1872 -
Glogau
: Flemming
- Autor: Kriebitzsch, Karl Theodor
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
gierte Stufe.
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- Autor: Kriebitzsch, Karl Theodor
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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: Flemming
- Autor: Kriebitzsch, Karl Theodor
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
von Tudela bis Saragossa, vom Kaiser Carl V. angefangen. Minho und
Guadiana bilden im Unterlauf die Grenze zwischen Portugal und Spanien.
4. Klima, Produkte. Das Klima ist continental, im Süden, der oft
Jahre lang keinen Tropfen Regen hat, sehr heiß und durch den von der asri-
kanischen Küste herwehenden Solano bisweilen zu glühender Hitze gesteigert.
Doch mildern die Seewinde die Temperatur, und die östlichen Provinzen von
Catalonien bis Murcia haben immerwährenden Frühling. In den diesen Ein-
slüssen unzugänglichen, meist waldlosen Hochebenen herrscht im Winter so
schneidende Kälte als im Sommer drückende Gluth und Dürre, denn die end-
losen kahlen Flächen erhitzen sich stark, lassen die Wärme aussteigen, verhindern
die Wolkenbildung und dadurch den atmosphärischen Niederschlag. So erin-
nern diese Plateau's an die afrikanische Wüste. Doch haben die höchsten
Punkte auch Schnee. Kalter und feuchter ist die gebirgige Nordküste. Mildes,
liebliches Klima herrscht in dem schönen Thal des Guadalquibir. -—• Das
Land ist, außer den Hochebenen, sehr fruchtbar und reich an den mannigfal-
tigsten Produeten: Wein (Malaga, 3ceres), Orangen, Citronen, Feigen,
Mandeln, Datteln, Cypressen, Granaten, Myrthe, Baumwolle, Platanen,
spanischer Pfeffer; Gold, Silber, Marmor, Steinsalz, Steinkohlen, Eisen in
Catalonien, Quecksilber in der Sierra Morena; Schafe (der einst weltberühmten
Merinos rechnet man gegen 8 Millionen im Lande, sie werden inheerden von
10—40,000 Stück im Sommer aus die Gebirge, im Winter in die milden
Ebenen von Estremadura getrieben, jetzt zieht man sie in andern Ländern eben
so edel), Ziegen, Rinder, Pferde (Andalusien), spanische Fliegen. In Por-
tugal, in Andalusien, Gibraltar und am Abhang der Pyrenäen wächst die
Korkeiche in großen Wäldern wild, ein schöner, immergrüner Baum, dessen
knotiger, dicker Stamm alle drei Jahre entrindet wird. Im südlichen Spanien
afrikanische Thiers: Affen, Chamäleon, Genettkatze. Das Meer hat viele
Sardinen, Stock- und Thunfische. Mangel dagegen ist, wenn auch das Ge-
birge zum Theil in weiter Ausdehnung bewaldet, an Holz, und Acker- und
Bergbau sind im Allgemeinen vernachlässigt, die Industrie gering (die Wolle
Aragoniens und Castiliens wird roh nach den französischen Städten ausgeführt
und kommt dann, zu kostbaren Stoffen verarbeitet, wieder zurück), und der
Handel, dem auch die Canäle und Straßen und Brücken fehlen und die Un-
sicherheit der Landstraßen, die geringe Schiffbarkeit der Flüsse, die Erhebung
von Binnenzöllen hemmend im Wege ist, steht zu der Fruchtbarkeit des Landes
in keinem Verhältniß. Große Strecken des schönen Landes liegen unbebaut,
unbewohnt, und in Portugal ist der Handel meist in den Händen der Fremden,
besonders der Engländer. In Spanien wird sehr viel Schleichhandel getrieben,
und die Schmuggler, die Matones (Tödter), denen die militärischen Pa-
trouillen, wenn sie ihnen begegnen, scheu aus dem Wege gehen, stehen wegen
ihres ritterlichen Wesens, ihrer militärischen Disciplin und Tüchtigkeit, ihrer
kühnen, schlauen Fahrten in großem Ansehn, und das Volk wird nicht müde,
ihre Abenteuer und Heldenthaten in Lied und Romanze zu preisen.
