1860 -
Leipzig
: Hinrichs
- Autor: Stein, Christian Gottfried Daniel
- Hrsg.: Wagner, Karl Theodor
- Auflagennummer (WdK): 25
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Einleitung
Die Geographie (in wörtlicher Übertragung so viel als Erd-
beschreibung) oder Erdkunde, wie sie Karl Ritter verdeutscht
hat, dem sie nächst A. von Humboldt ihre wissenschaftliche Be-
stimmung^ und Ausbildung verdankt, betrachtet die Erde
1) cüs Theil des Weltganzen (Universum), d. h. als Welt- oder
Himmelskörper, nach Art und Lage, Gestalt, Größe und Bewegung,
indein sie zugleich Anweisung zu bildlichen Darstellungen derselben und
zu deren Gebrauch giebt;
2) an und für sich nach der Gestaltung und natürlichen (physischen)
Beschaffenheit ihrer Oberfläche, so wie nach der Wechselwirkung, in
welcher die Oberfläche unter Einfluß der Sonne und des Mondes mit
der sie u-ngebenden Lufthülle oder Atmosphäre und den ihr zugehörigen
Natur-Erzeugnissen oder Produkten steht;
3) als Wohnplatz und Bildungsstätte der Menschen, indem sie die
Zahl und Verbreitung der Menschen, deren Verschiedenheit nach natür-
licher Beschaffenheit, Sprache, Lebens- und Ernährungsweise und
Bildungsstufen, die Vertheilung des Erdbodens unter die Bewohner nach
Ländern, Staaten und einzelnen Wohnplätzen, so wie die Eigenthümlich-
keiten dieser Theile kennen lehrt.
Nach diesen drei Gesichtspunkten unterscheidet man drei Zweige
der Geographie: mathematische oder astronomische, physi-
sch e und politische Geographie, die man theils getrennt, theils
verbunden darstellt.
Selbständig aufgesaßte Bestandtheile der physischen Geogra-
phie sind: Orographie (Gedirgsbeschreibung), Hydrographie
(Beschreibung der Erbgewässer) , insbesondere O c e a n o g r a p h i e ge-
nannt, insofern sie sich auf die Meere beschränkt, und Klimatogra-
p h ie (Beschreibung der Luftbeschaffenheit der verschiedenen Erdgegenden);
der politischen Geographie: Ethnographie (Völkerkunoe),
Statistik (Staatenkunde), Ehorographie (Länderveschceivung)
und Topographie (Ortsbeschreibung).
Grund- und Hilfswissenschaften der Geographie: Mathe-
matik (Größenlehre), Astronomie (Sternkunde), Physik (Na-
turlehre), Naturgeschichte (richtiger: Naturkunde), insbeson-
dere Geologie (Geschichte der Erdbildung) und Geognosie (Lehre
von den Besiandtheilen des Erdköcpers), Geschichte uno Staats-
Wissenschaft.
Hilfsmittel: 1)Globen (Erdkugeln), d. i. künstliche kugel-
förmige Körper, welche zur Versinnlichung des Erdganzen dienen und
vorzüglich zum Verständnis der mathematischen Geographie gebraucht
werden, in der sie auch ihre Erklärung finden; 2) Karten, welche
entweder die ganze Erdoberfläche (Planigloben, Hemisphären, Erd-
oder Weltkarten) oder einzelne Theile derselben auf einer Ebene dar-
stellen (Land - u. Seekarten, General- u. Speeialkarten) oder zugleich
Stein kl. G. 25ste Aufl. 1
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- Inhalt: Zeit: Geographie
2
Allgemeine
besonderen Beziehungen u. Zwecken gewidmet sind (physikalische, orogra-
phische, hydrographische, topographische, historische, ethnographische,
Post- und Reise- und andere Karten). Eine Sammlung von Karten
heißt Atlas.
Wir betrachten die Erde zuerst als Ganzes u. in ihren allgemeinen
Erscheinungen und Verhältnissen, darnach in ihren besonderen, theils
natürlichen, theils künstlichen (staatlichen od. politischen) Abtheilungen
(Erdtheilen, Landern u. Staaten), so daß der erste Theil die allge-
meinen Lehren der mathematischen, physischen und politischen Geogra-
phie, der zweite aber die Länder- und Ortsbeschreibung enthalt.
L. Allgemeiner Theil.
1. Mathematische Geographie.
§. 1. Die Erde ist ein Himmelskörper wie alle Sterne,
welche wir am Himmelsgewölbe (Firmament) wahrnehmen. Diese
sind theils Fixsterne, theils Planeten, theils Kometen.
