1867 -
Breslau
: Max
- Autor: Nösselt, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 14
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Privatunterricht, Töchterschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Mädchen
Vorwort zur ersten Auflage,
V
kindlich und gemüthlich erzählend und ausinalend sein müsse.
Die Individualität des Lehrers thut dabei freilich viel; aber
jeder Lehrer kann durch Einstreuung einzelner Züge, auch
dadurch, daß er so oft wie möglich die handelnden Personen
mit ihren eigenen Worten sprechen läßt, daß er die Persön-
lichkeit der Hauptperson recht heraushebt, viel Interesse für
die Geschichte erwecken; und langweilen sich in seinen Lehr-
stunden die Schülerinnen, so ist es gewiß nur seine Schuld.
Der Verfasser hat das Vergnügen, daß selbst die kleinsten
Mädchen seine Geschichtsstunden gern besuchen.
Schwieriger ist die Auswahl Dessen, w a s man Urnen
erzählen soll, und der Verfasser gesteht gern, daß er, unge-
achtet er seit 18 Jahren bereits Mädchen voll jeden: Alter
unterrichtet hat, darin nicht iinmer mit sich einig ist. Daß
man ihnen die Geschichte der Kriege möglichst abkürze, sie
nicht mit Jahrzahlen überhäufe, sie nicht die Reihen der
Königsnamen aller Reiche auswendig lernen lasse, versteht
sich wohl von selbst, da ja Alles vermieden werden muß,
was einem Mädchen den Anstrich von gelehrter Bildung
giebt. Dagegen scheint ihm, daß außer den Hauptbegeben-
heiten gute und böse Beispiele, folgenreiche Thatsachen, be-
sonders Handlungen merkwürdiger Frauen, herauszuheben sind.
Aber so leicht das im Allgemeinen gesagt ist, so schwer ist es,
im Einzelnen richtig zu wählen, und es würde jedem Sach-
verständigen leicht werden, den Verfasser zu tadeln, daß er
diese und jene Thatsache nicht auch erzählt habe. Weniger
glaubt er fürchten zu dürfen, daß man Das, was er wirk-
lich erzählt hat, als unnütz verwerfen werde. Nur mit vieler
Selbstüberwindung hat er manche höchst interessante Begeben-
heit weglaffen müssen, weil das Buch soust einen zu großen
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- Autor: Nösselt, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 14
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
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- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Mädchen
Inder.
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darin befindliche Tempel hat 34 Säulen; mehr als die Hälfte
davon sind oben mit Elephanten verziert. Zwei andere Tempel
geben ihm an Größe wenig nach. Sie haben mehrere Stockwerke
übereinander, und unzählige Grotten ziehen sich um sie herum.
Hier sieht man eine Menge Treppen, Teiche, freie Plätze, und dies
Alles in den harten Felsen gehauen. Auch hier sind die Wände
mit ähnlichen Bildwerken bedeckt, auch zum Theil bereits verwit-
tert; aber merkwürdig ist, daß hier auch Inschriften in einer
durchaus unbekannten Sprache entdeckt worden sind. Die unge-
heuere Menge von Grotten unter-, neben- und übereinander beweist,
welch eine große Bevölkerung sonst in diesen Felsen gehaust habe,
wo jetzt kein menschlicher Fußtritt gehört wird, als etwa der eines
neugierigen Reisenden. Die einst so belebten Grotten sind jetzt
der Schlupfwinkel von Tigern, und der Verödung und Verwüstung
Preis gegeben.
Etwa in der Mitte zwischen Bombay und der Maratten-
hauptstadt Poona (spr. Puna), bei Carli, ist eine Reihe Felsen-
grotten. Die größte davon bildet einen hohen Tempel von 126
Fuß Länge und 64 Fuß Breite. Die hohe gewölbte Decke ruht
auf Felsenpfeilern. Die Mauern der Vorhalle sind bedeckt mit
Sculpturen und Inschriften unbekannter Art. Man sieht aller-
hand Thiere, sonderlich Elephanten, auch menschliche Gestalten
und Götzen, von Menschen in betender Stellung umgeben, ab-
gebildet.