5. Geschichte. In den ältesten Zeiten war J berien (vonjbero —Ebro)
oder Hesperien (Westland) das Peru und Mexiko der Phönicier: sie fanden
hier Silber, Gold, Zinn, Kupfer in unerschöpflicher Fülle; Erde und Flüsse
blinkten von dem Gold und Silber, die Phönicier, wenn die Schiffe der
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- Inhalt: Zeit: Geographie
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Macht und Glanz erhob Spanien Karl I., Ferdinands Enkel, jener deutsche
Kaiser Karl V., in dessen Reich die Sonne nicht unterging. Aber schon unter
Philipp Ii. (f 1598) begann die Sonne zu sinken, zwar fiel ihm 1580 Por-
tugal zu, aber die Niederlande machten sich los, die Mehrzahl der Colonien
in Asien ging verloren, der Welthandel kam an die Holländer und Engländer.
Philipp Iii. schädigte des Landes Wohlstand, indem er die christlichen
Mauren, die schon Philipp Ii. verfolgt hatte, gänzlich vertrieb. Mit Philipp
v on Anjou, einem Enkel Königs Ludwig Xiv., kam nach dem spanischen Erb-
folgekriege (1700—1714) eine Nebenlinie des Hauses Bourbon aus den spa-
nischen Thron. Karl Iv. wurde durch Kaiser Napoleon entsetzt, aber 1814
mußte Joseph (1809 Talavera, 1812 Salamanea, 1813 Vittoria) wieder
Karls Iv. Sohn, Ferdinand Vii. weichen; ebenso gelangte durch Wellingtons
Waffen der Prinzregent rwn Portugal, Johann Vi., der vor Junot 1807 nach
Brasilien hatte fliehen müssen, 1821 wieder zur Herrschaft. Nach Ferdinands
Vii. Tode (1833), der mit den C ort es (den Landständen) in unaufhörlichem
Kampfe gelegen, kam es zu einem langen blutigen Bürgerkriege zwischen Car-
listen und Christinos, feine Tochter Jfabella Ii. wurde 1843 als Königin
anerkannt. Die meisten amerikanischen Colonien (Mexiko, la Plata, Chili,
Peru, Bolivia) gingen in dieserzeit verloren. 1868 wurdejsabella vertrieben
und die Republik proclamirt, 1870 Amadeo, der Herzog von Aosta, Sohn des
Königs von Italien, zum König erwählt. In Portugal, das seit 1640 wieder
selbständige Könige aus dem Hause Braganza (No.) erhalten, aber nie mehr
seine vorübergehende Bedeutung von ehedem erlangt, regiert jetzt (seit 1861)
Dom Luis I. (das Dom führt nur der König und die königlichen Prinzen).
Durch Bürgerkrieg zerrifsen, steht es in Ackerbau, Handel, Industrie, Bildung
noch hinter Spanien zurück.
6. Das Volk. Ein Grundzug des spanischen Characters ist der Stolz.
Die feierliche, ernste, kalte, schweigsame Grandezza der spanischen Granden ist
ja sprüchwörtlich. Auch der heruntergekommene Bauern- und Bettleradel be-
sitzt diesen ungemessenen Stolz und zeigt eine gewisse würdevolle Vornehmheit
und läßt sich seinen Caballero und Sennora nicht nehmen. Wehe dem, der
ihnen Unwürdiges zumuthet, niedere Dienste von ihnen fordert. Denn fo ge-
messen und still sie für gewöhnlich sind, so gefährlich sind sie, wenn die leicht
zur hellen Flamme auflodernde Gluth der Leidenschaft sie aufjagt. In Bil-
dung zurück, mit den Veränderungen unbekannt, die feit Karl V. in der Welt
geschehen, zehrt ihr Nationalstolz noch von den Erinnerungen an diese glor-
reichste Zeit ihres Volkes und Vaterlandes und sie halten sich noch heute für
das erste Volk der Erde. Aber sie wissen und fühlen sich auch als Eine Nation,
trotz der scharf ausgeprägten Verschiedenheit in Sitten, Fähigkeiten, Charaeter
und Interessen der vielen einzelnen Stämme und Provinzen. An den alten
Sitten, Gebräuchen, Gerechtsamen halten sie mit starrem Sinne fest, und auch
die Loyalität des Spaniers ist sprüchwörtlich geworden. Der Kampf gegen
Napoleon mit seinem unermüdlichen Guerillakrieg hat bewiesen, daß dermuth,