§. 2. Die Fixsterne sind kugelförmige Körper, welche mit
eignem, zitterndem Lichte leuchten und, wie ihr Name anzeigt, ihre
gegenseitige Stellung nicht verändern. Nach ihrer scheinbaren Größe
und der Stärke ihres Lichtglanzes werden sie in 12 Klassen getheilt. Die
6 letzten Klassen sind nur dem bewaffneten Auge sichtbar und werden
deshalb die der te lesk o p i sche n Sterne genannt. Ihre Zahl ist
unendlich groß und ihre Entfernung so unermeßlich, daß auch die besten
Fernröhre sie nur als leuchtende Punkte, nicht als Scheibe erkennen
lasten. Zu den Fixsternen gehört unser leuchtendes und wärmendes
Tagesgestirn, die Sonne.
§. 3. Die Planeten (Wandelsterne) sind gleichfalls kugelför-
mige, an sich dunkle, aber von der Sonne erleuchtete und erwärmte
Körper, welche sich von - Westen nach Osten um ihre Axe und in
derselben Richtung in fast elliptischen Bahnen zugleich um die Sonne
bewegen. Unsere Erde ist ein Planet.
Bis 1807, wo Olbers die Vesta entdeckte, kannte man nur
11 Planeten, von denen nur Merkur, Venus, Mars, Jupiter und
Saturn dem bloßen Auge sichtbar sind, von 1845 an sind aber eine
Menge anderer Planeten ausgefunden worden. Eine innere, der Sonne
am nächsten stehende Gruppe bilden 4 mittelgroße Planeten: Mer-
kur, Venus, Erde und Mars; zu einer mittleren gehören die
kleinen Planeten oder die Planetoiden, deren man bis September 1857
48 kannte, darunter: Flora, Vesta, Iris, Hebe, Asträa,
Juno, Eeres, Pallas, Diana; eine äußere, am weitesten ab-
stehende Gruppe besteht aus 4 sehr großen Planeten: Jupiter,
Saturn, Uranus und Neptun. Während Merkur etwas über
8 Millionen und die Erde gegen 21 Mill. Meilen *) von der Sonne
entfernt sind, beträgt die Entfernung des Uranus 396 Mill. und die
*) Es sind in diesem Lchrbuche unter Meilen überall nur geographische oder
deutsche gemeint, deren Länge aus der Anmerkung S. 5 ersichtlich ist.
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4
Allgemeine
der Erdkugel denselben Mittelpunkt hat, und begrenzt eine Ebene, die
parallel mit der Ebene des scheinbaren Horizonts durch den Mittelpunkt
der Erde geht und diese daher in zwei Halbkugeln theilt. Jeder Punkt
aus der Erde hat einen solchen eigenen, unveränderlichen Horizont, der
nach allen Seiten 90" von demselben entsernt ist *). Der breite Ring,
in welchem ein Erdglobus eingelassen ruht, bedeutet den Horizont. Da-
durch daß man sich die Ebene des wahren Horizonts dis an die Himmels-
kugel ausgedehnt denkt, gewinnt man den entsprechenden Himmels-
horizont. Senkrecht über sich, 90" vom Himmelshorizont entfernt,
hat der Beobachter den Zenith oder Scheitelpunkt seines Ortes,
senkrecht unter diesem, folglich wieder 90" vom Horizont, dessen Nadir
oder Fußpunkt. Jedem Orte kommt also ein besonderer Horizont,
Zenith und Nadir zu. Durch dieselben hat man sich Kreise gezogen
zu denken, welche Vertikal- ober Scheitelkreise heißen.
§. 8. Der Horizont wird nach dem Stande der Sonne in vier
gleiche Theile von je 90" getheilt, welche die Welt- od. Himmels-
gegenden genannt werden. Die vier Hauptgegenden sind: Ost
(Morgen), Süd (Mittag), West (Abend) u. Nord (Mitternacht).
Uns Europäern erscheint die Sonne mittags 12 Uhr, wo sie den höch-
sten Punkt des Bogens, den sie über dein Horizont scheinbar beschreibt,
oder ihren Eulminationspunkt erreicht hat, im Süden. Kehrt man sich
mit dem Gesicht dahin und zieht einen Vertikalkreis durch diesen Punkt,
so erhält man an der Stelle des Horizonts, wo der Kreis austrifft,
vor sich den S ü d p u n k t, in seinem Rücken, an der entgegengesetzten,
180" entfernten Berührungsstelle den Nordpunkt, zwischen beiden
in der Mitte, von jedein 90" entfernt, links den Ostpunkt, rechts
den Westpunkt. Die Seefahrer unterscheiden dazwischen noch 28
0s e b e n g e g e n d e n. Von diesen sind nur folgende zwölf für die
Geographie wichtig: So., Sw., No., Nw. in der Mitte zwischen
den Hauptgegenden, Sso., Ssw., Nno., Nnw., O<7o.,
Ono., Wsw., Wnw. zwischen ihnen und den Hauptgegenden **).
Man stellt die Himmelsgegenden in der Form eines Sterns mit
32 Strahlen dar und nennt diese Figur eine Windrose, weil die
Winde nach den Himmelsgegenden bezeichnet werden, aus welchen
sie wehen; ist über ihrem Mittelpunkte eine Magnetnadel so angebracht,
daß sie sich frei bewegen kann, so heißt das Ganze ein K o m p a s.
