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1. Theil 1 - S. 10

1831 - Halle : Kümmel
10 X. Erzählungen »Du bist nicht klug," sagte seine ältere Schwester Doris. „Du kleines Männchen, du willst hohe Felsen erklimmen?" „Höre, Mädchen," rief der empfindliche kleine Frisch, „halt du dein Plappermäulchen! du verstehst davon Nichts." „ Ihre ergebenste Dienerinn, mein hochgeehrtester Herr Bruder!" verseóte Doris lächelnd. „Dashabe ich nicht gewußt, daß ein Mädchen über so Etwas nicht urtheilen sollte. Aber das ist doch erlaubt zu sagen, daß ein Knabe, wenn er tollkühn ist und närrische Streiche macht, dabei wohl einmal den Hals brechen kann." „Laß mich in Ruhe," rief Adolph Frisch, und dre- hete sich um. Nach einigen Tagen verläßt der unbesonnene Knabe das Haus seiner Eltern, und schlendert in das nahe Thal, das voll Felsen war. „Aha!" rief er seinen Cameraden zu, die ihn begleiteten, „hier sehe ich einen recht hohen steilen Felsen, den will ich auch, wie eine Gemse, erklettern." „ Das laß du bleiben!" sagten seine Cameraden. Aber Adolph ließ sich nicht abhalten; er kroch den Felsen hinan; und als er oben stand, rief er den Übrigen zu: „Bin ich nicht ein Held? Seht ihr mich wohl? Gebt Acht; jetzt will ich auf Einem Beine stehen!" Den Knaben, die unter dem Felsen standen, lief cs vor Schrecken eiskalt über den Rücken. Der tollkühne Adolph hob wirklich das eine Bein in die Höhe und stand auf dem andern eine Weile ruhig da. Doch, ach! er verliert das Gleichgewicht. Darüber er- schrickt er; sein Leib kippt über, und der unglückliche Knabe stürzt von dem Felsen, hinab. Todt erreichter den Boden. ^ Seine Freunde eilen schreckenvoll nach Hause, und melden den traurigen Vorfall. Der ganze Ort gerath in Bewegung. Man eilt ins Thal und sieht den Unglückli- chen jämmerlich zerschlagen in seinem Blute liegen. Man untersucht ihn, findet aber keine Spur von Leben mehr in ihm. Seine Eltern, seine Schwester jammern trost- los. Es hilft Alles Nichts. Er bleibt todt. Alle Ein- wohner des Orts, die ihn kannten und wegen seiner Mun-

2. Theil 1 - S. 12

1831 - Halle : Kümmel
12 1. Erzählungen tere Kälte des Winters dazu, daß er einheizen mußte; und als eben Niemand in der Stube war, fiel der Ofen des Morgens zusammen. Das Feuer ergriff den nahen Flachs an den Spinnrädern, darauf die nicht weit davon stehende Lade, dann das Bett, Nun ward Lärm im Dorfe. Klaus, der in der Scheune war, eilte herbei, und wollte sein Geld retten. Indessen kamen die Spri- tzen, denn es brannte schon zum Dache heraus; und weil Keiner mehr das Haus erhalten konnte, wurde es einge- rissen, um wenigstens die übrigen Gebäude, ja das gan- ze Dorf zu retten. So löschte man denn auch glücklich das Feuer; aber man vermißte Klausen. Als nun der Schutt auseinander gebracht wurde, da fand sich sein Körper vor der verbrannten Lade bei dem Gelde liegend, wo er vermuthlich vom Dampfe erstickt war. Wer das Geld zum Zweck macht, das doch nur zum Mittel bestimmt ist, der ist geizig. — Sir. 4, 36. Kap. 14, 6. Luc. 12, 15. Sir. 14, 9. 13. Meister Peter, oder wie hart der Geiz ist. Kein geizigerer Mann war in der ganzen Stadt Tiefthal, als Meister Peter, der Leinweber. Er hatte ein ziemliches Vermögen, aber er genoß Nichts davon. Immer klagte er, es sei Alles so theuer, und er wisse gar nicht, wie er am Ende noch auskommen wolle. Nie hatte er in seinem Leben einem Armen eine kleine Gabe gegeben. Kam einer zu ihm, so-hieß es immer: „Ja, ich armer Mann, ich habe ja selbst Nichts;" oder: „Geht hin, und arbeitet, und thutetwas!" Wenn dann die Armen ihm sagten, daß ihr Erwerb nicht zureichen wollte, oder daß sie krank und gebrechlich wären, so fuhr er sie hart an: „Marsch, packt euch, ihr faules Volk! oder ich werfe euch zum Hause hinaus;" und erlschimpfte und schmähetedann so lange, bis sie ihm aus den Augen wa- ren. Niemand hatte mit Meister Petern gern viel zu thun; denn man verachtete ihn um feines Geizes willen; man bedauerte nur sein armes Weib und besonders seine Kinder. Kaum erhielten diese so viel, daß sie sich halb satt essen konnten; und wenn sie nicht von den Nachbarn bisweilen wären gesättigt worden, so wären sie gezwun- Jt

