1876 -
Leipzig
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den Sarg gelegt ward, sah er es an und sprach: „Du liebes Lenchen,
wie wohl ist dir geschehen! Du wirst wieder auferstehen und leuchten
wie ein Stern, ja, wie die Sonne." Mathesius.
6. Lnther's Wohlthätigkeit.
Ein Mann, der um des Glaubens willen vertrieben war, sprach vr.
Luther einst um eine Gabe an. Luther hatte selber nur einen Thaler
in seiner Kasse, den er lange aufgespart hatte. Solche Geldstücke wurden
damals Joachimsthaler genannt, nach der Stadt Joachimsthal im Erz-
gebirge, wo sie geprägt wurden; davon heißen sie heutzutage Thaler.
Als Luther nun angesprochen ward, bedachte er sich kurz, griff fröhlich
nach dem Thaler mit den Worten: „Jochen, heraus, der Herr Christus
ist da!" und gab ihn dem armen Manne. —
Einmal kam zum vr. Luther ein armer Student, der nach Hause
reisen wollte und doch kein Reisegeld hatte. Er bat Luther um eine
Gabe; der aber hatte diesmal selber gar kein Geld und wurde sehr be-
trübt, daß er nichts zu geben hatte. Wie er so traurig in der Stube
umhersah, erblickte er einen schönen silbernen Becher, den er von seinem
Kurfürsten zum Geschenk erhalten hatte. Da lief er mit fröhlichem Blicke
hinzu, ergriff das Kleinod und reichte es dem Studenten, indem er sprach:
„Ich brauche keinen silbernen Becher." Und als der Student sich weigerte,
ihn anzunehmen, drückte Luther den Becher mit seiner kräftigen Hand
zusammen und sprach: „Da, nimm ihn, trag ihn zum Goldschmied, und
was du dafür lösest, das behalte!" Bäßler.
7. Der Bauernkrieg.
Die Bauern hatten es damals in Deutschland sehr schlimm. Sie
waren zwar nicht eigentlich Leibeigene, mußten aber harten Frohndienst
leisten, d. h. für ihre Gutsherren mehrere Tage in der Woche arbeiten;
auch wurden sie zugleich vom Landesherrn mit schweren, drückenden
Abgaben belastet. Sie hatten schon einige Mal versucht, das Joch abzu-
schütteln, aber man hatte sie immer mit Härte unterworfen. Nun
erfolgte die Reformation. Luther predigte von der christlichen Freiheit
und meinte, man solle die Christen nicht zum Glauben zwingen und
ihrem Gewissen Gewalt anthun; aber die Bauern verstanden unter dieser
christlichen Freiheit die Befreiung von Abgaben und Frohndiensten. Sie
scharten sich zusammen, um ihren Herren den Gehorsam aufzukündigen.
Anfangs verfuhren die Bauern noch glimpflich; sie setzten zwölf
Punkte ihrer Beschwerden auf und schickten sie nach Wittenberg, damit
Luther und Melanchthon ihr Urtheil darüber abgeben möchten. Luther
fand nun freilich mehrere ihrer Beschwerden gegründet, aber er rieth zur
Unterwerfung. „Vergesset nicht", schrieb er, „daß in der heiligen Schrift
stehet: Die Rache ist mein, ich will vergelten, spricht der Herr!" Zugleich
ermahnte er die Herren zur Mäßigung und Nachsicht. Aber damit war
beiden Theilen schlecht gedient. In Franken, Schwaben, Thüringen —
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Bereitet mir, was euer Haus vermag,
ein Ordenskleid und einen Sarkophag!
Gönnt mir die kleine Zelle, weiht mich ein!
Mehr als die Hälfte dieser Welt war mein.
Das Haupt, das nun der Schere sich bequemt,
mit mancher Krone ward's bediademt.
Die Schulter, die der Kutte nun sich bückt,
hat kaiserlicher Hermelin geschmückt.
Nun bin ich vor dem Tod den Todten gleich
und fall' in Trümmer, wie das alte Reich.
v. Platen.
Ii. Wallenstein vor Stralsund.
(1628.)
Im Schatten einer Eiche
Ist Friedlands Zelt erbaut;
■es schüttelt ihre Zweige
die alte Riesin laut.