§. 9. Die Erdkugel dreht sich in 24 Stunden um sich selbst oder
um eine durch ihren Mittelpunkt gehende Linie, welche die Erdaxe
bildet. Die beiden Endpunkte dieser letzteren heißen die Erdpole,
der eine Nord-, der andere Südpol. Verlängert man die Erdaxe
aus beiden Seiten bis an das Himmelsgewölbe, so hat man die
*) Jeder Kreis, er sei klein oder groß, wird in 360 gleiche Theile od. Grade
(360") getheilt, jeder Grad in 60 Minuten (60') u. jede Minute in 60 Sekun-
den (60").
**) Nach diesen Himmelsgegenden hat man die Richtung zu bezeichnen, in
welcher ein Punkt oder ein Theil ded Erde von einem andern aus liegt, und
sich vor der sehr verbreiteten, aber verkehrten Gewohnheit zu hüten, nach
welcher die nördlichen Stellen mit oben, die südlichen nut unten be-
zeichnet werden; denn auf der Erde ist oben nur was auf deren Oberfläche,
unten hingegen nur was nach dem Mittelpunkte derselben zu liegt.
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Allgemeine
zur genauen Bestimmung der Lage jedes Ortes auf der Erde oder der
geographischen Breite und Länge desselben. Unter Breite
versteht man die Entfernung eines Ortes vom Äquator nach N. oder
S. (daher nördliche und südliche Breite), die durch den Vogen
des Meridians zwischen dem Äquator und dem Parallelkreis des Ortes
gemessen wirb, unter Länge die Entfernung von einem ersten Meri-
dian, die man durch den Bogen des Äquators oder des durch den Ort
gehenden Parallelkreises zwischen dem ersten Meridian und dem Meri-
dian des Ortes mißt. Man hat also die Breite in Graden der Me-
ridiane, die Länge in Graden des Äquators oder der Parallelkreise
auszudrücken; weil die Parallelkreise aber mit den Graden der Meri-
diane, die Meridiane mit den Graden des Äquators und der Parallel-
kreise zusammensallen, kann jene eben so gut durch Parallelkreise, diese
durch Meridiane bestimmt werden und daher nennt man jene auch
Breiten-, diese Längenkreise. Die geographische Breite eines
Ortes ist der Polhöhe desselben gleich, d. h. dem Höhenabstande
des nächsten Pols vom Horizonte. Äls ersten Meridian betrachten die
Deutschen den an der canarischen Insel Ferro vorbeigehenden Meridian,
die Engländer den Meridian von Greenwich (17° 39' 37" O. v. Ferro),
die Franzosen den von Paris (20" O. v. Ferro). Man zählt ent-
weder nur nach Osten bis 360" und hat dann nur östliche Länge
oder sowohl nach O. als nach W. je bis 180", und hat dann öst-
liche u. westliche Länge, wie eine östliche und westliche Halbkugel.
§. 14. Die Meridiane sind an Größe einander vollkommen gleich;
nicht so die Parallelkreise: diese werden gegen die Pole hin immer
kleiner und zwar nimmt ihre Größe, je näher sie den Polen liegen,
desto rascher ab, und da die Grade der Länge nichts anderes als Grade
des Äquators und der Parallelkreise sind, so nehmen auch sie je näher
den Polen desto mehr an Größe ab. Dies geschieht in folgendem
Verhältnisse:
Breite Größe der Parallelkreise Größe der Längengrade
0" (Äquator) . . . 5400 Meilen ... 15 Meilen
10"..................c. 5318 - . • . c. 141 -
20"..................- 5076 - . . . - 14 -
30"..................- 4680 - ... - 13
40" . '...........- 4142 - . . . - 11^ -
50"..................- 3477 - . . - 94 -
60"..................- 2706 - . . - - 7^ -
70".....................- 1852 - ... - 5
80".....................- 940 - . . . - 2^ -
90" (Pol) .... - 0 - ... - ,0
§. 15. Indem die Erde sich in einem Tage, d. h. in einem
Zeitraum von 24 Stunden einmal um ihreaxe dreht (rotiert),
kehrt sie immer eine ihrer Hälften nach der anderen der Sonne zu,
wahrend die entgegengesetzten Hälften dieser dadurch abgewendet werden.
Daraus entsteht auf ihr der Wechsel der Tageszeiten, der Wechsel
zwischen Licht und Finsternis, zwischen Tag im engeren Sinne und
Nacht. Diese Drehung um die Axe (Notation) erfolgt in der Nich-
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mathematische Geographie.
