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1. Mathematische Geographie für gehobene Bürger- und Mittelschulen insbesondere für Präparandenanstalten und Seminare - S. 38

1899 - Leipzig : Dürr
— 38 — § 22. Entstehung der Tageszeiten. Die Erde ist ein Planet, ein von Natur dunkler Körper, der sein Licht von der Sonne empfängt. Daher wird nur die der Sonne zugewandte Erdhälfte er- leuchtet, sie hat Tag; die von der Sonne abgewandte Erdhälfte liegt in dem hinter der undurchsichtigen Erdkugel entstehenden Schatten, empfängt kein Licht von der Sonne, sie hat Nacht. Die äußersten Lichtstrahlen, die die Erde noch treffen, berühren sie in einem größten Kreise; er heißt Beleuchtungsgrenze; in ihm stoßen Licht und Schatten zusammen. Hätte die Erde keine Atmosphäre, so müßte hier auch eine ganz scharfe Lichtgrenze sein, wie beim Monde, der keine Atmo- sphäre hat. Wir wissen aber schon, daß die Atmosphäre durch die Brechung auch solchen Punkten der Erde noch Sonnenstrahlen zuführt, die jenseits der Belenchtnngs- grenze liegen, d. h. die direkt keine Sonnenstrahlen mehr empfangen. Wir kennen ja bereits die Dämmerungszoue. (S. § 10.) Wirkliche Nacht ist daher nur auf 100/289 der Erdoberfläche. Ständen Erde und Sonne still, so hätte die eine Hälfte der Erde beständig Tag, die andere Nacht; so aber geht infolge der Rotation der Erde die Sonne für jeden Punkt der Erde auf und wieder unter, es ist Wechsel zwischen Tag und Nacht. Freilich sind diese für verschiedene Orte der Erde und in den verschiedenen Jahres- zeiten sehr verschieden. Wir sahen schon, daß nur zwischen den Polarkreisen Tag und Nacht stets in 24 Stunden einmal wechseln und daß nur unter dem Äquator beide stets 12 Stunden lang sind. (S. § 16.) An jedem um 10 östlicher gelegenen Orte der Erdoberfläche geht die Sonne 4 Minuten früher auf; er hat auch 4 Minuten früher Mittag, ist überhaupt in seiner Zeitrechnung 4 Minuten voraus. (S. § 17.) Reist man also von seinem Wohn- orte einen Grad nach Osten, so hat man dort 4 Minuten früher Sonnenaufgang als zu Hause, bei einer Reise, die sich aus 2 Grade erstreckt, 8 Minuten. Notierte man bei einer Reise um die Erde, also durch 360 Grade, in östlicher Richtung bei jedem Sonnenaufgang ein neues Datum, so wäre mau bei der Heimkehr mit seinem Kalender um 360 X 4 = 1 440 Minuten — 24 Stunden, d. i. um eiueu vollen Tag vor dem Orte der Abfahrt voraus. Umgekehrt bringt eine Reise von Osten nach Westen um die Erde um einen Tag zurück. Als Magellan nach einer von Spanien aus nach Westen ausgeführten Weltumsegluug nach 3 Jahren zurückkehrte, schrieb mau aus dem Schiffe den 6. September 1519, in Spanien den 7. September. Nach Osten zu verfrüht man gleichsam den Sonnenaufgang, uach Westen zu ver- spätet man ihn. Daher verschiedenes Datum in ostwestlich weit von einander entfernten Orten. § 23. Gegenfüszler. Gegenwohner. Nebenwohner. 1) Die Gegenfüßler (griech.: Antipoden) wohnen auf entgegengesetztem Meridian und entgegengesetztem Parallelkreise. (S. § 14, 2.) Teilt man die Erde in eine östliche und in eine westliche Halbkugel, so wohnen sie auf entgegengesetzten Halb- kugeln, sie haben somit entgegengesetzte Tageszeit; teilt man die Erde in eine nörd- liche und südliche Halbkugel, so wohnen sie ebenfalls auf entgegengesetzten Halbkugeln; daher haben sie auch, wie sich in § 27 zeigen wird, entgegengesetzte Jahreszeit. —

2. Mathematische Geographie für gehobene Bürger- und Mittelschulen insbesondere für Präparandenanstalten und Seminare - S. 40