die Tapferkeit, der Unabhängigkeitssinn, die Vaterlandsliebe noch in ihnen
wohnt, die einst Numantia nur als einen Haufen von Schutt und Leichen den
Römern übergab und 700 Jahre mit den Saraeenen auf Tod und Leben
kämpfte; aber dem Nationalgefühl verbindet sich auch ein brennender Haß
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baren Museum von 2000 Bildern berühmter niederländischer, italienischer,
spanischer, deutscher Meister, und ist im Ganzen schön gebaut, aber in manchen
Vierteln zu dicht bevölkert. Das Klima der Stadt, die mit Neapel unter
gleicher Breite liegt, hat einen jähen Wechsel von Kälte und Hitze: drei Mo-
nate Winter und neun Monate Hölle, sagt ein spanisches Sprüchwort. Die
Sterblichkeit ist sehr groß, deshalb pflegen vornehme und reiche Familien auf
Monate, ja aus Jahre die Stadt zu verlassen, um in gesunden Gegenden, des
In- oder Auslandes zu leben. Was bleibt, findet sich in dichtem Gedränge
täglich aus dem Prado ein, trotz Staub und Sonne. Aus allen Straßen und
Plätzen hört man vom frühen Morgen bis in die Nacht die Rufe agua! und
fuego! Mit jenem bieten die Wasserhändler, deren es hier viele giebt, mit
Tonnen herumziehende und in Buden und Läden ansässige, ihre frische, helle
Waare aus, der es nie an Abnehmern fehlt; mit diesem schreien kleine Knaben
das Feuer aus, das sie, zum Anzünden der unvermeidlichen Cigarre, in mit
Kohle und feiner Asche gefüllten Schalen herumtragen oder in brennenden
Lunten den Leuten vor die Nase halten. Die Fensterläden der Häuser sind fast
immer geschlossen und die Fenster dicht verhangen, der Hitze wegen. In den
Zimmern stehen 7—8 große Töpfe (Bucaros) aus rother amerikanischer Erde,
mit Wasser gefüllt, und die Matten werden fortwährend angefeuchtet. Das
Trinkwasser wird vom Guadaramagebirge in die Stadt geleitet. Am Abhang
dieses Gebirges, 7 M. (nordwestlich) von Madrid liegt der Escorial. Das
ist ein Riesenbau, der den größten ägyptischen Bauten nichts nachgiebt, wie
eine Masse auf einander gefügter, künstlich bearbeiteter Granitfelsen anzusehn.
Am Tage der Schlacht von St. Quentin 1557 gelobte Philipp Ii., da er eine
Kirche des h. Laurentius beschießen lassen mußte, dem Heiligen eine neue,
schönere Kirche zu bauen. Und er hielt sein Wort. Der Klosterpalast, aus
blauem Granit erbaut, bildet im Grundriß die Gestalt eines Rostes, mit An-
spielung auf den Heiligen und seine Todesart. Er hat die Form eines läng-
lichen Rechtecks und eine Viertelstunde im Umfang. Fußboden, Wandbeklei-
düngen, Altäre u. s. w. sind von verschiedenartigem Marmor, nur die Thüren
von Holz. Die ungeheure Klosterkirche hat die Form eines Kreuzes und schließt
mit einer kühnen, 330' hohen Kuppelwölbung, durch deren Fenster ein rosiges
Licht auf den Hochaltar darunter füllt, den eine massivsilberne Bildsäule des h.
Laurentius schmückt. Das Ganze ist von edler Einfachheit und überwältigen-
der Großheit. Zwei Reihen mächtiger Pfeiler theilen das Innere in drei
Schiffe. Aus glattpolirten Granitquadern zusammengefügt, erheben sich die
ungeheuren, mit schönen Freskobildern geschmückten Bogen in schwindelnde
Höhe. Eine breite Marmortreppe mit Jaspiswänden, die den Schein der
Lichter wie Spiegel zurückwerfen, führt unter dem Hochaltar in das Pantheon,
wo rings an den Wänden in Nischen die Marmorsärge stehen, die die Gebeine
Karls V., Philipps Ii. und der folgenden Könige Spaniens bergen. Von
dem höchsten Kranz der Kuppel, zu dem eine Treppe von Außen hinaufführt,
kann man das ganze labyrinthische Bauwerk (das dem Könige über 5 Mill.