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tung von W. nach O. ; daher müssen alle östlicheren Punkte die Sonne
früher auf- und untergehen sehen als die westlicheren, und da 360
Grad 24 Stunden Zeit zu ihrem gleichmäßigen Vorrücken brauchen,
so betragt der Zeitunterschied für je 15° eine Stunde, für je 1" 4 Mi-
nuten. Man kann also den Längenunterschied zweier Orte auch in
Zeit angcben und z. B. sagen: auf der Insel Ferro erfolgt alles was
an gewisse Tageszeiten gebunden zu sein pflegt 1 St. 20 Min. später
als in Paris, oder auf Ferro ist es 10 U. 40 Min. zu derselben Zeit,
wo man in Paris schon 12 Uhr hat. Daraus ergiebt sich auch, daß die
Erdumsegler, wenn sie immer nach O. gefahren sind, bei ihrer Rück-
kehr einen Tag mehr, wenn sie nach W. gefahren sind, einen Tag
weniger gebraucht zu haben scheinen, als die Zeitrechnung an ihrem
Abfahrtsocte nachweist.
§. 16. Unter fortwährendem täglichen Umschwünge umkreist
die Erde zugleich die Sonne in einem Jahre, d. i. in einem
Zeitraum von 365 Tagen, 5 St. 48' 48". *) Die Bahn, welche sie
dabei zurücklegt, ist keine Kreislinie, sondern eine dem Kreise allerdings
sehr nahe kommende Ellipse. Da die Sonne in einem der Brenn-
punkte derselben sich befindet, so steht die Erde ihr bald näher (Son-
nennähe oder Perihelium), bald ferner (Sonnenferne od. Aphelium).
Ihr kleinster Abstand beträgt 20,359,950 Meilen und fällt in unseren
Winter, ihr größter ist 21,052,150 M. und findet in unsrem Sommer
statt. In der mittleren Entfernung von 20,708,000 M. rollt die Erde
in jeder Minute etwa 240 M. fort, in der Sonnennähe ist die Ge-
schwindigkeit ihrer Bewegung größer, in der Sonnenferne kleiner.
Die Erdaxe steht gegen die Ebene der Erdbahn (man denke sich
diese Ebene durch die Mittelpunkte der Sonne und der Erde gelegt)
nicht senkrecht, sondern weicht 23^0 von der senkrechten Stellung ab.
Daraus folgt, daß die Erdaxe der Ebene der Erdbahn unter einem
Winkel von 66^" zugeneigt ist und daß die Ebene des Äquators die
Ebene der Erdbahn unter einem Winkel von 234° schneidet. Wäre
die Stellung der Erdaxe eine senkrechte, so würde die Ebene der Erd-
bahn mit der des Äquators zusammensallen, so würden folglich alle
Theile der Erdoberfläche immer dieselbe Lage gegen die Sonne be-
haupten. Die geneigte Stellung bewirkt aber, daß diese Lage sich
*) Das sogenannte bürgerliche Jahr ist also um 5 St. 48' 48" kürzer als das
Sonnenjahr. In 4 Jahren beträgt diese Verkürzung 23 St. 15' 12".
Daher schaltet man, um eine Übereinstimmung zwischen beiden wiederher-
zustellen, alle 4 Jahre einen vollen Tag in das bürgerliche Jahr ein
(d. 24. Febr.) und zählt dann 29 Februartage. Nun wird aber jedesmal
44' 48" zu viel eingeschaltet und dies beträgt in 387 Jahren einen Fehler
von etwa 3 Tagen (julianischer Kalender). Unter Papst Gregor Xlll.
wurde dies verbessert, indem man 1582 im Oct. 10 Tage ausließ und für
die Zukunft festsetzte, daß die Jahre, deren Zahl ein volles Hundert sei,
das sich nach Hinwegstceichung der Nullen durch 4 nicht theilen lasse,
nicht als Schaltjahre gelten sollten. Die Jahre 1700, 1800, 1900 sind
also keine Schaltjahre, 2000 wird aber ein Schaltjahr sein. Diesen
gregorianischen Kalender oder neuen Stil haben die Russen und Griechen
nicht angenommen, sie rechnen vielmehr noch nach dem julianischen Ka-
lender oder alten Stil und sind daher gegen uns um 12 Tage zurück
(l.jan. alten Stils =* 13. Jan. neuen St.).
