1842 -
Karlsruhe [u.a.]
: Herder
- Autor: Heberling, Joseph Theodor
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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Die Kinder weinten laut auf und gelobten ihm, sei-
ner lezten Ermahnungen eingedenk zu sein. Stillschwei-
gend reichte er noch jedem die Hand; er wollte noch
einmal reden; aber die Zunge versagte ihm den Dienst.
Seine lezten Worte schwebten seinen Kindern bei jeder
Versuchung zu ihren herrschenden Fehlern vor; sie ehrten
und verpflegten ihre Mutter bis an's Ende, und ehren
noch heute das Grab ihrer Eltern durch ihre Tugenden
und ihr Gebet für sie.
Das Aogelneft.
(Fragkndcr Ton.)
Heinrich, (auf einen Baum deutend) Siehst du?
Siehst du da oben?
Wilhelm. Was denn?
Heinr. ... die Kohlmeise in's Astloch schlüpfen. —
Da ist gewiß ihr Nest!
Wilh. Gut! so wünsch' ich ihr Glük dazu, und
dir viel Glük zur Entdekung.
Heinr. Du glaubst doch nicht, daß ich den Fund
allein behalten wolle?
Wilh. Verkaufe nur die Bärenhaut nicht zu früh»
— Aber was wollen wir denn mit den Vögelchen
machen?
Heinr. Sie in ein Käfig steken.
Wilh. Und darin verhungern lassen?
Heinr. Warum nicht gar? Können wir sie nicht
vor unser Fenster hängen, daß die Alten sie groß füt-
tern?
Wilh. Werden sie daß auch thun?
Heinr. Warum nicht? der Baum ist ja nahe ge-
nug an unserm Hause. — Kannst du dir was Lustigeres
denken, als die jungen Vögelchen so flattern, zwitschern
und das Maul aufsperren zu seh'n, wenn die Alten mit
Futter kommen?
Wilh. Und so etwas macht dir Vergnügen?
Heinr. Warum nicht?
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Wilh. Würd' es uns wohl auch Vergnügen ma-
chen, wenn wir in einem Gefängnisse stellen, und unsre
jammernden Eltern müßten uns durch ein Gitter das
Brod reichen?
Heinr. Sind wir denn-Vögel?
Wilh. Aber hast du denn das Sprüchlein: „Auch
ein Thier empfindet Schmerz, quäl' es nicht, o mensch-
lich Herz!" ganz vergessen?
Heinr. Will ich sie denn quälen? am Faden her-
umschleppen? bei lebendigem Leibe rupfen? oder ver-
hungern lassen?
Wilh. Glaubst du denn nicht, daß schon die Ge-
fangenschaft und Trennung von ihren Eltern Qual ge-
nug für sie ist? Rührt es dich nicht, wenn die Alten
so ängstlich nm das Gitter herumfliegen und loten?
wenn ihre Jungen ihnen so sehnlich entgegen flattern?
wenn die treuen Alten am Käfig sich anklammern und ihre
armen Kinderchen durch's Gitter zu liebkosen scheinen,
indem sie ihnen das Futter bringen? — Bruder bist
du wirklich so hartherzig?
Heinr. Still! still! wer konnt' einer so rühren-
den Warnung widerstehen? Nein! nein! lebt ruhig mit
euren Eltern, ihr kleinen Vögelein, und wenn ihr groß
seid, so singt uns ein Liedchen vom Baume herab! —
Weißt du aber auch, Bruder Wilhelm, wem das Lied-
chen dann gelten wird: mir oder dir?
Das Gewitter.
