1900 -
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: Buchh. des Waisenhauses
- Autor: Kirchhoff, Alfred
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
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304
Iii. Das Jtteet.
N.-Hälfte, zu welcher der Zutritt arktischen Wassers durch die Meeres-
bodenschwetle zwischen Europa und Nordamerika behindert wird. Allein
abgeschlossene Meeresglieder (Mittelmeerl, rotes Meer) sind durch die
hohe Masserscheide an ihrem Eingang vor dem Andrang des kalten
Tiefenwassers gesichert; ihre Tiefe zeigt genau die der Winterkälte ihrer
Oberfläche entsprechende Temperatur.
Außer der nur lhermometrisch erkennbaren allgemeinen Zirkulation
sämtlicher Wasserteilchen erführt das Meer Aufregungen plötzlicher Art
vom Grund zum Spiegel durch unterseeische Erdbebenstöße (Seebeben,
die mitunter ganze Küstenstädte vernichten durch den entsetzlichen Wogen-
fchwall, den sie plötzlich ans Gestade werfen), vor allem jedoch eine täg-
liehe, seine ganze Masse treffende Erregung durch die Gezeiten- und
eine sanfte Vorwärtsbewegung seiner Oberflächenteile in den breiten
Bändern der Meeres ströme.^ Das beständige Anschlagen des Meeres
an die Küste in nur minutenlangen Pausen nennt man die Brandung,
die Wellenerhebung, durch welche das geschieht, die Brandungswelle.
Stellt U den Mond und die größere Kugel links die Erde dar (die
Entfernung der Mittelpunkte beider voneinander auf 1/10 verringert gegen-
über dem für die Radien angewandten Maßstab), so wird die Erdstelle A,
weil sie dein Mond um einen Erdradius näher liegt als der Mittelpunkt
C, auch stärker als dieser vom Mond angezogen, sobald der Mond in den
Meridian von A tritt (über A kulminiert); andererseits wird aus dem
nämlichen Grund C stärker vom Mond angezogen als die Gegend bei B.
Dadurch erleidet zwar die feste Masse der Erde keine merkbare Beeinträch-
tigung ihrer Gestalt, wohl aber das Meer mit seinen leicht verschiebbaren
Teilchen: sowohl unter demjenigen Meridian, dessen Bewohnern der
Mond im Zenith steht, als auch unter dem, dessen Bewohner er gegen
die Fußsohlen („im Nadir") steht, schwillt das Meer zu einer flachen
Welle empor, weil es beiderseits das Streben erhielt sich vom Anziehungs-
punkt C zu entfernen, es ist Flut (Zenith- und Nadirflut), dagegen auf
den von der beiderseitigen Welle um 90 Längengrade entfernten zwei
Meridianen Ebbe, weil von dort die Wasserteilchen nach den Flutseiten
abgelenkt werden. Am geringsten wird sich diese Hebung und Senkung
des Meeresspiegels nach den Polen zu äußern; ein die ganze Erde um-
kleidender Ozean müßte mithin, in der Richtung der Flut-Meridiane
durchschnitten, eine elliptische Verziehung erfahren, und es müßte sich
1 S. 6 (dritter Abschnitt). 2 S. 92 (§ 4). 3 S. 93 (§ 4).
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§ 9. Meerwasser.
305
jede der beiden Flutwellen mit dem scheinbaren Tageswandel des Mondes
um die Erde sin 24 Stunden und 50 Minuten) westwärts um den ganzen
Erdball ziehen. In Wirklichkeit verzögert sich nicht nur überall der Ein-
tritt der Gezeiten durch das natürliche Beharrungsstreben der Wasser-
masse, sondern der Fortschritt der Flutwelle wird auch ein sehr verwickelter
durch den Widerstand der Landmassen, die umzogen werden müssen (Groß-
britannien wie Irland von Doppelarmen der Flut umfangen), sowie durch
den Umstand, daß im seichteren Meere die Fortbewegung der Welle sich
verlangsamt. So häufen sich besonders an Flachküsten die langsamer fort-
kommenden und die rascher aus offner See ihnen folgenden Flutgewässer
an und bewirken zumal in trichterförmigen Küsteneinschnitten (Fundy-Bay
zwischen Neu-Schottland und Neu-Braunschweig, Bristol-Kanal) starke
Erhebungen des Wasserspiegels in heftigem Eindringen gegen das Land.