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mathematische Geographie.
die Sonne nicht unter, hier nicht auf, auf der nö'rdl. Halbkugel ist
der längste Tag und Sommersanfang, auf der südlichen der kürzeste
Tag u. Wintersanfang. Es ist Sommer-Solstitium *) für die
nördliche, Winter-Sol st itium für die südl. Halbkugel. — Am
23-. Sept. steht die Erde in y, erscheint uns die Sonne in Die
Strahlen der Sonne fallen senkrecht auf den Äquator; auf der ganzen
Erde sind Tag und,Nacht gleich lang. Dies ist für die nördl. Halb-
kugel das Herbst-Äquinoctium (d. h. Tag- und Nacht-Gleiche),
für die südl. das F r ü h I i n g s - Ä q u i n o c t i u m. — Am 21. Decbr.
steht die Erde in 0, erscheint die Sonne in Die Sonne steht
senkrecht über dem Wendekreise des Steinbocks; der ganze nördl. Polar-
kreis liegt außerhalb, der ganze südl. Polarkreis innerhalb der Er-
leuchtungsgrenze, die nördliche Hemisphäre hat den kürzesten Tag und
Wintersanfang, die südl. den längsten Tag u. Sommersanfang. Es
ist Winter-Solstitium für die nördl., Sommer-Solstitium
für die südl. Halbkugel. — Am 21. März steht die Erde in die
Sonne in Y• Beider Stellung ist der vom 23. Sept. gleich, daher
sind es auch die Folgen für die Beleuchtung. Es ist auf der nördl.
Halbkugel das Frühlings-, auf der südl. Halbkugel das Herbst-
Aquin octium. — Die beiden Punkte der Ekliptik, an denen sich
die Erde am 21. Juni und 21. December befindet (auf dem Globus
die weitesten Adstandspunkte der Ekliptik nach N. und S.), heißen
die Solstitial- oder S o n n e n stk l l st a n d s - P u n k te; die beiden
anderen, welche die Erde am 21. März u. 23. Sept. erreicht (auf
dein ,Globus die Durchschnittspunkte des Äguators und der Ekliptik),
die Ä q u i n o c r i a l- (Tag- u. Nachtgleiche-) Punkte., Da die Sonne
auf ihrem scheinbaren Laufe einmal um 23.^° vom Äquator nach N.
und einmal ebensoweit nach S. zu gehen, dann aber sich jedesmal
rückwärts zu wenden scheint, so hat man die 23^° vom Äquator
entfernten Kreise Wendekreise (t,opi< i) genannt. Die P o l a r k r e i se
bezeichnen dagegen die Grenzen des Erleuchcungskreises auf der Erde
gegen die Pole hin und über sie hinaus zu Anfang des Sommers u.
des Winters.
Um sich die Folgen der Stellung der verschiedenen Erdgegenden
zur Sonne im Verlauf eines Jahres deutlich zu machen, bringt man
einen Globus in eine dreifache Lage, zum Horizont. Die Pole liegen
im Horizont für die Bewohner des Äquators (gerade Sphäre), der
Äquator in demselben für die Pole (parallele Sphäre), die Pa-
rallelkreise liegen schief,gegen den Horizont für alle Gegenden zwischen
den Polen und dem Äquator (schiefe Sphäre).
§. 19. Je entfernter Theile der Erde von den Polen abliegen,
um so schneller ist ihre Bewegung **). Aus dem Gesetze zweier bei
*) S olstitium bedeutet Sonncnstillstand cder das mehrtägige scheinbare
Verharren der Sonne in gleichem weitesten Abstand vom Äquator. Man
braucht dafür auch den Ausdruck Sonnenwende (Trope), womit der
scheinbare Antritt der rückläufigen Bewegung der Sonne von dem äußer-
sten Abstandspunkte bezeichnet wird.
**) Während ein Ort unter dem Äquator stündlich 225 Meilen durchläuft,
legt z. B. Berlin (52^° N. Br.) c. 136 M. u. ein Ort unter den Polar--
kreisen nur c. 89 M. in derselben Zeit zurück.
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der doppelten Erdbewegung wirksamer, einander entgegengesetzter Natur-
kräfte, der Schwung- oder Fliehkraft (Centrifugalkraft) und der Schwer-
oder Anziehungskraft (Centripetalkraft), sowie aus der Verschiebbarkeit
der Bestandthcile des Erdkö'rpers hat man geschlossen, daß die Erde
keine vollkommene Kugel, sondern ein Sphäroid, d. h. in -der
Gegend des Äquators gewölbter, um die Pole aber flacher als in den
übrigen Theilen sein müsse (Abplattung der Erde). Durch Messungen
von Meridianbogen ist diese Vermuthung zur Gewißheit erhoben wor-
den. Die Länge der Erdaxe betragt darnach nur etwa 1713 geogr. M.,
während die Durchmesser des Äquators nahe an 1719 g. M. lang sind.
h. 20. Die Verschiedenheit der Lage der Erdgegenden gegen die
Sonne hat eine große Verschiedenheit des auf der Erde verbreiteten
Wärmegrades zur Folge. Nach dieser wird die Erdoberfläche in
5 Zonen d. h. Erdstriche oder Erdgürtel getheilt: 1 heiße,
2 gemäßigte und 2 kalte. 1) Die heiße od. tropische Zone
liegt zwischen den beiden Wendekreisen u. umgiebt die Erde zu beiden
Seiten des Äquators als ein 47" od. gegen 692 M. breiter Gürtel.