3. Theil 1 - S. 16

1831 - Halle : Kümmel
16 I. Erzählungen fer vor seine Thür und sprach zu sich selbst: „Bist du nicht ein Thor, daß du den Heuboden so schonst? Was soll dir das Heu? Es wächst alle Tage mehr Gras zu, und ist jetzt schon genug da, daß die Schafe leben kön- nen." Sogleich ging er in den Schafstall, und hieb die Stangen entzwei, auf denen das Heu lag, so daß es in großen Haufen in den Stall fiel. Als die Schafe nach Hause kamen, und die Menge Heu gewahr wurden, da suchten sie sich das beste heraus, und das andere, welches sie, ordentlich und mäßig vorgelegt, wohl auch gefressen hätten, das traten sie nun unter die Füße. Aber etwa nach acht Tagen änderte sich die Witterung: es fror und schneiete gewaltig; die Schafe mußten viele Tage zu Hause bleiben, und der Schäfer gerieth in Ge- fahr, Hungers wegen seine ganze Schäferei zu verlieren. Spare in der Zeit, so hast du in der Noth! — Sprüchw. 13, 11 und 16. 17. Dienstfertigkeit und Undienstfertigkekt. An einem sehr trüben Tage-, mitten im strengsten Januar, fuhr Herr von Holdritter, ein reicher Edel- mann, aus der Stadt auf sein Landgut Föhrenfeld, wo er einige nothwendige Geschäfte hatte. Als er auf dem Wege war, fing es an zu schneien; immer dichter und dichter fielen die Schneeflocken; die Wolken schienen sich immer tiefer zu senken, und noch vor vier Uhr Nachmit- tags war es fast völlig Nacht. Nach einer Stunde hatte der Kutscher den Weg verloren, so aufmerksam er auch gewesen war, und mußte nun auf gutes Glück zufahren. Wie sehr wünschten der Herr und der Kutscher, nur auf Lin Dorf zu treffen, damit sie nicht die ganze lange Nacht auf freiem Felde zubringen müßten, oder in der Dunkel- heit ein Unglück hätten! Zum Glück sahen sie endlich einige Lichter schimmern und fuhren nach dieser Gegend zu. Es war ein Dorf, aus welchem die Lichter geschim- mert hatten. Wer warfroher, als Herr von Holdritter! „ Hier wollen wir bleiben," sagte er, „ bis es Tag wird!" — Aber zum Unglück war kein Gasthof im Dorfe. Er trö- stete sich indessen: es wird uns ja wohl, dachte er, ein Bauer