Noch wichtiger sind die berühmten Grotten von Ellore,
niitten in Indien, in den Ghatsgebirgen. Hier denke man sich ein
Felsengebirge in der Gestalt eines Hufeisens, dessen beide Enden
über eine halbe Meile von einander liegen. In diesem Gebirge
sind Grotten an Grotten, oft in zwei bis drei Stockwerken über-
einander. Manche stehen durch Innere Gänge miteinander in
Verbindung, andere sind durch Zwischenräume getrennt. Der
größte dieser Felsentempel ist so groß, daß mehrere unserer Haupt-
kirchen darin Raum fänden. Alles, was die Baukunst an Größe,
Pracht und Verzierungen über der Erde hervorzubringen im
Stande ist, sieht man hier unter der Erde: Vorhöfe, Treppen,
Brücken, Kapellen, Säulen und Säulengänge, Obelisken, Thier-
und Menschenkolosse und fast an allen Wänden erhabene Bild-
werke (Reliefs), welche indische Götzen und deren Geschichte dar-
stellen. In der Mitte der Grotte steht ein zweiter kleinerer
Tempel, der in einem ganzen Felsenstücke, welches man stehen
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- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Mädchen
Inder.
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heftiges Erdbeben in das Meer gestürzt und von diesem begraben
worden zu sein; wenigstens liegen weit in das Meer hinein große
Felsenblöcke, die einst zu jenen Werken gehörten, und sieben Pa-
goden liegen in der Entfernung einer Meile weithin in das Meer
hinein. Während die beiden äußersten längst von den Wellen
bedeckt sind und nur bei niedriger Ebbe unter dem Wasser wahr-
genommen werden können, erheben sich die andern, je näher dein
Strande, desto höher aus denl Wasser, und nur die letzte steht
ganz auf dem Trockenen, doch so, daß ihr Fuß bei hoher Fluth
bespült wird.
Welches Volk nun mag diese großen Werke erbaut und be-
wohnt haben? — Lauge sind die Meißelschläge verhallt und die
Nuderschlüge der Schiffe, die zu dieser großen Handelsstadt hin-
eilten; die Ruinen stehen noch, aber keine Kunde von diesem
fleißigen, kunstvollen Volke hat unsere Zeit erreicht. Wenn einst
eine eben so geraume Zeit nach uns wird vergangen sein — wer-
den ähnliche Trümmer auch von unserm Dasein zeugen und den
forschenden Reisenden mit dem Staunen erfüllen, mit dem wir
jene Riesemnäler betrachten?
Von den Indern nun, glaubt man, sei die Cultur zu den
andern Völkern Asiens, und auch nach Aegypten übergegangen*);
denn man findet in den Religionsbegriffen der alten asiatischen
Völker die Mythologie der alten Inder wieder, und es mag selbst
der griechischen und römischen Cultur zum Theil indische Weis-
heit zu Grunde gelegen haben. Leider kennen wir nur noch sehr
wenig von den Schriften, welche die alten Inder übrig gelassen
haben. Sie sind nur poetischen Inhalts, und in der Sanscrit-
sprache geschrieben, welche erst von wenigen Europäern erlernt
worden ist und ihre großen Schwierigkeiten hat, da sie eine der
ausgebildetsten und reichsten ist. Sie besteht allein aus 16 Vo-
calen und 38 Consonanten und wird jetzt nicht mehr gesprochen.
Außer vielen andern Gedichten (Vedas und Puranas) sind noch
zwei Heldengedichte darin enthalten, der Ra majar: und Ma ha-
ba rata; aber wie herrlich sie seien, können wir nur ahnen aus
den wenigen Bruchstücken, welche einige der Sprache kundige Eng-
"'6 Zu erwähnen ist hier, daß das Volk der Inder in abgesonderte Stände
(Kasten) eingetheilt war; 1. Braminen (Priester). 2. Kschatrijas (Krieger).
