1896 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Oehlmann, Ernst, Seydlitz, Ernst von, Rohrmann, Adolf, Schröter, Franz Martin
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
A V. Seydlihlche Geographie.
In fünf Ausgaben.
^ Ausgabe v.
In sechs Heften
auf Grund der neuen preußischen Lehrpläne
bearbeitet von
Dr. G. chehlmann und vr. I. W. Schröter.
-- ß. U
Heft 1:
Deutschland (Unterstufe)
nebst weiterer Einführung in das Verständnis des Reliefs, des Globus
und der Karten.
ehrstoff der G n i n t a.)
Mit 34 Abbildungen.
Dritte Stereotyp-Auflage.
(14. bis 23. Tausend.)
yyf^*
-eis
I I
1 896 ) - 1
Ferdinand Hirt.
ötiigltche Universitäte- und Verlagsbuchhandlung.
Breslau, 1896.
Alle Rechte vorbehalten.
Nur den. Zzuchkinder: Falls dies Heft gebunden wird, sind die Seiten 2 und 3 des
Umschlags auf die Innenseiten des Einbandes zu kleben!
1896 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Oehlmann, Ernst, Seydlitz, Ernst von, Rohrmann, Adolf, Schröter, Franz Martin
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Vorbemerkung.
$T)ie Ausgabe D des Seydlitz ist geschaffen worden, um die
Anforderungen der preußischen Lehrpläne von 1892 in allen
Stücken zu erfüllen und dem Wunsche nach je einem Hefte für jede Lehr-
stufe zu entsprechen.
In dieser 3. Auflage sind die vorläufigen Ergebnisse der Zählungen von
1895 verwertet. Größere Änderungen am Texte waren erfreulicher Weise nicht
nötig, und darum haben wir auch von mehreren kleineren, als zur Zeit noch nicht
dringlich, abgesehen, um Gefüge und Wortlaut der Sätze thunlichst unberührt zu
erhalten. Somit bleiben auch die älteren Auflagen neben der vorliegenden be-
nutzbar, falls nur die neuen Zahlen in jenen nachgetragen werden.
fernerhin werden sorgsam gepflegt werden die altbewährten, in
000000 Exemplaren verbreiteten Ausgaben A, B, C, die auch jetzt
verwendbar sind und vom Unterrichtenden nur erwarten, daß er die
des Stoffes den Lehrplänen entsprechend auswählt.
sebruar 189(>. Herausgeber und Derleger.
Plan der (Heft-)Ausgabe D.
.
Deutschland physisch und politisch (Unterstufe). Weitere Einführung in das
n Relief, Globus und Karten. — Lehrstoff der Quinta. 50 —
hje[i z. Europa ohne Deutschland (Unterstufe). — Lehrstoff der Quarta, 50 ty. —
Heft 3. Politische Landeskunde des Deutschen Reiches (Oberstufe). Die außereuropäischen
Erdteile. — Lehrstoff der Untertertia. 80 . — Heft 4. Physische Landeskunde Deutsch-
lands (Oberstufe). Die deutschen Kolonieen. — Lehrstoff der Obertertia. 60 —
Heft 5. Europa (Oberstufe). Berkehrskunde^ Elementare mathematische Erdkunde.
Allgemeine Erdkunde. — Lehrstoff der Untersekunda und je nach Bedarf der folgenden
Klaffen. 85 — Heft 6. Lehrstoff der Sexta, Für den Gebrauch des Lehrers.
80 3?.
Die in diesem Buche gebrauchten Äussprachezeichen sind folgende iangewe.idet auf a).
ä — langes, betontes a (Basel), kurz es, betontes a (Mantua',
ä — langes, unbetontes a l Genua), a — kurzes, unbetontes a (Ddefss).
