1788 -
Leipzig
: Weidmann
- Autor: Kosche, Christian Traugott, Hammerdörfer, Karl
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Terra Firma.
Flüsse, Bache und Quellen gewässert werden. Ei-
nige von seinen Flüssen ergießen sich in das Nordmeer
und andere in das Südmeer. Die meisten haben
ihre Quellen aus einer Kette von Bergen, welche
gemeiniglich der hohe Gipfel genannt werden, und
nur eine Fortsetzung von der Cordillera der Andes ist.
Diejenigen, welche den Ufern gleich laufen, sind in
geringer Anzahl.
Der hohe Gipfel, oder die Cordillera, ist nicht
von einer gleichen Breite in der ganzen Erdenge. Er
hat seine Windungen und Krümmungen, wie die Erd-
enge selbst: seine Richtung ist fast stets langst oder
dicht neben den Ufern des Meeres, und er entfernet
sich selten zehn oder fünfzehn Meilen davon. Von
dieser Höhe zeigt die Natur eines der reitzendsten
Schauspiele, und der Reitz würde noch starker seyn,
wenn man hier noch zugleich auch das Südmeer se-
hen könnte; allein seine Entfernung und andere mit
Gehölzen bedeckte Berge, welche dazwischen sind, er-
lauben nicht, es von irgend einem Orte zu entdecken.
Auf der Nordseite giebt es keine,Gebirge; es sind da
nur sanfte Abhänge, die mit einem immer fortlau-
fenden Walde bekleidet sind, welcher aber aus keiner
Seite dem Auge das Ufer entziehet.
Die Verschiedenheit der Höhe und Tiefe der
Berge verändert die Aussicht in die hcrumliegenden
Thalcr ungemein. Von einer großen Anzahl Höhen
erblicket man verschiedene Thaler, die das Land sehr
wohnbar machen: es giebt aber auch so tiefe Thaler,
daß sie den Lauf der Flüsse sehr herum führen. So
wird z. B. der Lhagrefluß, welcher seine Quelle
aus einigen, dem Südmeer ziemlich nahe gelegenen,
Bergen hat, gezwungen, verschiedene Umwege ge-
gen Nordwest zu nehmen, ehe er sich m das Nord-
A z meer
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- Autor: Kosche, Christian Traugott, Hammerdörfer, Karl
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8 Terra Firma.
sen ist, welche zusammen ein Kreuz bilden, dahin
begeben. Von diesen Eylanden und der niedrigen
morastigen Spitze, die ihnen gegen über ist, gehet das
Ufer von Norden gegen Westen bis an die Samba-
lenspitze, und wird drey Meilen weit am schroffen Fel-
sen vertheidiget, deren einige unter, andere über dem
Wasser sind. An dem Nordwestende findet man ei-
ne kleine, sandige und zum Einkommen sehr bequeme
Bay. Von da bis an die Sambalenspihe liegen die
Sambaleninseln. Sie sind nicht gleich weit von
einander entfernt, sie machen aber mit dem benach-
barten Ufer, seinen Gebirgen und Gehölzen eine an-
genehme Aussicht. Ihre Anzahl ist so groß, daß
sie auf den Charten nicht angegeben werden kann.
Man gehet von der einen zur andern durch schiffbare
Canale, die sie von einander absondern, so wie sie
von der Landenge durch einen großen Canal abgeson-
dert ist, dessen Grund von einem Ende zum andern
ein fester und sandiger Boden ist.
Der lange Canal, welcher die Erdenge und die
Sambalen von einander absondert, hat eine Breite
von zwey bis vier englischen Meilen, und das Ufer der
Erdenge zeiget sandige Bayen bis an die Spihe,
welche den Namen dieser Eylande führet. Die Ge-
birge sind sechs bis sieben englische Meilen vom Ufer,
ausgenommen gegen den Conceptionsfiuß zu, wo sie
etwas weiter sind. Viele Bache fallen auf beyden
Seiten dieses Flusses ins Meer. Allein weder der
Fluß, noch einer von diesen Bachen, haben die Tiefe,
welche für die Schiffe gehöret. Der Boden ist in
der Gegend umher vortrefflich; er geht sanft hinauf
bis zu dem Gipfel der Gebirge, und tragt große
Baume, die zum Zimmerholze geschickt sind.
