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1. 1 = 5. Schulj. - S. 9

1908 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
9 er die wilden Schwärme nicht mehr traf, legte er ein festes Lager an und übte seine Soldaten. Als nun die Cimbern und Teutonen aus Spanien wiederkamen, lagerte Marius an der Rhone und hütete sich wohl, den fürchterlichen Feind anzugreifen; denn erst sollten seine Soldaten sich an den Anblick der Barbaren gewöhnen. Da trennten sich die Bundes- genossen, um ans verschiedenen Wegen in Italien einzufallen; die Cimbern zogen nach Tirol, die Teutonen wollten über die Seealpen vordringen. Mit wildem Ungestüm rannten die Teutonen wider das feste Lager des Marius, um ihn zur Schlacht daraus hervorzulocken; aber da es ver- gebens war, brachen sie aus und riefen im Vorbeigehen höhnisch den Römern zu: „Wir ziehen nach Italien; habt ihr etwas an eure Weiber und Kinder zu bestellen?" — Marius eilte ihnen nach; es war im Jahre 102 vor Christi Geburt. Nicht weit von der Stadt Aquä Sextiä trifft er sie, wie sie im schönen Talgrunde an beiden Ufern eines Flusses Rast halten, vergnügt und sorglos beim Schmause und im Bade. Es beginnt eine fürchterliche Schlacht. Schon werden die Römer zurückgedrängt, da fallen aus einem Hinterhalte römische Reiter den Teutonen in den Rücken, und — diese sind verloren. Zu Tausenden sinken sie in ihr Blut, nur wenige wurden gefangen. Die Weiber schlugen, grimmig vor Scham, die Fliehenden und töteten sich selbst, um den Römern nicht in die Hände zu fallen. Unter den Gefangenen war der Teutonen Herzog, Teutoboch, ein riesiger Mann und so gewandt, daß er sechs Pferde zu überspringen vermochte. 2. Indessen waren die Cimbern durch die Tiroler Alpen gezogen; scherzend fuhren sie, auf ihren Schilden sitzend, von den schnee- und eis- bedeckten Bergen hinab. Vor ihnen her flüchtete der römische Feldherr Catulus mit seinem Heere bis an die Etsch. Hier verschanzte er sich an beiden Ufern und schlug eine Brücke über den Strom. Da rissen die Cimbern, wie zum Spiel, die stärksten Bäume aus, mit Wurzeln und Erdreich daran, warfen sie in den Strom, mächtige Felsstücke dazu und zertrümmerten die Brücke. Catulus floh. Die Cimbern sonnten sich behag- lich im milden Italien und tranken sorglos vom süßen welschen Weine. So vergingen der Herbst und Winter, der Frühling kam; aber die Kriegs- gesellen, die Teutonen, kamen nicht. Plötzlich war Marius da. Die Cimbern schickten Gesandte an ihn und verlangten Land für sich und ihre Brüder. „Welche Brüder?" fragte Marius. — „Die Teutonen!" antwor- teten sie. — „Denen ist schon ein Land angewiesen, welches sie nimmer verlassen werden!" rief Marius lachend. Die Gesandten drohten ihm wegen seines Hohnes und meinten, die Teutonen würden früh genug da sein. „Meint ihr?" erwiderte Marius. „Nun ja, sie sind schon da, und es wäre nicht hübsch von mir, wenn ich euch ziehen ließe, ohne euch eure Brüder zu zeigen." Auf seinen Wink führte man Teutoboch und die anderen Gefangenen in Ketten herein. Als die Kunde davon in das Lager der Cimbern kam, war jedes Herz voll Wut und Rache, und Bo jo rix, der Herzog, ritt vor das Lager des Marius und ries um Ort und Zeit zur Schlacht. „Übermorgen bei Vercellä!" bekam er zur Antwort. Also

