1893 -
Berlin
: Reimer
- Autor: Partsch, Joseph
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch, Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Geschlecht (WdK): Jungen
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- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
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- Geschlecht (WdK): Jungen
jf
Die
Ichogebiete des Deutschen Reiches.
Für die Schüler höherer Lehranstalten
bataeltefft Ä _ _
Geörg-Ecffert-fs^st'fct
für ißisrnaiion^h §c?:u'!&c\-f2r:cbiiii(|
Braunschweig
Dr. I. Partsch,
Professor der Erdkunde an der Universität Breslau.
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Berlin, 1893
Geographische Verlagshandlung Dietrich Ncimrr
Inhaber: Hoeser <b Vohs-n.
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Inventarisiert unter
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der" adjwtademie
Sign. Ha. Bü
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6 Einleitung.
sie mindestens zwei Milliarden Mark mit in die Fremde. Aber dieser bare
Kapitalverlust verschwindet im Vergleich mit der Summe wirtschaftlicher
Kraft, die in den Auswanderern selbst dem Vaterlande verloren geht. Ver-
loren geht im vollsten Sinne! Wer aus England hinüberzieht nach einem
fremden Erdteil, stärkt dort ein neues England jenseits des Meeres. Der
Deutsche in der Union hält im allgemeinen eine, höchstens zwei Generationen
fest an seiner Sprache; dann taucht er unter in der Flut des fremden
Volkstums. Es wäre für die Befestigung der deutschen Handelsbeziehungen,
noch mehr für die künftige Geltung des Deutschtums iu der Welt eiu un-
schätzbarer Gewinn, wenn Deutschland seine Auswanderer in ein überseeisches
Gebiet lenken könnte, in welchem sie, wenn schon keinen politischen Zusammen-
hang mit dem Vaterlande, so doch ihre Sprache bewahrten. Aber die ge-
mäßigten Zonen, das Ziel der Massenauswanderung, sind vergeben. Selbst
der Hoffnung, im außertropischen Südamerika, nach dem Beispiel der Siede-
lungen in Rio Grande do Sul, geschlossene Gebiete bescheidenen Umsangs
mit Deutschen bevölkert zu sehen, sind enge Schranken gesetzt. Der letzte
Rest Südafrikas, auf den deutscher Unternehmungsgeist noch, seine Hand
legen kounte, weil er niemandem früher zur Besitzergreifung lockend genug
erfchienen war, weckt nur höchst bescheidene Erwartungen. So schließt die
Suche nach einem für die Erhaltung der Nationalität geeigneten Ziele der
Massen deutscher Auswanderer mit dem Eindruck: Zu spät!
Damit ist aber noch nicht die Unmöglichkeit jeglicher kolonialer Er-
Werbungen entschieden. Noch >blieb in den Tropen manch wertvoller Platz
für Handels-Stationen und Pflanzungs-Kolonieen. Wenigstens von diesem
Gebiete hoffnungsvoller Arbeit sich nicht völlig ausschließen zu lassen, dazn
drängten uusere Generation alle Anzeichen der Verschärfung des Wirtschaft-
lichen Wettbeiverbs auf der dem rührigen Menschengeschlecht allmählich enger
werdenden Erde. Für ein Land, dessen Gedeihen wesentlich abhängt von
Gewerbthätigkeit und Handel, wirkt die Wahrnehmung beunruhigend, daß
Gebiete, die lauge dem Zufluß seiner Erzeugnisse offen standen, sich dagegen
zu verschließen beginnen. Die Entwickelung Amerikas lenkt unter der Füh-
rnng der Union sichtlich ein in die Bahnen eines wirtschaftlichen Zusammen-
schlusses der amerikanischen Freistaaten mit dem Endziel, den europäischen
Handel immermehr von den amerikanischen Märkten zu verdrängen und
gleichzeitig in Europa selbst den amerikanischen Waren breiteren Raum zu
erobern. Diese Aussicht führt, zumal eine wirksame Erleichterung der feit
dem Anfang des Jahrhunderts bestehenden, neuerdings noch verschärften Er-
fchwerungen des Handels mit dem Russischen Reiche nicht füglich erwartet
werden kann, unverkennbar zu einer erhöhten Wertschätzung der in steigender
Entwickelung begriffenen Handelsbeziehungen mit Afrika und den Ländern
des Großen Ozeans. Aber anch dort kehren die Bestrebungen nach einem
Zufammenfchluß der australischen Kolonieen eine deutliche Spitze gegen den
europäischen Haudel, und das Übergreifen ihrer Herrschaftsgelüste nach den
bisher selbständigen Inselgruppen des Ozeans bedrohte unmittelbar das ein-
zige Gebiet, in welchem der deutsche Handel, unbeengt durch festbegrnndete
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Einleitung. "
Ansprüche anderer europäischer Staaten, sich hatte entwickeln und festigen
können. In der Verteidigung des Handelsgebietes der Südsee liegen die
Wurzeln der spät begonnenen, aber doch noch zu bescheidenen Erfolgen ge-
diehenen Kolonialpolitik des Deutschen Reiches.