1899 - Leipzig : Dürr
— 40 — Linien, so bilden diese Linien einen Winkel mit einander; man nennt ihn die Parallaxe des Punktes. Kann man die Linie zu dem Punkte nicht wirklich ziehen, so giebt es für die Meßkunst Mittel und Instrumente, durch Beobachtung die Parallaxe zu bestimmen. Offenbar ist dieselbe um so kleiner, je weiter der beobachtete Punkt von den beiden anderen entfernt ist. Ist er in uueudlicher Ferue, während die Beobachtungsstellen ans der Erde liegen, so ist die Parallaxe so gering, daß sie nicht wahrnehmbar wird; die 2 Sehlinien erscheinen parallel. Als aber Kopernikus und Galilei behauptet hatteu, die Erde kreise um die Souue, und als mau aus Messungen mittelst Ferurohrbeobachtuugeu folgerte, daß die Sonne 20 Millionen Meilen von der Erde entfernt sei, als also der Durchmesser der Erdbahn als eine Linie von 40 Millionen Meilen sich ergab, da erschien es selbst bei den gewaltigen Entfernungen der Fixsterne möglich, daß bei der Beobachtnng eines Fixsternes von den beiden Enden eines Erdbahndurchmessers, etwa von deu 2 Solstitialpuukteu aus eine Parallaxe des Fixsterns, ein merklicher Unterschied, ein Winkel zwischen den 2 Sehlinien sich finden könnte. Seit Galilei wnrde nach einer solchen Jahresparallaxe gesucht; aber erst mit den vorzüglichen Meßinstrnmenten nnseres Jahrhnnderts gelang es, für die der Erde nächsten Fixsterueu diese Parallaxe nachzuweisen. Sie ist so klein, daß sie selbst für deu alleruächsteu Fixstern wenig über 3u Bvgensekunden ausmacht. Aber daß sie uachgewieseu ist, ist ein sicherer Beweis für die Bewegung der Erde um die Soune, und ihre Kleinheit läßt es zu- gleich begreiflich erfcheiueu, daß die noch kleinere Parallaxe sehr ferner Fixsterne selbst durch die besteu Instrumente nicht nachgewiesen werden kann. 4) Die Aberration des Lichtes. Schon 1727 entdeckte Bradley die sogenannte Aberratio u des Lichtes. Er richtete sein Fernrohr so auf eiueu Fix- steru, daß er einen Strahl desselben durch die Axe des Rohres ins Auge bekam. Als er aber am folgenden Tage um dieselbe Zeit die Beobachtuug fortsetzen wollte, war der Strahl von der Richtung des vorhergehenden Tages etwas abgelenkt; das Fernrohr mußte, damit der Strahl wieder durch die Axe ins Auge gelangte, etwas gegen die Lichtstrahlen in der Richtung verschoben werden, in der sich die Erde be- wegt. Der Fixsteru hatte also scheinbar eine kleine Beweguug gemacht. Ähnlich geschah es bei deu folgenden Beobachtungen, die lange zu derselben Zeit fortgesetzt wurden. Nach einem Jahre aber hatte das Fernrohr feine erste Lage wieder, der Stern erschien an seiner ersten Stelle. Er hatte scheinbar eine sehr kleine und sehr flache Ellipse beschrieben, deren Axe mit der Ekliptik parallel war. Daraus und aus der Wiederkehr der Erscheinung genau im Laufe eiues Jahres schloß Bradley mit Recht, daß sie mit der Beweguug der Erde zusammenhing. Ein Lichtstrahl braucht eiue Sekunde, um 40 000 Meileu zu macheu. Es vergeht also auch ein sehr kleiner Zeitteil, während der Strahl durch das Ferurohr streicht. Bewegt sich die Erde wirklich, so bewegt sich mit ihr in jeuer sehr kurzen Zeit auch das Fernrohr etwas in der Richtung ihrer Bahn. Wird also das Fernrohr genau auf deu Stand- ort des Sterues gerichtet, fo kauu der Strahl nicht in der Richtung der Axe ein- fallen, sondern muß durch die gleichzeitige Bewegung des Rohrs etwas abgelenkt werden; mau muß das Rohr vielmehr in der Richtung der Erdbewegung etwas, allerdings sehr wenig verschieben. Das hatte also Bradley schon am ersten Beobachtungstage gethan, aber unbewußt; denn da wir die Stellung der Fixsterue im Welträume so genau uicht kennen, vermutete Bradley die Stellung des Sterues ebeu in der Richtung der Axe des Fernrohrs, in der der Strahl einfiel. Hätte sich nun die Erde in grader Linie weiter bewegt, so würde das Fernrohr stets die

