1863 -
Leipzig
: Amelang
- Autor: Fix, Wilhelm
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Zeitz und die nördlichen Theile Thüringens) fiel an Preußen, das diese Lan-
destheile zur Bildung seiner Provinz Sachsen benutzte.
In seiner jetzigen Ausdehnung hat das Königreich Sachsen nicht einmal
die Größe der kleinsten preußischen Provinz. Es umfaßt nur 272 Q.m.
Aber auf dieser Fläche wohnen mehr als 2 Mill. Menschen, d. h. auf der
Q.m. durchschnittlich 800,0. So dicht wie hier wohnen die Menschen nur in
sehr wenigen Gegenden Deutschlands beisammen. Ackerbau und Viehzucht rei-
chen nicht aus, die Bewohner zu ernähren. Die Thäler der weißen Elster,
der Zwickauer und Freibcrger Mulde, der Spree und Görlitzer
Neiße sind wenig fruchtbar; nur das Elbthal, sowie die ganze Ebene im Nor-
den gehören zu den ergiebigen Gegenden unseres deutschen Vaterlandes. Viele
andere Erwerbszweige mußten eingeführt werden. Von der Spitzenklöp-
pelei im Erzgebirge-, von der Gewinnung des Silbers bei Freiberg (18)
und der Kohlen bei Zwickau (20) ist schon die Rede gewesen (S. f££).
Dazu kommen die zahlreichen Fabriken von baumwollenen und wollenen
Stoffen in Reichenbach, Glauchau, Meerane und andern Orten, die
großartigen Maschinenfabriken zu Chemnitz, das in kurzer Zeit zu einer
Stadt von fast 50,000 Einw. herangewachsen ist, die Weberei in zahlreichen
Dörfern bei Zittau u. s. s. Auch das gereicht dem Lande zum Vortheil,
daß alljährlich Tausende von Fremden herzueilen, um sich an den Kunst-
schätzen, die in der Gemäldegalterie, im grünen Gewölbe, im historischen
Museum, in der Bibliothek der schönen Königsstadt Dresden (121) zu-
sammengetragen sind, oder an den Schönheiten der bei Pirna beginnenden
sächsischen Schweiz (Bastei, Kuhstall, Prebischthor u. s. w.) zu ergötzen.
Dabei bleibt auch die kleine, aber äußerst starke Festung König st ein nicht
unbesucht. Die Festungswerke schließen einen großen Fleck Landes ein, der
zum Anbau der nothwendigsten Nahrungsmittel für die Besatzung benutzt
werden kann, so daß es bis dahin noch nicht einmal gelungen ist, die Festung
durch Hunger zur Uebergabe zu zwingen. Das nach einer andern Seite von
Dresden gelegene Städtchen Tharandt ist von einem Waldthale eingeschlos-
sen, wie es reizender weit und breit nicht gefunden werden kann. Zum Sitze
einer chohen Schule für diejenigen, die das Forstfach studiren wollen, ist es
eben so geeignet, wie Freiberg zum Sitze der berühmten Bergakademie.
In östlicher Richtung führt eine Eisenbahn nach Bautzen (12). An
der Spree gelegen, ist diese alte Hauptstadt der Oberlausitz jetzt (wie
Dresden, Leipzig und Zwickau) der Hauptort eines Kreisdirectionsbe-
zirkes. Ueberreste der früheren wendischen Bewohner finden sich noch in
der Gegend von Bautzen; in ihrer Spracke heißt die Stadt Budissin. Das
benachbarte Wurschen war der Hauptpunkt der Schlacht am 20. und 21.
Mai 1813. Auch das Dorf Hochkirch (S. Hf^) liegt in der Nähe. In an-
derer Hinsicht ist die im vorigen Jahrhundert durch den Grasen Zinzendorf
begründete Ansiedlung auf dem Hutberge — Herrnhut—, nach welcher
eine Sekte der evangelischen Kirche ihren Namen führt, sehr bemerkenswerth.
Alle andere Colonien der Brüdergemeinde sind von hier ausgegangen; hier
hat noch immer die Behörde ihren Sitz, die über alle Angelegenheiten der
einzelnen Gemeinden die oberste Aufsicht führt.