Die Sonne verbirgt sich hinter den schwarzen Wol-
kengebirgen; die Nacht überwältigt den Tag. Die
Lüfte heulen, die Wälder rauschen, die wirbelnden
Stürme, die Vorboten des nahen Donners, treiben
Sand und Staub und Blätter in einem bangen Getöse
umher; die Wellen der Flüsse empören sich, brausen
und wälzen sich ungestümer fort; die scheuen Thiere
fliehen in Felshöhlen; mit ängstlichem Geschwirre flat-
Schulsrcund. tzte Auflage. 7
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gleicher Laune: „ich weiß, daß Eure Gelehrtheit jenes
Salomonische Sprüchlein Kap. 21— es ist besser zu
wohnen im Winkel auf dem Dache, denn bei einem
zänkischen Weibe im Hause, wohl gelesen hat. Und
— mit Vernunft zu reden — Eisen thut meinen Augen
weher, als Rauch." Der Brief schließt mit Glükwün-
schen für die nahe Reise gen Rom.
Karl kömmt au und halt Gericht, aber mit großer
Milde. Der Papst vereinigt sich in öffentlicher Ver-
sammlung der geistlichen und weltlichen Großen; seine
Ankläger werden aus dem Lande verwiesen. Dann,
am Weihnachtsfeste, als Karl am Altar Sankt Petri
im Gebete knieet, sezt ihm Leo die römische Kaiser-
krone auf's Haupt, und alles Volk jubelt: „Langes
Leben und Sieg dem von Gott gekrönten Kaiser Karl!
Lange lebe der große und fromme römische Kaiser!" —
Das abendländische Kaiserthum von Rom ist, 324
Jahre nach seinem Untergange unter Romulus Augustu-
lus durch einen Teutschen, nun wieder hergestellt, aber-
mals durch einen Teutschen. Unter den Gesängen der
Priester führte dann der Papst den Kaiser auf einen
prächtigen Thron, und bezeugte ihm Anerkennung und
Verehrung. Aufgefordert, schwören alle unter Karls
Zepter vereinte Germanen, theilnehmend an der Ehre
ihres großen Stammgenossen, daß sie mit Gut und
Blut ihn bei seiner neuen Würde schüzen wollen. Er
dagegen sicherte ihnen ihre alte Volksrechte und bür-
gerliche Freiheit zu, wodurch dieses teutsch-römische
Reich sich von dem lateinisch- und griechisch-römischen
herrlich unterscheidet. Sein Name erglänzt nun auf
den römischen Münzen, und er nennt von jezt an die
Römer sein Volk. Die längst von den byzantinischen
Kaisern Verlassenen haben einen Beschüzer wieder ge-
funden. Ordnung und Geseze blühen wieder auf. Die
Hunnen müssen das Land, die Araber die Küsten ver-
lassen. Karls gepriesener Name erklingt vom Nieder-
gänge bis zum Aufgange. — Die Kaiserin Irene zu
Konstantinopel knüpfte mit Karl eine Unterhandlung an,
bezwekend, sich mit ihm zu vermählen, und so das rö-
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iöl
mische Reich des Abend- und des Morgenlandes zu
seiner alten Einheit, Macht und Herrlichkeit wieder her-
zustellen; aber ein ehrgeiziger, neidischer, vor dem mäch-
tigen und ordnungsliebenden Teutschen banger Byzan-
tiner, Nicophorus, der Kaiserin Minister, stürzt sie plözlich
vom Thron und schwingt sich selbst hinauf. Orient und
Occident blieben getrennt: doch hören die Feindselig-
keiten auf: denn Nicophorus erkennt Karln als Kaiser
von Rom an, und dieser läßt dafür jenen im Best; von
Calabrien, Sicilien, Dalmatien und Venedig, welche
Landschaften dem Hofe von Konstantinopcl bisher noch
nicht unterthänig geblieben waren. Selbst der Kalife
Harun al Raschid, der Karl der Sarazenen, sendet Ge-
sandte und reiche Geschenke, das köstliche aber, um einen
christlichen Kaiser auf's Höchste zu ehren, — die Ober-
herrlichkeit über Jerusalem und alle heilige Oerter, wo-
hin Karls Frömmigkeit schon früherhin reiche Wohlthaten
gespendet hatte.