3 Baissas (Handwerker, Arbeiter). Die vierte Kaste Sudras, wurden als un-
reine und ausgestoßene Menschen angesehen und behandelt, und unter ihnen
waren die Parias die allerverachtetsten.
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14 Alte Geschichte. 1. Periode. Aegypter. Theben.
die Beschauer eine unbeschreibliche Wirkung hervor. Man kann
diese hohe Götterversammlung, die ernst und stumm dasteht, nicht
anders als mit Bewunderung und Ehrfurcht betrachten. Die
von den Säulen getragene Decke ist blau, mit goldenen Sternen über-
säet, und, wie alle bei den ägyptischen Merthümern vorkommende
Farben, so lebhaft und frisch, als wären diese eben erst aufge-
tragen. Hinter diesen zwei Höfen kommen nun erst die Säle und
Gemächer des Palastes, die aber jetzt meist in Trümmern liegen.
Die Mauern sind aus- und inwendig mit einer Masse von Bild-
werken bedeckt. Da sieht man Land- und Seeschlachten, in denen
die Aegypter ihre Feinde besiegen. Hier steht der König in ko-
lossaler Gestalt auf seinem Kriegswagen mit Lanze, Pfeil und
Bogen, und wirft die Feinde zu Boden. Dort verfolgt er, wie-
der auf dem Wagen stehend, zwei Löwen durch ein Dickicht.
Weiter erblickt man ein Seegefecht. Der König steht am Ufer,
zu seinen Füßen erschlagene Feinde; er schleudert Wurfspieße in
die Haufen derselben. Auf dem Wasser kämpfen zwei Flotten.
Genau unterscheidet man die feindlichen Schiffe von denen der
Aegypter an ihrer Bauart, an der Tracht und den Waffen der
darauf kämpfenden Männer. Schon sind die feindlichen in Ver-
wirrung und zum Theil umgestürzt; die Schlacht scheint entschie-
den. — Dergleichen Vorstellungen sind hier unzählige. Im Innern
des Palastes aber erblickt man Siegesaufzüge. Der König steht
auf seinem Wagen; die Rosse, mit schönen Decken geschmückt,
werden von seinen Leuten gehalten. Die Kriegsgefangenen wer-
den ihm vorgeführt; genau unterscheidet man die buntgestreiften
Gewänder. Oder er zieht, von Priestern begleitet, in den Tem-
pel des Osiris; oder er wird eingeweiht in die priesterlichen
Geheimnisse.
Weiterhin findet man eine Ebene, wo man 17 Kolosse theils
noch sitzend oder stehend, theils umgestürzt sieht. Einer davon
ist die berühmte Memnonssüule, die bei Sonnenaufgang einen
wunderbaren Klang von sich gegeben haben soll, und deren Kopf
jetzt in London im Britischen Museum aufbewahrt wird. *) Ohne
Zweifel dienten sie zur Verzierung eines großen Gebäudes, das
aber nun verschwunden ist. Sie sind von solcher Höhe, daß sie,
*) Bei näherer Untersuchung dieser kolossalen Bildsäule hat mau kürzlich
entdeckt, daß sie inwendig eine Höhlung habe, die wahrscheinlich dazu bestimmt
war, den Priester zu verbergen, der jenen glockenähnlichen Klang hervorbrachte.
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16 Alte Geschichte. 1. Periode. Aegypter. Königsgräber.
den Dorfe den Palast von Karnak nennt. Eine lange Doppel-
reihe von Löwen mit Widderköpfen führte vom Nil aus zu dem
großen Hauptthore, dessen Flügel von Erz waren und sich 60 Fuß
hoch erhoben (unsere Stadtthore pflegen nicht über 12 Fuß zu
sein). Der darauf folgende Säulenhof ist nur die Vorhalle zu
einem gewaltigen Saale, dessen Decke, aus Ungeheuern Granit-
blöcken bestehend, von 134 Riesensäulen getragen wird. Jede
dieser Säulen ist so stark, daß nur 5—6 Menschen sie zu um-
spannen vermögen, der Saal selbst aber so geräumig, daß selbst
die große Notredamekirche in Paris darin bequem Raum hätte.