Umhüllt vom Purpurkleide
im Zelt der Herzog sitzt,
viel goldenes Geschmeide
an Hals und Brust ihm sitzt.
Doch finster hat zur Erde
sein Auge sich gewandt,
die Rechte mit dem Schwerte
durchgräbt des Bodens Sand.
Es sitzet ihm zur Seite
Arnim, der Feldmarschall,
des Blick schweift in die Weite
hin nach der Festung Wall.
Er spricht: „Nun selbst erfahren
habt ihr der Bürger Muth!
■Geschützt sind vor Gefahren
sie durch der Ostsee Flut.
Könnt ihr der Feinde Flotte
nicht bohren in den Grund,
so steht zu ihrem Spotte
noch lang ihr vor Stralsund.“
Da hebt von seinem Sitze
sich Friedland stolz empor,
ihm sprüh’n des Zornes Blitze
aus dunklem Auge vor.
„Es schleudert in die Fluten
den Dänen diese Hand!
Den Schweden jagt mit Ruthen
sie aus dem deutschen Land.
Bei Gott! Stralsund erretten
soll keine Macht der Welt,
mnd hing es auch an Ketten
fest an dem Himmelszelt.“
Der Herzog ruft’s im Grimme,
da rauscht und ächzt zugleich
es schaurig, wie die Stimme
der Geister, im Gezweig.
Vaterland Ii. O.
Er hört’s und schauet düster
nach dem Geräusch empor,
bis es, ein leis Geflüster,
im Baume sich verlor.
Mit fragender Geberde
blickt ihn der Marschall an;
der Herzog sah zur Erde,
bis lachend er begann:
„Was ist’s? Die Winde brausen.“
Er greift in Hast zum Wein
und schenkt mit innerm Grausen
für sich und Arnim ein.
„Stosst an und lasst uns trinken!
Es gilt der Festung Fall.
In kurzem soll sie sinken
trotz Meeresflut und Wall!“
Die Becher sind erklungen
in der erhobnen Hand,
und Friedlands Glas zersprungen
fiel klirrend in den Sand.
Mit fragender Gebärde
blickt ihn der Marschall an.
Der Herzog sah zur Erde,
bis lachend er begann:
„Was ist’s? Ich stiess zu heftig.
Bringt Gläser uns herbei!“
Ein Diener holt geschäftig
der frischen Becher zwei.
„Stosst an! Wir müssen trinken
auf dieser Festung Fall,
und morgen soll sie sinken!
Stosst an, Herr Feldmarschall!“
Anstiessen sie bedächtig,
es klang so hold und rein,
und bei dem Klange mächtig
auflachte Wallenstein.
Doch oben durch die Eiche
rauscht es wie Geisterton,
als sprächen alle Zweige
dem Schwur des Herzogs Hohn.
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Und sieh, der Festung Wälle
umzuckt es Blitz auf Blitz,
und seine Eisenbälle
hersandte das Geschütz.
Der Herzog an die Lippen
setzt schon des Bechers Rand,
doch eh’ er konnte nippen,
entfuhr das Glas der Hand.
Des Weines Tropfen spritzten
um Kinn und Bart und Mund,
des Bechers Scherben ritzten
die blasse Wang’ ihm wund.
Und der noch nie gezittert
in heisser Schlachten Glut,
ein Glas, vom Schuss zersplittert,
brach ihm den kecken Muth.
Mit fragender Gebärde
blickt ihn der Marschall an;
der Herzog sah zur Erde,
bis düster er begann
„Mit Menschen wollt’ ich fechten
und hoffte Ruhm und Sieg,
doch mit des Schicksalsmächten
führt Friedland nimmer Krieg!
Abzieh’n wir von der Feste,
sobald der Morgen graut!“
Da rauscht es durch die Aeste
wie heller Jubellaut.
Noch steht die Herzogseiche»
Da sammelt jedes Jahr
im Schatten ihrer Zweige
sich froh der Bürger Schar.
Günther.