Eine Zeit lang glaubten die Leiter der deutschen Politik die Jnter-
essen des deutscheu Handels und deutscher Pflanzungsunternehmungen in
Ozeanien ausreichend schützen zu können durch Freundschafts- und Handels-
vertrage [mit den Herrschern der einzelnen Inselgruppen. Solche Verträge
kamen zu staude 1876 mit deu Tonga-Jnseln, 1877 und 1879 mit den
Samoa-Jnseln, 1881 mit der Hawaiischen Inselgruppe. Die Reichsregierung
war zunächst keineswegs geneigt, den von klangvollen Stimmen der öffeut-
lichen Meinung empfohlenen Weg der Kolonialpolitik zu beschreiten. Aber
sie ward schließlich dazu gedräugt [durch die Steigerung der anglo-australi-
schen Bewegung für die Annexion der ozeanischen Inselwelt und insbesondere
durch die vou der britischen Kolonialregierung 1874 wirklich vollzogene
Besitzergreifung der Viti-Jnfeln, die dabei beliebte Nichtachtung rechtlich ver-
briefter deutscher Interessen, die Langwierigkeit der ein Jahrzehnt sich hin-
schleppenden Verhandlungen über eine mäßige Entschädigung der durch die
Willkürlichkeiten dieser Annexion schwer benachteiligten deutschen Kapitalisten
und Landbesitzer. Nur die aus Erfahrung gewonnene Überzeugung, daß bei
den Verhältnissen der Südsee ein wirksamer Schutz deutscher Interessen bis-
weilen nur durch eiu Entfalten der deutschen Flagge zu erzieleu sei, hat die
Schutzbriefe diktiert, welche am 17. Mai 1885 und am 13. Dezember 1886
die Erwerbungen der Neu-Guinea-Kompagnie im Norden dieser Insel, im
Bismarck- und Salomon-Archipel, sowie am 15. Oktober 1885 und 16. April
1888 die Gruppe der Marshall-Juseln nebst Nauru unter die Schutzherr-
schast des Deutscheu Reiches stellten. Schon [vorher hatten deutsche Unter-
nehmer auch für ihre Erwerbungen auf dein Boden Afrikas den Schutz des
Reiches nachgesucht und erlangt, zuerst Ad. Lüderitz für das Küstenland im
Norden des Orange-Flusses bis 26° S. Für die Festigung dieses Be-
sitzes und für die Begründung der deutscheu Schutzherrschaft über Togoland
(4. Juli 1884) und Kamerun s(14. Juli 1884) ward entscheidend die Reise
des Generalkonsuls Gust. Nachtigal. Es war der letzte Dienst, den er
seinem Vaterlande leistete. In Kamerun empfing er den Kenn des Todes.