Mit welchem Jubel aber der aus Italien heimkeh-
rende Kaiser von seinen Germanen, denen er jetzt einen
neuen Glanz verliehen hat, empfangen wurde, mag, als
Stellvertreter Aller, der alte, treue Alcuin, der früher
in seine ersehnte Einsamkeit nach der Abtei Tours zurük-
geeilt war, uns zeigen: „Wie habe ich," schrieb er an
Karln, „nach den Worten der Ankommenden mich gesehnt,
die immer etwas von meinem Herrn, meinem süßen Kö-
nig melden könnten, wenn er anlangte, wenn er in das
väterliche Haus zurükkäme. — Endlich, endlich, obgleich
spät, erklingt die erwünschte Stimme der Zusammen-
laufenden meinem wartenden, lauschenden Ohr. Nun
wird er kommen! Schon hat er die Alpen überstiegen,
er, dessen Ankunft, o Albin, du mit solcher Glut des
Herzens gewünscht hast. — Einmal über das andere
habe ich mit Zähren der Freude gerufen: „O Herr
Jesu, warum gibst du mir nicht Fittige des Adlers, daß
ich hinfliege und umarme und küsse die Fußstapfen die-
ses meines Geliebtesten, und sehe die leuchtenden Augen
dessen, der über alles, was in dieser Welt geliebt wer-
den kann, mir der Geliebteste ist, daß ich seine erfreu-
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5hm zur Seite liegt das Männchen da,
Mit dem glatten aschenfarb'nen Köpfchen;
Alle Regenbogenfarben sah
Man im Sonnenstrahl an seinem Kröpfchen.
Ach, wer hätte mir sagen sollen, daß mein Lieb-
lingsliedchen so buchstäblich auf mich passen würde! O ich
kann cs nun nicht mehr singen, ohne zu weinen! O bö-
ser, böser Marder! Hättest du nur ein Pärchen, nur
das einzige Pärchen verschont, das ich so mühsam er-
zogen habe! das dankbare Pärchen, das mir so traulich
auf die Schulter flog, wenn ich Gurr, Gurr rief! —
Ach, nichts ist mir von euch übrig, ihr frommen Täub-
chen, als euer armes, naktes Zwillingspaar! — O ihr
kleinen Närrchen! wäret ihr nur ein bischen flügger!
Wie wollt' ich euch pflegen und warten, bis ihr auch
so groß und zahm würdet! —
Mutter. Armes Minchen! wie beklag' ich dich und
deine armen Täubchen! Mer — ich bin unschuldig.
Minchen. O Mutter, Mutter! ich fühle, was du
sagen willst. Ach, du hattest es geahnet, daß es so
gehen würde. Ach hätt' ich dir gefolgt und die kleine
Oeffnung da zumachen lassen!
Mutter. Siehst du nun, welchen Jammer der
Leichtsinn bereitet? Zweimal hab' ich dich erinnert, und
du sorgtest doch nicht dafür. —
Minchen. Ach Mutter, liebe Mutter! Nie mehr
will ich so leichtsinnig sein.
Mutter. So lang dich dein Verlust noch schmerzt,
hoffentlich nicht; aber wenn dein Jammer vergessen ist,
wie dann? — Weißt du noch, was du versprachst, als
dein Hänfling starb, den du so schändlich verhungern
ließest?
Minchen. O mache mir keine Vorwürfe, liebe
Mutter! Ich vergehe vor Jammer.
Mutter. Das sollst du nicht; aber tief sollst
du für dein ganzes Leben fühlen, welch' bittere Früchte
die Sorglosigkeit und der Leichtsinn bringt; denn wie
hier durch eine einzige Oeffnung der Feind eingedrungen
ist und deine Freude getödtet hat, so dringt auch der
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Priester, mündlich und schriftlich, und besucht vor allen
Dingen die Schulen, sein Lieblingswerk, sein Haupt-
augenmerk, die Quelle jedes schönen Stromes. Er
prüft die Fortschritte der Zöglinge; er straft, er belohnt.