Die Sonne wirft auf dieselbe ihre Strahlen zu Zeiten ganz, zu Zeiten
beinahe senkrecht; daher herrscht hier sehr große Hitze, welche nur durch
die verhältnismäßig lange Dauer der Nacht, die starken Ausdünstungen
der Meere, die kältere Luft hoher Gebirge, den anhaltenden Regen u.
die stets wehenden Ostwinde einigermaßen gemildert wird. Es giebt
nur 2 Jahreszeiten, eine trockene u. eine regnichte; Tag und Nacht
sind unter dem Äquator beständig ganz, gegen die Wendekreise beinahe
gleich lang. — 2) Die gemäßigten Zonen (nördl. und südl.)
liegen zwischen den Wendekreisen und den Polarkreisen, jede in einer
Breite von 43" od. geg. 636 M. Die Sonnenstrahlen fallen nie
senkrecht herab, die Hitze vermindert sich, nach den Polarkreisen zu;
die 4 Jahreszeiten wechseln regelmäßig, sind aber von verschiedener
Länge und auf beiden Halbkugeln entgegengesetzt. Der längste Tag
dauert unter den Wendekreisen 13 St. 28 Min., unter den Polar-
kreisen 24 St. — 3) Die kalten Zonen liegen innerhalb der
Polarkreise, mit den Polen im Mittelpunkte; jede derselben, die nördl.
und südl., ist 23^° od. etwa 346 M. breit. Auf sie treffen die Son-
nenstrahlen am schiefsten, daher haben sie furchtbare Kälte, welche fast
jedes organische Leben unterdrückt. Die Dauer des längsten Tages
beträgt zwischen 24 St. (Polarkreise) u. 6 Monaten (Pole). Wochen-
und monatlange Abend- und Morgendämmerung, lange Dauer des
Mondscheins, Nord - und Südlichtec, Leuchten des Schnee's mindern
die Drinkelheit der langen Nachte. Die vier Jahreszeiten sind von
sehr ungleicher Länge.
§. 21. Nach der vom Äquator gegen die Pole hin zunehmenden
Verschiedenheit der Tages- u. Nachtlangen haben schon die Alten beide
Erdhalbkugeln in 30 L i ch t k l i m a c e getheilt. Von den so bezeichneten
Erbstreifen liegen 24 zwischen dem Äquator und den Polarkreisen, die
übrigen 6 aber zwischen den Polarkreisen u. den Polen. Der Unter-
schied der Tageslänge beträgt bei jedem der erstcren 24klimate ^ stunde,
bei jedem der letzteren 6 Klimate aber einen Monat. Die Breite dieser
Erdstreifen ist verschieden. Sie nimmt nach den Polarkreisen hin im«
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12
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Durchmesser von etwa 467 und einen Umfang von 1465 Meilen.
Indem er die Erde auf ihrem jährlichen Laufe um die Sonne be-
gleitet, bewegt er sich zugleich in einer elliptischen Bahn um die Erde
selbst und steht er ihr daher bald näher, bald ferner, in der Erdnähe
(Perigäum) etwa 48,671 M., in der Erdferne (Apogäum) etwa
54,671 M. Die Zeit, in der er diesen Umlauf vollendet, beträgt
27 Tage, 7 St. 43 Min. 5 Sec. oder einen tropischen Monat.
Von diesem unterscheidet man den synodischen Monat, in wel-
chem der Mond das Stück Weges einzubringen hat, um das die Erde
selbst während eines Molidumlaufs aus ihrer Bahn (beinahe T'y der-
selben) vorwärts gerückt ist. Bis der Mond uns wieder eben so wie
am Anfänge seines Laufes erscheinen kann, oder von einem Neumonde
bis zum andern verfließen 29 T. 12 St. 44 M. 3 S. Seine Um-
lausszeit theilt man nach den 4 Phasen oder Gestalten, die ihm der
Lichtwechsel während derselben giebt, in 4 Theile.
Steht ec der Linie zwischen uns und der Sonne so nahe, daß
er mit der Sonne auf- und unterzugehen scheint (Eonjunction), so
ist nur seine uns abgewendete Seite von der Sonne beleuchtet, die
zugewendete unsichtbar; er heißt dann Neumond M und kann als
solcher durch seinen Schatten für einen Theil der Erdoberfläche die
Sonne ganz oder theilweise verdecken u. so eine Sonnenfinsternis
Hervorbringen. Wenn er sich von dieser Linie entfernt, dann kommt
er abends am westlichen Himmel als ein schmaler sichelförmiger Licht-
streif zum Vorschein, der mit jedem Tage breiter wird und endlich nach
ungefähr 7 Tagen, wo er sich 90° von der Sonne entfernt hat, als eine
erleuchtete halbe Scheibe erscheint; diese heißt das erste Viertel
Er geht nun um Mittag auf, um Mitternacht tintcr. Bei seinem
weiteren Lause entfernt er sich immer mehr von der Sonne, bis er
nach 7 Tagen 180° von ihr abstcht (Opposition), um Mitternacht
durch den Meridian geht und die ganze Nacht als volle erleuchtete
Scheibe sichtbar bleibt; er heißt jetzt Vollmond D und wird als
solcher zuweilen ganz oder theilweise von dem Erdschatten verdunkelt,
wodurch eine M o n d fi n st e r n i s entsteht. Endlich fängt er auf der ent-
gegengesetzten Seite wieder abzunehmen an, indem er sich der Sonne wieder
nähert, bis er nach 7 Tagen abermals nur zur Hälfte erleuchtet erscheint
und erst um Mitternacht aufgeht; dann ist das letzte Viertel 3).