„Keine Beschreibung," sagen die Reisenden, welche 1799 diese
Trümmer genau untersuchten, „keine Beschreibung vermag die
Empfindungen zu schildern, welche diese Wunderanblicke erregen.
Von welchen Begebenheiten, welche die Weltgeschichte nicht mehr
kennt, von welchen Scenen sind diese Säulen einst Zeugen ge-
wesen!" — Dann folgte abermals ein Säulenhof, .und endlich
erst eine Menge anderer Säulen und Gemächer, die vermuthlich
dem Könige zur Residenz dienten. In jenem Riesensaale mochte
er den Gesandten fremder Völker Audienz geben und ihre Tri-
bute empfangen. Dies sind nur einige wenige Bruchstücke aus
der Beschreibung jener großen Ruinen. Recht merkwürdig sind
noch auf der linken Nilseite, etwa eine Stunde vom Flusse, im
Innern einer Bergkette, die Gräber der uralten ägyptischen Kö-
nige. Sie befinden sich in einem Thale ohne Ausgang, in wel-
ches erst durch Menschenhände ein Eingang durchgehauen ist. Es
sind etwa 40 solcher Grotten, von denen bis jetzt nur erst 13
geöffnet sind; denn die Zugänge zu den andern sind durch herab-
gestürzte Felsenstücke versperrt. Jede besteht aus einer Reihe von
Galerien, Kammern und Sälen, von denen einer der Hauptsaal
ist. Hier steht auf einer Erhöhung der Sarkophag, der die Ge-
beine des Königs enthielt. In sieben Grotten stehn die Sarko-
phage noch; meist von doppelter als Menschenlänge, aus rothem
Granit. In einer dieser Grotten mußte man erst durch zehn
Thore dringen, ehe man zu dem Sarge gelangte. Auch in den
Nebenkammern fand man Mumien, so daß also der König hier
von Denen, die ihm im Leben nahe waren, umgeben ruhte. Alle
Wände sind mit Scnlpturen und Malereien bedeckt, die so frische
Farben enthalten, als wenn der Maler erst davon gegangen wäre.
— Erst in neuerer Zeit (1817) hat ein unternehmender Reisender
(Belzoni) ein solches Grab geöffnet. Er fand 18 Fuß unter der
6. Theil 1
- S. uncounted
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20 Alte Geschichte. 1. Periode. Äegypter. Meroe. Sesostris. Psammetich.
worden. Noch im Jahre 1833 ist ein großer Obelisk (der von
Luxor genannt) nach Paris gebracht und dort auf dem Platze
Ludwigs Xv. aufgestellt worden. —
Von der Geschichte Aegyptens nur Einiges. Die älteste Ge-
schichte ist, wie bei allen Völkern, in Fabeln gehüllt, und wo sie
aufhört, sichtliche Fabel zu sein, bleibt sie doch noch eine geraume
Zeit ungewiß. Die ersten Einwohner sollen aus Mittel-Afrika
gekommen, bald aber von andern, die aus Indien übergesetzt
waren, bezwungen worden sein. Diese Indier hatten am obern
Nil, im heutigen Abessynien, einen Priesterstaat gestiftet. Meroö
hieß die Hauptstadt, eine prächtige, große Stadt, ein Mittelpunkt
des Handels. Von hier aus scheint das oben beschriebene Theben
in Aegypten angelegt worden zu sein. Noch jetzt sieht man be-
wunderungswürdige Ruinen vom alten Meroe: Riesengebäude mit
Sänlengängen, Pyramiden, tiefe Brunnen, Katakomben (unter-
irdische Gemächer) u. s. w. Da, wo in Zeiten, die über unsere
Geschichte hinausgehen, Menschen an Menschen sich drängten, Ka-
ravanen ankamen und abgingen, und mächtige Könige thronten,
— ziehen jetzt Räuberhorden oder schleichen wilde Thiere umher.