3. Mathematische Geographie für gehobene Bürger- und Mittelschulen insbesondere für Präparandenanstalten und Seminare - S. 42

1899 - Leipzig : Dürr
— 42 — zu durchlaufen! Die Erde durchläuft sie iu einem Jahre, bewegt sich also iu 1 Sekunde 365 >^24^60 = 4 geographische Meilen fort; ein Punkt des Äquators macht in 1 Sekunde nur Vie geographische Meilen, d. h. kbie Erde be- wegt sich 64 mal so schnell in ihrer Bahn, als sie rotiert. Die Bewegung ist also nicht ein bloßes Abrollen, sondern noch gleichzeitig ein Fortrücken. Wie bewegt sich dabei die Axe? Scheinbar gar nicht; denn die Pole der Himmelsaxe bleiben ja bei der scheinbaren täglichen Rotation des Himmelsgewölbes das ganze Jahr hindurch dieselben; also scheint die Himmelsaxe sich nicht fortzu- bewegen. Die Axe der Erde ist ein Teil der Himmelsaxe, sie ist stets nach den Polen der Himmelsaxe gerichtet; also scheint auch sie an derselben Stelle des Welt- raumes zu bleiben. Das ist freilich, da die Erde sich um die Sonne bewegt, nn- möglich. Aber die Erdaxe ändert bei dieser Beweguug ihre Lage im Welträume, ihre Richtung nicht; denn die Ebene des Erdäquators ist ein Teil der Ebene des Himmelsäquators; dieser hat (s. § 12) immer dieselbe Neigung gegen die Ebene der Ekliptik, die doch eine unveränderliche Lage im Welträume hat; daher muß auch der Erdäquator stets dieselbe Neigung gegen die Ebene der Ekliptik haben; dann aber hat auch die Erdaxe, die auf der Äquatorebeue senkrecht steht, eine uuver- äuderliche Neigung gegen die Ebene der Ekliptik, d. h. sie bewegt sich parallel zu sich selbst um die Sonne. Damit ist es auch wohl vereinbar, daß die Erdaxe stets nach denselben Stellen des Himmels zu zeigen scheint. In Wirklichkeit zeigt die Erdaxe zu verschiedenen Zeiten des Jahres nach verschiedenen Punkten des Himmels; doch können diese höchstens um den Durchmesser der Erdbahn, 40 Millionen Meilen, von einander entfernt sein. Wir wissen nun wie klein die Jahresparallaxe der nächsten Fixsterne ist. Erscheinen aber zwei von den Enden eines Durchmessers der Erdbahn nach einem Sterne gezogene Linien so gut wie parallel, so erscheinen für uns auch umgekehrt zwei Punkte des Himmelsgewölbes als einer, wenn sie 40 Millionen Meilen von einander entfernt sind. Also: Indem die Erde sich um die Sonne bewegt, behält ihre Axe stets dieselbe Lage im Welträume bei; sie bleibt stets nach derselben Himmelsgegend gerichtet, d. h. sie bleibt sich stets parallel. § 26. Wie steht die Erdare zur Ebene der Erdbahn. I. Angenommen, die Erdaxe stände senkrecht auf der Ebene der Bahn (s. Fig. Xx), dann fiele: 1) Die Ebene des Erdäquators zusammen mit der Erdbahn oder, was das- selbe, die Ebene des Himmelsäquators mit der Ebene der Mliptik. Dann aber gäbe es keine Schiefe der Ekliptik! 2) Die Sonne würde scheinbar alle Tage denselben Kreis am Himmel, näm- lich den Äquator durchlaufen; scheinbare Tages- und scheinbare Jahresbahn der Sonne fielen zusammen. 3) Die Polbewohner sähen dann die Sonne nur im Horizonte, sie ginge ihnen weder auf noch nnter. (Als Horizont ist ja bei Himmelsbeobachtungen stets der wahre Horizont, ein größter Kreis am Himmel, anzusehen; für die Pole wäre es der Äquator des Himmels.) 4) Alle anderen Orte der Erde hätten dann stets 12 Stunden Tag und 12 Stunden Nacht.

