1914 -
München [u.a.]
: Oldenbourg
- Autor: Fischer, Heinrich, Geistbeck, Alois, Wagner, Paul, Geistbeck, Michael
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
Russische Tundra.
Tundra bedeutet waldloses Land. Die Tundra ist die verbreitetste Landschaftsform des arktischen Festlandes.
Je nachdem dort der Boden wagrecht oder geneigt ist, hält er das sommerliche Schmelzwasser zurück oder läßt
es ablaufen. Dieser Umstand beeinflußt die Art des Pflanzenwuchses. Auf de» geneigten und trockenen Lagen
gewinnen bald Moose, bald Flechten die Oberhand, und hiernach unterscheidet man Moos- und Flechtentundro.
In flachen Vertiefungen breitet sich die stark durchfeuchtete Torstundra aus. Renntierflechte und isländisches
Moos ermöglichen das Auftreten des Renntieres, dessen Aufzucht neben Jagd und Fischfang die Hauptbeschäf-
tigung der Samojeden bildet. Höchst einförmig ist das winterliche Gewand der Tundra. Auf der unermeßlichen
Schneefläche erheben sich da und dort niedrige Schne^hügel, aus denen Zwergbirken nur wenig hervorragen.
Unter dem Schutz einer Waldinsel lagern Samojeden in ihren trichterförmigen Zelten. Nur am südlichen
Horizonte gemahnt ein schwacher Lichtstreifen daran, daß die Sonne, das Element alles Lebens, die Erde nicht
auf immer verlassen hat.
Lichtbild von Theodor Btnziiiflcr, Stuttqart,
Steilufer der Wolga.
Tie südlichen Ströme Rußlands haben alle ein westliches Steil- und ein östliches Wiesenufer. Der Vordergrund
des Bildes zeigt eiszeitliche Ablagerungen, den Hintergrund bildet Löß mit Regenschluchten und Strandlinien.
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Die nordgermanischen Reiche. 49
des Luftstickstoffs. Die wichtigste Rotte in der Volkswirtschaft spielen aber Fisch-
fang und Schiffahrt. Die Normannen (Nordmänner) befuhren schon im frühen
Mittelalter als kühne Seeräuber die Nordsee und das Mittelmeer, und ums Jahr 1000
entdeckten sie über Island und Grönland zum ersten Male Nordamerika. Auch
heute noch sind die Norweger dem Seewesen geneigt. Ihre Flotte nimmt unter
allen Flotten der Erde die fünfte Stelle ein.
So ist es erklärlich, daß alle größeren Siedelungen an der Küste liegen, die unter
dem Einflüsse des Golfstroms beständig eisfrei ist: Kristiania (230000 Einw.),
die stattliche Hauptstadt mit Universität; Drammen mit bedeutendem Holzhandel,
Bergen (70000 Einw.), der größte Fischmarkt, schon zur Hansezeit berühmt,
Drontheim, die alte Krönungsstadt, Narwik, der Endpunkt der Osotenbahn,
Tromsö, das Eingangstor für Lappland, Hammerfest, der nördlichste Handels-
Hasen der Erde, wo die Polarnacht bereits vom 21. Nov. bis 20. Jan. dauert. Ein
Hauptfischfanggebiet sind auch die Lofot-Jnseln, wo bisweilen 30000 Fischer gleich-
zeitig zum Fang ausfahren.
Deutschland bezieht aus Norwegen vor allem Tran, Seefische, Salpeter,
Eisenerze und liefert dafür Roggen, Mehl, Rübenzucker, Kleiderstoffe.
Schweden. Schweden ist im Gegensatz zu Norwegen ein reiner Ostseestaat.