Die Sambalenspihe ist ein spitziger, tiefer, ziem-
lich langer und von andern Felsen, die wohl eine eng-
lische
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Terra Firma. 9
lische Meile weit ins Meer hinausgehen, so wohl
besetzter Fels, daß man sich ihm nie ohne Gefahr
nähert. Jenseits des Ufers aber, ein wenig gegen
Norden von dieser Spitze, entdecket man drey Mei-
len weit den Hafen Scrivan, welcher eine Küste voll
Gehölze und Felsen endiget. Dieser Hafen ist sicher;
er hat aber an vielen Orten nur acht bis neun Fuß
Wasser, und seine Einfahrt ist nicht über fünfzig
Fußbreit. Die Klippen, womit er umgeben ist,
setzen die Schiffe stets in Gefahr. Sonst ist es ein
sehr fruchtbares Land, wo man gegen Osten und Sü-
den bequem ans Land steigen kann. Coxon und die
andern Armateurs, welche im Jahr 1678 Portobel-
lo plünderten, lagen zu Scrivan vor Anker, damit
sie nicht von spanischen Strandreitern entdeckt wür-
den, und sie verbargen ihren Marsch so geschickt, daß
sie, nachdem sie fünf bis sechs Tage zugebracht hat-
ten, durch das Land kamen und Portobello erreichten,
ohne daß man sie wahrgenommen hat. Die Be-
schwerlichkeiten dieses Hafens haben gemacht, daß
ihn die Spanier nie verlassen haben.
Sieben bis acht Meilen weiter gegen Westen
sindet man den Ort, wo Nombre de Dios liegt.
Das Land ist diesem Räume sehr ungleich, und bringt
nur Gesträuche hervor, von der Stadt aber ist keine
Spur mehr vorhanden. Die Bay ist gegen die
Seefeite zu offen, welches, nebst der ungesunden Luft,
wahrscheinlicher Weise den Abscheu verursachet hat,
welchen die Spanier gegen diesen Ort bekommen
haben.
Zwey bis drey kleine Inseln, die man Ouai nen-
net, weil sie von Felsen umgeben sind, zeigen sich vor
der Bay von Nombre de Dioö; und zwey englische
Meilen weiter hin gegen Westen sindet man diejeni-
A 5 gen,
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Ii
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Flüssen gebildet wird, wovon die beyden vornehmsten
S. Moria und Congo sind. Man findet viele an-
dere gegen Mittag, besonders denjenigen, welcher
Rio d'oro, der Goldfluß, heißt, weil er viel Gold in
seinem Sande mit fortführet. Die Spanier schicken
ihre Sclaven von Panama und Santa Maria da-
hin, um diesen kostbaren Staub zu gewissen Zeiten
zu sammeln.
Der nächste Fluß an dem Rio d'oro ist der S.
Marienfluß. Zwischen dem kleinen Dorfe Schu-
dadero und dem Vorgebirge S.' Lorenz, welcher die
nördliche Seite des Meerbusens von S. Michael
macht, ergießt sich der Fluß Congo in den Meerbu-
sen. Dieser Fluß bestehet aus vielen Bächen, die
von den benachbarten Gebirgen fallen, seine Mün-
dung ist schlammig, und bey der Ebbe in einem
Raum von vielen Meilen bloß und aufgedeckt. Wei-
ter ins Land hinein ist der Fluß tiefer, und macht lei-
nen guten Hafen für die Schiffe. Der Busen
selbst ist sehr schiffbar, obgleich mit thonichten In-
sein umringt, und kann eine große Anzahl Schiffe
fassen. Er hat auf der Nordseite eine kleine Bay,
die den Seeräubern sehr bekannt ist. (Lhcapo ist
ein sehr schöner Fluß, welcher seine Quelle nahe bey
dem Nordmeer hat. An seinem westlichen Ufer Ho
er eine kleine Stadt gleiches Namens, in einiger
Entfernung vom Meer, und vortreffliche Weiden
für das Vieh. Die meisten von diesen Savanen
sind auf kleinen Hügeln oder in Thälern, die mit
Sand und Erde untermischt sind. Von diesen Hü-
geln hat der Fluß seinen Ursprung, und lauft einige
Zeit gegen Westen, um sich hernach ins Meer zu
stürzen. Zwischen dem Cheapo und Panama gegen
Westen trifft man drey nicht sehr ansehnliche Flüsse
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Wolken durchbricht, und die Lust um desto ersticken,
der, weil kein Wind da ist, um sie abzukühlen. Die
Regen fangen in dem Herbstmonat an, sich zu der-
mindern, zuweilen aber dauern sie auch bis in den
Januar. Man kann also sagen, es regne aus der
Landenge dreyviertel Jahre. Die Luft hat daselbst
zuweilen einen schwefiichten Geruch, welcher sich in
den Gehölzen ausbreitet.