4. Mathematische Geographie für gehobene Bürger- und Mittelschulen insbesondere für Präparandenanstalten und Seminare - S. 43

1899 - Leipzig : Dürr
— 43 — Fig. Xx. 5) Für die Äquatorbewohner stände die Sonne jeden Mittag im Zenith, für andere Bewohner der Erde nie; doch wäre die Zenithdistanz für jeden Punkt der Erde das ganze Jahr hindurch unveränderlich, und zwar um so größer, je näher nach den Polen, für Berlin 371 /s °. Nun ist die Erdbahn fast ein Kreis; die Entfernung der Erde von der Sonne wechselt daher so wenig, daß es für die Stärke der Erwärmung der Erde nichts ausmacht. Deshalb wäre mit Rücksicht auf 4) und 5) 6) die Stärke der Erwärmung eines Punktes der Erde Tag für Tag ungefähr dieselbe; es gäbe keinen Wechsel der Jahreszeiten und der Temperatur. Das alles ist aber nicht so, folglich kann die Erdaxe nicht senkrecht auf der Erdbahn stehen. Ii. Angenommen, die Erdaxe fiele in die Ebene der Erdbahn (s. Fig. Xxi), dann stände 1) der Erdäqnator senkrecht auf der Ebene der Erdbahn, also auch der Himmels- äquator auf der Ekliptik. 2) Bei der Erstellung A in Fig. Xxi würde der Äquator senkrecht von der Sonne beschienen, und auf der ganzen Erde wären Tag und Nacht gleich. 3) Bei der Erdstellung B würde der Nordpol den ganzen Tag senkrecht von der Sonne beschienen, und es wäre am Pole tropische Hitze; für die Orte des Äquators stände die Sonne den ganzen Tag im Nordpunkte des Horizontes. (Wie wäre es bei C und D?)

5. Mathematische Geographie für gehobene Bürger- und Mittelschulen insbesondere für Präparandenanstalten und Seminare - S. 44

1899 - Leipzig : Dürr
— 44 — Fig. Xxi. Da es in Wirklichkeit nicht so ist, so kann die Erdaxe nicht in die Ebene der Erdbahn fallen. Folglich muß die Erdaxe schies auf der Ebene der Erdbahn stehen. Wie schief? Offenbar ebenso schief, wie die Himmelsaxe auf der Ekliptik. Die Ekliptik bildet mit dein Äquator des Himmels einen Winkel von 231/2 0 (s- § 12); die Himmelsaxe steht ans dem Äquator senkrecht; also beträgt der Winkel zwischen Himmelsaxe und Ekliptik und demnach anch der Neignngswinkel der Erdaxe gegen die Erdbahn 90°— 23l/2 0 = 661/2 °. (Vgl. Fig. Xiii. Der Bogen von p bis zum Solstitialpuukt des 21. Juni giebt den gesuchten Winkel.) Der Satz am Schlüsse des § 25 und die Neigung der Erdaxe gegen die Erd- bahn liefern den Schlüssel zum Verständnis des Wechsel der Jahres- zeiten und zum Wechsel der Länge vou Tag und Nacht. Allerdiugs ist hier eine kleine Einschränkung nötig. Die Lage der Erdaxe und somit auch die Lage des Erdäquators zur Erdbahu ändert sich beim Laufe der Erde um die Sonne um einen änßerst kleinen Betrag. Deshalb ändert sich auch die Lage der Himmelspole am Himmelsgewölbe und die des Himmelsäquator zur Ekliptik. Vor 1000 Jahreu war der Nordpol des Himmels weiter vom Polarstern entfernt als heute; im Lanfe der Jahrhunderte wird er sich ihm noch mehr nähern, sich aber dauu im Laufe von Jahrtausenden von ihm um mehrere Grade entfernen. Ja, in 25 800 Jahren beschreibt der Nordpol des Himmels, also auch der der Erde einen vollständigen kleinen Kreis; daher werden wir in 12 000 Jahren einen ganz anderen Polarstern haben; die Erdaxe wird dann nämlich nach einer Stelle