Dueaten gekostet haben soll) mit seinen 16 Höfen, 4000 Fenstern, 63 Fon-
tainen, anmuthigen Gärten und großem Park überschauen, und von den
Thürmen herab tönen in harmonischem Geläute die 51 Glocken über diese
düstre, dunkle Stätte des Todes. Im Süden von Madrid liegt das schöne
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Terrassen sich zur Küste absenken. Die Hauptstadt liegt in der tiefländischen
Ebene, die breit und lang die östliche Seite ausmacht. Der Acker- und Garten-
bau ist hier zur höchsten Blüthe entfaltet und hat die Provinz zu einem wahren
Paradies gemacht; den Garten Spaniens nennen's die Eingeborenen, und
haben das Sprüchwort: Valencia ist Gottes Land, Reis wächst, wo gestern
Weizen stand. Dies ist das Werk der Araber, die sich aus den Anbau aus dem
Grunde verstanden; sie haben die Ebene, die an sich Mangel an Wasser hat,
mit einem ganzen Netz von Canälen und Bewässerungsgräben durchzogen,
welche überall von hohen Hecken des spanischen Rohrs eingefaßt sind, und eine
Menge Pflanzen aus weitester Ferne, z. B. Zuckerrohr, Baumwollenstauden,
Maulbeerbäume hier eingeführt; daher die noch heute bedeutende Seidenzucht
und Seidenfabriken. Auch Cactuspflanzungen sieht man häufig, zur Zucht der
Cochenille. Die Getreidefelder mit ihren mehr als mannshohen und finger-
dicken Halmen find wie ein Wald. Das Getreide wird nicht ausgedrofchen,
fondern von Pferden und Mauleseln ausgetreten. Große Flächen nimmt der
Reisbau ein, von dem in der Umgegend von Valencia jährlich an 300 Mill.
Pfd. erzeugt werden. Saat und Ernte dauert das ganze Jahr hindurch, jeder
Monat bringt seine Frucht, vier- bis fünfmal im Jahre kann derselbe Boden
bebaut werden. Die Bauern auf dem Lande sind meist nicht Eigenthümer,
sondern Pächter des Grundes und Bodens; doch erben nach altem Herkommen
die einzelnen Grundstücke in den Familien fort. Die Besitzer leben meist in
der Stadt, besonders in Valencia. Und überall blickt durch das hellgrüne
Laub der Maulbeerbäume das weiße Gemäuer der zerstreuten Landsitze. Die
freundlichen Häuschen der Bauern, wahre Schmuckkästchen, sind von der
Straße durch einen Graben und eine Hecke von riesigen Aloln geschieden, ein
kleiner Steg, eine mit Epheu und Marienbildern geschmückte Pforte, ein fchat-
tiger Weinlaubgang führt in das Innere, das eine sehr einfache Einrichtung
hat. Unweit der Wohnung stehen Dattelpalmen, Granat-, Feigen-, Orangen-
und Johannisbrodbüume, in deren Schatten sich in der heißen Jahreszeit der
Bauer am Tage meist aufhält. Der Valencianer ist sehr fleißig und betriebsam,
aber auch lebhafter, heiterer und gegen den Fremden zuthulicher als das an-
dere spanische Volk; doch hört man oft ihre Feigheit, Treulosigkeit und Räch-
sucht schelten, und der valencianische Dolch ist berüchtigt und gefürchtet. Die
Stadt Valencia bietet, mit ihren weißen Häusern aus einer frischen, grünen
Ebene von Fruchtfeldern, Blumengärten, Baymgängen sich erhebend, von
violetten Bergen umkränzt, einen wunderbar malerischen Anblick. Es war
einst die Hauptstadt eines maurischen Königreichs, und Säge und Dichtung
erinnern an den hier (1099) gestorbenen edlen Helden Cid, der die Stadt
von den Mauren eroberte und vom Könige zum Ehrenpreis gewann. Schön
ist die Stadt eben nicht, aber sie hat unzählige Kirchen mit schlanken, zierlichen
Thürmen und Dome mit Kuppeln, deren glasirte Ziegel im Sonnenschein
glänzen. In der Kathedrale ist der Hochaltar von massivem Silber. Auf den
Straßen herrscht Tag und Nacht ein überaus reges Leben. Verkäufer, jung
und alt, ziehen auf und ab, mit melodischem Gesang, worin immer einer den
andern ablöst und dessen Melodie ausnimmt, ihre Waaren feilbietend. Da-
zwischen tönt unaufhörlich das Gerassel der Tartanen, schlechter einspän-
niger Karren, die mit buntbemalter Plane überspannt sind, auf zwei breiten,