Regelmäßig aber folgt eine Flut wie eine Ebbe der andern nach Verlauf
eines scheinbaren) halben Mondumlaufs Zwischen Hoch- und Niedrig-
wasser also fast genau eine Frist von 6v4 Stunden), und in jedem syno-
dischen Monat tritt zweimal (Sei den Syzygien) Springflut, d. h. höchste
Flut, zweimal (bei den Quadraturen) taube Flut, d. h. niedrigste Flut,
ein; denn auch die Sonne bewirkt aus denselben Ursachen wie der Mond
Flut und Ebbe (nur viel schwächer, da sie uns gegen 400 mal so fern ist
wie der Mond), beide hemmen aber zeitweise die vom Mond bewirkten
Gezeiten, am meisten bei erstem und letztem Viertel (weil dann Sonnen-
flut mit Mondebbe örtlich zusammenfällt, Sonnenebbe mit Mondflut),
und verstärken sie zeitweise, am meisten bei Neu- und Vollmond (weil
dann die gleichartigen Sonnen- und Mondgezeiten örtlich zusammenfallen).
Nur die Ozeane werden stark von den Gezeiten ergriffen, viel weniger
schon das Mittelmeer, bloß spurenweise die Ostsee und größere Landseeen,
z. B. die kanadischen (daher die große Verschiedenheit des ganzen Zustandes
der Nordsee - gegenüber den Ostseeküsten l).
Die Meeresströme befördern große Mengen warmen Seewassers in
die höheren Breiten, große Mengen kalten Seewassers in die niederen Brei-
ten und beeinflussen dadurch das Küstenklima. So bewirken kalte Strö-
mungen, die an der W.-Küste Südamerikas 2 und Südafrikas ^ gen N.
Ziehen, zusammen mit südlichen Abzweigungen des Äquatorialstroms an
der O.-Küste dieser beiden Festlande, daß unter gleichen Breiten ihre W.-
Küste kühler ist als ihre O.-Küste. Der Kuro-schio^ trägt zur Regen-
fülle und Wärme des japanischen Sommers bei, sein ins japanische Rand-
meer eindringender Zweig ermäßigt die Kälte des japanischen Winters;
, der Golfstrom 5, der sich mit seiner besonders warmen Wasserfläche
fächerförmig von Florida her gegen No. durch das atlantische Meer mächtig
verbreitert, mildert die Winter Europas, und doch reicht selbst dieser Strom
nicht in große Meerestiefen.
' Vergl. 8.219 (2) und S. 60 Anm. 1. * S. 112 (zweiter Abschnitt).
S. 119 (oben). * S. 153 Anm. 2. 5 ©. 4 (oben).
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306
Iv. Das Canfi.
Iv. Das Land.
§ 10.
L e st l a n d und Inseln.
Von den 510 Mill. qkm der Erdoberfläche ist etwas über ein
Viertel (28 °/0) Land. ^ Dieses überragt den Meeresboden überall in
gewaltigen Massen, die, wenn man si.e nach Ablassen des Meeres vom
trocknen Grunde desselben anschauen könnte, auch dort als Hochland-
massen erscheinen müßten, wo sie, wie z.b. in Südamerika, weite Tief-
ebenen auf ihrem Scheitel tragen. Verglichen mit ihren hohen Sockel-
teilen (d. h. ihrer unterhalb des Meeresniveaus liegenden Masse) ist ihr
überseeischer Massenteil nur gering; auch die höchsten Gebirge tragen
nur wenig zur Steigerung dieses Volumens bei.^ Ungefähr 13mal fän-
den die überseeischen Landmassen in den Meeresräumen Platz.
Genau ist uns zwar die mittlere Seehöhe der Erdteile noch nicht
bekannt, die Mitteltiefe der Meere noch weniger. Jedoch dürfen wir un-
geführ annehmen
für Europa eine Mittelhöhe von 300 in
„ Australien „ „ „310 „
„ Amerika „ „ „ C50 „
„ Afrika „ „ „ 060 „
„ Asien „ „ „ 1000 „
Hieraus folgt, daß das Land überhaupt eine mittlere Seehöhe von
rund 700 m haben mag. Weil nun die Fläche des Landes zu der des
Meeres sich verhält wie 28:72, so muß (die ozeanische Mitteltiefe zu
3.5 Km angenommen) das Raumverhältnis zwischen überseeischer Landinasse
und Meer hiernach sein 28 x 700 : 72 x 3500 = 1: 13.