Daraus ergeben sich andere Klima- und Kulturverhältnisse. Ungeheure Nadel-
Wälder, unterbrochen von Mooren, bedecken die ganze Nordhälfte des Reiches bis
zu den Tundren Lapplands. Auf den wasserreichen „Elfen" (z. B. Angermannelf)
werden gewaltige Holzmengen seewärts geflößt. Sägemühlen, Möbel- und Holz-
stossabriken begleiten die Flüsse. Eine Unterbrechung erleidet das Waldland dort,
wo die großen nordischen Eisenerzlager sich ausbreiten (Gellivare, Kiruna). Zu
ihrer Ausbeutung wurde die Osotenbahn gebaut, die sowohl zum Ozean (Narwik)
wie zur Ostsee führt (Luleä, Haparanda). Ein zweites Erzgebiet liegt südlich
der Waldzone, am Rande des Hochlandes. Dort sind nahe dem lieblichen Siljansee
die altberühmten Kupferlager von Falun, östlich davon ihr Ausfuhrhafen Gefle
(spr. jäwle), Die Seeniederung ist wohlangebautes Ackerland. An ihren beiden
Endpunkten liegen die größten Städte Schwedens: Stockholm (340000 Einw.),
prächtig am Ausfluß des Mälarsees gelegen, von der ofsenen See durch ein Gewirr
kleiner Felseninseln (Schären) getrennt; Gotenburg (160000 Einw.) mit Hoch-
schule. Eine Kette von Kanälen stellt die Verbindung zwischen den Seen und den
beiden Großstädten her. (Trollhättafälle und -schleusen!) Am selsigen Südufer
des Wettersees liegt Jönköping (-tschöpping), bekannt durch die „schwedischen
Sicherheitszündhölzer". Jenseit der Waldungen von Smäland beginnt das frucht-
bare Getreideland von Schonen. In ihm liegen die wichtigen Uberfahrtsorte
Helfingborg, Malmö und Trelleborg (Fährdampfer nach Saßnitz auf Rügen!).
Deutschland ist Schwedens Hauptabnehmer für seine Eisenerze und das
Holz; außerdem bezieht es viel Granitsteine. Schweden kauft von uns Roggen,
Düngesalze, Wollstosfe, Eisenwaren.
Dänemark. Die Halbinsel Jütland gehört ebenso wie die Inseln ihrer Natur
nach zum Norddeutschen Tiefland. Die Kreidefelsen Möens erinnern an Rügen,
die flachen Sandküsten im westlichen Jütland an die deutsche Nordseeküste; die
Bodenart ist meist derselbe fruchtbare Lehm, der uns von Mittel- und Norddeutsch-
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52 Europa im allgemeinen.
der Vogesen bis zum Meer ist die Grenze offen und durch eine Kette von Festungen
gedeckt. Diese offene Grenze erleichtert andrerseits den Handel und Verkehr mit den
Gebieten Mitteleuropas ungemein.
Landschaftsformen. Frankreich ist ein altes Schollenland, in dem hohe und
tiefe Schollen wie die Felder eines Schachbrettes abwechseln. Reste der Falten-
gebirge aus der Steinkohlenzeit sind 1. die Bretagne, 2. das französische Zentral-
plateau. Beide sind längst bis auf den Rumpf abgetragen und haben deshalb nir-
gends schroffe Formen. Das Zentralplateau hat aber in der Braunkohlenzeit sehr
wichtige Umgestaltungen erfahren: Mehrere große Spalten (Verwerfungen) haben
das Gebiet zerlegt, und einzelne Schollen sind gesunken. So entstand vor allem
der steile Bruchrand der Cevennen und der breite Einbruchsgraben der
Rhonesenke (vgl. Erzgebirgsabsall und Rheingraben!). Ferner quollen Lava-
massen hervor und bauten gewaltige Vulkanberge auf die alte Granithochebene,
so den Eantal und Mont Dore. Die vulkanischen Ergüsse dauerten während der
Eiszeit noch an. Damals entstanden jene kleinen Vulkane — teils mit, teils ohne
Krater —, die man als Puys zusammenfaßt. (Vgl. Phlegräifche Felder bei
Neapel!).