4. Theil 1 - S. 18

1831 - Halle : Kümmel
18 I. Erzählungen daß es vier schöne blanke Goldstücke waren, die ihm.der fremde Herr gegeben hatte! Manche Menschen sind bloß darum undienftfertig, weil sie zu bequem und gemächlich sind. Sie möchten Andern wohl dienen, aber die Mühe scheint ihnen zu groß. — Matth. 5, 41, 42. 1 Petri 4,10. Luc. 6, 31 und 33. 18. Der undankbare Schüler. Anton wurde von seinen Eltern zwar in die Schule gebracht, aber nicht dazu angehalten, die Schule ordent- lich zu besuchen. Daher kam er oft zu spat, und manche Tage gar nicht in die Schule. Wenn der Lehrer dann nach ihm fragte, so hieß es immer, Anton habe für seine Eltern weggehen müssen, oder er sei krank, oder auch, er könne heute nicht kommen , weil er zu Hause nothwendig zu thun habe. Damit war der Lehrer frei- lich nicht zufrieden; denn wie war es wohl möglich, daß Anton in Kenntnissen weiter kam, wenn er die Schule so oft versäumw? Aber was den Lehrer vorzüglich ver- droß, war dieß, daß Anton sich gar nichts aus dem Un- terrichte machte, sich immer treiben ließ, und keinen Eifer im Lernen zeigte, besonders nachdem er endlich so weit gekommen war, daß er ein wenig lesen und schrei- den konnte. Denn dieser Knabe war thöricht genug, zu meinen, er thue nur dem Lehrer damit einen Ge- fallen, wenn er in der Schule fleißig und aufmerksam sei; es fiel ihm gar nicht ein, dieß für seine Schul- digkeit zu halten. Er hatte daher die vier Jahre, in welchen er die Schule besuchte, schlecht angewandt und wenig gelernt. Desto mehr erstaunte der Lehrer, als Anton eines Tages in die Stube trat, und ihm anzeigte, daß er nun nicht mehr in die Schule kommen würde. „Will dich dein Vater in eine andere Schule bringen?" fragte der Lehrer. „Nein!" antwortete Anton, „ich soll nun gar nicht mehr in die Schule gehen; mein Va- ter braucht mich zu Hause." ■— „ Darüber muß ich mich wundern," erwiederte der Lehrer, „denn du gehst ja erst seit vier Jahren in die Schule, .und haft seit dieser Zeit wenigstens dreimal in jeder Woche gefehlt, bist auch

5. Theil 1 - S. 21

1831 - Halle : Kümmel
21 für Verstand und Herz. te Stephan, und ging hinein. Einige seiner Camera- den saßen da in einer niedrigen Stube, deren Wände von Tabacksdampf ganz schwarz aussahen, an einem langen Tische, und zechten tüchtig. Von den vielen brennenden Tabackspfeifen war die Stube so voll Dampf, daß man nicht auf einen Schritt weit um sich sehen konnte. Nach- dem man eine Weile beieinander gesessen hatte, that Ei- ner den Vorschlag, ob man nicht Karte spielen wollte. Alle waren es zufrieden, und Stephan wrm>e auch dazu eingeladen; aber er verstand das Spiel nicht. 'Doch bald fand sich Einer, der sich erbot, es ihm zu lehren; und ehe der Abend zu Ende ging, hatte es Stephan schon gelernt. Am nächsten Sonntage fand er sich wieder ein, und dun sollte er schon um Geld spielen. Erhielt es für schimpf- lich, dieß auszuschlagen; und siehe da, er hatte das Glück, zu gewinnen. Wir wollen hören, ob das so ein großes Glück war. Stephan bekam nun sehr viel Lust zum Spielen, aber er war nicht immer so glücklich, wie im Anfange; oft verlor er die Paar Groschen, welche er sehr nöthig hatte, um sich Frühstück und Abendbrod zu kaufen, und dann mußte er hungern. Das gefiel ihm freilich nicht, aber dennoch konnte er von dem Spielen nicht los kommen. Denn wenn er auch manchmal sich vor- nahm: heute will ich gewiß nicht wieder ins Wirthshaus gehen und spielen! so ließ er sich doch immer wieder ver- führen, wenn einer seiner Cameradenkam, und ihm zu- redete. Die Hoffnung, das Verlorene wieder zu gewin- nen , trieb ihn immer wieder in das Wirthshaus und an den Spieltisch; aber wie traurig schlich er dann des Abends nach Hause, wenn er nun abermals verloren, oder doch Nichts gewonnen hatte! Einst war er dadurch in so große Geldnoth gerathen, daß er sich gar nicht mehr zu helfen wußte; da kam er auf den schrecklichen Ge- danken, in einem Hause, wo er arbeitete, zu stehlen. Er nahm einen Rock und einen silbernen Löffel weg, nicht ohne große Angst und Beklemmung. O, hätte er dock- lieber gehungert, oder Andere um eine Gabe angespro- chen! Als erden Löffel verkaufen wollte, wurde er als . verdächtig angehalten; sein Diebstahl kam heraus, und er mußte lauge im Gefängnisse sitzen. Daher kam er