Abkürzungen: m - Meter, km — Kilometer, qkm — Quadratkilometer; Br. ---- Breite, E. — Ein-
wohner, Fig. — Figur, Hst.—Hauptstadt, L. — Länge, l. — links, r. — rechts, S. — Seite oder — Siehe,
'f. — siehe, St. — Stunde, T. — Tag, N. O. S. W. und n. ö. s. Iv..sür die Himinelsrichtungen.
Schreibung und Aussprache der Fremdnamen nach dem Schriftchen: Anleitung zur Schreibung und
Aussprache der geographischen Fremdnamen. 2. Aufl. F. Hirt, Breslau. 1 M.
&)C&> - Il
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2
Deutschland.
X. Harz, thüringisches Bergland und Fichtelgebirge.
Xi. Westelbijches Tiefland.
Xii. Ostelbisches Tiefland.
Von diesen 12 Teilen bilden I—vii Ober-, Viii—xii Nieder-
deutschland. Aber nicht alle 12 Teile werden von den Grenzen unseres
Deutschen Reiches umschlossen. Von _ I und Iv liegt nur _ ein Teil in
unserem Reichsgebiete, von Ii gar nichts. Wir haben es im folgenden
nur mit denjenigen Ländern zu thun, welche zum Deutschen Reiche ge-
hören.
I. Das Alpenland.
Unser Anteil an den Alpen*), dem gewaltigsten Hochgebirge**)
*i Der Name „Upen" bedeutet „hohe Berge" und wird jetzt besonders auf Hochge-
birge mit Bergweiden (Alpen oder Almen) bezogen. Uber die Alpen als Ganzes s. Heft 2.
**) „Hochgebirge" heißen solche zusammenhängende Bergmassen, welche die Höhe von
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- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
4
Deutschland.
dehnt sie sich auf weiten Strecken völlig eben aus und heißt hier also mit vollem
Recht eine Hochebene. Ihre Oberfläche besteht aus Moränenschutt*) und Ge-
birgstrümmern, welche die Alpenslüfse noch heutzutage massenhaft aufschütten.
Die Hochfläche wird daher ganh richtig als „Alpenvorland" bezeichnet.
An manchen Stellen, wo die Flüsse der Hochfläche ihren reißenden Lauf nicht
beibehalten konnten, sondern langsamer dahinströmen mußten, bildeten sich große
Sümpfe und Moore, „Riede", „Moose" oder „Moser" genannt, so das
Donau-Ried w. und das Donau-Moos ö. vom Lech, das Dachauer und das
Jsar-Moos u. a. m. Teilweise sind diese Sümpfe trockengelegt und so für den
Anbau gewonnen, im allgemeinen aber sind sie die unfruchtbarsten Gegenden der
ohnehin dem Ackerbau ungünstigen Hochebene. Guter Ackerboden liegt nur im
Donau-Thale, ganz besonders zwischen Regensburg und Passau; dieses Thal
rühmt man als die „Kornkammer" Bayerns.
Mehr nach den Alpen hin trägt die Ebene Wälder, zumeist Nadelholz, von
sehr bedeutender Ausdehnung. Hier finden wir auch zahlreiche Seeen, zum
Teil herrlich zwischen den Vorbergen der Alpen gelegen und von ziemlicher Größe,
wie den Chiemsee sspr. kim —], der auch „Bayrisches Meer" heißt. Der
größte See der Hochebene aber ist der Bodensee, auch „Schwäbisches Meer"
genannt, 540 qkm groß, 252 m tief; seine Ufer sind sehr fruchtbar und mit
freundlichen Städten und Dörfern geschmückt.
Den höchsten Teil der gesaniten Hochfläche bildet der langhingestreckte
Rücken des deutschen Jura, welcher westlich vom Bodensee am Rhein-
falle beginnt und, nach Nordosten, in seinem letzten Drittel nach Norden
streichend, bis an den Main reicht. Seine südwestliche Hälfte heißt
der schwäbische, seine nordöstliche der fränkische Jura) daher wird
er auch mit dem Gesamtnamen „schwäbisch-fränkischer Jura" bezeichnet.