6. Mathematische Geographie für gehobene Bürger- und Mittelschulen insbesondere für Präparandenanstalten und Seminare - S. 46

1899 - Leipzig : Dürr
— 46 — eine Kugel dargestellt ist. Diese Kugel rotiert mit Hülfe eines Räderwerkes um ihre Axe und dreht sich gleichzeitig um die Sonne; gegen die Bahn um die Sonne ist die Axe der Kugel unter einem Winkel von 661/2 0 geneigt. Gewöhnlich ist mit dem Tellnrinm ein Lnnarinm verbunden, d. h. die Erdkugel kaun noch von einer kleinen Kugel umkreist werden, die den Mond darstellt; doch muß diese Kugel vor- läufig noch entfernt werden. Auch Fig. Xxii läßt den Wechsel der Jahreszeiten erkennen. S = Sonne; die punktierte Ellipse Erdbahn; der schattierte Gürtel, etwa 200 bereit, = Tierkreis; der schwarze Kreis in seiner Mitte, der den Himmels- Äquator halbiert, = Ekliptik; Np = Nordpol, Sp = Südpol. — 1= Erdstellnng am 21. März, Ii am 21. Jnni, Iii am 23. September, Iv am 21. Dezember. Ersichtlich ist auch der Parallelismus der Erdaxe. I. Erdstellung am 21. März. Nord- und Südpol sind gleich weit von der Sonne entfernt; nördliche und südliche Halbkugel sind halb beleuchtet, halb dunkel, also sind Tag und Nacht auf der ganzen Erde gleich lang. Für die Pole steht die Sonne 24 Stunden im Horizont; der Äquator wird senkrecht von der Sonne beschienen; südlich und nörd- lich vom Äquator fallen die Sonnenstrahlen schief auf die Erde. Auf dem Wege bis zur Stellung Ii wendet sich die nördliche Erdhalbkngel immer mehr der Sonne zu, die südliche Erdhalbkngel wendet sich immer mehr von der Sonne ab; daher geht die Sonne scheinbar nach Norden, und es werden für die nördliche Halbkugel 1) die Tage immer länger, die Nächte immer kürzer, 2) die Winkel, unter denen die Sonnenstrahlen auffallen, und die Mittagshöhen immer größer, die Zenith- distanzen immer kleiner. Daher wird für diese Halbkugel die Erwärmung immer stärker, sie hat Frühling. Für die südliche Halbkugel werden 1) die Tage kürzer, die Nächte länger, 2) die Winkel, unter denen die Sonnenstrahlen auffallen, spitzer, die Zenithdistanzen größer. Ihre Erwärmung nimmt also ab, sie hat Herbst. Die Sonne geht scheinbar (bis zum 21. Juni) durch die Zeichen: Widder, Stier, Zwillinge; also geht die Erde wirklich durch die Zeichen: Wage, Skorpion, Schütze. Ii. Erdstellung am 21. Juni. Die nördliche Erdhalbkugel ist so weit als möglich der Sonne zugewandt, die südliche so weit als möglich von ihr abgewandt. Auf dem Äquator sind, wie an allen Tagen, Tag und Nacht gleich, auf allen andern Punkten der Erde ungleich. Alle Örter der nördlichen Halbkugel haben den längsten Tag und die kürzeste Nacht; umgekehrt ist es auf der südlichen Halbkugel. Der nördliche Wendekreis wird senk- recht beschienen, seine Bewohner sind am Mittag unschattig; in allen Srtern nörd- lich davon hat die Sonne die größte Mittagshöhe, die sie dort erreichen kann; am Äquator steht die Sonne nur 66^° hoch; dafür fällt sie aber auch 90° — 661/2° = 23^20 über den Nordpol hinaus, das heißt bis zum äußersten Rande des nörd- lichen Polarkreises. Dieser liegt ganz im Lichte, hat 24 Stunden Tag; der südliche Polarkreis liegt ganz im Schatten, hat 24 Stunden Nacht. Für die nördliche Halbkugel beginnt der Sommer, für die südliche der Winter. Die Erde geht bis zum 23. September durch die Zeichen: Steinbock, Wasser- mann und Fische. Vom 21. März bis 23. September ist am Nordpole Tag, am 21. Juni ist der Mittag dieses 6 Monate dauernden Tages. Am Südpole ist 6 Monate Nacht.