Die Verteilung des Landes ist sehr ungleichmäßig: der sogenannten
westlichen Halbkugel gehört nur das schlanke Amerika, der östlichen Halb-
kngel hingegen die große Masse der Ostseste nebst Australien; die n.
Halbkugel zeigt 40 Hundertteile landbedeckt, die s. nur 13. Einer nö.
Halbkugel mit Großbritannien als Oberflächenzentrnm steht als land-
reichster Hemisphäre eine sw, wasserreichste gegenüber mit Neuseeland als
ungefährem Oberflächenzentrum. Trotzdem ist der Zusammenhang sämt-
licher Festlande ein kauni unterbrochener: eine negative Strandlinienver-
schiebung um nicht einmal voll 200 m würde die Beringsenge schließen
und der so verbundenen O.- und W.-Feste fast auch Australien anketten.
Unterseeisch schließen alle Festlande zu einem einzigen Kontinent (d. h.
zu einem Ganzen) zusammen. Bei einer Standverlegung um 200 in ab-
wärts würde nur bei den kleinen Sundainseln eine Lücke bleiben zwischen
dem dann südlichsten Festlandstück Asiens (Java) und Australien. Eine solche
um 2000 m würde auch diese Lücke schließen und die unterseeische Hochfläche
zwischen Schottland und Grönland in eine überseeische Brücke zwischen
* I, S. 14 (46). 2 S. 93 (§ 5).
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258
"V. Die wichtigsten Handels- und vcrkehrsstrahcn.
2. von Berlin aus
a) gen Nw. nach Hamburg,
d) gen So. durch Schlesien, Galizien nach Odessa,
c) gen S. über Dresden, Prag, Wien nach Trieft;
3. von Moskau aus sternförmig nach Petersburg, Kiew, der S.-
Spitze der Krim, Wladikawkas, Orenburg.
In Ausdehnung ihres Eisenbahnnetzes stehen den übrigen Staaten
voran: 1. Deutschland, 2. Frankreich, 3. Großbritannien und Irland,
4. Rußland, 5. Österreich-Ungarn. Jeder dieser Staaten besitzt eine
Eisenbahn-Gesamtlänge von weit über den halben Äquatorumfang,
Deutschland eine solche von mehr als dem vollen (fast P/J. Es giebt inner- *
halb des Deutschen Reichs kaum einen Punkt, den man von Berlin aus
nicht binnen 24 Stunden erreichen könnte. Selbst die gewaltige Ver-
kehrserschwerung int S., bewirkt durch die Alpen, ist für Deutschland
durch den Eisenbahnbau überwunden: es hat nicht nur in seinem O.
leichten Anschluß an den ihm nächsten Mittelmeerhasen Trieft (auch
durch die offene mährische Psorte zwischen Sudeten und Karpaten), son-
dern es erreicht von der Rheingegend her durch den Gotthardtunnel
über Mailand auch ebenso schnell Genua und von München her über
den Brenner die italienische So.-Bahn, die nach Brindisi führt.
Die im W. durch Lostrennung Belgiens und der Niederlande
für Deutschland verloren gegangene Seeküste hat es gewissermaßen
durch die Schienenwege dieser beiden Nachbarreiche für seine Verkehrs-
bewegung wiedergewonnen. Belgien, durch keine Flußader mit Deutsch-
land verbunden, steht nunmehr mittels seines äußerst dicht gefügten
Bahnnetzes in so enger Fühlung mit Norddeutschland, daß Antwerpen
die Dienste eines deutschen Ausfuhr- und Auswanderungshafens im
fernen W. versieht. Ebenso wurde Rotterdam ein deutscher Ausfuhr-
und Auswanderungshafen. Vlissingen, der äußerste Westhasen der
Niederlande, wurde ein gesuchter deutscher Überfahrtsort nach Londons
denn zur möglichst raschen Beförderung von Personen wie Postsendungen
muß man streben sein Ziel möglichst geradlinig und dabei doch mit
möglichst langem Einhalten der Eisenbahnlinie zu erreichen.
Eine große Erleichterung für den wechselseitigen Verkehr zwischen
unserer Nordsee- und unserer Ostseeküste ist durch den 1895 eröffneten
Nordostseekanan geschaffen. Er erspart die Umfahrung der jütischen
Halbinsel, wenn man von einer zur anderen unserer beiden Meeres-
küsten gelangen will, läßt die deutschen Ostseehäfen somit weit schneller
als bisher vom Kanal und der Nordsee aus anfahren und gestattet
in Kriegszeiten unserer Kriegsflotte freie Bewegung längs unserer ganzen
Doppelküste, ohne dänische Sunde durchfahren zu müssen.