Er fällt nach Nordwesten hin steil ab und ist hier durch die Einwirkung
des Wassers, welches in der Vorzeit die lockeren Bestandteile des Bodens
fortschwemmte, die festeren aber stehen lassen mußte, vielfach zerklüftet, auch
hie und da in einzelne, ansehnliche Berge aufgelöst, welche weit vor dem heu-
tigen Rande stehen; nicht wenige dieser Berge sind geschichtlich berühmt, wie z.b.
der Hohenstaufen (680 m) und der Hohenzollern (860 m).
In der Rauhen Alb bei Ulm hat der ganze Jura seine höchste Erhebung
(bis über 1000 in). Der n. oder fränkische Iura ist erheblich niedriger.
Sein nördlichster Teil, zwischen Main, Pegnitz und Regnitz gelegen, zeigt
große landschaftliche Anmut und wird deshalb „Fränkische Schweiz" genannt.
Wer sich dem Jura, namentlich den eben genannten Teilen, von Nord-
Westen her nähert, der glaubt, ein langgezogenes, hohes Gebirge vor sich zu
haben. Hat man aber den Rücken dieses scheinbaren Gebirges erstiegen, so be-
merkt man, daß sich der Boden nach der andern Seite, nach Südosten, hin nur
ganz allmählich senkt, nicht steil und wandförmig abstürzt. Der Jura ist also
gewissermaßen nur auf der N.w.-Seite ein Gebirge, auf der S.o.-Seite da-
gegen eine Hochfläche.
Lm ganzen unfruchtbar, prangt der Jura weder mit reichen Getreidefeldern,
noch mit grünen Wäldern oder fchönen Wiesen; nur ausnahmsweise findet sich
Laubholz und gute Weide; in seinen Thälern gedeiht zuweilen gutes Obst.
Reich ist er aber an Höhlen und Versteinerungen, und berühmt sind die
Schieferbrüche bei Solnhofen.
*) Moränen sind die Massen von Felstrümmern, zerbröckeltem Gestein und Erde,
welche die Gletscher mit sich führen und namentlich an ihren unteren Enden aufhäufen.
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- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Die natürlichen Hauptteile Deutschlands. 5
Iv. Stusenlandschasten und Randgebirge von Böhmen und Mähren.
Über Böhmen und Mähren f. Heft 2, S. 28 f.
Die Grenzumwallung besteht im Nordosten aus den Sudeten, im
Nordwesten aus dem Elb-Sandsteingebirge und den: Erzgebirge, im W.
aus dem bayerisch-böhmischen Waldgebirge oder dem Böhmerwalde.
Die sehr waldreichen Sudeten beginnen an der „Mährischen Pforte", die von
dem obersten Lauf der Oder durchflössen wird, und erstrecken sich in Nordwest-
licher Richtung bis zum Elb-Sandsteingebirge.
Sie zerfallen in folgende Teile:
1. Das Gesenke, d. h. Eschengebirge; es liegt nicht auf deutschem Boden.
2. Das viereckige Glätzer Gevirgsland, aus mehreren den Glätzer Kessel
umschließenden Bergzügen bestehend.
3. Das Riesengebirge*), wallartig emporsteigend, höchstes und ansehnlichstes
der deutschen Mittelgebirge; es besteht aus zwei gleichlaufenden Hauptkämmen,
deren nördlicher den höchsten Berg Mitteldeutschlands trägt, die 1600 m hohe
Schneekoppe. Das Gebirge überragt die Waldgrenze, und nicht selten kommen
in seinen höchsten Teilen Lawinen**) vor.
4. Das Jser-Gebirge.
5. Das Lausitzer Bergland.
Das Elb-Saudsteinyebirge, zu beiden Seiten der Elbe gelegen, besteht
aus vielen einzelnen, meist steilw and igen, platten Kuppen. Seiner landschaft-
lichen Schönheiten wegen nennt man es „Sächsische Schweiz".