So theilte er einst, nachdem Probearbeiten, Briefe,
Verse, Lieder, Reden und andere Aufsäze durchgesehen
waren, der Schüler ganze Menge in zwei Theile, rechts
die Armen, aber Geschikten, links die Vornehmen,
aber Unwissenden. Dann hielt er diese Rede: „Ihr,
lieben frommen Kinder armer Leute, der allmächtige
Gott wolle euren Verstand und eure Geschiklichkeit segnen
und vermehren! Fahrt also fort, wie ihr habt angefan-
gen, und habt darneben Gottes Furcht vor euren Au-
gen , so will ich euch an meinen Hof ziehen und zu
großen und höchsten Ehren erheben. Bischöfe, kaiserliche
Kanzler und Räthe will ich aus euch machen, Land und
Leute sollt ihr regieren, meine Pfleger, Vögte, Richter
und Amtleute sollt ihr sein, Gut und Geld will ich euch
verleihen, euch lieb und werth halten vor allen andern.
— Ihr gepuzten, zarten Herrlein aber dort zur Linken,
die ihr auf eurer Eltern Geschlecht, Glanz und Reich-
thum stolz seid, meine kaiserliche Majestät aber ver-
achtet, und, meinem Befehl zuwider, Schwelgerei, Leicht-
fertigkeit, Müssiggang und andere Laster den Wissen-
schaften und Tugenden vorzieht und aus Anderer Exem-
pel und guten Lehren, zu Lob, Tugend und Weisheit,
euren Verstand nicht unterrichten lasset, ihr seid viel zu
schlecht, als daß ich eurer mich annehmen möchte! Ich
schwör' es euch beim allmächtigen Gott! keinen Vor-
theil, keine Ehrenerweisung, keinen Pfennig sollt ihr
von eurem Kaiser, dessen Ordnung und Willen ihr nicht
geachtet habt, empfangen; verhöhnt sollt ihr werden
von allen Menschen, zu einem warnenden Beispiel, wo-
fern ihr nicht in euch geht und eure Nachläßigkeit durch
Fleiß und Frömmigkeit wieder gut macht!" —
Ein Kaiser, der für sich selbst mit großem Fleiße
aus nüzlichen und heiligen Büchern lernte, der, unter
den Teutschen der Erste, die Muttersprache auch nach
Regeln zu schreiben und zu sprechen, ja! durch neue
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erweken kann. Kaum hat die Schiffsgloke geläutet,
oder vielmehr angeschlagen, so ertönt des Bootsmanns
Pfeife durch den Matrosenraum, und seine heisere
Stimme ruft die Wache hinauf, um ihre Kameraden
abzulösen. Beim zweiten Rufe muß Alles auf den
Beinen sein, und auf dem Verdek, auf dem Vorder-
Casteel *) und am Steuerruder ein Jeder seinen ange-
wiesenen Posten einnehmen. Der Ungestüm zweier Ele-
mente, die fast in unaufhörlicher Bewegung sind, dringt
mit vereinten Kräften auf sie ein. Um sich warm zu
erhalten, laufen sie beständig auf und ab, bis irgend
ein Vorfall sie zur Arbeit ruft. Aendert der Wind
seine Richtung, so werden die Segel nur anders ge-
stellt; steigt aber seine Heftigkeit, so müssen sie theils
eingerefft, theils völlig eingezogen werden. Der
Anblik dieser gefährlichen Verrichtung ist schauderhaft,
wenigstens für jeden, der es nicht gewohnt ist, Menschen
ihr Leben auf's Spiel sezen zu sehen. Sobald die
untersten Zipfel des Segels vom Verdek aus gelöst und
aufgezogen werden, brausen die Winde darein, und
schlagen es an Stange und Mast, daß das ganze Schiff
davon erbebt. Mit bewundernswürdiger Behendigkeit
und nicht geringem Muthe klettern die Matrosen sogleich
bis zur zweiten oder dritten Verlängerung der Masten
hinauf. Dort hangen in starken Tauen die Segelstan-
gen oder Raaen quer über das Schiff; an ihren bei-
den Enden und in der Mitte befestigt, hängt ein schlot-
terndes Seil, welches den Füßen des verwegenen See-
mannes zum Ruhepunkte dient. Auf diesem Seile gehen
sechs bis acht Matrosen hurtig und mit sicherm Tritt
zu beiden Seiten bis an die äußersten Enden der Raa
hinaus, troz dem Winde, der das flatternde Segel ge-
waltsam hin und her schleudert, und das Seil unter
ihren Füßen erschüttert, troz der schwankenden Bewe-
1) Halbes Verdek auf dem Vordertheile des Schiffes.