Dem Mittelalter der Erde verdankt das nordöstliche „Schachbrettfeld", das
Pariser Becken, seine Ausbildung. Damals war dort ein Meer, das Zentralplateau
eine Insel. Auf seinem Grunde lagerte sich Schicht auf Schicht ab, während der
Umfang des Meeresbeckens sich immer mehr verkleinerte. Wo heute Paris liegt,
war als letzter Rest ein Binnensee. So erklären sich die schüsselförmig ineinander
gebauten Gesteinsschichten jener Gegend mit ihren (nachträglich durch Verwitte-
rung entstandenen) bogenförmigen, einseitigen Steilrändern, die vor allem
östlich von Paris bis an die deutsche Grenze sehr hervortreten. Der nördliche Teil
der Schüsseln ist durch den Einbruch des Kanals abgetrennt worden; er bildet heute
das südöstliche England. Dem Pariser Becken entspricht das ganz ähnlich gebaute
Becken der Garonne („Aqnitanisches Becken".)
Der Wechsel von Hoch- und Tiesschollen hat in Frankreich eine Anzahl wich-
tiger Verkehrsstreifen hervorgerufen, so vor allem die „Senke von Poitou", die
die beiden Beckenlandschaften verknüpft, die „Rhonesenke" als Hauptweg von
Mitteleuropa zum Mittelmeer und das Garonnetal, aus dem eine Niederung
nach dem Mittelmeer führt. (Vgl. Abb. S. 53!)
Die einzelnen Landschaften.
1. Das mittelmeerische Frankreich.
Tas Rhonetal. In dem warmen italienischen Klima des Rhone-
tales reifen von Orange abwärts Oliven und Südfrüchte. Pflan-
zungen von Maulbeerbäumen, die dem Seidenspinner die Nahrung liefern,
sind äußerst zahlreich. Lyon (470000 Einw.) ist der bedeutendste Fabrika-
tionsplcch für Seide. Westwärts davon erstreckt sich ein mächtiges Kohlenlager;
hier St. Etienne mit seiner großartigen Metall- und Seidenindustrie, 150000 Einw.
Ostlich vom unteren Rhonetale dehnt sich die Provence aus mit sonnigem,
mildem Klima, daher hier die berühmten Winterkurorte Cannes, Nizza, Men-
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Westeuropa. 55
Champagne den Reichtum an Schlachtfeldern. Eines der berühmtesten ist die Ebene
bei Chalons an der Marne, wo Attila mit seinen Hunnenscharen geschlagen wurde.
Die nordöstlichen Landschaften (Französisch-Hennegau, Französisch-Flandern,
Artois und Picardie) zählen zu den fruchtbarsten Gegenden Frankreichs und enthalten
überdies gegen die belgische Grenze hin noch große Kohlenlager. Deshalb hat
in diesen Gebieten auch eine hochentwickelte Textilindustrie ihren Sitz, vor allem
in Lille (210000 Einw.) und Roubaix (120000 Einw.). Die Seestädte Calais
und Bonlogne dienen dem französischen Überfahrtsverkehr nach England.
Die Normandie, das Mündungsland der Seine, ist vorzugsweise das Land
der Obstweine, des eiäre (Apfelweins) und poire (Birnenweins). Ihren Namen
trägt die Landschaft von den Normannen, denen Karl der Einfältige dieses Ge-
biet überließ, um ihren Räubereien ein Ziel zu setzen.
Die Bretagne, von den Bretonen der gegenüberliegenden Küste besiedelt (daher
auch der Name'des Gebietes), liefert sehr tüchtige Seeleute. Die Bevölkerung spricht
teilweise noch heute eine dem Gälischen in Wales verwandte Sprache und bewahrt
in Gebräuchen und Vorstellungen manche Spuren keltischen Heidentums.
Im Herzen des Seinebeckens, der Jsle de France, wo sich die Straßen von allen
Seiten kreuzen, entstand Paris, die drittgrößte Stadt der Erde (3 Mill. Einw.),
der Mittelpunkt des geistigen, geselligen und politischen Lebens und die erste Jndu-
striestadt Frankreichs (vorzüglich Modeartikel). In seiner Umgebuug ist St. Denis
bemerkenswert durch Maschinenindustrie, Sevres durch Porzellan- und Versailles
durch Uhrenfabrikation.
b) Das Hinterland des Ozeans.