12. Die Zerstörung Magdeburgs.
Am 30. März 1631 erschien Tilly vor den Thoren Magdeburgs,
um von jetzt an die Belagerung der Stadt mit Eifer zu betreiben; aber
auch Gustav Adolf rückte mit seinem Heere der bedrängten Stadt immer
näher, und Tilly entsagte schon der Hoffnung, sich noch vor der Ankunft
der Schweden der Stadt bemeistern zu können, da noch keine Bresche
geschossen war und die Festungswerke kaum beschädigt waren. Er beschloß
schon, sein Lager aufzuheben, zuvor aber noch einen Generalsturm zu
wagen. An vier Orten zugleich sollte der Angriff geschehen; die ganze
Nacht zwischen dem 9. und 10. Mai wurde mit den nöthigen Anstalten
zugebracht. Alles war in Bereitschaft und erwartete, der Abrede gemäß,
früh um 5 Uhr das Zeichen mit den Kanonen. Dieses erfolgte aber
erst zwei Stunden später, indem Tilly, noch immer zweifelhaft wegen
des Erfolgs, noch einmal den Kriegsrath versammelt hatte. Pappenheim
wurde beordert, auf die neustädtischen Werke den Angriff zu thun; ein
abhängiger Wall und ein trockner, nicht allzu tiefer Graben kamen ihm
dabei zu Statten. Der größte Theil der Bürger und Soldaten hatte
die Wälle verkamen, und die wenigen Zurückgebliebenen fesselte der Schlaf.
So wurde es esem General nicht schwer, sogleich den Wall zu ersteigen.
Falkenberg, der Kommandant der Stadt, aufgeschreckt durch das
Knallen des Musketenfeuers, eilte von dem Rathhanse, wo er eben be-
schäftigt war, den zweiten Trompeter des Tilly abzufertigen, mit einer
zusammengerafften Mannschaft nach dem neustädtischen Thore, das der
Feind schon überwältigt hatte. Hier zurückgeschlagen, ffog dieser tapfere
General nach einer anderen Seite, wo eine zweite feindliche Partei schon
im Begriffe war, die Werke zu ersteigen. Umsonst ist sein Widerstand;
schon zu Anfange des Gefechts strecken die feindlichen Kugeln ihn zu Boden.
Das heftige Musketenfeuer, das Lärmen der Sturmglocken, das überhand
nehmende Getöse machen endlich den erwachenden Bürgern die drohende
Gefahr bekannt. Eilfertig werfen sie sich in ihre Kleider, greifen zum
Gewehr, stürzen in blinder Betäubung dem Feinde entgegen. Noch war
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Stadt verbreitete und den Brand allgemein machte. Fürchterlich war
das Gedränge durch Qualm und Leichen, durch gezückte Schwerter, durch
stürzende Trümmer, durch das strömende Blut. Die Atmosphäre kochte,
und die unerträgliche Glut zwang endlich selbst die Würger, sich in das
Lager zu flüchten. In weniger als zwölf Stunden lag diese volkreiche,
feste, große Stadt, eine der schönsten Deutschlands, in der Asche, zwei
Kirchen und einige Hütten ausgenommen. Der Administrator, Christian
Wilhelm, ward mit drei Bürgermeistern nach vielen empfangenen Wunden
gefangen; viele tapfere Officiere und Magistratspersonen hatten fechtend
einen beneideten Tod gefunden. Vierhundert der reichsten Bürger entriß
die Habsucht der Officiere dem Tode, um ein theures Lösegeld von ihnen
zu erpressen. Noch dazu waren es meistens Officiere der Ligue, welche
diese Menschlichkeit zeigten, und die blinde Mordbegier der kaiserlichen
Soldaten ließ sie als rettende Engel betrachten.
Kaum hatte sich die Wuth des Brandes gemindert, als die kaiserlichen
Scharen mit erneuertem Hunger zurückkehrten, um unter Schutt und
Asche ihren Raub aufzuwühlen. Manche erstickte der Dampf; viele
machten große Beute, da die Bürger ihr Bestes in die Keller geflüchtet
hatten. Am 13. Mai erschien endlich Tilly selbst in der Stadt, nachdem
die Hauptstraßen von Schutt und Leichen gereinigt waren. Schauderhaft
gräßlich, empörend war die Scene, welche sich jetzt der Menschlichkeit
darstellte! Lebende, die unter den Leichen hervorkrochen, herumirrende
Kinder, die mit herzzerschneidendem Geschrei ihre Eltern suchten, Säuglinge,
die an den todten Brüsten ihrer Mütter lagen! Mehr als 6000 Leichen
mußte man in die Elbe werfen, um die Gassen zu räumen; eine ungleich
größere Menge von Lebenden und Leichen hatte das Feuer verzehrt; die
ganze Zahl der Getödteten wird auf 30,000 angegeben.