2) Sin Seqel einreffen heißt: einen Theil desselben über die
Raa (Segelstange) wikeln und festbinden, damit cs klei-
ner werde.
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N
mit seinen Karavanen nach der Gegend des Euphrats,
nach Syrien und Palästina sandte. — Muhamed war
ein schöner Mann, von kraftvoller Gesundheit, und würde-
vollem Blik; er besaß eine einschmeichelnde Beredtsam-
keit, hohe Klugheit und kühnen Muth: lauter Eigen-
schaften, durch die er sich leicht die Zuneigung der
Menschen gewann.
Nachdem er noch in Handelsgeschäften einige große
Reisen gethan, und dabei die Religionen und Sit-
ten der Menschen genau beobachtet hatte, gab er die
Handlung auf und zog sich in die Einsamkeit zurük.
Ganze Tage brütete er in düstern Höhlen, um durch
sein geheimnißvolles Wesen die Seinigen mit wunderba-
ren Ahnungen über ihn zu erfüllen. In stiller Ein-
samkeit grübelte er über Religionsgegenstände. Den
Glauben seines Volkes, welches die erschaffenen Dinge
als Götter anbetete, erkannte er bald als Thor-
heit. Die jüdische Lehre war ihm zu engherzig und
feindselig. Auch die christliche Religion sagte ihm nicht
zu; denn ihren wahren Geist hatte er nicht fassen kön-
nen. Da stand sein Entschluß fest, Stifter einer neuen
Religion zu werden. Seine ganze Seele war von
diesem Gedanken erfüllt, seine feurige Einbildungs-
kraft heftig aufgeregt. Wiederholt siel er in Ver-
züknngen und gab wunderbare Erscheinungen vor, die
aber nur Trug waren — Endlich theilte er seinen
Verwandten mit, es sei ihm der Engel Gabriel er-
schienen, und habe ihm geoffenbaret, daß er zum Ab-
gesandten Gottes bestimmt sei. Nachdem er drei Jahre
lang bloß seinen Freunden seine trügerischen Lehren und
Offenbarungen mitgetheilt, und sich einige Anhänger ver-
schafft hatte, trat er öffentlich auf, indem er sich einen
Propheten nannte, dem Gott befohlen habe, das Volk
der Araber zu ihm zu führen. Viele seines Stammes
glaubten ihm aber nicht, und verschworen sich gegen sein
Leben. Deßhalb stoh er von Mekka nach Medina. Seine
neue Lehre war hier schon bekannt, und weil die Ein-
wohner dieser Stadt mit denen zu Mekka in alter Feind-
schaft lebten, wurde er gern aufgenommen; die Zahl
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einen Sturm nennen, und ist ungern freigebig mit die-
sem Namen, so lange das Schiff noch mehr als die
untern großen Segel führt. In offener See hat selbst
ein Sturm nichts Schrekliches für ihn. Was kann ihm
schaden, sobald alle Segel eingezogen, und das Schiff,
mit dem Schnabel gegen den Wind beigelegt, mit fest-
gebundenem Ruder, dem Drange der Wellen folgt ?
oder wenn man es, sicher, daß kein Land in der Nähe
sei, mit wenigen Segeln schnell vor dem Sturm hin-
fliehen laßt Nur alsdann wird der Sturmwind in
der That furchtbar, wenn er das Schiff auf eine Küste
führt, wo kein Hasen dem Seefahrer Sicherheit ver-
spricht, und die einzige Hoffnung, dem Schiffbruch zu
entgehen, auf der Stärke der Segel beruht. Diese
Gefahr trifft ihn indessen nur selten; Anstrengungen
und Unannehmlichkeiten hingegen sind sein tägliches Loos.