* Vergl. S. 63 (oben). 2 S. 218.
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308
Iv. Das Canb.
großen Antillen, die pacifischen Küsteninseln im N. und S.), Madagaskar',
Ceylon^, die Archipele von Hinterindien bis zu den Aleuten^, endlich fast
sämtliche Inseln Europas unter denen die Kykladen^ beweisen, daß
durch Landversenkung Gebirge auf den Meeresgrund gelangen können, wo
ohne diese Verursachung niemals echte Gebirge vorkommen.
Restinseln sind wahrscheinlich die Neuseeland-Gruppe und der
antarktische Archipel, ein lückenhafter Ring von teilweise großen Inseln,
der ssö. von Kap Hoorn über den Polarkreis vorragt.
Koralleninseln können fast nur in tropischen Meeren entstehen^;
die Korallentierchen bauen ihre Riffe auf seichtem Felsboden, und zwar
bauen sie, falls derselbe in langsamer Senkung begriffen ist, steil in die
Höhe, denn nur so vermögen sie sich in der ihnen unentbehrlichen Ober-
flächenschicht des Meeres zu behaupten; nach Verschwinden der letzten
Landspitze sind sie (als Atolle) gleichsam Gedenksteine früher dagewesenen
Landes, aus blinden (unsichtbaren) Riffen überseeisch geworden durch Auf-
schütten von Korallenbrocken und Korallensand vermittelst der Brandung.
Koralleninseln sind natürlich immer schmal, weil sie aufgetauchte Stücke
langgezogener Küstenriffe darstellen, und niemals höher als die Bran-
dung reicht.
Vulkaninseln kommen in allen Zonen vor, sie pflegen größer
und (ihrer Entstehung gemäß) mehr rundlich zu sein als Koralleninseln",
begegnen aber ganz wie diese ebensowohl küstennah (Santorin^) als küsten-
fern, z. B. einsam im indischen Weltmeer mitten zwischen dem südlichsten
Afrika und dem südlichsten Australien Neu-Amsterdam und St. Paul.
8 11.
Bodenerhebungen.
Orographie ist die Lehre von den Erhebungsformen (dem Relies
oder der Plastik) der Erdoberfläche. Nur selten ist die Oberfläche der
Landmassen unter den Meeresspiegel eingetieft; solche Senken oder De-
pressionen (bis zu—400m9) kommen nur da vor, wo es infolge
zu großer Trockenheit entweder an Wasser gebricht sie in Binnenseeen
zu verwandeln (Sahara^), oder wo doch nicht Wasser genug zufließt,
um den in ihrer Tiefe vorhandenen Binnensee zur Meeresspiegelhöhe
aufzufüllen (kafpisches Meer", totes Meer); die Senke an der nieder-
ländischen Küste12 ist nur durch eine künstliche Rückdämmung der Nordsee
entstanden. Die überseeischen Bodenmassen scheiden sich in Tief- und
Hochlande^, Einzelberge und Gebirge", die letzteren a) ihrer
Form nach in Massengebirge, Kammgebirge, Gruppengebirge15,
"b) ihrer Entstehung nach in Faltungsgebirge, Horstgebirge und
1 @. 131. 2 S. 145 Anm. 2. 3 S. 131 (unten) f. 4 S. 5, 17,
207 (oben). 5 S. 23. 6 @.101 Anm. 1, 106 (vor 3). 110(6). 7 @.101
(oben). 8 ©.26. 9 @. 138 (unten). 10 @. 125 Anm. 3. 11 @. 132.
12 @. 61 (oben). 13 I, 19. 14 I, 14. 15 I( 16, @.93f., 189 Anm. 3.
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: Buchh. des Waisenhauses
- Autor: Kirchhoff, Alfred
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V. Die wichtigsten Kandels- und Verkehrsstraßen.
Ii. Leedampferlinien.