Der Einzug des Generals, welcher am 14. erfolgte, machte der
Plünderung ein Ende, und was bis dahin gerettet war, blieb leben.
Gegen 1000 Menschen wurden aus der Domkirche gezogen, wo sie drei
Tage und zwei Nächte in beständiger Todesfurcht und ohne Nahrung
zugebracht hatten. Tilly ließ ihnen Pardon ankündigen und Brot unter
sie vertheilen. Den Tag darauf ward in dieser Domkirche feierliche
Messe gehalten, und unter Abfeuerung von Kanonen das Te Deum an-
gestimmt. Der kaiserliche General durchschritt die Straßen, um als
Augenzeuge seinem Herrn berichten zu können, daß seit Troja's und
Jerusalem's Zerstörung kein solcher Sieg gesehen worden sei. Und in
diesem Vorgeben war nichts Uebertriebenes, wenn man die Größe, den
Wohlstand und die Wichtigkeit der Stadt, welche unterging, mit der Wuth
ihrer Zerstörer zusammendenkt. Fr. v. Schiller.
13. Gustav Adolfs Tod.'
Bei Lützen — in der Nähe von Leipzig — nahmen die Heere
Aufstellung gegen einander. In der Nacht auf den 16. November traf
Gustav Adolf seine Anordnungen zur Schlacht, und er bestimmte u. a.,
daß, falls ihm Menschliches widerfahre, der Herzog Bernhard von Weimar
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dm Oberbefehl über das Heer zu übernehmen habe. Am Morgen des
16. November (1632) deckte ein dichter Nebel die Gegend; erst gegen
neun Uhr brach die Sonne durch die Nebelhülle, und die Heere, die um
die Palme des Sieges ringen sollten, sahen einander. Während die
Schweden unter Trompeten- und Paukenschall das evangelische Kampfes-
und Siegeslied „Ein' feste Burg ist unser Gott" anstimmten, schwang
sich der König auf seinen Streithengst. Er trug ein leichtes ledernes
Koller. Auf die Bitte der Seinen, einen Waffenrock anzulegen, hatte
er, nach oben weisend, freudigen Muthes geantwortet: „Gott ist mein
Harnisch!" — Mit den Worten: „Nun wollen wir dran, das walte der
liebe Gott!" gab er das Zeichen zum Beginne der Schlacht. Langsam,
im Atlgesichte des brennenden Dorfes Lützen, das auf Befehl Wallenstein's
angezündet worden war, rückte das Heer des Königs, das zur Zeit der
Mehrzahl nach aus deutschen Kriegern bestand, gegen die Kaiserlichen
vor. Wallenstein, an einem Gichtansalle leidend, saß nicht zu Pferde,
sondern er leitete aus einer Sänfte die Schlacht. Nun braust wie Sturm-
wind — der König inmitten derselben — die schwedische blaue Reiterei
des rechten Flügels ans den Feind ein. Die Tapfern werden von einer
Kugelsaat aus versteckt gehaltenen Batterien empfangen. Zur Rechten
und zur Linken des Königs hält der Tod reiche Ernte. Dennoch geht
es vorwärts. Da stößt die Reiterei ans breite Grüben. Die Geschwader,
deren Ordnung schon aufgelöst ist, stutzen einen Augenblick. Dem Könige
wird sein Pferd erschossen, er schwingt sich auf ein anderes. Das Hinder-
niß, das die Gräben boten, wird überwunden, die feindliche leichte Reiterei
geworfen, ebenso Piccolomini's Kürassier-Regiment. Auch in der Mitte
des Heeres ist das Kampfesglück den Evangelischen hold; dagegen gewinnen
die Kaiserlichen Vortheile über den linken Flügel. Kaum vernimmt dies
der Köllig, so eilt er an der Spitze des gelben Regilnents den Bedrängten
zu Hilfe. Der Eifer reißt ihn weit voran; nur der Herzog von Lauen-
burg, der Edelknabe Leubesing und zwei Reitknechte sind bei ihm. Da
zerschmettert eine Kugel dem Könige den rechten Arm. Ein Reiter ruft:
„Der König blutet!" — „Es ist nichts," entgegnete er, — „folgt mir!"