Nach den Stürmen folgt gemeiniglich ein sehr
unangenehmes Geschrey von den Fröschen, Kröten,
dem Gesumme der Mücken, dem Gezische der Schlan.
gen, und dem Geschrey unendlich vieles andern Un.
geziefers. Der Regen selbst macht im Niederfallen
einen sehr gräßlichen Ton, besonders in den Gehöl.
zen; er ist auch zuweilen so stark, daß eine Ebene,
die er überschwemmt, auf einmal in einen See ver-
kehrt zu seyn scheinet. Auch ist es nichts Seltenes,
daß der Sturm so heftig wird, daß Baume aus ih-
ren Wurzeln gerissen und bis an die Flüsse gefüh.
ret werden.
Das Innere dieser Landenge enthalt wenig in« b) Ejeyh,
dianische Einwohner. Die größte Anzahl derselben ner.
sichet man an der Seite des Nordmeers, vornehm-
lich am Ufer der Flüsse. Die an der Seeküste, wel-
che nicht durch die Waffen aufgerieben worden, ha-
den sich lieber in die weiter gegen Mittag gelegenen
Lander begeben, als sich dem spanischen Joche unter-
werfen wollen. Indessen giebt es doch kein Stück
von der Landenge, worauf mav nicht hin und wieder
zerstreuete Indianer findet; und da ihre Gebrauche
wenig von denen in den beyden andern Provinzen von
Terrafirma unterschieden sind, so können sie unter ei-
nerley Erklärung mitgenommen werden.
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Terra Firma. 15
ist das Werk der Weiber, sie nehmen die Haare zwi-
schen zwey kleine Stäbchen, und wissen sehr geschickt
damit umzugehen. Die Männer lalen sich auch
bey einigen Gelegenheiten, wie z.b. bey einem Sie-
ge über einen Feind, den sie mit ihrer eigenen Hand
erlegt haben, die Haare abschneiden, und setzen noch
ein anderes Ehrenzeichen hinzu, nämlich, daß sie
sich den ganzen Leib schwarz bemalen: denn ein
schwarzgemalter Mensch ohnehaare ist das höchste Zei-
chen eineöhelden utti> einer verehrungswerthen Person»
Allein, dieser rühmliche Stand dauert nur von dem
Tage des Sieges bis auf den ersten Neumond, und
der Sieger würde sich verunehren, wenn er nicht so-
gleich seine Schwärze abwischte, und sein Haar
wachsen ließe.
Ihre natürliche Gesichtsfarbe ist wie helles Ku-
pfer, oder trockene Orangen; ihre Augenrahmen ha-
den die Schwarze des Achats; sie färben sie nicht,
reiben sie aber wie ihre Haare mit einer Art Oel,
welches sie sehr glänzend machet. Man trifft auch
eine kleine Anzahl weißer Indianer hier an; allem
ihre Anzahl ist steylich mit den übrigen in keine Ver-
gleichung zu setzen. Ueber dieses ist ihre Haut auch
nicht von einer so schönen Weiße, als der Engländer
ihre; sondern sie ist vielmehr milchweiß, und was
am wundersamsten ist, so haben sie über ihren ganzen
Leib ein Milchhaar von eben der Weiße und so fein,
daß man die Haut noch dafür sehen kann. Die
Männer würden einen weißen Bart haben, wenn sie
ihn wachsen ließen, er wird aber ebenfalls ausgeriss
sen, nur des Milchhaareö schonen sie. Eben so sind
die Haare um die Augen und auf dem Kopfe weiß,
und letzteres scheint wie gekräuselte Wolle. Diese
Indianer sind nickst so groß, als die andern; sie kön-
nen