigstens bedeutend erniedrigt ist.