Bald überzieht Tödesbläffe sein Gesicht. Einmal, weil er fühlt, daß er
sich nicht lange mehr werde im Sattel halten können, für's andere, um
den Nachfolgenden einen entmuthigenden Anblick zu ersparen, fordert er
den Herzog auf, ihn ans einem Umwege aus dem Getümmel zu führen.
Der Versuch wird gemacht, da aber die Luft erfüllt ist von Staub und
Pulverdampf, und da der Kamps in ein wildes Durcheinander ausgeartet
ist, geschieht es, daß sie unter feindliche Reiterschwürme gerathen. Ein
kaiserlicher Offizier schießt sein Pistol aus den König ab; die Kugel dringt
diesem in das Rückgrat ein. „Bruder," sagt nun der König zu seinem
Begleiter, „ich habe genug; suche dein Leben zu retten!" Der Herzog
verläßt den König, der wenige Augenblicke daraus vom Pferde sinkt, dabei
aber mit einem Fuße im Steigbügel hängen bleibt. Das Pferd wird
scheu und schleift den König ein Stück auf dem Boden entlang. Der
Edelknabe jagt ihm nach, springt, als der König am Boden liegen bleibt,
vom Pferde und bietet es ihm an. Indem der König vergebens Versuche
macht, sich aufzurichten, sprengen kaiserliche Reiter herbei, die, ohne den
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all an einen Gott!" — Ta mit einmal sprangen die Flügel
auf mit Getön, daß weit von goldenem Glanze der Aether
leuchtete. Petrus erschien und sprach mit freundlichem Lächeln:
„Habt ihr jetzt euch besonnen, ihr thörichten Kinder? So kommt denn!"
H. Voß.
2. Das Zeitalter Friedrich's des Großen.
17. Der erste Hohenzoller iu Brandenburg.
Freudig ward Friedrich I. von den Städten und Ständen aufge-
nommen, als er im Sommer des Jahres 1412 in der Mark erschien.
Alle begrüßten ihn als den Retter des Landes, und gern leisteten sie
ihm den Eid der Treue. Er gebot nun sogleich einen Landfrieden und
also auch das Aushören des wilden Febdewesens und machte es den
Rittern zur Pflicht, die Städte und Schlösser, welche ihnen verpfändet
worden waren, gegen Empfang der Psandsumme wieder herauszugeben. —
Aber Dietrich und Johann von Ouitzow, Caspar Hans von Pntlitz,
Wichard von Rochow und Achim von Bredow, diese fünf verbanden sich
gegen den neuen Landesherrn. „Und wenn es das ganze Jahr Burg-
grafen vom Himmel regnete, so sollten sie dennoch in der Mark nicht
auskommen," — sagten sie, rückten im Bunde mit den Pommern dem
neuen Landesherrn entgegen und besiegten ihn. Der Sieg blieb indes
ohne Folgen. Vergeblich bemühte sich Friedrich, sie durch seine Freundlich-
keit und Herzensgüte zu gewinnen; vergebens bot er ihnen Verzeihung
und sicherte ihnen den Besitz ihrer rechtmäßig erworbenen Güter; sie
verharrten bei ihrem Trotze. Da wandte sich Friedrich an den Kaiser.
Der erklärte die Widerspenstigen für Rebellen und sprach die Reichsacht
über sie aus. Noch zögerte der Kurfürst. Als aber die Ritter auch nun
noch nicht aufhörten, die Mark durch ihre Fehden zu verwüsten, da
mußte Friedrich Ernst gebrauchen. Mit vier Heeren rückte er zu gleicher
Zeit vor die Schlösser Friesack, Plane, Golzow und Bütow.
Das Haupt der Rebellen, Dietrich von Quitzow, befand sich in Frie-
sack, und hier leitete Friedrich selbst die Belagerung. Lachend erwartete
Dietrich die Feinde. Friesack war eine der festesten Burgen in der Mark.