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Staub und wenig Schatten auf dem Felde sich's haben sauer werden lassen
und des Abends heimkehren, sieht man sie tanzen und Guitarre spielen, dazu
wird gescherzt und gelacht, getrunken und gesungen. Auch sind sie gar so rache-
durstig nicht, als sie sich gern die Miene geben. Aber in Allem, was sie thun,
lieben sie die Geräuschigkeit; das sieht man auf den Straßen, im Verkehr, bei
Festen, beim Schauspiel, auf dem Tanzsaal. Ihre Tänze, wie den allbeliebten
Fandango, der die Kämpfe der Liebe darstellt, begleitet leidenschaftliches
Geberdenspiel, dazu klappern Castagnetten, klingt das Tambourin, die Gui-
tarre, tönt auch wohl Gesang, entweder altbekannter Lieder oder frisch erfun-
dener Stegreiflieder, wie sie bald harmloser Muthwille, bald herausfordernde
Streitluft eingiebt. Gesang ohne Guitarrenbegleitung, wie diejtaliener, mögen
sie nicht, aber gern hören sie dem Spiel der Guitarre ohne Gesang zu. Gegen
den Fremden bezeigen sie sich sehr gastfrei. Und wie der Spanier überhaupt
außerordentlich mäßig ist, so bewahren die Andalusier auch bei der ausgelas-
sensten Lustigkeit eine bewundernswerte Nüchternheit; den feurigen Wein
ihrer Berge überlassen sie lieber dem Ausland und geben dem vino cristiano
d. h. dem getauften, mit Wafser gemischten, den Vorzug vor dem vino moro
d. h. dem maurischen, ungetansten. — Die größten und wichtigsten Städte in
Andalusien sind Sevilla, Cadiz, Cordova, Gibraltar. Sevilla am
Guadalquibir, seit 712 arabisch, dann (seit 1248) christlich unter der Herr-
schast von Kastilien, am Ausgang des 15. Jahrhunderts als Stapelplatz des
spanischen Handels mit Amerika die reichste und üppigste Stadt des Landes
(die Silberflotten gingen hier aus und ein), ist noch jetzt, obwohl sehr herab-
gekommen, nächst Barcelona die bedeutendste Handelsstadt Spaniens. Es hat
prächtige Häuser mit platten Dächern und maurischen Verzierungen, eine Uni-
versität, eine (königl.) Tabaks- und Cigarrenfabrik, die größte in Europa, ein
Amphitheater zu Stiergefechten, das größte im Lande, für 12,000 Menschen.
— Cadiz (Cadix, Gades) liegt auf der durch eine Brücke mit dem Festlande
verbundenen Insel Leon und ist ein wunderlieblicher Ort: aus den platten
Dächern der weißen, glänzenden hohen Häuser Blumengärten mit Orangen,
Citronen und Feigen, in der Mitte der Dächer kleine zierliche achteckige
Thürmchen, gläserne Balcons bis unter's Dach, Hausthüren von Mahagoni,
Blumen in den Fenstern und überall. Auf den Straßen laufen Knaben umher,
ein 6' langes Rohr in der Hand, in welches von oben bis unten Nelken ein-
gesteckt sind; jede Frau, ehe sie Abends ins Theater oder auf die Promenade
geht, kauft sich eine frische Nelke und steckt sie über das Ohr. Die schönste und
belebteste Promenade ist der Platz S. Antonio, ein regelmäßiges Viereck mit
wunderschönen Bäumen bepflanzt und von Bänken umgeben. Da sammelt sich
des Abends alles Volk und erquickt sich an der frischen Kühle, der süßen ein-
schmeichelnden Weichheit der Luft, dem funkelnden Sternenglanz vom tief-
klaren Himmel. Cadiz ist eine sehr starke Festung (die einzige, die die Fran-
zosen zu Napoleons Zeit nicht nehmen konnten), der beste Kriegshafen des
Landes, ein Freihafen. Nördlich davon Teres, wo der beste spanische Wein
wächst. Cordova am Guadalquibir, jetzt versallen, ehedem berühmt durch
Silber-, Gold- und Lederarbeiten (c.orduanisches Leder), im Mittelalter als
Sitz der Ommajaden (arab. Chalisen) unermeßlich reich und prächtig und als
Hochschule Sammelplatz der Gelehrten und Dichter. Aus weitester Ferne
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sind auch die verwegensten Schmuggler und Wegelagerer, zeigen einen ab-
stoßenden, verschlossenen, düstern, bigotten Ernst, und Ackerbau und Gewerbe
liegen in keiner andern Landschaft Spaniens so darnieder wie hier. Carta-
gena (inmurcia), Seehafen,Handelsstadt, Festung; vonhasdrubal gegründet.