Der die ganze Erde umspannende Weltverkehr und Welthandel
ist nur möglich durch Benutzen des Weltmeers. Wegen Schnelligkeit
und Sicherheit (Unabhängigkeit vom Wind) wird auch für den Güter-
transport das Dampfschiff vor dem Segelschiff bevorzugt; trotzdem
fährt noch beinahe die Hälfte aller Seefrachten unter Segel der Billig-
feit halber. Dampferlinien mit regelmäßiger Ab- und Rückfahrtszeit
(„Postdampferlinien") konnten sich zumal auf Strecken mit noch
nicht andauernd starkem Verkehr erst kräftig entfalten, seitdem die die
Kosten tragenden Privatunternehmer oder Gesellschaften vom Staat
festbestimmte Jahresunterstützung („Subvention") erhielten. Das aber
förderte dann stets den Handel auf diesen Linien außerordentlich, weil
der Handel auf festgesetzte Termine für Ausfahrt und Rückfahrt großes
Gewicht legen muß. Seit einigen Jahren besitzt auch Deutschland solche
vom Reich subventionierte Postdampferlinien nach So.-Asien und
Australien; der norddeutsche Stox;b1 stellt die auf diesen Linien
fahrenden „Reichspostdampfer" und verwaltet ihre Fahrten.
Weil der Verkehr zur See viel wohlfeiler ist als der zu Lande,
suchen die Warenfrachten im Welthandel aus dein Landesinneren so
bald wie möglich die Seeküste zu erreichen und dann wieder so weit
als möglich den Seeweg einzuhalten (daher so viele bedeutende Handels-
städte in der innersten Nische von Meerbusen, z. B. London und Ham-
bürg, Odessa und Petersburg). Um rasch von Norddeutschland nach
London zu gelangen, sucht man Vlissingen auf; aber nach London be-
stimmte Waren verladet man lieber in Hamburg. Die von England
nach Indien bestimmte „Post" (Briefe und Packete) geht auf der Eisen-
bahn quer durch das europäische Festland nach Marseille oder den
italienischen Hafenorten und wird dort an Bord der nach Indien
gehenden Postdampfer übernommen, während die englischen Frachtstücke
auf letzteren um W.-Europa herumfahren.
Da die handelsmächtigsten Nationen hauptsächlich die W.-Hälfte
Europas und die O.-Hälfte Nordamerikas bewohnen, so ist das nord-
atlantische Meer der verkehrsreichste aller Meeresräume. Um
aber auch die O.-Seite der Ostfeste und die W-Seite der Westfeste
rasch und billig zu erreichen, richtete man die Seefahrten auf die
mittlere Landverengung beider Erdfesten zur Vermeidung des Um-
wegs um Afrika, bezüglich um Südamerika. Leider fehlt aber noch
der interozeanische Kanal durch Mittelamerika. Deshalb benutzt zwar
der Personen- und Postverkehr den Seeweg nach der Panama-Enge
und dann die Panama-Eisenbahn, der Güterverkehr zieht hingegen
größtenteils die nordamerikanischen Überlandbahnen vor, unter Um-
ständen sogar die Fahrt durch die Magellanstraße, weil der Seeweg
' S. 223 (3); vergl. S. 77 Anm. 2.
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Iv. Das Land.
3. Aufbauende Thätigkeit des Windes (Dünen\ Lößbildung^)
und des Wassers (Alluvium3 vou Flüssen und Meeren).
4. Vulkanische Ausbrüche (Eruptionen).
5. Einsturz von Felsmassen, welche die in höherer Lage bleibenden
Teile als Horstgebirge erscheinen lassen^, oder Auffaltung der Erd-
rindenmassen zu Gebirgsrückens besonders häufig an den Küsten, wie
am vollkommensten Südafrika, Q.-Australien und die pacisische Seite
Amerikas zeigen; wo Faltungsgebirge gegenwärtig dem Meere fern lie-
gen, läßt stch in der Regel beweisen, daß sie'in früheren Zeiträumen
der Erdgeschichte Festlandküsten bildeten (Ural^, Alpen7, Randgebirge des
norddeutschen Tieflandes^).
Mit der genaueren Morphologie (d. h. Gestaltenlehre) der Gebirge
beschäftigt sich die Orometrie, die Lehre von den Maßen der Gebirge."
Von V ulk anen 11 kennt man mindestens 325 thätige (darunter einig
erst vor kurzem entstandene) und noch mehr erloschene." Sie durchbohren
mit ihren lavagefüllten Schloten siebartig das Gestein der Erdrinde und sind
meist unfern dem Meere reihenartig geordnet; die großartigste Vulkanreihe
zieht vom O. des bengalischen Meerbusens uin das ganze pacisische Welt-
meer herum. Nur der Australkontinent ermangelt der thätigen Vulkane.