Daß mit Neumond nur ausnahmsweise eine Sonnenfinsternis und
eben so nur ausnahmsweise bei Vollmond eine Mondfinsternis eintritt,
erklärt sich daraus, daß die Ebene der Mondbahn der der Erdbahn
nicht gleich, sondern gegen dieselbe um etwa 5° 8'48" geneigt ist.
2. Physische Geographie.
§. 24. Die Oberfläche der Erde, mit welcher allein die Geo-
graphie es zu thun hat, während die Erforschung des Erd-Innern der
Geognosie anheimsällt, besteht aus Land und Wasser und wird von
einer ihr zugehörigen Lufthülle umgeben.
Nehmen wir die Erdoberfläche zu 9,280,000 Hd M. an, so kom-
men beinahe drei Viertheile oder 6,856,000 □ M. auf den Spiegel
1860 -
Leipzig
: Hinrichs
- Autor: Stein, Christian Gottfried Daniel
- Hrsg.: Wagner, Karl Theodor
- Auflagennummer (WdK): 25
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
14
Allgemeine
Meeres liegen und Sandbänke (an der deutschen Nordseeküste
Watten) genannt werden, bilden Untiefen.
§. 27. Das Meerwafser ist salzig-bitter, daher untrinkbar, von
größerer Tragkraft als das süße Wasser. Nicht überall ist indessen der
Salzgehalt gleich, geringer namentlich in Binnenmeeren, welche Flüsse
aufnehmen (von allen Meeren haben das schwarze u. das Marmara-
Meer den geringsten Salzgehalt, das Wasser der Ostsee nur etwa
1^ Procent Salz, wahrend in den Weltmeeren zwischen 3 u. 4^-Pro-
cent sind). Zersetzung animalischer und vegetabilischer Körper im Meer-
wasser erzeugt an manchen Küsten, namentlich wo in heißen Strichen
das Wasser über Untiefen ruhig steht, Ausdünstungen, die das Klima
tödlich machen. Die Farbe des Meerwassers ist gewöhnlich bläulich-
grün (meergrün), sie wird aber durch verschiedene Einwirkungen, wie
durch die Farbe des Meeresgrundes, durch Beimischung erdiger Bestand-
theile, durch den Reflex des Himmels, häufig verändert, daher zum
Theil die Namen: weißes, schwarzes, rothes, grünes, gelbes, Purpur-
Meer. Die Durchsichtigkeit ist weit größer als die des Fluß-
wassers, wächst mit der Entfernung von den Küsten und ist in den
kalten Regionen im allgemeinen größer als in den heißen; doch zeichnen
sich manche Tropenmeere, wie das caraibische Meer, in dem man bei
150' Tiefe den Meeresgrund deutlich gesehen hat, durch besondere Hel-
ligkeit aus. In allen Zonen, vornehmlich aber zwischen den Tropen,
beobachtet man bei Nacht ein Leuchten des Meeres in der Nähe
der Schisse. Diese prächtige Erscheinung rührt, wie man jetzt an-
nimmt, theils von lebendigen Lichtträgern, theils von organischen Über-
resten solcher her.