6. Theil 1 - S. 22

1831 - Halle : Kümmel
22 I. Erzählungen vollends herunter, und von dieser Zeit an wurde er nie wieder recht fröhlich und gelangte auch niemals zu ei- nigem Wohlstände. Wie traurig sind die Folgen der Spielsucht! — Sprüchw.1,10. Kap. 13, 20. 'Weist). 4, 12. 3 Joh. 11. Matth. 18, 7. 2 Tim. 2, 22. Kap. 3, 13. Sir. 18, 32. 20. Zu große Sorge für die Gesundheit. Chrisnem, ein Tagelöhner, war immer sehr für sei- ne Gesundheit besorgt. Wenn es draußen ein wenig stürmte und eine kalte rauhe Luft war, so wollte er nicht hinaus, und wollte nicht arbeiten, wenn auch schon sei- ne Frau und seine Kinder Nichts zu essen hatten. „Du bist ein schlechter Mensch," sagte ihm seknh Bruder, „wenn du so ängstlich für deine Gesundheit be- ' sorgt sein willst, daß du deine Pflicht darüber vergissest. Willst du denn deine Kinder darum hungern lassen, weil du ein Bißchen Husten oder Schnupfen bekommenhnn- teft? Wenn man wichtigere Pflichten zu erfüllen hat, so muß man nicht so ängstlich auf seine Gesundheit sehen." Wie viele Fälle giebt es nicht, wo man von seiner Bequemlichkeit und Ruhe, vom Schlaf und von der ge- wöhnlichen Ordnung Manches aufopfern muß, wenn man seine Pflichten erfüllen will! — Röm. 13, 14. 21. Bemeistere deinen Zorn. Lebrecht hatte die Untugend an sich, daß er sich sehr leicht zum Zorn reizen ließ. „Lebrecht," sagte sein Va- ter, „bemeistere doch deinen Zorn'. Im Zorn weiß man nicht, was man thut, und man kann sich zu Handlungen verleiten lassen, die man nachher durch seine ganze Le- benszeit bereuet." Lebrecht sah wohl ein, wie gut es sein Vater meinte. Wie oft war schon seine zornige Gemüthsart Schuld gewesen, daß er sich mit seinen kleinen Freunden überwerfen hatte; wie oft war er mit ihnen in Zwist und Mißhelligkeiten gerathen, und war ganze Wochen lang mit ihnen nicht zusammengekommen! Aber dennoch war er nicht klüger geworden. Erst da lernte er denselben ma-

7. Theil 1 - S. 25

1831 - Halle : Kümmel
25 für Verstand und Herz dem Kopfe; an ihren Kleidern mochten sie seit langer Zeit die fettigen Finger abgewischt haben, so glanzten sie; und ihr Hemde, ihr Gesicht und ihre Hände — man konnte sie nicht ansehen ohne Ekel. „Mutter, wir haben keine Lust zum Essen," sagten die Kinder der Frau Leonhard; „erlaube uns wieder vor die Thür zu gehen." Die Mutter erlaubte es ihnen, und ging selbst mit. „ Da drinnen ift's ja nicht aufzuhalten," sagte sie, „all mein Appetit ist weg;" — und die Kin- der versicherten, daß es ihnen eben so gehe. Sie war- teten draußen, bis der Kutscher, der nur ein Glas Branntwein trank, wiederkam, welches auch nicht lange dauerte.— „Nun," sagte der Kutscher, „das Glas Schnapps hatte ich mit Mühe und Noth hinunterge- bracht! Es ist doch unausstehlich, was das für eine Ün- reinlichfeit ist; aber der Wirth hier wird auch alle Tage ärmer, denn kein Mensch will mehr bei ihm einkehren. Aber da ist eine halbe Stunde von hier, in dem nächsten Dorfe, wohin wir kommen, ein Gastwirth; da sollten Sie einmal sehen, wie rein und blank Alles bei dem Manne ist! Alle Leute kehren gern bei ihm ein, und er ist dadurch in einigen Jahren ordentlich ein recht wohlhabender Mann geworden." Die Kinder baten die Mutter, bei diesem Manne einzukehren; denn der vorhin durch den Ekel unterdrückte Appetit war den Kleinen durch die Erzählung des Kut- schers wieder rege geworden. Die Mutter erfüllte ihre Bitte, und sie fundenes, wie es der Kutscher gesagt hat- te. — Alles aß hier mit Vergnügen, in einer schönen Hellen weißen Stube, auf blank gescheuerten Tischen. Tel- ler, Messer und Gläser waren glänzend und rein, und Wirth und Wirthinn und Kinder sahen aus, als ob sie sich eben erst frisch angezogen hätten! „Ach," sagtest die Kinder, „hier ist es viel besser! Hier schmeckt es gut!" Reinlichkeit trägt viel zum Genusse des Lebens bei. — Der Sonntag ist bei Vielen schon darum sehr viel werth, weil er der Tag der Reinlichkeit, und dadurch eben des erneuerten, erheiterten Lebensgenusses ist. — Sprüchw. 31,25. Sprüchw. 16, 20.