Das sich anschließende Erzgebirge, nach Südwesten bis zum Fichtelgebirge
streichend, fällt gegen Süden sehr rasch, gegen Norden ganz allmählich und
slächenartig ab. Das Gebirge hat nur wenig Ackerbau, dagegen viel Nadel-
holz. Seme Hörsten Gipfel sind der Fichtelberg (1200 in, in Sachsen) und
unmittelbar dabei der Keilberg (1240 m, in Böhmen). Der Erzreichtum, dem
es seinen Namen verdankt, ist infolge der seit langem andauernden Ausbeutung
sehr vermindert worden. *
Das Südwestende des Gebirges wird Hohes Vogtland oder Elster-Gebirge
genannt.
Das bayerisch-bölimische Waldgebirge streckt seinen breiten, gewellten
Rücken vom Fichtelgebirge nach Südosten bis fast an die Donau; es steigt am
höchsten im Arber an (1500 m). Das Gebirge ist mit endlosen Wäldern be-
deckt, die wasserreiche Moore einschließen und im Süden teilweise noch völlige
Urwälder sind.
V. Schwäbisch-sräukisches Stufenland.
Es wird eingeschlossen vom deutschen Jura, dem Fichtelgebirge, dem
Thüringer Walde, der Rhön, dem Spessart, dem Odenwalde, dem
Neckar-Berglande und dem Schwarzwalde.
Das innerhalb dieser Bergzüge liegende Stufen- und Hügelland ist im
Norden vom Main, im Süden vom Neckar durchströmt und bietet mit seiner
Abwechselung von Höhen und Ebenen, Berg und Thal eine Fülle von lieblichen
Landschaftsvildern. Es ist mit Obst. Getreide, Wein gesegnet. „Das Neckarthal hat
Wem und Korn". '
*) S. Abbildung S. 28.
**) Lawinen nennt man die von steilen Bergwänden abstürzenden Schneemassen,
welche zumal tm Frühjahr der Lebewelt im Hochgebirge verderblich werden.
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- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Die natürlichen Hauptteile Deutschlands. 7
— Ardennen reichend. Die Lothringer Hochfläche gestattet ergiebigen
Ackerbau.
Viii. Das rheinische Schiefergebirge.
Es ist eine viereckige, wellenförmige, kalte und daher wenig frucht-
bare Hochfläche von 500 m Durchschnittshöhe. Keiner von ihren Gipfeln
übersteigt 900 m. Aber die tiefeingeschnittenen Flußthäler sind vor kalter
Witterung geschützt und daher sehr obst- und weinreich. Der Rhein dnrch-
strömt die Hochflache von Bingen bis Bonn in nordwestlicher Rich-
tung; ihm stießen von rechts her Lahn und Sieg, von links her die
Mosel zu.
Danach zerlegt sich die ganze Hochfläche in folgende Abschnitte:
1. Linke Rheinseite.
H uns rück, südlich, und
Eifel, nördlich von der Mosel.
Die Eifel ist eine der ranhesten und ärmsten Gegenden unseres Reiches,
namentlich im Nordwesten, wo sie Schnee-Eise! heißt. An diese stößt das
Hohe Venn, d. h. Moor, eine kahle Torfebene, teilweise zu Belgien gehörig.
2. Rechte Rheinseite.
Taunus, im Volksmunde „die Höhe" genannt, südlich, und
Westerwald, nördlich von der Lahn.
Die Südwestecke des Taunus, der sog. Niederwald, trägt unser National-
denkmal. Der Taunus hat sehr heilkräftige Quellen, u. a. in Wiesbaden, Hom-
bürg „vor der Höhe", Selters. Der schroffe Abfall des Westerwaldes zum Rhein
h eißt im Nord w esten d as S i e b e n g e b i r g e *), d as mit d em kül>n aufragenden Drachen-
fels an den Strom tritt. Im Nordosten liegt der quellenrerche Ederkops (630 m),
Nördlich von der Sieg erhebt sich das Sanerlaud**), überaus reich an Stein-
kohlen und Eisen***); daher finden wir hier die größte gewerbliche Thätigkeit
und die dichteste Bevölkerung im Deutschen Reiche.