Überall schwebte der Reichsregierung das Ziel vor, bestehenden, wohlbegrün-
deten deutschen Interessen ihren Schutz zu sicheru. Der Gedanke, aus
eigenem Antriebe und mit den Mitteln des Reiches zur Neubegründung von
Kolomeen zu schreiten, lag dem Leiter der Reichspolitik entschieden fern. Am
frühesten und am weitesten wnrde die Reichsregierung über diese ursprüng-
liche Richtschnur ihres Verhaltens durch deu Zug der Ereignisse hinaus-
geführt in Ostafrika. Die Urkunde, welche der Gesellschaft für deutfche
Kolonisation am 27. Februar 1885 sür die ersteu Erwerbungen des Doktor
Peters den schütz des Reiches verhieß, unterschied sich nicht von anderen
L?chutzbriefen. Aber der nur durch kräftiges Einsetzen der Mittel des Reiches
niedergeschlagene Araberaufstand von 1888 lehrte, daß nur die Macht des
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8 West-Afrika.
Reiches, nicht eine Handelsgesellschaft die feste Gewähr bieten könne für die
ungestörte Behauptung des weiten Gebietes, das dort den: deutschen Einfluß
teils unterworfen, teils vorbehalten war. Dieser Einsicht entsprach die ab-
schließende Regelung der Verhältnisse durch die Verträge vom 1. Juli und
20. November 1890.
Was Deutschland so in wenigen Jahren erworben oder für die Zukunft
sich gesichert hat, ist wenig im Vergleich mit den ausgedehnten und wert-
vollen überseeischen Besitzungen der Westmächte, selbst der Niederlande und
Portugals. Den Wert des Gewonnenen wird die Zukunft sicherer wägen
als unsere Zeit. Dieser fallen — das ist unvermeidlich — zunächst die
Opfer zu, die für die Erschließung und die Entwicklung der für deutsche
Kulturarbeit umgrenzten Räume zu bringen sind. Aber die ernstere Be-
schästigung mit der Natur und der Lage der Schutzgebiete befestigt die Hoff-
nung, daß diese Opfer nicht vergebens gebracht sein werden.
Nest-Afrika.
Der Umriß der geschlossenen Landmasse Afrikas zeigt nur einen großen
einspringenden Winkel: die Uferlinie des Meerbusens von Guinea. Sein
innerster Hintergrund wird in zwei Buchten, die Bai von Benin und die
Bai von Biafra, Zerlegt durch die in sanfter Bogenrnndnng vorspringende
Deltabildung des Nigerstroms. Seine vielverzweigte Mündung ist trotz der
Fieberluft ihrer Sumpfniederungen eine der wichtigsten Pforten für die Er-
schließung Jnner-Afrikas. Zwar reicht die Sänffbarkeit des Hauptstroms
uur 800 1cm weit bis zu der Reihenfolge großer Stromschnellen, in denen
der erste Erforscher, der Schotte Mungo Park, 1806 durch Feiudeshaud den
Tod fand, aber ein großer linker Nebenfluß, der 400 km oberhalb der Mün-
dung einfallende Benue, bildet 700 km weit eine in wasserreicher Jahreszeit
höchst leistungsfähige Wasserstraße, die nach Ostnordost gerichtet bis in das
Land Adamaua hinausführt und dem erzeugnisreichen Tsadseegebiete bis auf
400 km Entfernung sich nähert. Heinrich Barth war der erste, der 1851,
vom Tsadsee kommend, den oberen Benuö erreichte und seine künftige Ver-
kehrsbedeutung treffend erkannte. Schon 1854 bestätigte die Befahruug durch
Baikie die Brauchbarkeit dieser Schiffahrtsstraße. Dennoch vergingen drei
Jahrzehnte, ehe der Verkehr auf ihr sich belebte. Erst als Robert Flegel
nach seiner erfolgreichen Reise bis an die Quellen des Venne (1882) seinen
deutscheu Landsleuten dringend empfahl, diesen wichtigen Zugang zu den
wertvollsten Gebieten des Sudaus rechtzeitig für ihren Handel zu sichern,
beeilten sich die Engländer, ihn für sich in ausschließlichen Besitz zu nehmen.