Eruptionen früherer Erdalter ergaben die Porphyr-, Basalt-, Phonolith-
und Trachytberge^, deren Mafse als seuerslüssige Lava aus dem Erdinnern
quoll (ohne daß letzteres aus lauter Lava zu bestehen braucht!); sie besitzen
zwar keine Krater, die basaltischen jedoch gewöhnlich Kegelform, wie die
heutigen Vulkane, die sogenannten Feuerfpeier.
Viel umsasseuder als der Vulkanismus arbeitet die Gebirgsfälte-
lung an der Ausgestaltung der Erdoberfläche. Vermutlich war die Erde
einst feuerflüssig, erstarrte erst im Laufe unberechenbar langer Zeiträume
durch Ausstrahlung ihrer Wärine in den äußerst kalten Weltraum und
unterliegt noch gegenwärtig (wie jeder sich abkühlende Körper) einer lang-
samen Zusammenziehung, wodurch sich ihre Außenseite runzelt gleich der
Schale eines durch Trocknen zusammenschrumpfenden Apfels. Unsere
Figur stelle einen Querschnitt durch ein mehrkammiges Faltungsgebirge
(etwa den schweizerischen Jura) dar; man sieht sosort, daß ein solches Ge-
birge bei Wiederebenung seiner verbogenen Sedimente, d. h. Schicht-
gefteine13, nicht Raum sände zwischen seinen einschließenden Felsmassen
' 0. 125 Anm. 1. 2 S. 82 Anm. 1, 134. 3 I, 25, S, 16, 60,
127 (8), 174 u. 176, 219 (2). 4 @. 95, 175. " S. 95, 67. ° S. 132.
* S. 26, 67, 168 (unten). 8 ©.207. 9 S. 93f. 10 I, 15. 11 @. 15 (unten),
26, 43 (3), 52, 100 (unten), 101 f., 109 (4), 110 (oben u. unten), 112, 139 (2),
141, 149 (7), 153 (9), 190 (unten) f., 237, 243 (unten). 12 42 (2), 43 (3),
73f., 81 (unten) f., 189 (2), 193, 194 (oben), 196 (§7), 213 (4). 13 S. 94.
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266 V. Die wichtigsten Kandels - und verkehrsstrahen.
Südfee wird jedoch im N. auch von einer amerikanischen Linie,
San Francisco-Aokohama, in 16 Tagen durchmessen, außerdem
von der etwas kürzeren englischen, Bancouver-Iokohama, in
14 Tagen. Die umfangreichste Postlinie durch die Südsee ist abermals
eine englische: sie führt von San Francisco über Honolulu, die
Samoa-Jnseln und Auckland in 26 Tagen nach Sydney.
Aus den oben erwähnten englischen Dampferlinien und der
kanadischen Pacificbahn setzt sich demnach eine Reise um die Erde mit
folgender Zeitdauer zusammen:
England (Liverpool) nach Quebec 9 Tage
Quebec nach Vancouver 6 „
Vancouver nach Aokohama 14 „
Aokohama über Suez nach London 46
im ganzen 75 Tage.
Iii. Telegraphen.
Die Stangenreihen der elektrischen Telegraphenleitungen ziehen
sich durch alle Erdteile, die unterseeischen Kabel durch alle Meere, ab-
gesehen von den beiden Polarmeeren; seit 1876 besitzt Deutschland
(und nach seinen: Vorbild Frankreich) auch ein Netz unterirdischer Kabel,
die vom Wetter keinen Schaden erleiden und int Kriegsfall nicht so
leicht wie oberirdische Leitungen zu zerreißen sind.
Der Telegraph dient ohne Unterlaß in Friedenszeiten dem Handel,
um Preishöhe und Nachfrage nach Waren augenblicklich in weiteste
Ferne mitzuteilen, Neuigkeiten aller Art den Zeitungen der ganzen
Erde frisch zu übermitteln, amtliche Anordnungen rasch auszubreiten;
unersetzliche Dienste leistet er aber vollends im Krieg.
Daher gehen die Telegraphenlinien nicht allein den Eisenbahnen
entlang, sondern sie durchziehen auch weite Erdräume ohne Eisenbahnen,
so Australien von Port Darwin im Nw. bis Adelaide im So.,
Nordasien von Jekaterinburg über Jrkutsk nach der Amurmündung.