Ix. Hessisches und Weser-Bergland.
Zum hessischen Berglande gehören die Rhön, mit der Großen Wasser-
kuppe (950 in), wie manche Berge der Eifel vulkanischen^) Ursprunges, so auch
das w. der Rhön jenfett der Fulda liegende Vogelsgebirge.
Nördlich von der Rhön liegt das
Kuüll-Gebirge, nördlich von diesem der
Habichtswald — mit der Wilhelmshöhe, welche die berühmten Parkanlagen
schmücken — und der
Kausuuger Wald.
Zwischen beiden ist das Thal der Fulda mit Cassel eingesenkt.
Das nach Norden hin folgende Weser-Bergland besteht hauptsächlich aus
dem Solling, rechts von der Weser, und dem Teutoburger Walde, links von
diesem Flusse. N. und n.ö. davon erstreckt sich der Süntel, welcher von der
Weser in der „Westfälischen Pforte" durchschnitten wird.
*) S Abbildung S. 27.
**) D. i. Süd-Land, nämlich von Westfalen.
***) „Wo der Märker Eisen reckt/'
f) „Vulkane" sind feuerspeiende Berge, Sie werfen oft unter gewaltigen Erderschütte-
rungen glühende Massen geschmolzenen Gesteines aus, welche als „Lava", Schlacken
u. s. w. sich nach und nach zu ganzen Bergen aufhäufen können. Aus solchen Lava-
strömen sind viele Gebirge entstanden, in uralter Zeit auch die obengenannten.
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Deutschland.
X. Harz, thüringisches Bergland und Fichtelgebirge.
Der Harz, ein Massengebirae*) mit meist recht steilen Rändern, zer-
fällt in den östlichen vorwiegend hochlandartigen Unter- und den Nordwest-
lichen gipselreicheren Oberharz. „Der Oberharz macht den Eindruck
einer hohen Bank, vor welcher der Unterharz wie ein breiter Fuß-
schemel steht". Im Oberharz erhebt sich aus einem Kranze kleinerer
Berge der Brocken zu 1140 m als der höchste Berg ganz Norddeutsch-
lands. Der Harz ist reich an Metalladern, welche Silber und nament-
lich Kupfer spenden und seit alten Zeiten ausgebeutet werden.
Seine Laub- und Nadelholzwälder, seine tiefen Thäler, in denen rauschende
Bergbäche zwischen jähen Felswänden hinab strömen, seine mit der frühen Ge-
schichte unseres Volkes eng verknüpften Stätten — vor allen Goslar — erheben
ihn zu einem der besuchtesten Gebirge unseres Reiches.
Dem Harz ist nach Süden hin das Thüringer Hügelland**) vorgelagert,
im S.o. wird es von ihm geschieden durch die ihrer Fruchtbarkeit wegen
berühmte „Goldene Aue", das Thal der Helme***). S. von ihr erhebt
sich der sagenumwobene Kyffhiinser, von dessen Höhe der mächtige Turm
der zerfallenen Kaiserburg und das Deukmal Kaiser Wilhelms I. auf
die geschichtlichen Stätten der alten Kaiserzeit hinunterblicken. Westlich
von diesem erstreckt sich weithin das hochflächenartige Eichsfeld, welches
gegen Süden nach dem Thüringer Walde führt. Dieser zieht, eine Höhe
von 1000 in erreichend, als langgestreckte Kette nach S.o. und endet mit
dem hochlandartigen Frankenwalde am Fichtelgebirge.
Trefflich gangbar, mit herrlichen Wäldern und Wiesen geschmückt, ist der
Thüringer Wald ein Glanzpunkt Mitteldeutschlands. Allbekannt ist die Wart-
bürg, das hochragende Schloß an feinem N.w.-Ende.