Als Flegel 1885 auf das Feld seiner Forschungen zurückkehrte, fand er dort
die englische Niger-Compagnie fest eingerichtet und entschlossen, mit allen
Mitteln sremde Mitbewerber fernzuhalten. Das gelaug ihr überraschend
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Togo-Land. 11
Für europäische Ansiedelungen an der Küste von Ober-Guinea wurden
in erster Linie bevorzugt die Punkte, in welchen die Höhen des Innern mit
steilen Vorgebirgen an das User herantreten und gute Landmarken schaffen,
nächstdem die Umgebung der Mündungen der wichtigsten Flüsse, welche zwar
durch Barren sür die Großschiffahrt unzugänglich gemacht werden, aber doch
für deu Binnenhandel die natürlichen Straßen bilden, da sie weit aufwärts
besahreu werden können. Zwei dieser Flüsse haben eine höhere Bedeutung:
der Comoö und der Volta. Ihre Quellen liegen jenseits 11° N. und sind
vom Niger-Gebiet nicht durch ein Gebirge getrennt, wie man früher voraus-
setzte; vielmehr bewegt der Verkehr über eine unmerkliche Wasserscheide (800 in)
sich leicht hinüber. Zu beiden Seiten der Comoe-Mündung liegt die fran-
zösische Kolonie Grand Bassam und Assini; zu beideu Seiten der Volta-
Mündung von Christiansborg bis Keta lag bis 1850 ein dänisches Kolonial-
gebiet. Durch Kauf haben die Engländer es an ihre Goldküsten-Kolonie
angeschlossen, wie sie auch weiter westlich die Erbschaft älterer Kolonisationen
der Portugiesen, Holländer, Brandenburger angetreten haben. An dem
ganzen Handel der britischen Goldküste sind deutsche Handelshäuser stark be-
teiligt. Sie dehnten ihre Thätigkeit seit 1880 auch auf den östlich benach-
barten, noch selbständigeil Küsteustreifen des Togo-Landes aus und erlangten
1884 bei Nachtigals Reise die Begründung eines deutscheu Schutzgebietes,
das uach den später festgesetzten Grenzen nur 52 km Küstenlänge hat, im
Binnenlande aber an Ausdehnung gewinnt. Im Osten allerdings bildet
der Meridian 1° 41' E. die Grenze gegen das nun ganz in Frankreichs
Gewalt fallende Dahome. Im Westen aber ward die Grenze, südlich
von dem als neutral zwischen der deutschen und englischen Interessen-
sphäre anerkannten Handelsplatz Salaga, bis an den Volta vorgerückt.
Den Engländern blieb aber auf dessen linkem Ufer nicht nur die Nehrung
von Keta, fondern auch das Hinterland der Lagune, welches immer noch
eineil Teil des Haudels aus dem deutschen Schutzgebiete an sich zu ziehen
vermag. Im Norden ist die Grenze des deutschen Schutzgebietes noch nicht
gezogen. Dort ist seit 1888 die von Dr. Ludw. Wolf begründete Station
Bismarckburg (8° 12') der Stützpunkt für die Ausbreitung des deutschen
Einflusses, für welche Wolf selbst (f 1889), Hptm. Curt v. Francis und
Hptm. Kling 1892) auf weit ins Innere dringenden Reisen thätig waren.
Diesen Forschungen danken wir eine erste klare Übersicht über das Schutz-
gebiet und sein Hinterland. Vom Meer ins Innere vorschreitend durch-
schneidet man 4 verschiedene Landschaftsgürtel.
Der Küstensaum mit seinen Lagunen dankt seine Entstehung der
Zufuhr von Seesand dnrch den Andrang der Dünung. Sie baute, vielleicht
unterstützt vou der ostwärts ziehenden Guinea-Strömnng, vor dem ursprüng-
liehen Rande des Festlands in langen Streifen Sandbänke auf, die allmählich
bis zun: Wasserspiegel sich erhöhten. Es entstand eine Nehrung, dahinter
ein Gürtel von Lagunen, deren Zusammenhang allmählich durch die An-
schwemmungen einmündender Wasserläufe unterbrochen wurde. Gegenwärtig
bestehen noch zwei große Küstenseen. Der westliche, bald nach dem Anglo-
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12 Togo-Land.