Ungefähr 13—1400 Jahre vor Christus herrschte in Aegyp-
ten ein starker Eroberer, Sesostris, auf den Denkmälern Ra
messes genannt, dessen Geschichte mit Fabeln durchwebt ist. Er
eroberte ganz Nord-Afrika, Aethiopien und Arabien, durchzog
Indien bis jenseit des Ganges, befuhr das mittelländische Meer,
und unterwarf sich selbst Klein-Asien und das Land nördlich von
Griechenland. Solche Eroberer zählt jede alte Geschichte auf. Ob
er allein das Alles verrichtet habe, ist nicht gewiß; vielleicht hat
man Einem zugeschrieben, was Viele gethan. Auch soll er die
Äegypter in sieben Kasten, d. i. abgesonderte Stünde, eingetheilt
haben: 1. Priester, 2. Krieger, 3. Künstler, 4. Schiffer, 5. Dol-
metscher, 6. Rinderhirten, 7. Schweinehirten. Keiner durste aus
dem Stande heraustreten, in dem er geboren war. Das mußte
freilich das schnelle Fortschreiten der Cnltur aufhalten.
Nach einer langen Reihe von Königen lebte 650 Jahre vor
Christus ein König Psammetich, Er gehörte anfangs zu einer
Verbindung von 12^Herrschern, die unter sich Aegypten getheilt
und zum Andenken an ihre Herrschaft das große Labyrinth ge-
baut hatten (670). Dies ungeheuere Werk lag am Möris-See in
Mittel-Aegypten. Es bestand ans 12 großen Palästen, die aber
zusanlmenhingen und ein Ganzes ausmachten. Ueber der Erde
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22 Mte Geschichte. 1. Periode. Israeliten. Phömcier.
sich das tobte Meer, in welches der Jordan fällt. Noch zu
Abrahams Zeiten war da, wo jetzt der See ist, ein fruchtbares
Thal mit mehreren Städten und grünen Triften. Da aber die
Einwohner von Sodom und Gomorra ruchlos waren, so ließ
Gott, nach der biblischen Erzählung, die Städte und das ganze
Thal untergehen. Und wirklich liegt noch ein sichtbarer Fluch
des Himmels auf dieser Gegend. Elf Meilen lang zieht sich dieser
in seiner Art einzige See hin. Andere Seen stellen das Bild der
Lebendigkeit dar, erheitern die Gegend, erleichtern den Verkehr
der Menschen, wimmeln von Fischen und andern Wasserthieren,
und geben den umwachsenden Bäumen und Gräsern ein frischeres
Grün. Hier von Allem das Gegentheil. Kein Fisch, kein Schal-
thier, kein Seegewächs gedeiht in seinen Gewässern. Die ringsum
sich erhebenden hohen Berge stellen ein grausenerregendes Bild
des Todes der Natur dar. Ans ihnen wächst kein Bauln, kein
Gras, keine Pflanze. Eine schauerliche Wildniß! Tiefe, senkrechte
Abgründe zerreißen die braunen Sandsteinberge. Kein Dorf, ja
keine Hütte sieht man an den öden Ufern. Von diesem See des
Todes hält sich jeder menschliche Fuß schon seit Jahrhunderten
entfernt. Selbst die Einwohner des Landes sprechen mit Bangig-
keit von der Wildniß seiner Ufer, die nur selten von dem ein-
samen Fuße eines wißbegierigen Reisenden voll Grauen betreten
werden. Das Wasser des Sees ist salzhaltig, und nicht selten
sieht man, vorzüglich des Morgens, eine dichte Wolke mephitischer
Dünste auf seiner Oberfläche liegen. In diesen See fällt der
Jordan-Fluß, durch welchen die Israeliten zogen, als sie Jo-
sua nach dem gelobten Lande führte und in welchem Jesus von
Johannes die Taufe empfing.
Die Geschichte dieses merkwürdigen Volkes übergehen wir
hier, weil sie allen aus der biblischen Geschichte bekannt sein muß.