Das Tiefland der Loire ist durch seine Fruchtbarkeit und seinen sorgsamen
Anbau die „Kornkammer Frankreichs". Die lieblichen Gegenden der Landschaft
Touraine heißen der „Garten Frankreichs". Doch stehen die Hauptsiedelungen
des Gebietes, Orleans, Tours und Nantes (130000 Einw.), vielen anderen
Städten Frankreichs an Bedeutung nach. Südlich vom Mündungsgebiet der Loire
erstreckt sich die Vendee, deren Küstengebiet ganz wie die deutsche Nordseeküste
Marschland mit vorgelagerten Düneninseln ist. Eine Hauptschlachtenebene Frankreichs
ist die Gegend zwischen Tours und Poitiers. Oftmals stießen hier von Nord und
Süd feindliche Heere aufeinander. Von welthistorischer Bedeutung ist insbesondere
der von Karl Martell i. I. 732 über die Araber errungene Sieg.
Das Garonne-Becken ist im allgemeinen äußerst fruchtbar und besonders in
den Flußtälern sehr weinreich. Nur der Küstenstrich am Golf von Biscaya ist
öde durch den hier vom Westwinde zu Dünen aufgehäuften Meersand. An der
Mündung der Garonne (Gironde) liegt Bordeaux, die viertgrößte Stadt Frank-
reichs (250000 Einw.) und der Hauptausfuhrplatz für die berühmten Bordeaux-
weine, die namentlich an den Ufern der Gironde gedeihen. Ein wichtiger Ver-
kehrsmittelpunkt ist Toulouse mit 150000 Einw. Dem Flußgebiet der Garonne
gehört auch das Vorland der Pyrenäen mit seinen zahlreichen Schwefelthermen
an; hier liegen die Badeorte Pan, Bareges, Lourdes. Ein reizvoller Anfent-
halt am Biskayischen Meerbusen ist das Seebad Biarritz.
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58 Europa im allgemeinen.
doch herrscht das Französische vor. In neuester Zeit beginnen die Flamen der Ver-
welschung erfolgreichen Widerstand zu leisten durch Pflege der flämischen Schulen
und der flämischen Literatur. Im 80 liegt um Arlon ein kleines deutsches Sprach-
gebiet.
Erwerbsquellen. Flandern, das Gebiet westlich der Schelde, gilt durch
deu Reichtum und die Menge seiner Erzeugnisse (Hopfen, Gerste, Flachs, Zucker-
rübe) als landwirtschaft-
liches Musterland. Wie
in der Lombardischen Tief-
ebene, säumen hier Obst-
bäume die Äcker und Wiesen
ein, sodaß das Land dop-
pelte Ernte liefert. Der
Ebene entstammen ferner
die geschätzten Brabanter
Pferde und prächtige Rin-
der, besonders aus den Mar-
schen Flanderns, ferner treff-
liehe Molkereiprodukte (Lim-
burger Käse). Durch die
Fruchtbarkeit des Marsch-
bodens steht die belgische
Landwirtschaft in hoher
Blüte.
Noch wichtigere Erwerbs-
quellen Belgiens bilden In-
dustrie, Handel und Ver-
kehr. Schon im Mittelalter
war die Bevölkerung Bel-
gieus äußerst rührig und be-
triebsam. Gent erzeugte
weithin berühmte Tuche, und
Brügge unterhielt Viewer-
zweigte Handelsverbinduu-
gen. In unseren Tagen hat
Belgiens Industrie mit Hilfe
der großen Schätze an Kohle und Eisen, die das Ärdennengebirge in sich
schließt, eine erstaunliche Blüte erreicht. Möns, Eharleroi, Namnr, Lüttich
(175000 Einw.) im Sambre- und Maas-Kohlengebiet sind Fabrikorte allerersten
Ranges, wie sie sich im Deutschen Reich nur im Rheinland, Westfalen, in Sachsen
und Schlesien wieder finden. Brüssel ragt hervor durch seine Luxuswaren, be-
sonders Spitzen, Verviers durch seine Tuche, Gent (160000 Einw.) durch Baum-
wollwaren, ganz Flandern durch Leinwand.
Die schwungvolle Industrie hat naturgemäß einen äußerst lebhaften
Handel und Berkehr zur Folge, der durch die Nähe der größten Kultur-
Die Bodennatur Belgiens und Hollands.