Stamme, bald nach dem britischen Küstenort Keta („Sandspitze") benannt,
tauscht Wasser mit der Volta Mündung; der östliche bei Togo („Seeort")
steht ostwärts in Verbindung mit dein aus das französische Nachbargebiet
übergreifenden Lagunen-System von Anekho (Kl. Popo). Von Mai bis
August erweitern sich alle Seen bedeutend durch Überschwemmung ihrer teils
sumpfigen, teils saudigen Uferniederungen. Von den Küstenplätzen des
deutschen Gebietes hat uur Lome zwischen den Endzipfeln beider Wasserflächen
fast immer eine trockene Verbindung mit dem Hinterland. Hinter Bagidü
liegt schon eiue breite Flußniederung, hiuter Porto Seguro der Togo-See.
Anekho („Eidechsenzunge") deckt die Nehrung seines Sees; nur für das
deutsche Kommissariat zog man den Vorort Sebe auf dem binnenländischen
User vor. Das sandige Küstengebiet ist nicht sonderlich fruchtbar. Es war
vou wertlosem Buschwerk bedeckt, ehe mau die Kokospalme mit Erfolg ein-
führte. Man zählte Anfang 1891 schon 107 000 Stämme. Von dem
fandigen Schlick der Laguueuuser hebt sich
die Ebene roten Lehms mit einem scharfen, etwa 5 m hohen Rande
ab, sanft in 70—120 km Breite ansteigend gegen die Höhen des Innern
und tief gefurcht von den aus ihnen niederziehenden Flüssen. Der Todjiö
(to — „Wasser", dji — „oben") speist den See von Keta, der niemals ver-
siegende Haho den Togo-See. Trotz des in der Trockenzeit eintretenden
Mangels an gutem Trinkwasser ist der unter einer mächtigen Hnnmsschicht
geborgene Lehmboden von einer dichten Bevölkerung besetzt. Das natürliche
Vegetationsbild, ans der Platte Baumsavaune, an den Flnßnfern Wald, ist
stark verändert durch einen erstaunlich sorgfältigen Anbau. Er erzielt bis-
weilen dreifältige Frucht von einem Erdreich, unmittelbar anf dem Boden
Mais, Maniok oder Jams, dazwischen Bananenbüsche, und über allem nicken
die Fiederwedel der Ölpalme. Neben ihr sind die Fächerpalme, der Affen-
brotbaum, der Shi-Bntter-Banm charakteristisch für die Landschaft. Die Dichte
der Bevölkerung wird (auffallend hoch!) auf 40 für 1 qkm geschätzt, wiewohl
weite unbewohnte Räume von 20—40 km sich zwischen die dicht gescharten
Dorfgruppen der einzelnen Stämme einschalten, die in ihrer Verteilung teils
der Küste, teils dem Gebirgsrand den Vorzug gabeu.
Das Gebirge, das ziemlich steil über das sanft anschwellende Vorland
sich erhebt, streicht nicht der Küste parallel, sondern in nordöstlicher Richtung.
Sein Westflügel jenseits der Volta tritt bei Accra und Christiansborg, den
Hauptorteu der englischen Goldküste,,hart ans Meer heran. Zwischen Kpaitdo
und Kpoug erfolgt ohne Stromschnellen der Dnrchbruch des Volta. Vou
seinem linken Ufer steigt das Gebirge ganz allmählich zu Paßhöhen von
700 m empor, während die höchsten Gipfel auf 2300 m geschützt werdeu.
Stützpunkt der Erforschung und Erschließung der wichtigsten Übergänge ist
die Station Misahöhe (460 m). Anscheinend sind zwei Hauptketten zu
unterscheiden, getrennt durch eine bergige Hochfläche, deren Gewässer teils zu
den Küstenflüssen, teils zum mittleren Volta hinabeilen. Wo die tropische
Humusdecke und die mächtige Verwitternngslage nicht das Gestein verhüllen,
erkannte man Granit, Gneis, verschiedene Schiefergesteine, auch Saudstein.