Das Fichtelgebirge ist eine abgesonderte, hufeisenförmige Gruppe be-
waldeter Bergkuppen auf einer Hochebene. Vier Bergzüge laufen auf das-
selbe zu — welche? Saale, Main, Raab, Eger haben auf ihm ihre Quellen.
Das norddeutsche Tiefland,
welches sich vom Nordfuße der mitteldeutschen Gebirgsschwelle bis zur
Nord- und Ostsee ausbreitet, nimmt etwa die Hälfte unseres Reiches
ein. Als ein Teil des großen nord-europäischeu Tieflandes geht unser
Tiefland östlich in das viel größere russische, westlich m das viel kleinere
holländisch-belgische und durch dieses in das französische über. Nach beiden
Seiten hin sind wir durch keine natürlichen Grenzen geschützt. Eine
desto festere Grenzmauer ist unser Heer.
Unser Tiefland ist nicht überall eine ebene Fläche, darf daher nicht Tiefebene
genannt werden. Finden wir in ihm doch Hügelgegenden und Tafelländer mit
so reizenden Landschaften, daß man von einer .Mecklenburgischen, Märkischen,
Hommerschen Schweiz" spricht.
Das ganze Tiefland zerfällt in zwei Teile; als Grenze zwischen beiden gilt
der wichtigste Strom des deutschen Tieflandes, die Elbe.
*) „Massengebirge" nennt man Berggruppen, die mehr oder weniger gleichmäßig
um einen gemeinschaftlichen Mittelpunkt zusammengehäuft sind.
**) S. Abbildung S. 26.
***) Die Helme ist ein linkes Nebenflüßchen der Unstrut,
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Xi. Das westelbische Tiefland.
Die der Zerstörung durch Ebbe und Flut ausgesetzte, niedrige Küste
wird künstlich geschützt durch Deiche, welche die mangelnden Dünen er-
setzen. Meere und Flüsse schwemmen anderseits auch fort und fort
Fruchtboden an,- er wird durch jene Dämme dem Meere abgewonnen
und in Marschen mit reichen Wiesen und Äckern verwandelt.
Das Hinterland dieses niedrigen Küstenstriches ist namentlich zwischen
der Elbe und Weser meist sandiges, hügeliges Geestland von geringer
Ergiebigkeit. Im W. der Weser überwiegen die Moore, die auch einige
Seeen einschließen, so den Dümmer, d. i. Tiefes Meer, und das Stein-
huder Meer.
Moore bilden sich in abflußlosen Gewässern, in denen dichte Lagen von
Wasserpflanzen und Moosen nacheinander absterben und sich zu Torfmassen
aufschichten. Das größte ist das Bou^rtanger Moor, die Scheide zwischen
dem Deutschen Reiche und den Niederlanden. Durch Entwässerung und Ver-
mengen der torfbildenden Masse mit Sand sucht man diese Art der Moorbildung
in Fehnkolonien dem Anbau zugänglich zu machen; aber der größte Teil der
Moorslächen liegt noch wüste, ein anderer, kleinerer Teil wird durch Abbrennen
der Oberfläche (Moorrauch, Höhenrauch) auf ein paar Jahre für den Buch-
weizenbau vorbereitet.
Xii. Das ostelbische Tiefland.
Das Hiuterland der Ostsee hat höhere Küsten, und seine Uferdünen*)
find nicht wie an der Nordsee in Sandinseln aufgelöst. Vor den Fluß-
Mündungen trennen die Nehrungen, d. s. schmale, mit Dünen bedeckte
Landzungen, Strandseeen süßen oder brackigen Wassers ab, welche Haffe
heißen.
Das ostelbische Tiesland wird von 2 Höhenzügen, dem nördlichen
oder baltischen und dem südlichen Landrücken, durchzogen. Der nörd-
liche läuft als ein breiter Gürtel an der deutschen Ostseeküste entlang
bis nach Jütland (s. Heft 2, S. 20). W. von der Weichfelmünduna steigt
der Turmberg bis zu 330 in auf.