7. Mathematische Geographie für gehobene Bürger- und Mittelschulen insbesondere für Präparandenanstalten und Seminare - S. 47

1899 - Leipzig : Dürr
— 47 — Iii. Erdstellung am 23. September. Tag und Nacht sind aus der Erde gleich. Sonst alles entgegengesetzt der I. Erdstelluug. Die Erde geht bis zum 21. Dezember durch die Zeichen: Widder, Stier, Zwillinge. Iv. Erdstellung am 21. Dezember. Seit dem 23. September sind aus der südlichen Halbkugel die Tage immer länger, auf der nördlichen kürzer geworden als die Nächte. Am 21. Dezember ist auf der südlichen Halbkugel der längste, auf der nördlichen der kürzeste Tag. Der südliche Polarkreis "liegt im Lichte, der nördliche im Schatten. Der südliche Wende- kreis wird senkrecht beschienen. Für die südliche Halbkugel beginnt der Sommer, für die nördliche der'. Winter. Die Erde geht bis zum 21. März durch die Zeichen: Krebs, Löwe, Jungfrau. Vom 21. Dezember ab nehmen die Tage auf der nördlichen Halbkugel wieder zu, aus der südlichen ab, bis am 21. März wieder Tag- und Nachtgleiche eintritt. § 28. Die Erdbahn ist eine Ellipse. Daß die Erdbahn eine Ellipse ist, ist durch Beobachtung nachgewiesen. Die Sonne steht jedoch nicht im Mittelpunkte der Ellipse, sondern etwas seitwärts da- von in dem einen Brennpunkte. Welches sind die Folgen dieser Bewegung der Erde? 1) Ungleiche Entfernung der Erde von der Sonne. Der der Souue am nächsten stehende Punkt der Erdbahn heißt die Sonnen- nähe oder das Perihel; der entfernteste Punkt heißt die Sonnenferne oder das Aphel. Beide zusammen heißen die Apsiden, die sie verbindende gerade Linie heißt die Apsidenlinie. (Vergl. Fig. Xxiiil Ellipse E = Erdbahn, S = Sonne, D = Perihel, B = Aphel, Vl--Ap- sidenlinie. Das Perihel ist jetzt zu Anfang Januar und zwar 19,69 Millionen Meilen von der Erde entfernt. Das Aphel ist zu Anfang Juli und zwar 20,36 Millionen Meilen von der Erde entfernt. Die mittlere Entfernung der Erde von der Sonne ist also = 20,028 Millionen Meilen. Der Unterschied zwischen Perihel und Aphel ist also verhältnismäßig klein und lange nicht so bedeutend, wie es der größeren Deutlichkeit wegen Figur Xxiii darstellt. Das liegt daran, daß beide Brennpunkte der Erdbahn verhältnismäßig nahe zu- sammen, also auch nahe am Centrum liegeu, so daß die Erdbahn nicht allzu viel von einem Kreise abweicht. Fig. Xxiii.

8. Mathematische Geographie für gehobene Bürger- und Mittelschulen insbesondere für Präparandenanstalten und Seminare - S. 48