Canal von Murcia. In der Bega von Murcia viel Seidenbau. — In Gra-
nada, das ebenfalls die Araber durch Anpflanzung von Weinreben und Edel-
fruchtbäumen in einen Garten verwandelt, liegt an der Meeresküste Malaga,
nächst Barcelona die bedeutendste See- und Handelsstadt, berühmt besonders
durch seinen Wein, in seiner Umgebung Cochenillepflanzungen, die schönsten
Südfrüchte: Ananas, Bananen, Citronen, Orangen, Feigen, Mandeln, an den
Felsenhöhen zahllose Weinberge („im grünen Laub die goldnen Früchte, die
dunkelrothen Trauben auf den Bergen"). Sonst hat die Gegend, in Folge
der Entwaldung der benachbarten Berge, die auch anderwärts weite Strecken
des Landes geschädigt hat, Mangel an Wasser. Die Stadt Granada, ringsum
von dustigen Gärten und einem wahren Rosenmeer umgeben, war viel glän-
zender und volkreicher als heute, zur Zeit der Mauren, die sie erbauten und
sich in Granada am längsten gehalten haben. Der letzte maurische König
Boabdil übergab 1492 Granada, Stadt und Reich an Ferdinand und floh.
Und'als er das andalusische Grenzgebirge erreicht hatte, wandte er sich noch
einmal um und blickte weinend zurück aus das fernschimmernde Granada.
Aber seine Mutter sprach zu ihm strenge: weine nicht wie ein Weib über den
Verlust einer Krone, die du nicht vertheidigen kannst wie ein Mann. Noch
heute zeigt man die Berghöhe, wo Boabdil zum letzten Mal sich umschaute,
das Volk nennt sie „den Seufzer des Mohren". Die Stadt zeigt noch manche
Trümmerreste altmaurischer Bauten, das bedeutendste ist die prachtvolle 1231
bis 1338 erbaute Alhambra (d. h. die Rothe, von den röthlichen Wall-
mauern) nahebei aus einer Felsenhöhe. Das war Burg und Palast der mau-
rischen Könige, an den alten Mauern und Thürmen der Burg sieht man noch
Spuren goldner Inschriften, im Palast auf dem Hof der Bäder ein großes,
mit dustigen Blumen umkränztes Bassin, im zweiten Hof, dem Löwenhof,
der mit weißen Marmorplatten gepflastert und rings von einem bedeckten
Säulengang umgeben ist, den Löwenbrunnen, der aus zwei über einander sich
erhebenden Schalen von schwarzem Marmor besteht, die von zwölf Löwen ge-
tragen werden, schöne, von seinen Säulen getragene Bogengänge, mehrere
hohe Säle, deren Wände und Decken in Gold, Purpur und Ultramarin prang-
ten und in Gold geschriebene Sprüche oder bunte Bilder bedeckten, ein Saal
des Königs, des Staatsraths, der Königin u. s. w. Man hat von dieser Höhe
eine wundervolle Aussicht. Am 2. Januar, als dem Tag der Uebergabe von
Granada, wird die Glocke eines Thurmes aus der Alhambra von früh bis
spät fortwährend geläutet, und zwar von jungen Bürgermädchen, denn es ist
der Glaube, die am besten läute, werde sich in diesen: Jahre verheirathen;
Abends giebt es dann im Theater ein großes Spectakelstück; zugleich ist dieser
Tag, der ein Fest für alles Volk ist, der einzige im Jahre, wo die sämmtlichen
Wasserkünste der Alhambra in Gang gesetzt werden. 'Die Provinz hat sehr
vielen und schönen Marmor, besonders schön der grüne und der fleischfarbige.