Meißen (10), der alte Sitz der Markgrafen und Bischöfe, liegt zum
Theil auf der Höhe. Der hohe Dom, ein ehrwürdiges Gebäude, in dem
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den aus, hier Moose genannt, die zum Anbau völlig untauglich sind. Ue-
berhaupt ist die Fruchtbarkeit des Bodens auf diesen hochgelegenen Flächen
nicht sehr groß. Trotzdem ist hier in Altbayern die Königsstadt Mün-
chen angelegt worden, die weit über 100,000 Einw. zählt und in der Volks-
zahl nur von Wien, Berlin und Hamburg übertroffen wird. An neuen,
prächtigen Bauwerken und Sammlungen von Gemälden, Bildsäulen und
andern Kunstwerken übertrifft München sogar die andern Hauptstädte
Deutschlands, selbst Berlin und Dresden. Am meisten hat es in dieser Hin-
sicht dem Könige Ludwig zu danken. Die königliche Bibliothek von mehr
als 600,000 Bänden steht vielleicht nur der in Berlin nach, ebenso die Uni-
versität in der Zahl der Studenten. Gar viele Fremde finden sich hier all-
jährlich ein, die denn auch nicht versäumen, die Lustschlösser in der Umgegend,
z. B. Nymphenburg, zu besuchen. An Weinbau ist bei München des
rauhen Klima's wegen nicht zu denken; dafür wird desto mehr Bier gebraut.
In einer mildern Gegend liegt Augsburg. Auf dem sich nach Süden
zu ausbreitenden Lechfelde hat Kaiser Otto der Große im Jahre 955 die
wilden Hunnen geschlagen; in Augsburg wurde auf dem Reichstage 1530
das lutherische Glanbensbekenntniß übergeben und 1555 der Religionsfriede
geschlossen (S. £-^|). Einst war Augsburg die wichtigste Handelsstadt in
Süddeutschland, der Mittelpunkt des Verkehrs zwischen Venedig und dem
Norden. Durch die Entdeckung Amerika's bekam jedoch der Handel eine
andere Richtung, und der Reichthum Augsburgs sank. Jehl ist es zwar
immer noch gewerbthätig, aber an die frühere Herrlichkeit reicht das jetzige
Leben nicht. Eine merkwürdige Erinnerung an die alte Zeit ist eine Straße
mit 50 Häusern, in denen arme brave Bürger gegen einen sehr geringen
Miethzins ein anständiges Unterkommen finden. Diese Stiftung heißt die
Fugg er ei. Sie ist von zwei Grafen von Fugger gemacht, den Nachkommen
eines Leinwebers, der 1370 nach Augsburg gezogen war und einen Leinwand-
handel angefangen hatte. Unermeßliche Reichthümer erwarb diese Familie,
und noch jetzt besitzen die Fugger Grafschaften, ja sogar ein Fürstenthum.
Landshut am Inn (12) ist die Hauptstadt von Niederbayern. Pas-
sau (14) ist nicht bloß wegen seiner ausgezeichnetenlage, sondern auch durch
den hier abgeschlossenen Vertrag merkwürdig. Der Schlachtort Mühldorf
liegt gleichfalls in dieser Gegend (S. f-™).
Bei Regens bürg erreicht die Donau ihren nördlichsten Punkt. Auch
diese Stadt ist durch geschichtliche Ereignisse wichtig. Hier war seit 1668
der immerwährende Sitz des Reichstages, während früher bald dieser, bald
jener Ort zu der großen Versammlung der Fürsten ausgewählt wurde. Hier
in Regensburg wurde denn auch i. I. 1803 ausgemacht, wie die deutschen
Fürsten, die auf der linken Rheinseite Gebiete verloren hatten, auf der rech-
ten entschädigt werden sollten. Regensburg gegenüber, an der Mündung
des Flusses Regen, liegt Stadt am Hof, gleichsam eine Vorstadt; zwei
Stundenweiter abwärts, nach Straubing zu, an den bewaldeten Ufern der
Donau hat König Ludwig von Bayern ein Prachtgebäude errichten lassen,
das zur Aufstellung der Marmorbilder großer deutscher Männer bestimmt
ist, — die Walhalla. Stromaufwärts liegt Kelheim (an der Mündung
der Altmühl) und das feste I n g o l st a d t ( 12), dessen Universität nach München
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fers Namen in den umliegenden Reichsgebieten die oberste Aufsicht führten. Jetzt
werden in den weiten Räumen große Sammlungen von alterthümlichen Kunst-
und Schriftwerken angelegt, die für die Geschichte Deutschlands wichtig sind.