Das Mauerwerk, mit vielen starken Thürmen versehen, hatte außerordent-
liche Stärke. Die Besatzung, mit dem besten Muthe beseelt, schaute mit
Vertrauen aus ihren Herrn, der sie so oft zu Sieg und Beute geführt
hatte. Mit Lebensmitteln war man überreichlich versehen, und so fiel
es niemandem in der Burg ein, daran zu denken, daß eine Eroberung
derselben möglich sein könnte. Am allerwenigsten hatte Dietrich selber
einen solchen Gedanken. Ein Held wie er hätte nach dem bisherigen Lauf der
Dinge in einer solchen Feste einer ganzen Welt getrotzt. — Die Belagerung
hatte begonnen, und die Besatzung befand sich auf ihrem Posten. Da
geschah ein furchtbares Krachen. Die ganze Burg erzitterte; klirrend zer-
sprangen die Scheiben in den Zimmern; prasselnd fiel der Kalk von den:
Wänden, und donnernd stürzten Steine und Steintrümmer in den Burghof.
In größter Bestürzung und betäubt von dem unerhörten Getöse, lief
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Kc-n
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Vorrede.
Uuser viertes Lehr- und Lesebuch zur Pflege nationaler Bildung
will durch rein vaterländische Bildungsstofse die deutsche Jugend
zu nationaler Gesinnung und Denkweise erziehen helfen und trägt daher
an seiner Stirne den herrlichen Namen Vaterland. Das deutsche Volk
in der Geschichte, deutsches Land und deutsche Leute, deutsche Natur
und Cultur, deutsche Denk- und Sinnesart, deutsche Sprache und
Sitte — das sind die Stoffe, die es enthält.
Für ach Massige Schulen zerfällt es in zwei Theile, in Vater-
land I. und Vaterland Ii.; denn bei der reichen Vergangenheit unseres
Volkes, bei der Vielartigkeit des deutschen Landes und Lebens, bei der
Wichtigkeit des vaterländischen Wissensgebietes überhaupt sind in unseren
gehobenen Bürgerschulen wenigstens zwei Jahre erforderlich, um den über
Wohnort und Heimat gezogenen Kreis Vaterland mit seiner weiten
Peripherie mit klaren, lebensvollen Bildern auszuzeichnen.
Der vorliegende Theil, Vaterland Ii., ist für das 6. Schuljahr
bestimmt. Da die ideale Welt in der realen ihre Voraussetzungen
hat, eine harmonische Ausbildung des Menschen nur unter dem
wechselseitigen Einflüsse jener beiden möglich ist und ein sicheres und
lebendiges Wissen nur durch eine planmäßige Verknüpfung des von
Natur Zusammengehörigen sich bildet, so haben wir auch in diesem Buche
wiederum die Lehr- und Lesestoffe in eine organische Verbindung ge-
bracht. Die realen Lehrstoffe des 6. Schuljahres, obgleich in einzelne
Fächer mit selbständigem Betriebe vertheilt, sind ebenfalls wie die des
5. auf einen gemeinsamen Mittelpunkt, das Vaterland, bezogen; sie gehen
den Lesestoffen voran, bereiten das Verständniß derselben vor und erhal-
ten schließlich von denselben ihre Ergänzung, Belebung und ideale Weihe.
Aus Zweckmüßigkeitsgrüuden ist aber das Lehrbuch nicht auch äußerlich
mit dem Lesebuche verbunden worden, sondern unter dem Titel: „Zwei-
tes Lehrbuch für den Realunterricht. Vaterland Ii. 6. Schul-
jahr. 50 Pfennige" in demselben Verlage besonders erschienen.
Die deutsche Geschichte, die im 5. Schuljahre begann, wird von
Luther bis zur Gegenwart fortgeführt. Die politische Geschichte tritt
dabei mit ihren wichtigsten Ereignissen und Personen in den Vordergrund,
weil es nach unserer Ueberzeugung in dem Geschichtsunterrichte zunächst
darauf ankommt, ein übersichtliches Netz von den Hauptbcgebenheiten
der Jahrhunderte zu entwerfen, in dessen Maschen der Schüler bei einem
zweiten Gange, in welchem es sich um detaillirtere Auszeichnung und um
Vaterland. Ir. O.