—- Südlich von Cadiz am Cap Trafalgar war die berühmte Seeschlacht
1805, in der der englische Admiral Nelson siegte und starb.
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- Inhalt: Zeit: Geographie
1. Granada.
O Granada, unvergleichlich
du in deiner Götterfrische,
aus den Wassern dich verjüngend,
steigst du Hohe, Zauberische.
Du erhebst dich, eine Venus
aus des Darro goldnen Fluthen,
und die Sonn' auf deiner Stirne
drücket sel'ger Küsse Gluthen.
Und das Feuer deines Busens
der Alhambra Wälder kühlen,
und die Winde, die herüber
von den Schneegebirgen spielen.
Heute noch wie zu den Zeiten
ruhmgewaltiger Ahmare,
schmückt der Diademe hellstes,
die Alhambra, deine Haare.
Und der Darro, der in seinem
Sande schleppt des Goldes Menge,
drängt zu der Alhambra selig
sich in des Canales Enge.
Aus den dustgen Blumenlauben,
aus dem grünen Dickicht ragen
weiße Häuser, Lebensgrüße
der Alhambra froh zu sagen.
Pappeln voller Nachtigallen
heben schattighohe Wipfel,
und darüber ragen finster
wüst der Alcazaba Gipfel.
Sie, die einst die Hohe, Mächt'ge,
durfte die Alhambra beugen,
liegt in Staub zerfallen selber,
liegt vergessen tief in Schweigen;
Die den König Boabdil einst
schützte vor des Zagal Hassen,
ist von Göttern und von Menschen
aufgegeben und verlassen!
In des Chapis Haus, d'rin wohnte
einst der Maurenkön'ge Einer,
lagern unter Götterbogen
dunkelschmutzige Zigeuner,
Die der Kunst geweihte Tempel
schnöd' entadelten zu Hütten,
die das Schöne mit Gemeinem
stumpfen Sinn's in Staub verschütten.
Doch trotz allen deinen Gräbern,
Todtenkränzen, Immortellen,
jeder Tag verjüngt, Granada,
dich aus den lrystallnen Wellen.
Sind auch leblos deine Straßen,
bald verweht der Mauren Spuren,
unvergänglich Leben blühet
noch in deinen grünen Fluren!
Kriebitzsch, Geographie. Ii.
In der Bega, am Genile
und am Darro sich verzweigen
hohe Palmen und Cyprefsen,
Pappeln und die süßen Feigen.
Der Granate Krone leuchtet
die Alhambra dir noch immer,
und die Sierra Nevada thronet
schneeig in phantast'fchem Schimmer;
Glitzernd mit dem Silberscheitel,
majestätisch und erhaben,
Rosen sinken ihr zu Füßen,
wie der Kön'gin Edelknaben.
Doch kein Schnee und keine Blume
die Sierra Elvira schmücket,
Blumen hat sie nur von Feuer,
die Vulcan ihr heiß entpflücket.
Ihre Ernten sind erschütternd
tiefgewaltges Erdebeben,
und sie starrt wie eine Wüste
und der Tod nur ist ihr Leben.
Aber.du, Granada, ruhest
zwischen beiden eingeschlossen,
siehst du hier des Todes Schrecken,
siehst du dort das Leben sprossen.
Weinst du auch um die Ahmare,
klagend ob der Größe Trümmern,
stets in deine Krone neue
Perlen deine Ströme schimmern!
Fastenrath.
2. Ein Gang durch Sevilla.
Almutamed reißt den großen
Dusuf aus dem Schlachtgetümmel:
„Komm und fchaue mein Sevilla,
selig sei in meinem Himmel!
Eine Braut ist mein Sevilla,
und ihr Bräut'gam heißet Abbad,
täglich feir' ich mit ihr Hochzeit,
täglich feir' ich mit ihr Sabbath.
Sieh, als Halsgeschmeide funkelt
ihr des Betis reiche Welle,
und es strahlt als ihres Hauptes
Schmuck der Ajarafe helle.
In dem Diademe glänzet
Kranz an Kranz, ein Dorfgewimmel,
fieh, ein jedes Dörfchen ist ein
Stern in der Oliven Himmel.
Sieh' die weißen Granjas, sieh' der
Hügelwellen sanftes Steigen,
sieh' den Strom, vor dem sich Nilo,
der Befruchter, selbst muß neigen.