Ohne Telegraphen in ihrem tiefen Inneren sind nur die beiden wirt-
schaftlich zurückgebliebensten Erdräume: Afrika und Südamerika
(zwischen Buenos Aires und Santiago überschreitet jedoch der Tele-
graph die Anden). Mit den gegenwärtig bestehenden oberirdischen
Telegraphenlinien könnte man die Äquatorlinie 48 fach, mit ihren »
Drähten 140 mal umziehen.
Die unterseeischen Kabel verlaufen naturgemäß gleich den
Hauptschiffahrtslinien von Europa aus überwiegend nach So. (durch
Mittelmeer, rotes Meer nach Bombay, von Madras über Singapore
nach Ostasien und anderseits nach Port Darwin, von Sydney nach
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312
Iv. Das Land.
und Trias im südwestdeutschen Becken \ das Schichtgestein im Bereich der
überwiegend archäischen Zentralalpen. * Faltungsgebirge können in die
Ruinengestalt sogenannter Rumpfgebirge^ übergehen, indem die De-
nudation ihre Kämine mit Ausnahme etwa derjenigen aus besonders
hartem Gestein bis gegen den Gebirgssockel hin abtragen, sodaß man
zuletzt die einstmaligen Kammfaltungen des Gebirges nur noch in den
faltenartigen Biegungen der Gesteinsschichten der Hinterbliebenen platten-
förmigen Gebirgsmasse zu erkennen vermag (rheinisches Schiefergebirge4,
Harz5). Rumpfgebirge gehören also ihrer Form nach zu den Massengebirgen.
Die Höhe der Schneegrenze^ richtet sich nur im allgemeinen nach
der Breitenlage, weil sie weniger von der mittleren Jahreswärme abhängt
als von der Schneefülle des Winters, dem Grade der Wärme und Feuch-
tigkeit des Sommers, ? Neben den Lawinen bewirken die Gletscher^
den Abraum des Schnees der Hochgebirge oberhalb der Schneelinie; sonst
würden solche Gebirge immer höher werden durch Auflagerung des Schnees
(bxe Alpen jährlich um 1 m). Ihre Bewegung beruht auf dem langsamen
Niedergleiten längs dem abwärts geneigten Gletscherbett und auf der
Schmiegsamkeit des Gletschereises, diese Schmiegsamkeit aber wieder dar-
auf, daß unter dem Druck, den die oberen Teile des Gletschers aus
die unteren ausüben, beständig Eisteilchen schmelzen und letztere als Wasser
in die feinen Haarspalten des Gletschers austreten, wo sie (Des Druckes
zeitweise ledig) wieder zu Eis erstarren, und so immer fort. Mit dem
Gletschereis rutscht der Felsschutt der Moränen thalabwärts; man unter-
scheidet Randmoränen, d.h. Reihen von Blöcken, welche, von den um-
gebenden Thalgehängen durch Verwitterung losgelöst, auf den Rändern
des Gletschers auflagern, Mittelmoränen, welche bei der Vereinigung
mehrerer Gletscher dadurch entstehen, daß sich die aneinander stoßenden»
Randmoränen der Teilgletscher zu breiteren Blockreihen auf der Oberfläche
des zusammengesetzten Gletschers vermengen, und die Grundmoräne. ^
Von Flußgeröllen unterscheidet sich der Moränenschutt durch regellose Zu-
sammenhäusung großer und kleiner Steine, öfters auch durch Scharfkan-
tigkeit, derjenige der Grundmoräne bisweilen durch spiegeleben geschlis-
fene Flächen; die Ecken und Kanten derjenigen Gesteinstrümmer der
Grundmoräne, die das Gletscherbett berühren, ritzen dasselbe geradlinig
solche geschrammte Felsen verraten daher oft noch die ehemalige Gletscher-
thätigkeit, wenn der Gletscher längst verschwunden ist). Oberflächenmorä-
nen und Grundmoräne häufen ihren Schutt zuletzt als Endmoräne an
der Stelle auf, wo der Gletscherbach am Gletscherende hervortritt. Der-
selbe erhält sein Wasser zum geringsten Teil vom Abtauen des Gletscher-
endes (der sogenannten Gletscherzunge), hauptsächlich vom Abtauen der
* S. 176. 2 S. 73. 3 Zur Erläuterung dieses figürlichen Ausdrucks
(soviel wie gliederloses oder gliederarmes Gebirge) vergl. S. 5 (u.anm.3). 4 188.