8. Theil 1 - S. 27

1831 - Halle : Kümmel
27 für Verstand und Herz. bis Hans dabei getroffen wurde. Er wurde empfindlich gestraft und mußte seinen halben Lohn daran wenden, die beschädigten Baume zu bezahlen. Da sagte er: „Ich habe nicht allein Schaden gethan, Andere haben auch Bäume beschädigt." Darauf antwortete der Herr: „Aber dich haben wir bei Beschädigung der Bäume an- getroffen , und die Andern nicht. Hast du Andere gese- hen, welche die Bäume beschädigten, so hättest du es angeben, aber nicht nachmachen müssen." Um solcher bösen Buben willen bleiben viel nützliche Dinge zurück, die sonst geschehen könnten. Hütet euch, bösen oder thörichten Leuten nachzuah- men ; sonst werdet ihr oft nicht nur für den Schaden bift ßen, den ihr selbst thatet, sondern auch für den, wel- chen Jene schon zuvor gethan hatten. — Sir. 24,1. 5 Mos. 20, 19. 20. 25. Das Vogelnest. Kar! nahm alle Vogelnester um das ganze Dorf her aus, fing die Alten bei den Nestern, und quälte dann die Vögel, bis sie todt waren. Dadurch gewöhnten sich alle Vögel von dieser Gegend weg; und im Frühjahre, wo sonst durch den Gesang der Vögel Alles erfreuet wird, war es bei diesem Dorfe traurig und still. Es gab da- gegen so viele Raupen und Gewürm daselbst, daß die Leute kein grünes Bkatt behielten und daher von ihren Bäumen kein nützliches Obst bekamen. Alles ist von Gott zum Nutzen mit großer Weisheit eingerichtet. Die klei- nen Vögel singen schön und todten für sich und ihre Jungen sehr viele Raupen und Würmer, welche den Baum - und Gartenfrüchten schädlich sind. Der Mensch hat nach Gottes Erlaubniß die Herr- schaft über die Thiere, daß er sie zu seinem Nutzen tod- ten kann; aber quälen darf er sie nie, auch nicht aus Muthwillen todten. — 5mos. 22,6. u. 7. Sprüchw. 12, 10. 26. Betrug macht oft eher arm, als reich. Der Kaufmann Merz in dem kleinen Städtchen Hallberg glaubte durch Betrug am schnellsten wohlhabend