Denn es hausen Krokodile
nicht im Guadalguivire,
2
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- Inhalt: Zeit: Geographie
durch des Hercules Huerta
streifen keine wilden Thiere.
Schaue, König, meine Burgen,
meiner Schlösser ragen hundert,
mein Sevilla ist gefürchtet,
mein Sevilla ist bewundert.
In dem Schirme seiner Thore
dehnt es sich gleich einem Schilde,
komm in den Alcazar, König,
schaue meine Lustgebilde.
In dem Stucke des Palastes
ranken blumige Gemiude,
und es sprudeln die Fontänen,
Lüfte wehn balsamisch linde.
Unter Stalaktitenbogen
wandle durch die lichten Säle,
schau' die reichen, zarten Säulen,
goldbedeckte Kapitäle.
Sieh die Thüren von Alerce,
lies die heiligen Legenden,
tausend Sterne werden in den
Kuppeln dir die Augen blenden.
Und den Goldthurm schau am Strande,
seine Azulejos prahlen
mit des Goldes Glanz, wenn lieblich
sie bescheinen Sonnenstrahlen.
Zur Mesquita mußt du mit mir,
König, zu der heil'gen, wallen,
wandle selig unter Palmen,
selig durch die Säulenhallen,
Die sich Cordovas Mesquita
stolz vergleichen; König, allda
schau Sevillas höchstes Wunder,
schau die göttliche Giralda.
Dieses ist der Thurm der Thürme,
Alminar der Alminare,
dort erschallt der Ruf zum Beten
von dem hohen Steinaltare.
Kühn erhebt er sich gen Himmel
auf der Römerwerke Trümmern,
um von Allahs Ruhm und unsrer
Meister Glorie zu schimmern.
Sieh die Fensterbogen wie auf
Seilen tanzend sich verschlingen,
und sieh Rampe sich an Rampe
mächtig bis zur Plattform schwingen,
Also daß ein Roß zum Gipfel
steigen kann mit leichten Füßen,
und vier goldne Kuppeln droben
sieh den Sternenhimmel grüßen.
Sieh Hermenegildo's Löwen
überwunden und gebändigt,
in Sevillas Paradiese
hat das Irdische geendigt!" —
Dusus Ben Texfin, der Sieger,
schaut Sevilla wonnetrunken,
und die Schöne wirft in feine
Seele der Begierde Funken!
Almutamed, reicher Bräut'gam,
Bräutigam der schönsten Schönen,
von des Gastfreunds Lippen wird dir
schrecklich Hochzeitslied ertönen!
Wärst mit ihm du nimmer, nimmer
durch die Wunderstadt gegangen:
wiederkommen wird einst Dusus,
stillen seiner Gier Verlangen!
Fastenrath.
3. Der Fandango vor Gericht.
Tod geschworen dem Fandango
haben Romas strenge Richter,
Bannstrahl zuckt von ihren Brauen,
finster dräuen die Gesichter.
Spanien ist des Glaubens Lilie,
doch der Wurm an ihren Blättern
ist der sündige Fandango,
Bannstrahl soll ihn niederschmettern!
Und im hohen Consistorium
sitzen alle sie zusammen,
aber Einer der Prälaten
spricht: „Eh' also wir verdammen,
Laßt uns von des sünd'gen Tanzes
Unheil selbst uns überzeugen."
Vor der Weisheit dieses Vorschlags
müssen sich die Richter beugen.
„So erscheine denn, Fandango,
Tanz, so zeig' uns deine Gräuel!" —
Und ein Tänzerpaar aus Spanien
dringt durch der Prälaten Knäuel.
Schön wie Phryne ist die Dona,
ihres Mundes Hauch sind Düfte,
Seide schmeichelt ihren Füßchen,
leichtes Kleidchen ihrer Hüfte.
Zärtlich lockt sie ihren Tänzer,
schaut ihn an mit fammtnen Augen,
und er will aus ihren Blicken
einen Liebeshimmel saugen:
Oesfnet weit schon seine Arme,
feurig will er sie umschlingen,
da hebt trotzig sie die Hüfte,
und die Castanuelos klingen
zürnend fest in ihrem Händchen,
und sie biegt sich, eine Schlange,
senket dann die Stirne nieder,
flieht verfolgend vor dem Drange,