Der Posten am Steuerruder ist einer der beschwerlich-
sten; Keiner hält es länger, als eine halbe Stunde,
dabei aus, und wenn die See in hohen Wogen geht,
oder der Wind heftig stürmt, müssen zwei Personen
zugleich das Rad regieren, welches sonst für die Kräfte
des einzelnen Mannes leicht zu mächtig wird, und ihn
zuweilen so mit sich fortreißt, daß er in Lebensgefahr
ist. Wenn die See etwas ungestüm ist, so schlagen die
Wellen oft hinein, und zwar hauptsächlich da, wo die
Wache sich aufhält, die, zulezt bis aus die Haut durch-
näßt, sich lachend über ihr Unglük tröstet. Diese Gleich-
müthigkeit, die den Sinn für Freude nicht ausschließt,
ist ein Hauptzug in dem Charakter des Seemannes.
Die schnellen Veränderungen der Witterung und des
Windes, die man zur See so oft erfährt, tragen Vieles
1) Dieses wird nur in der Voraussezung gesagt, daß das
Schiff dauerhaft gebaut sei und gut auf dem Wasser
schwimme. Ist diejes nicht der Fall, so kann es, indem
cs die Welle von der Seite empfängt, ganz umgewor-
fen, oder, wenn sie von hinten hineinschlägt, zerschmet-
tert werden, und in beiden Fällen bleibt oft keine Ret-
tung übrig.
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Die Nachfolger Muhamed's, die Kalifen, sezten die
Eroberungen der Araber mit unglaublicher Schnelligkeit
fort. Während die christliche Reiligion sich durch die
sanfte Gewalt der Wahrheit und Ueberzeugung Eingang
verschaffte, wurde die muhamedanische durch Feuer und
Schwert ausgebreitet. Ein Heer des griechischen Kaiser-
ward geschlagen und Syrien, Palästina und ganz Aegypten
vom Kalifen Omar, 638, erobert. Die folgenden Ka-
lifen unterwarfen die ganze Küste von Afrika, bis an
die Meerenge von Gibraltar und dehnten auf der an-
dern Seite ihr Reich weit nach Asien hin aus, wobei
das griechische Kaiserthum immer mehr von seinen Lan-
destheilen verlor. In gegenwärtiger Zeit ist das türkische
Reich, in welchem die Bekenner Mnhamed's wohnen,
ganz und gar geschwächt und viele Muhamedaner, sei es
aus Leichtsinn oder besserer Ueberzeugung, tragen kein
Bedenken, wo und wie sie immer können, die Lehre
ihres vorgeblichen Propheten auf die Seite zu sezen.
Gott wird in seiner Weisheit und Erbarmung Für-
sorge treffen, daß auch die von Muhamed verführten
Völker einstens das Kreuz seines Sohnes verehren und
Ihn in seiner wahren Kirche anbeten.
Die Kreuzzüge.
Von jeher waren das Land und die Orte, wo
Christus geboren ward, lehrte und für das Heil der
Menschen starb, seinen Bekennern Gegenstände der
Sehnsucht und Verehrung. Schon Konstantin liess, als
erster christlicher Kaiser, in Jerusalem eine prachtvolle
Kirche über dem heiligen Grabe aufführen; seine Mut-
ter Helena wallfahrte noch in ihrem hohen Alter dahin.
Seit der Zeit war Jerusalem nie leer von frommen
Pilgern, die vor heiser Sehnsucht brannten, die hei-
ligen Stätten zu besuchen, wo einst der Heiland in
menschlicher Hülle wandelte ; nirgends war ihre An-
dacht inniger, als dort. So lange die Araber Herren
von Palästina warennahmen sie diè Wallfahrten
in Schuz ; denn auch bei ihnen galt Jerusalem für-