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Westeuropa.
Bodennutzung in Großbritannien.
63
Wiesen u
Weiden.
Oed/and.
Der Ackerbau vermag freilich kaum die Hälfte des Bedarfs zu decken — er
verfügt nur über 23% der Bodenfläche —; ertragreicher ist Englands Viehzucht,
eine Folge der vorzüglichen Weidegründe und der sorgsamen Pflege, die dieser
Zweig der Landwirtschaft seit
langem genießt. Englische
Rinder, Schweine und Schafe
werden auf dem Festlande
zur Zucht ebenso begehrt wie
englische Vollblutpferde. In
der Hopfenerzeugung steht
England an erster Stelle in
Europa, und seine Woll-
Produktion wird nur von der
russischen übertroffen.
Altengland mit seinen
wohlgepflegten Parks, aus
deren Mitte stolze Herren-
Häuser aufragen, ist der Sitz
des altenglischen Adels. Hier
liegen die Universitätsstädte
Oxford und Cambridge und
die altertümlichen Kathedral-
städte Eanterbnry, Dork
n. a.
Englands Bodenschätze
und Industrie. Außer durch
seine günstige Verkehrslage
und seinen riesigen Kolonial-
besitz wird Großbritanniens
weltbeherrschende Handels-
macht noch getragen durch
seine großen Vorräte an Koh-
len und Eisen, diesen Haupt-
hebeln der modernen Groß-
indnstrie. In Süd Wales bei
Cardiss rings um das nord-
englische Bergland bei Liver-
Pool, Birmingham, Lincoln,
Carlisle und New Castle, dann
Der Bergbau Englands.
5*
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66 Kartenkunde.
besitz umfaßt heute 30 Mill. qkm mit rund 37v Mill. Einw.; er ist dreimal so
groß als Europa und beherbergt über 4/s der Einwohnerzahl unseres Erdteils. Eng-
land bildet in dieser Ausdehnung („Greater Britain'') das größte Weltreich aller
Zeiten.
Abgesehen von zahlreichen kleinen Besitzungen (wie z. B. Neufundland, Ber-
mudas- und Bahamainseln, Jamaika, Trinidad, Falklandinseln, Tristan da Cuuha,
St. Helena, Ascension) gehören England folgende Riesenkolonien: Britisch-Jndien,
Kanada, Südafrika, Australien.
Kartenkunde.
Arten der Karten. Nach dem Maßstab und dem Zweck der Karten unterscheidet
man:
1. Plankarten im Maßstab 1:500 bis 1:10 000.
2. Topographische oder Spezialkarten im M. 1:10 000 bis 1: 200 000. Zu
ihnen gehören die Meßtischblätter und Generalstabskarten.
3. Geographische oder Übersichtskarten.
Meßtischblätter. Sie haben ihren Namen nach dem Meßtisch, mit dem sie
früher aufgenommen wurden. Dieser besteht aus einer Holzplatte auf Dreifuß.
Zum Messen diente die Kippregel, ein Messinglineal mit einem darüber befind-
lichen, zum Kippen eingerichteten Visierfernrohr.
Der Maßstab ist 1:25 000; 4 cm bedeuten also 1 km. Bei dem ebenfalls
angegebenen Schrittmaß ist ein Schritt zu 80 ern angenommen. Der Meilen-
1 \ 111307
Maßstab zeigt die geographische Meile — ^ eines Äquatorgrades — ^
— 7420,44 m1). 1 qkm der Natur ist auf der Karte 4-4 — 16 qcm groß.
Zur Gradeinteilung dient noch der Nullmeridian von Ferro, weil die
Karte begonnen war, ehe Green wich bei uns allgemeine Geltung hatte. Ein Karten-
blatt umfaßt 6 Breitenminuten oder Seemeilen (am seitlichen Rande zu messen!);
das sind im richtigen Maßstab 44,448 ern Kartenhöhe. Von Westen nach Osten um-
faßt das Blatt 10 Längenminuten — i Längengrad. Da die Meridiane nach den
Polen hin zusammenlaufen, ist streng genommen die Fläche eines Meßtischblattes
ein Trapez. Der Längenunterschied zwischen dem oberen und unteren Kartenrand
i) 1 Seemeile ist dagegen ^ eines mittleren Meridiangrades — 1 mittlere Breitemninute
= — 1852 m. 4 Seemeilen sind deshalb nicht genau 1 geographische Meile, sondern
nur 7408 m!