9. Theil 1 - S. 29

1831 - Halle : Kümmel
29 für Verstand und Herz. Die meisten von den weggekommenen Sachen er- hielten diese Leute nicht wieder; denn diejenigen, welche sie an sich genommen hatten, waren schlecht genug, sie zubehalten. Aber die hundert Thaler bekamen sie wieder, denn die Magd war ehrlich. Eine andere Magd hatte sie zwar zu bereden gesucht, das Geld zu behalten; allein sie ließ sich durch alles ihr Zureden in ihrer Ehrlichkeit nicht wankend machen. „Nein," sagte sie, „dasgeld ist ja nicht mein; — es wäre so schlimm, als wenn ich es gestohlen hatte, wenn ich es behielte." Die Eigenthümer des Geldes wollten der ehrlichen Magd eine Belohnung geben; aber sie nahm dieselbe nicht an. „Es ist ja meine Schuldigkeit," sagte sie, „daß ich Ihnen das Geld wiedergebe; es hat mir ja nicht ge- hört." ' __________. Darf man gefundene Sachen behalten, wenn man noch irgend hoffen darf, den Eigenthümer auszumitteln ? — Darf man borgen, wenn man fürchten muß, daß man nie werde wieder bezahlen können?— Ps. 37,16. Sprüchw. 15,16. 28. Ehrlich währt am längsten. , Leonhard war zwölf Jahr alt, als er das Unglück hatte, daß ihm sein Vater starb. Nun hatte er keinen Versorger mehr; denn seine Mutter war so kränklich, daß sie ihn unmöglich mit ihrer Hände Arbeit ernähren konn- te. Leonhard faßte daher den Entschluß, selbst sein Un- terkommen zu suchen, um seiner Mutter nicl)t zur Last zu fallen. Kann ich doch fertig lesen, schreiben und rechnen, dachte er bei sich selbst: wie, sollte ich nicht durch die Weltkommen, wenn ich fleißig und ehrlich bin?— Er nahm von seiner Mutter Abschied, und wanderte nach einer nahe gelegenen Stadt, wo ein Freund seines Va- ters wohnte, der ein wohlhabender Kaufmann war. Bei diesem meldete sich Leonhard, erzählte ihm sein trauri- ges Schicksal, und bat ihn um Unterstützung. „Gern will ich vom Morgen bis zum Abend arbeiten," sagte er, „wenn Sie sich nur meiner annehmen wollen." — Herr Schulz (so hieß der Kaufmann) war bereit, den

10. Theil 1 - S. 31

1831 - Halle : Kümmel
für Verstand und Herz. 31 dlg aus, -- dafür wollen wir uns einen guten Tag ma- chen, lieber Leonhard; denn so einfältig wirst du doch wohl nicht sein, das Goldstück dem Herrn wiederzuge- den?" — „Allerdings werde ich es unserm Herrn wie- derbringen," antwortete Leonhard; --denn ihm gehört es, und nicht uns. Mit gutem Gewissen können wir es nicht behalten, und ich mag mein gutes Gewissen nicht verlieren."— Er lieferte es auf der Stelle seinem Herrn ab, und dieser war darüber so erfreut, daß er es ihm zum Geschenk machte. Seit dieser Zeit verlor er nie- mals das Zutrauen seines Wohlthäters; und da dieser keine Kinder hatte, so setzte er den ehrlichen und treuen Leonhard zum Erben seines ganzen Vermögens ein. —1 Sprüchw. 10, 2. Luc. 16,10. Matth. 25, 21. 29. Auch was dir schwer wird, greife frisch an, und arbeite es zuerst! „Ach, das ist ein schweres Exempel!" rief der trä- ge Martin, und rieb sich dazu den Kopf. Er stand erst ein Weilchen vor dem Tische; er sah das Exempel wohl zehnmal an; aber immer blieb das Exempel so schwer, wie es gewesen war. , Vielleicht, dachte Martin, kommt es dir hernach nicht so schwer vor, und schob die Rechentafelzur Seite. Nun holte er sein Schreibbuch, um die Seite fertig zu schreiben, welche ihm aufgegeben war; dann las er ein wenig; dann fing er an, Etwas, das ihm aufgegeben war, zu lernen. Aber immer lag ihm dabei das häßliche Exempel im Sinne, und seine Scheu vor demselben wurde immer größer. Jetzt, da er mit seinen Arbeiten fertig war, konnte er sich nun nicht mehr helfen. Das Exempel wollte gemacht sein; denn morgen mußte er es dem Lehrer vorzeigen. Er fing an zu rechnen; aber da traf keine Zahl richtig zu — er kam nicht von der Stelle. Er fing noch einmal an, und wieder noch einmal; aber immer fehlte Etwas. Da fing Martin an zu weinen. ^Du bist ein Närrchen," sagte sein Bruder, der muntere Christian, zu ihm, der um ein Jahr jünger war; „ mit dem Weinen wirft du das Exempel nicht ssertig
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