Die auf dem linken Rheinufer gelegene Rheinpfalz hat daher ihren
Namen, daß sie viele Theile des alten Kurfürstenthums Pfalz in sich
schließt, von dem zu Napoleons Zeiten freilich auch andern Fürsten große
Stücke zugefallen sind und dessen Hauptstadt Heidelberg z. B., wie wir
gehört haben, jetzt zu Baden gehört. Das bayerische und das pfälzische Haus,
die sich beide meistens noch in verschiedene Linien spalteten,*) stammten
von Otto von Wittelsbach ab, den Kaiser Friedrich Barbarossa nach
dem Sturze Heinrichs des Löwen zum Herzog in Bayern erhoben hatte.
Als daher i. I. 1777 das bayerische Haus ausstarb, trat ein Zweig des
pfälzischen Hauses an seine Stelle, und als i. I. 1799 auch dieser ausstarb,
wurden sämmtliche pfalzbayerische Staaten unter einem Haupte vereinigt,^
das bald darauf die Königswürde trug. Zwar gingen die Besitzungen auf
dem linken Rheinufer verloren; anderswo aber wurden neue Länder erwor-
den, z. V. Ansbach und Bayreuth, und überhaupt hat kein deutscher Staat
in neuerer Zeit einen solchen Wechsel seiner Besitzungen erfahren, wie
Bayern. Endlich wurde durch den Wiener Congreß festgesetzt, daß auch
wieder verschiedene linksrheinische Lande bayrisch werden sollten, und die
sind eben zur Rheinpfalz zusammengefaßt worden.
Von den Ausläufern der Vogesen oder des Wasgaugebirges durchzogen,
die mit dem 2500 Fuß hohen Donnersberge enden, wird die Rheinpfalz
in zwei Hälften getheilt. Die nach der preußischen Grenze zu gelegenen
Gegenden werden das Westrich genannt. Zweibrücken (8) und Pir-
masens (7) sind hier die Hauptorte. In einer breiten Thalsenkung, die
in östlicher Richtung das Gebirge durchbricht, liegt Kaisers lau Um (9),
durch verschiedene Schlachten in d?n Revolutionskriegen bemerkenswerth.
Wo das Querthal sich ins Rheinthal öffnet, liegt an einer Vorkette der Vo-
gesen das durch malerische Umgebungen bekannte Neustadt an der
Haardt. In derselben Entfernung vom Rheine liegt die Bundesfestung
Landau, an dem Strome selbst die kleinere Festung Germers heim, be-
sonders aber Speyer (12), die Hauptstadt der ganzen Provinz, eine ehe-
malige freie Reichsstadt, Sitz eines Bischofs. Im Dome zu Speyer, der
jetzt in seiner alten Pracht wiederhergestellt ist, wurden acht deutsche Kaiser,
unter diesen Rudolph von Habsburg, und drei Kaiserinnen zur Gruft be-
stattet. Doch wurden i. I. 1689, als Ludwig Xiv. von Frankreich die
Pfalz verwüsten ließ, von den schändlichen Mordbrennern auch die Kaiser-
gräber erbrochen und die Gebeine zerstreut. Sonst ist Speyer noch durch
den i. I. 1529 dort abgehaltenen Reichstag merkwürdig (S.z-^H). — Lu d-
wigshafen, Mannheim gegenüber, durch Eisenbahnen mit dem Innern
des Landes verbunden, schwingt sich immer mehr zu einem ansehnlichen
Handelsplätze empor.
4. Das Raiserihum Desireich.
Das ganze Kaiserthum Oestreich ist auch jetzt, nachdem es im
Jahre 1859 wegen eines unglücklichen Krieges das lombardische Königreich
*) Bon einer pfälzischen Linie ist z. B. in der Geschichte des jülich«clev'schen
Erdschaftsstreites die Rede.
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Vorbemerkung.
Schon die Rücksicht auf den Raum gestattete mir es nicht, in die
von mir herausgegebenen Lesebücher für die obere Stufe des Volks-
schulunterrichtes („Westfälischer Kinderfreund", so eben in 5ter Auf-
lage erschienen, — „Lesebuch für obere Klassen preußischer Volksschu-
len") eine übersichtliche Beschreibung der deutschen Staaten aufzuneh-
men. Auch erschien es mir nicht angemessen, die Zahl der Lehrstücke
(den Lese stücken gegenüber) noch um einige sehr umfangreiche Num-
mern zu vermehren, deren Durcharbeitung nur in besondern Fällen mög-
lich ist. — Vorliegende Blätter haben nunmehr den Zweck, den Inhalt
der erwähnten Lesebücher nach der bezeichneten Seite hin in so weit zu
vervollständigen, wie es für günstige Verhältnisse gehobener Volksschulen
wünschenswerth erscheinen möchte, und dadurch die Kenntniß des deut-
schen Vaterlandes bei der preußischen Jugend in weiterm Umfange ver-
mitteln zu helfen. Vielleicht findet das Büchlein in seiner einfachen
Weise hier und da auch für sich allein eine freundliche Aufnahme.