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Kartenkunde. 67
beträgt aber nur 1 mm. Landkarten, die von Linien des Gradnetzes abgegrenzt
werden, heißen Gradabteilungskarten. Das Netz ist auf den Meßtischblättern
nicht ausgezogen, sondern nur durch Teilstriche angedeutet.
Außer dem Gradnetz verwendet die sächsische Landesvermessung _ zur Lagebestim-
mung noch ein Linienkreuz: eine N-S* und eine 0-W=Lime, die sich etwa bei
Großenhain schneiden. Der Abstand von der ersteren nach 0 wird mit -j- y, nach W
mit — y angegeben, der Abstand von letzterer nach N mit -j- x, nach S mit —x.
(Vergl. die Angaben am Kartenrand, in in ausgedrückt!)
Dreiecksnetz. Um das Königreich Sachsen zu vermessen, ist zunächst eine
völlig ebene Strecke bei Großenhain, die „Basis", auf das genaueste bestimmt wor-
den. Von den beiden Basisendpunkten wurde nach einem fernen Punkte mit einem
Winkelinstrument visiert. Da ein Dreieck bestimmt ist, wenn man eine Seite und
die beiden anliegenden Winkel kennt, so ließen sich die beiden Entfernungen von den
Basisenden nach dem „Signal" berechnen. Visiert man von dem Signal nach einem
neuen Punkt (Kirchturm, Aussichtsturm, Holzgerüst), so gewinnt man einen weiteren
Winkel. Durch Anbringung zahlreicher „trigonometrischer Signale" und
Winkelmessungen hat man allmählich das ganze Land mit einem Dreiecksnetz über-
zogen*). Dies ist das Gerippe für die weiteren Landesvermessungen. Die Signale
sind auf der Karte angegeben. („Trig. Sig.")
Situationsentwurf. Nachdem das Dreiecksnetz gewonnen ist, werden die
wichtigsten Linien und Punkte in die Karte eingetragen, die „Situation". Dazu
gehören die Gewässer, Straßen, Bahnen, Häuser usw. Diese werden durch fest
bestimmte „Signaturen" bezeichnet. (Vgl. S. 68!)2).
Höhenangaben. Um die
Höhe eines Punktes zu bestim-
men, benutzt man meist die Ni-
vellierung mit einem wagerech-
ten Fernrohr und farbig eingeteil-
ten Meßlatten. (Vgl. Abb.!)
Alle Höhenangaben der Karte
beziehen sich auf Normalnull
(N.n.). Um diesen Punkt zu ge-
Winnen, hat man von dem Null-
Punkt des Amsterdamer Nordsee-
Pegels eine genaue Nivellierung
bis an die Berliner Sternwarte
ausgeführt. Dort befindet sich an
einem polierten Steinpfeiler ein
weißes Emailleglas mit haarfeiner Millimetereinteilung. Auf dieser ist der „Nor-
malhöhenpunkt" bezeichnet, d. h. ein Punkt, der nach dem ausgeführten Nivel-
beziehen Dreiecksnetz 1. Ordnung ist im Maßstab 1:250 000 vom Finanzministerium zu
käuflick^ ^^uaturen für die Meßtischblätter sind auf einem Erläuterungsblatt für 35 Pf.
au^. georg-Ecfcert-lnswv*
for internationale
Schutbuchforschunt
Braunschweig
§Chulbuchbit)liot|Mä
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68
Kartenkunde,
Die Signaturen der Generalstabskarte.
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Darstellung der Vergsormen aus der Landkarte.
Ii
in
iv
Berg mit gleichmäßiger Böschung
(regelmäßiger Kegel).
Berg mit ungleichmäßiger Böschung
(schiefer Kegel).
Berg mit abnehmender
Steilheit (Kuppe).
Berg mit zunehmender
Steilheit (Spitzberg).
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Co