5. Phönicier.
Gleich über dem Lande der Israeliten lag, auch am mittel-
ländischen Meere, Phönicien, von einem thätigen, unternehmen-
den, erfinderischen Volke bewohnt. Viele treffliche Erfindungen
gingen von den Phöniciern aus. Obenan steht die Schiffsahrt
deren Erfindung ihnen wenigstens die Griechen zuschreiben. Ganz
natürlich mußte ihr schmales (nur einige Stunden breites) und
unfruchtbares Küstenland sie früh aus das Meer Hinweisen. Aber
wie unvollkommen mögen die ersten Fahrzeuge gewesen sein! An-
9. Theil 1
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für
Töchterschulen
und
zum Privatunterricht Heranwachsender Mädchen
von
Friedrich Nesselt,
Professor in Breslau.
Erster Theil.
Vierzehnte sorgfältig verbesserte und vermehrte Auflage.
1867.
c
1867 -
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26 Alte Geschichte. 1. Periode. Assyrer. Niños. Semiramis. Babylon.
süchtig und führten häufige Kriege untereinander und mit den
benachbarten Reichen.
Zu der Zeit, wo Abraham lebte, vielleicht noch früher —
man glaubt 2200 Jahre vor Christus, lebte in Assyrien ein wil-
der Eroberer, Niños, der große Züge, wie später Sesostris in
Aegypten, unternahm, und Babylonien und Medien eroberte. Er
erbaute Ninive, eine ungeheuere Stadt. Sie hatte an l2 deutsche
Meilen int Umfange; die Mauern waren 100 Fuß hoch und so
breit, daß oben drei Wagen nebeneinander fahren konnten. Auf
ihnen standen 1500 Thürme, jeder 200 Fuß hoch. Wir würden
die Beschreibung von der Größe der Stadt für Fabelei halten,
hätten wir nicht in Indien und Aegypten noch. Ruinen übrig, die
uns die Möglichkeit solcher Riesenstädte und den Geschmack des
Alterthums daran beweisen. Und doch waren von Ninive bis Bor
kurzem nur geringe Spuren vorhanden: erst in letzterer Zeit hat
ein Engländer Layard durch Ausgrabilng merkwürdige Ueberreste
der einst so herrlichen Stadt ans Licht gebracht.
Noch berühiilter als Niños ist seine Frau Semiramis, von
deren Schönheit und Klugheit die alten Geschichtschreiber nicht
genug Rühmens machen können. Sie war so schön, daß sie (nach
der Volkserzählung) durchaus die Tochter einer Göttin (Derketo)
sein mußte, die sie gleich nach der Geburt ausgesetzt hatte, woraus
Tauben sie mit Milch und Käse ernährten. Als Niños sie zu-
fällig kennen lernte, beschloß er, sie zu heirathen, und wirklich
scheint sie auch eine außerordentliche Frau gewesen zu sein. Nach
des Niños Tode bestieg sie selbst den Thron und setzte die Er-
oberungen ihres Mannes fort. Sie unternahm Züge nach Aegyp-
ten, Aethiopien, Indien, und das Alles mit Ungeheuern Heeren.
Am größten erscheint sie aber durch ihre gewaltigen Bauwerke.
Sie baute Babylon, oder, was wahrscheinlicher ist, sie baute es
aus und verschönerte es. Von den großen hier durch sie errich-
teten Anstalten nur Einiges: Babylon wurde in ein regelmäßiges
Viereck gebaut, und der Euphrat floß mitten hindurch. Jede
Seite der Mauer war über 2 Meilen lang und über 50 unserer
Ellen hoch. Oben prangten 250 Thürme; 100 eherne Thore
führten in die Stadt, und längs dem Flusse war eine Mauer
auf beiden Seiten errichtet, durch welche eben so viele eherne
Thore nach dem Wasser hinsührten, wie Straßen auf die Mauer
stießen. Die Straßen selbst waren schnurgerade, und durchschnitten
sich alle in rechten Winkeln. Ueber den Fluß ließ sie eine Brücke