1899 - Leipzig : Dürr
— 48 — 2) Die Himmelsekliptik, die ja ein größter Kreis ist, zerfällt stets in zwei gleiche Teile, nicht aber die Erdbahn; vielmehr muß der Teil der Erdbahn, welcher im Perihel liegt, in Fig. Xxiii (Bogen Cda) stets kleiner sein, als der, welcher im Aphel liegt. (In Fig. Xxiii Bogen Abc.) 3) Ungleiche Geschwindigkeit der Erde. Da die Anziehungskraft der Sonne die Revolution der Erde verursacht, so regelt sie auch die Geschwiudig- keit der Erde. Nuu ist zwar die Masse des anziehenden und des angezogenen Körpers stets dieselbe; aber die Masse ist uicht allein von Einfluß auf" die Ge- schwiudigkeit der Erdbewegung. Wir wissen ja, daß das Pendel an den Polen schneller schwingt als am Äqnator der Erde, weil es dort wegen der Abplattung der Erde ihrem Mittelpunkte näher ist, als am Äqnator. Die Stärke der Au- ziehnng auf der Erde ist also auch von der Entfernung vom Mittelpunkte abhängig. Nuu wirkt aber die Anziehung im ganzen Weltall nach denselben Gesetzen; daher ist die Anziehung der Sonne und deshalb anch die Geschwindigkeit der Erde im Perihel größer als im Aphel. Die Bewegung der Erde wird langsamer von >> über A mich B, wo sie am langsamsten ist, sie wird schneller von B über C mich D, wo sie am schnellsten ist. 4) Ungleiche Dauer der Jahreszeiten. Gemäß dem unter 2) und 3) Gesagten muß der im Perihel liegende Teil der Erdbahn, Bogen Cda in Fig. Xxiii, schneller von der Erde durchlaufen wer- den, als der im Aphel liegende Teil, Bogen Abc. Weil nuu aber das Perihel uahezu mit der Wiuter-, das Aphel nahezu mit der Sommersonueuweude zusammen fällt, und weil eine Jahreszeit astronomisch umist, wenn die Sonne scheinbar 90" der Ekliptik in Bezug auf Äqninoktial- und Solstitialpuukte durchlaufen hat, so fällt die Dauer des Wiuterhalbjahres (Herbst und Wiuter) uahezu mit der Zeit zusammen, in der die Erde den Bogen Cda durchläuft, die Dauer des Sommerhalbjahres mit der Zeit, die die Erde für den Bogen Abc gebraucht. Tatsächlich ist auch unser Sommerhalbjahr etwa 7 Tage länger als das Winterhalbjahr. Auf der südlichen Halbkugel ist es umgekehrt. Wegen der Präzession des Frühlingspnnktes siud auch diese Verhältnisse uicht dauernd so; man hat berechnet, daß im Jahre 6470 nach Chr. die beiden Halb- jähre gleich sein werden. Kapitel V. Der Alond. § 29. Tie Bewegung des Mondes. Der Mond hat, wie alle Gestirne, Kugelgestalt; der Umfang seiues Äquators beträgt uur 1473 Meilen. 1) Wir sahen schon, daß der Mond eine scheinbare tägliche Bewegung (Tagkreis) um die Erde von Osten nach Westen macht (s. § 5) und daß diese Bewegung sich aus der Rotation der Erde erklärt (s. § 19). Während aber diese scheinbare Bewegung von den Fixsterueu iu 23 Stuudeu 56 Minuten, von der Sonne in 24 Stuudeil vollendet wird, braucht der Moud

9. Mathematische Geographie für gehobene Bürger- und Mittelschulen insbesondere für Präparandenanstalten und Seminare - S. 50

1899 - Leipzig : Dürr
— 50 — § 30. Entstehung der Mondphasen. Die in § 29 bis 34 dargestellten Erscheinungen lassen sich recht gut am Tellurium mit Lunarium zeigen; für die Mondphasen genügt auch das Lunarium allein, im Notsalle sogar ein Licht und eine gewöhnliche Kegelkugel. Auch aus Fig. Xxiv läßt sich die Entstehung der Mondphasen erkennen. Fig. Xxiv. Wir denken uns dabei die Erde als nicht rotierend und stellen uns nur den Mond als von Westen nach Osten um die Erde kreisend (§ 29) vor. Die Moudkugel ist eiu dunkler Körper, welcher uns immer dieselbe Seite zu- kehrt und sich während seines Umlaufes um die Erde uur einmal um seiue Axe dreht. Offenbar ist seine erhellte Seite der Sonne zugewendet. Diese erleuchtete Mondhälfte nimmt fortwährend die verschiedensten Stelluugeu zur Erde eiu, und hierin finden die verschiedenen Lichtgestalten des Mondes ihre Erklärung. Denken wir uns Sonne, Mond und Erde in einer geraden Linie, also den Mond zwischen Sonne und Erde steheud, so ist es klar, daß der Mond uns seine duukle Hälfte zukehrt, der Souue die erhellte. Daun steht der Mond in Kon- junktion mit der Sonne, und wir haben Neumond. Der Mond geht mit der Sonne auf und uuter (Phase 1.) Nuu geht der Mond von Westen nach Osten (täglich 13°). Nach etwa 31/* Tagen bilden Souue, Erde und Moud einen spitzen Winkel (die Erde im Scheitel- pnnkt!) von 45 °; dann sehen wir der uns zugewandten Mondhälfte erleuchtet, und zwar sichelförmig (weil der Moud eine Kugel ist) und auf der westlichen (der nnter dem Horizonte stehenden Sonne zugewendeten) Seite des Mondes. (Phase 2.) Nach weiteren 3'/s Tagen bilden Sonne, Erde und Mond einen rechten Winkel (die Erde im Scheitelpunkt!), und wir erblicken die westliche Hälfte der uns zugewandten Moudhälfte erleuchtet. (Phase 3.) Nach 3'/z Tageu entsteht folgerecht Phase 4.