5 6.196 (unten). 6 1,17. 7 Vergl. die angehängte Tafel („Höhen über dem
Meeresspiegel", rechts unten) u. S. 93 (unten) f., 22 Anm. 4, 141 (oben), 142 (3),
168 (oben). 8 S. 95 s. 9 ®. 96,207.
10. Teil 2
- S. 314
1900 -
Halle a.S.
: Buchh. des Waisenhauses
- Autor: Kirchhoff, Alfred
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
314
V. Die Landgewässer.
fließenden perennierende^; solche können auch in Steppen oder selbst
in Wüsten vorkommen, wenn die aus der Quellgegend mitgebrachte
Wassermasse reichlich genug ist, um die starke Verdunstung des trocknen
Gebietes überstehen zu können (so der Nil, der Amu und Sir, die im
Tarim sich sammelnden Flußadern Ostturkistans2, die Flüsse im W.
der Union3).
Wasserscheiden^ ziehen sowohl über Gebirge als anch durch
Ebenen, denn schon die geringste Bodenschwellung genügt zur völligen
Scheidung der Flußgebiete. Selten verwischt eine Bifurkation^ diese
Scheide, häufiger begegnen int Gebirge die Thalwasserscheiden. ^
Im Oberlaufs pflegen die Flüsse den weitaus größten Teil des
Höhenunterschieds zwischen Quelle und Mündung rasch zu durchmessen;
hier ist ihr Gefälle ^ naturgemäß das stärkste, und dem entsprechend über-
wiegt die Erosion. Im Mittellauf ist die Erosion meist abgeschwächt,
weil hier das Gefälle schon stark vermindert zu sein pflegt; es finden schon
häufiger Anschwemmungen statt, teils r. und l. vom Ufer bei vorüber-
gehendem Austreten des Flusses aus seinem Bett, teils entstehen Sand-
bänke (und Werders, zwischen denen der Fluß in Schlangenlinien (Ser-
pentinen) hinzieht, wie das gewöhnlich geschieht, wenn das Gefälle sich
verringert und der Fluß um so leichter von einem Hemmnis seines Laufs
an dem einen Ufer nach der entgegengesetzten Uferseite hin abzubiegen ver-
anlaßt wird. Im Unterlauf überwiegt die Anschwemmung (Alluvion); *
nicht so viel gröberer Schutt zu Sandbänken ist mehr übrig, der lang-
saniere Strom führt meist nur noch feine Schlammteilchen (Flußtrübung),
läßt gegen die Mündung hin auch diese sinken (besonders bei der Mün-
dung ins Meer, in dessen salzigem Wasser die Sinkstoffe weit leichter zu
Boden sinken als im Süßwasser) und trennt sich in dem weichen Boden
seines Deltas^ leicht in Arme. Natürlich ändern sich alle vorgenannten
Verhältnisse, sobald die Stärke des Flußgefälles anders als gewöhnlich
über den Flußlauf verteilt ist, z. B. wenn Hochlandflüsse gerade kurz
vor ihrer Mündung plötzlich verstärktes Gesälle haben, wie z. B. oft in
Skandinavien^ und in Südafrika.12 Überall beobachtet man die größte
Stromgeschwindigkeit nach der Mitte des Flußspiegels hin, besonders
über der tiefsten Rinne des Flußbetts, im sogenannten Stromstrich,
denn an den Ufern (wie am Grunde) verzögert die Reibung des Bettes
den Lauf.
Die Geschwindigkeit der Flußbewegung hängt außer vom Gefälle
auch von der Menge des Wassers ab, die ein Fluß fortschiebt. Der
Druck der oberen Stroinmassen auf diejenigen flußabwärts ist aber bei
Hochwasser am ärgsten, weshalb die Ströme so oft ihre im ruhigen Fluß
abgesetzten Schwemmgebilde bei Hochwasser niederreißen. Der Amazonas
1 S. 137 Anw. 1. 2 133, vergl. S. 155 (3). 3 S. 106 (3, c).
4 I, 23. 5 S. 112 Anm. 1. 6 S. 66 Anm.3, 79 (unten). 7 I, 24.
8 1. 22. 9 I, 25. 10 I, 25 n. S 96 (unten). 11 S. 38 (unten) f. 12 S. 117.