§. 28. Das Gleichgewicht des Meeres ist fortwährend Störungen
ausgesktzt, die es, wenigstens in den oberen Schichten, nie zu voll-
kommener Ruhe gelangen lassen. Man hat unregelmäßige und
regelinäßige Bewegungen zu unterscheiden. Jene entstehen durch
Winde, welche den Wellenschlag Hervordringen. Die gewöhnlichen
Meereswellen erheben sich vom Wellenthale bis zum Wellenberge (Trog,
Kamm der Welle) nicht über 6 — 8 F., man hat aber welche bis zu
60 F. Höhe beobachtet (größte bekannte Wellen am Eap Hoorn und
bei Nordostwind am Eap der guten Hoffnung). Nach einem Sturme
dauert die wogende Bewegung noch fort; man sagt dann, die See
gehe hohl. Brechen sich die Wellen an hohen Steilküsten, so entsteht
Brandung. Von den regelmäßigen Bewegungen sind besonders
die Gezeiten oder Ebbe und Fluth merkwürdig. Sie bestehen in
einem innerhalb 24 Stunden und gegen 50 Min. zweimal regelmäßig
wechselnden Steigen und Fallen des Meeres und finden ihre Erklärung
in der Anziehung, welche Mond und Sonne auf die Waffermaffe der
Erde üben. Im allgemeinen wächst die Fluthhöhe von den Tropen-
gegenden gegen die mittleren Breiten (von 3 bis 50, ja 70 Fuß);
auch ist sie beträchtlicher an den Ostküsten der Kontinente als an den
Westküsten, weil die Fluthwelle von O> nach W. geht. Ein u> der-
selbe Ort hat übrigens nicht immer gleiche Fluthhöhe: zweimal im
Monate zu den Zeiten des Vollmondes und des Neumondes ist sie
am höchsten (Springflulh), zur Zeit des ersten und letzten Viertels ist
1860 -
Leipzig
: Hinrichs
- Autor: Stein, Christian Gottfried Daniel
- Hrsg.: Wagner, Karl Theodor
- Auflagennummer (WdK): 25
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
16
Allgemeine
unterschied der einzelnen Punkte der Oberfläche eines fließenden Wassers,
und die damit in Verbindung stehende Stromgeschwindigkeit;
die Stromentwickelung od. die Gestaltung seiner Weg-Linie und
im Gegensatz hierzu der di recte Abstand der Mündung von der
Quelle. Der Erdraum, welcher einem und demselben Flusse fließendes
Wasser zusendet, bildet das Fluß- oder Stromgebiet (auch wohl
Becken oder Bassin genannt), der Fluß selbst mit allen ihm zu-
gehörigen Gewässern das Fluß- oder Stromsystem; benachbarte
Flußgebiete werden abgegrenzt durch die Wasserscheide, von der
die Gewässer nach verschieoenen Richtungen fließen, ohne daß sie darum
immer, wie man fälschlich gelehrt und auf Karten gezeichnet hat, eine
bedeutendere Bodenerhebung ist. Zwischen zwei nahe aneinander fließen-
den schiffbaren Strömen kann diese Wasserscheide so niedrig sein, daß
Kähne und Waaren sich leicht von dem einen zum anderen Fluß über-
führen lassen; dann bildet sie einen Tragplatz (poita^e). Eine
Bifurcation od. Gabelung der Gewässer entsteht, wo ein zwei-
seitiges Fließen oder eine Verbindung zweier verschiedener Flußgebiete
in Folge von Unzulänglichkeit der Wasserscheide eintritt (wie in Süd-
Amerika zwischen Orenoco und Rio Regro, einem Nebenfluß des
Amazonenstromes). Alle Flußgebiete, deren Gewässer in dasselbe Meer
sich ergießen, machen zusammen ein Meeresgebiet aus. Eine
Betrachtung der verschiedenen Mecresgebiele auf der Karle wird lehren,
daß der größte Ocean und andere größere Meere verhältnismäßig weit
kleinere Gebiete haben als die meisten Neben- und Binnenmeere.
§. 31. An den größeren Strömen unterfcheidet man drei Haupt-
strecken in ihrer Entwickelung. 1) Der Oderlauf beginnt mit den
Quellen, die gewöhnlich, aber nicht immer in Hochgebirgen liegen
(Quell-Bezirk ob. Gebiet), ist ein sehr rascher in engem felsigen Bette,
bildet da wo plötzlich ein ansehnlicher Höhenunterschied im Bette ein-
tritt Wasserfälle oder Katarakten und sammelt seine Gewässer
nicht selten an der Grenze des Hochgebirgs in einem Seebecken.
2) Der mittlere Lauf gehört dem nieoeren Berg- und Hügelland,
der Vorstufe des Hochgebirgslandes, an, erfolgt minder rasch zwischen
entfernteren Uferrändern, bildet sich seinen Weg mehr selbst, häusig in
Schlangenlinien (Serpentinen), und hat statt der Wasserfälle nur
noch Strudel und S t r o m sch n e l l e n , die von einem geringeren
Höhenunterschied im Bette herruhren, vorzüglich da wo der Fluß ein
Gebirge durchbrochen hat, um aus einem Thale, das früher vielleicht
ein Seebecken gewesen, in ein anderes zu gelangen. Schon hier zeigen
sich weiterhin noch häufiger werdende Inseln im Strome, die man
Auen od. Werder nennt. 3) Der untere Lauf geht durch Tief-
land gewöhnlich breit, ruhig und wasservoll zur Mündung in das
Meer und beherrscht das umliegende Land, indem er es verändert,
besonders durch seine Ueberschwemmungen. Während sich manche Flüsse
in weiten, buchtenartigen Mündungen in das Meer ergießen, haben
andere, von den milgebrachten Schlamm - und Sandmassen im ge-
raden Laufe gehemmt, Seitenwege aufgesucht; nach der dreieckigen Ge-
stalt des griechischen Buchstaben Delta, welche der Strom dann mit
seinen Mündungsarmen bildet, nennt man das dazwischen liegende