10. Mathematische Geographie für gehobene Bürger- und Mittelschulen insbesondere für Präparandenanstalten und Seminare - S. 52

1899 - Leipzig : Dürr
Die Ebene der Mondbahn fällt jedoch nicht mit der Ebene der Ekliptik zusammen, svnden weicht um einen Winkel von 5« bis 8° ab. (©. Fig. Xxv.) Ee = Ekliptik; Mm Projektion der Mondbahn auf die Himmelskugel; ab ist die bis zum Himmel verläugerte gerade Linie, in welcher die Ebene der Erdbahn von der Ebene der Mondbahn durchschnitten wird: sie heißt die Knotenlinie. Ihre Endpunkte heißen Knoten, und zwar c = aufsteigender, d — absteigender. Indem der Mond einen Knoten passiert, geht er auch scheinbar durch die Ekliptik; aufsteigend erhebt er sich über die Ekliptik, absteigend senkt er sich unter dieselbe herab. c heißt Drachenkopf, d heißt Drachenschwanz. Die Zeit zwischen zwei aufeinander folgenden Ständen des Mondes im Drachenkopfe heißt ein Drachenmonat oder drakonischer Monat. Er dauert 27 Tage 5 Stunden 2 Minuten 36 Sekunden, ist also etwas kürzer als ein siderischer Monat. Das liegt daran, daß die Knoten nicht feststehende Punkte der Ekliptik sind. Weil nämlich nicht nur die Anziehungskraft der Erde, sondern anch die der ferneren Sonne auf den Moud wirkt, wird er bei jedem Umlaufe um die Erde etwas früher in die Erdbahn hineingezogen, als beim vorhergehenden Umlaufe. Daher bewegeu sich die Knoten der Richtung der Mondrotation entgegen, d. h. von Osten nach Westen in der Ekliptik. Dabei dreht sich die Knotenlinie natürlich allmählich im Kreise herum. Die Zeit, in der sie einen ganzen Kreis beschreibt, in der also auch die Kuoteu iu ihre erste Lage zurückkehren, beträgt rund 19 Jahre; deshalb fallen dann die Mondphasen wieder auf dieselben Tage. s 33. Die Mondfinsternisse. Schon in § 14 war von den Mondfinsternissen und ihrer Entstehung die Rede. Sie entstehen, indem die Erde so zwischen Sonne und Mond tritt, daß der Erdschatten auf die uns zugewandte Seite des Mondes fällt. Wie wir aus Fig. Xxiii erkennen können, ist das nur möglich bei Vollmond. Die Gestalt jedes Schattens hängt teils vom leuchtenden, teils auch vom erleuchteten Körper ab. Wir habeu es hier 1) mit Kugeln zu thun; denn auch die Sonne und der Mond sind kugelförmige Körper; 2) ist die leuchtende Kugel viel größer als die erleuchtete und der beschattende Körper größer als der beschattete. (Vergl. Fig. Xxvi). Der Kreis um 8 bedeutet die Sonne, E — Erde; M — Mond in 3 verschiedenen Stelluugeu seiner Bahn um die Erde. Der duukel schraffierte Raum hinter E ist der Kernschatten, der Heller schraffierte der Halbschatten der Erde. In den ersten fällt kein Licht von der Sonne, und die Sonne ist von ihm aus uicht sichtbar; iu deu Halbschatten fällt weniger Licht, als auf die der Sonne zu^ gewandte Seite der Erde, und von der Sonne ist hier nur ein Teil sichtbar.
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