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14 Togo-Land.
güsse unterbrochen. Auch die Gewitter mehren sich von der Küste (Chri-
stiansborg 65) nach dein Innern erstaunlich (Bismarckburg 196). Mit ihnen
sind bisweilen verknüpft die heftigen, rasch vorüberziehenden Wirbelftürme
(Tornados), welche namentlich vor Eintritt und nach Schluß der Regenzeit
bei heiterer Witterung sich einstellen.
Die Gesuudheitsverhältuisse der ganzen Gninea-Küste sind un-
günstig, wenn auch der Maugel der gesürchteten Mangrovedickichte und der
regelmäßige Wechsel von Land- und Seewind gerade für die Siedelungen
der Togo-Küste vorteilhast sich geltend machen. Ein nachteiliges Moment
ist die schlechte Trinkwasserversorgung. Im allgemeinen gilt das Hochland
für gesunder, namentlich die sreie Höhe von Bismarckburg. Aber überall
fordert die Malaria einzelne Opser. Manch hoffnungsreiches Forscherleben
erlosch im Togolande! — Nächst Boden und Klima ist für die Zukunftsaus-
sichten dieses Kolonialgebietes nichts wichtiger als die einheimische
Bevölkerung. Sie gehört überwiegend zum Stamme der Evhe,
dessen ethnographische Stellung die Sprachstudien der Baseler Missionare aus-
geklärt haben. Aus der Gesamtheit der Sprachen Ober - Guineas hebt
man im Gegensatz zu deu westlicheren und östlicheren eine centrale Gruppe
heraus: die Volta-Sprachen, in denen keine Wortwurzel mit r anlautet. Die
wichtigsten dieser Sprachen sind: 1. das Tshi der Goldküste und des Asante-
Landes, ein Idiom, das auch in einige Landschaften des l. Voltansers über-
greift und im ganzen nördl. Teile des deutschen Schutzgebietes vielfach als
Verständigungsmittel dient, und: 2. das Evhe, welches östlich vom unteren
Volta beginnt, die ganze Ebene und den größten Teil des Berglandes des
deutschen Schutzgebietes, dazu, nur mundartlich verändert, ganz Dahome ein-
nimmt. Für getreue, unzweideutige Wiedergabe der Laute der Evhe-Sprache
reicht eiu einfaches europäisches Alphabet ohne unterscheidende Nebenzeichen
nicht aus. Schon der Konsonant des Volksnamens: vh ist bestimmt zu
unterscheiden von s und v, deren Aussprache nur die Unterlippe in Bewegung
setzt, aber auch vou w; es ist ein mit beiden Lippen gesprochener scharser
Blaselaut, entstanden ans ursprünglichem und mundartlich bisweilen noch
erhaltenem p. Die Zeichen gb und kp bezeichnen nicht eine Konsonanten-
Verbindung, vielmehr einen einheitlichen Laut, den der Europäer leicht mit
b und p verwechselt. Auch für die Vokale sind Unterscheidungen der Ton-
höhe oft nicht zu entbehren, da sie bisweilen den Sinn völlig ändert.
Die Evheer sind schöngebaute, kräftige Gestalten, deren Hantfarbe
zwischen schwarz und kaffeebraun sich hält. Der Bartwuchs ist dünn. Ihrer
körperlichen Leistungsfähigkeit steht eine für den Neger hohe Regsamkeit zur
Seite. Sie sind für behaglichen Lebensgenuß so weit empfänglich, daß darin
ein Antrieb zum Unterbrechen des süßen Nichtsthuns liegt. Selbst schon an
einen ziemlich rührigen Feldbau gewöhnt, sind sie auch für Arbeit in Pflanzungen
zu gewinnen. Die Verdichtung der Bevölkerung hat auch eine gewisse ge-
werbliche Betriebsamkeit entwickelt. Mattenflechten, Spinnen, Färben, Weben,
Töpferei und Eisenbearbeitung sind hier längst heimisch. Für die Erziehung
der Eingeborenen zur Kultur ist vielleicht ein weiterer Vorteil der niedrige