Soest, im Juli 1863.
F.
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— 51 —
si tz, die im „böhmischen Paradies" gelegene Stadt L ei tmeritz und Tet-
s ch e n am Anfange der sächsischen Schweiz, die mit dem Pr e b i s ch t h o r
und einigen andern schönen Punkten noch in das böhmische Gebiet hineinreicht.
Von der Mündung der Moldau aufwärts finden wir Kollin, in geringer
Entfernung davon das durch seinen Bergbau bekannte Städtchen Kutten-
berg und Czaslau mit dem Schlachtfelde von Ch otusitz. Noch weiter
nach dem Ursprünge des Flusses zu sind die Festungen König grätz (10)
und Josephstadt, sowie der Schlachtort Sorr unweit Trautenau zu
merken. Das an der Grenze der Grafschaft Glatz gelegene Städtchen Ad er s-
b ach (nicht zu verwechseln mit dem oben erwähnten Adelsberg) ist durch
merkwürdige Fclsenbildungen berühmt. — Der Theil von Böhmen, der durch
die Elbe ausgeschnitten und durch die Jser in zwei Hälften getheilt wird,
hat in mehreren Districten, besonders nach dem Lausitzer Gebirge zu, viel
Gewerbthätigkeit, ähnlich wie die angrenzenden sächsischen Landestheile. Da
liegt das rasch emporblühende Reichenberg (18) an der Neiße mit seinen
Tuch-und Strumpswebereien, und Rumburg mit seinen Baumwollenma-
nufacturen. Friedland an der schlesischen Grenze erinnert an Wallen-
stein, den Herzog von Friedland, der hier auf dem Schlosse sein Wesen ge-
trieben hat.
Die am weitesten nach Westen gelegene östreichische Provinz, die ge-
fürstete Grafschaft Tvrol mit Vorarlberg, wird fast von einer Million
Menschen bewohnt, die Alpenwirthschaft, Jagd und etwas Acker- und Wein-
bau betreiben, übrigens in den engen Felsenthälern nicht hinreichenden
Erwerb finden. Manche ziehen mit allerlei Kurzwaaren in die Fremde, um
Verdienst zu suchen. Das Vaterland aber bleibt auch in der Ferne unver-
gessen. Anhänglichkeit an die althergebrachten Sitten ist den Tyrolern eigen;
dabei zeichnen sie sich aus durch Muth und Tapferkeit. Die Heldenthaten
Andreas Hofers (1809), der das herrliche Alp^nland seinem Kaiser
Franz erhalten wollte, werden stets mit hohen Ehren genannt werden. —
Der Inn, der Hauptfiuß im nördlichen Theile des Landes, tritt bei Fin-
stermünz durch eine enge, leicht zu vertheidigende Schlucht in Tyrol ein.
Das obere, von gewaltigen Gletscherbergen eingeschlossene Innthal heißt
das Eng ad in. In demselben ist das Bad Land eck zu merken. Wo das
Thal sich etwas erweitert, da liegen stattliche Dörfer; unter diesen Zirl
mit der Martinswand, auf der sich einst Kaiser Mar verstiegen hatte, wäh-
rend er die flüchtige Gemse jagte, so daß er nur wie durch ein Wunder ge-
rettet werden konnte. In der Mitte des Jnnthales liegt Innsbruck (16)
in reizender Gegend, einst der Lieblingsaufenthalt des Kaisers Max, der
auch hier in der Domkirche begraben ist. Ein herrliches Denkmal erhebt
sich über seinem Grabe. Auch bewahrt die Stadt noch manche Erinnerung
an Hofer, der hier als Oberkommandant seinen Sitz hatte; seine Gebeine
sind von Mantua hierher gebracht worden. Die Universität d"s Landes hat
in Innsbruck ihren Sitz. — Noch weiter abwärts am Inn liegt Hall mit
seinen Salzbergwerken und unweit der bayrischen Grenze Kuss stein, die
einzige wirkliche Festung des Landes Tyrol, das von Natur gleichsam zu
einem einzigen gewaltigen Bollwerke bestimmt ist.
Süd tyrol umfaßt hauptsächlich die Thäler der Etsch und Ei sack
nebst mehreren Nebenthälern. Beide Flüsse vereinigen sich unweit Botzen
4*