^ Bemerkenswert find die zahlreichen Seeen**), darunter einige von 130—230 m
Tiefe, und die Erscheinung der sogenannten erratischen Blöcke oder Find-
linge, großer, abgerundeter Felsblöcke, welche aus fernen nordischen Gebirgen
hierher gelangt und Zeugen der einstigen Gletscherbedeckung Norddeutschlands sind.
Der südliche Landrücken, arm an Seeen, streicht von dem n. Vor-
lands der Karpaten nach Deutschland herein, bildet jenseits der Elbe
den Rücken der Lüneburg er Heide***) und endet erst nahe bei der Elb-
mündnng.
3. Die Gewässer des Deutschen Reiches.
1. Die Donau, der Hauptstrom des ö. Süddeutschlands, bildet sich
aus 2 Quellen des Schwarzwaldes, der Brigach und Brege-j-), und stießt
nur mit einem Teile ihres Oberlaufes durch unser Reich.
*) S. Abbildung S. 23. **) S. Abbildung S. 30.
***) S. Abbildung S. 24. f) „Brig und Breg bringen die Donau z'weg,
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Die Gewässer des Deutschen Reiches.
11
durch die „Westfälische Pforte" das norddeutsche Tiefland und trägt von
Bremen an Seeschiffe.
Nahe ihrer breiten Mündung liegen die Häfen Bremerhaven-Geestemünde;
hier laufen die größten Dampfer aus und ein. Der wichtigste Zufluß ist die
von r. kommende Aller, mit der langen Leine.
5. Die Elbe. Sie entsteht im böhmischen Riesengebirge, erreicht im
Elb-Sandsteingebirge deutschen Boden, wird bei Hamburg den größten
Handelsschiffen zugänglich und verbreitert sich von da ab noch mehr als
die Weser.
Nebenflüsse
links: rechts:
1. Die Moldau 1 „ 1. Die Schwarze Elster, aus dem
2. Die Eger / Lohmen. Lausitzer Berglande.
3. Die Mulde, die aus der Zwickauer 2. Die Havel, aus Mecklenburger
und der Freiberger Mulde — beide Seeen, mit der Spree, vom Lausitzer
vom Erzgebirge — entsteht. Berglande. Die Spree durchfließt in
4. Die thüringische Saale, vom Fichtel- zahllosen Armen den Spreewalddie
gebirge, mit der Weißen Elster Havel bildet nach ihrer Vereinigung
und der Unstrut. mit der Spree die schönen Havel-
Seeen.
Die Elbe ist nach dem Rheine der wichtigste Strom unseres Reiches. Auf
deutschem Gebiete liegen neun Großstädte") an ihr und ihren Zuflüssen. Welche
sind es?
6. Die Eider. Sie ist nur ein Küstenfluß, aber wegen des Nord-
Ostsee-Kanals (s. S. 12) wichtig.
In die Ostsee gehen:
7. Die Oder, d. i. Fluß, vom S.o.-Ende der Sudeten. Schon
unweit ihrer Quelle fließt sie in deutsches Gebiet hinein, erweitert sich
vor ihrer Mündung zum Stettiner Haff und umfaßt mit ihren
3 Mündungsarmen — Peene, Swine, Divenow [diweno] — die
Inseln Usedom und Wollin.
Die Oder nimmt von links her zahlreiche Sudeten-Flüfse auf, darunter die
Katzbach, mit der Wütenden Neisse.
Von rechts her ist der bedeutendste Zufluß die lange Warthe, aus dem
russischen Teile des s. Landrückens, mit der Netze r.
8. Die.weichsel. In den West-Karpaten entspringend, fließt sie
erst durch Osterreich, dann durch Rußland und kommt kurz vor unserer
Grenzfestung Thörn ins Deutsche Reich, dem sie mit etwa einem Viertel
ihres Laufes angehört. Die Weichsel bildet von der Montauer Spitze
an ein Delta**): nach N.o. geht die Nogat ins Frische Haff, nach $1.
der Hauptarm, die Danziger Weichsel, in die Danziger Bucht.
Die Weichsel befördert die Erzeugnisse des Ostens (Holz, Teer, Getreide,
*) Das heißt Städte, deren Einwohnerzahl mindestens 100 000 beträgt.
_**) Unser D hat im Griechischen die Form eines Dreiecks und heißt Delta. Zwei
Mündungsarme eines Flusses bilden mit der dazwischen liegenden Küste ebenfalls ein
Dreieck. Doch bezeichnet man mit dem Ausdruck „Delta" jetzt überhaupt jede Spaltung
einer Strommündung durch Ablagerung von Sinkstoffen, auch wenn dabei nicht die
Gestalt eines Dreiecks erscheint.
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14
Deutschland.
nach allen Richtungen hin; s. Fig. 2. Dem Verkehr zur See dient unsere
Handelsflotte, die dritte der Erde. Aber nach dem Gesamtwerte der ganzen
Aus- und Einfuhr nimmt unser Reich unter allen Staaten die zweite Stelle ein.
7. Verfassung und Verwaltung des Reiches. An der Spitze unseres am
18. Januar 1871 gegrün-
deten Reiches steht der
König von Preußen als
Deutscher Kaiser, seitdem
15. Juni 1888 Wil-
Helm Ii. Er hat die Ent-
scheiduug über Krieg und
Frieden und den Oberbe-
fehl über Heer und Kriegs-
flotte; er vertritt auch
durch Gesandte das Reich
im Auslande. Die An-
gelegenheiten des Reiches
werden geregelt durch den
Bundesrat, den die Ver-
treter der deutschen Regie-
rnngen bilden, und den
Reichstag, der aus 397
Vertretern des deutschen
Volkes besteht.
Reichsangelegenheiten
sind: 1. Heerwesen und
Kriegsflotte. Jeder
wehrfähige Deutsche ist dienstpflichtig in der Regel vom 20. bis zum 45. Lebens-
jahre und zwar 7 Jahre im stehenden Heere, 12 Jahre in der Landwehr 1. und 2.
Aufgebotes, außerdem im Landsturme. Wir haben 20 Armeekorps mit 585 000
Mann Friedensstärke, im Kriege nötigenfalls mehr als sechsmal soviel. Unsere
Kriegsflotte zählt 89 Schiffe (ohne die Torpedoboote). Reichskriegshäfen sind
Wilhelmshaven und Kiel. Starke Festungen schützen unsere Grenzen; so im W.
besonders Metz und Straßburg, im O. Königsberg, Thörn, Posen. 2. Die
Reichsfinanzen, d. s. die Einnahmen und Ausgaben des Reiches. 3. Das
Post- und Telegraphenwesen außer in Bauern und Württemberg. — Auch
auf Handel, Eisenbahnen, Rechtspflege — Reichsgericht in Leipzig —. Ge-
sundheitswesen und andere Zweige der Verwaltung hat das Reich Einfluß; im
wesentlichen aber ist dies alles den Einzelstaaten überlassen.
8. Staatenkunde.
Das Deutsche Reich umfaßt 540000 qkm, darin 52l/4 Mill. E. Es
ist seiner Oberfläche nach der 4., seiner Bevölkerung nach der 2. Staat
Europas. Gestützt auf sein unübertroffenes Heer, wahrt es den Frieden
Europas.*)
Unser Reich grenzt im W. an Frankreich, Luxemburg, Belgien und
die Niederlande,' im N. an die Nordsee, an Dänemark, an die Ostsee,-
Im O. an Rußland und Österreich-Ungarn, im S. ebenfalls an Oster-
reich-Ungarn und die Schweiz.
*) „Nur ein mächtiges Deutschland in der Mitte von Europa ist die Bürgschaft für
den europäischen Frieden". Moltke,
Fig. 2. Die Bahnverbindungen Berlins.