2. 1 = 5. Schulj. - S. 13

1908 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
13 plötzlich deren Nachhut an. Noch ahnte Varus nicht den ganzen Umfang der Gefahr und hielt für Übermut einzelner, was Plan und kluge Berech- nung war. Denn zuerst wollte Armin die römische Kriegsmacht schwächen und zerbröckeln, um dann die Trümmer desto sicherer zermalmen zu können. Es kamen und schwanden die Rächer wie Schatten der Nacht. Bald hier, bald dort fiel ein Römer im Engpaß. In dem Gedränge konnte Varus die Gefahr nicht überschauen; er befahl, geschlossenen Marsch zu halten, aber in der Wildnis war dies unmöglich. Endlich neigte sich der Tag, und Varus gebot dem Heere, Halt zu machen, sich zu ver- schanzen, so gut es ginge, und zu verbrennen, was vom Gepäck über- flüssig sei und im Zuge nur hindern könne. Am andern Tage rückte das Heer, immer von den Deutschen umschwärmt, doch in bester Ord- nung, in der Ebene weiter, die sich an der Werra ausdehnt, und gelangte in die Gegend von Detmold, wo die hohe Teutoburg ragte. Da wird auf einmal jeder Busch lebendig, aus jeder Bergschlucht raschelte es wie viele hundert Schlangen empor, und die uralten Bäume schüttelten, wie sonst nach dem Wetter Regentropfen, jetzt Pfeile ohne Zahl auf die er- schrockenen Römer herab. Der Himmel wollte auch nicht feiern und half den Deutschen mit Sturm und Regen. Von den Güssen unterwühlt, sank die deutsche Erde unter des Römers Füßen ein; im losen Erdreich schwankend, vom Sturm gerüttelt, stürzten die deutschen Eichen über die Unterdrücker hin und zermalmten sie im Falle. Überall dringen die Deutschen heran; Schritt für Schritt kämpft der Feind um den Boden, auf dem er steht, um den Weg, um jeden Baum und Stein, und er kommt nicht eher zu Atem, als bis die Nacht hereinbricht. Da läßt Varus abermals Lager schlagen, und ermattet sinken die Römer hin; aber in jedem Augenblicke scheucht der Deutschen Kriegsgeheul sie aus der kurzen Nachtruhe empor. Als der dritte Morgen tagt, entdecken sie erst wie licht es in ihren Reihen geworden ist. Mann an Mann geschlossen, brechen sie auf und kommen aufs offene Land, das die „Senne" heißt. Da sehen sie mit Grausen die ganze Macht der Eidgenossen vor sich ent- faltet. Ringsum Deutsche, nirgends ein Ausweg! Für alle Tapferkeit ist nichts mehr feil als der Tod. Jauchzend stürzt jetzt die Eidgenossen- schaft in der verzweifelnden Römer starre Reihen. „Die Freiheit, die Freiheit!" schallt's wie Donner des Himmels den Römern in die Ohren. Wie die Saat unter Hagelschloßen sinken die Tapfersten unter deutschen Hieben nieder. Armin selbst ist überall; hier ordnet er als Feldherr die Schlacht und ruft: „Drauf, Brüder, drauf!" dort kämpft er mit der Kraft von zehn Männern, Stirn an Stirn; kein Eidgenosse, der nicht mit ihm um den Preis wetteifert! Des Feindes Scharen sind zersprengt; nur wenige wilde Haufen ragen noch aus dem Meere der Schlacht empor. Jetzt wird die Flucht allgemein; doch die meisten rennen blind in die Spieße der Deutschen. Da faßt Verzweiflung das Herz des Varus, und er stürzt sich in sein eigenes Schwert, um sein Unglück und seine Schmach nicht zu überleben. Nur wenige aus dem großen Römerheer entrinnen; die meisten lagen auf dem Walplatze.

3. 1 = 5. Schulj. - S. 15

1908 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
15 Schlacht im Westen und von bedrohlicher Zeit. — Lange währte die Begrüisung, denn immer noch kamen einzelne, die sich ver- spätet hatten, bis der Sprecher an den Häuptling trat und auf den Stand der Sonne wies. Da führte der Wirt seine Gäste vor die Halle, feierlich be- traten sie im Zuge die Stufen, am Eingänge empfing sie die Haus- frau, neben ihr stand die Tochter mit den Mägden. Ehrerbietig huldigten die Männer den Frauen; die Fürstin reichte allen die Hand und fragte gebührlich nach ihren Frauen und dem Haus- stände, den Männern von der Freundschaft bot sie die Wange zum Kusse. Die Häupter des Volkes nahmen gewichtig Platz auf den Sesseln der Bühne und begannen ernstes Männergespräch, wäh- rend der Schenk und die Diener in langer Reihe einzogen; diese trugen in Holzkannen den Frühtrunk und behagliche Zukost, weisse, gewürzte Brotkuchen und Fleisch aus dem Rauchfange. Unterdessen rüsteten die Jungen ungeduldig auf dem Rasengrunde vor dem Hofe die Bahn zu kriegerischem Spiele, Die Knaben des Dorfes begannen den Kampf, damit auch sie das Lob der Krieger erwarben; sie rannten nach dem Ziele, sprangen über ein Ross und schossen mit dem Rohrpfeile nach der Stange. Bald aber ergriff der Eifer die Jünglinge, sie warfen die Speere, sie schleuderten den schweren Felsstein und sprangen ihm nach, und als Theodulf in mächtigem Sprunge den schwersten Stein geworfen und den weitesten Sprung getan, klafterweit über die anderen hinaus, da erscholl lautes Jauchzen bis zur Halle. Und die Alten und Weisen des Volkes hielt es nicht länger auf ihren Sitzen, auch sie eilten zur Schau auf den Rasen. Gross wurde der Ring der Zuschauer; die Weiber des Dorfes standen in ihrem Festschmucke, gesondert die Männer, und im Umkreise klang immer lauter der Zuruf und das Lob der Sieger. Unter den Zuschauenden stand Ingo und achtete schweigend auf die behende Kraft. Da trat zu ihm Isanbart, ein alter Häupt- ling des Gaues, betrachtete ihn prüfend und begann feierlich, so dass die Rede der anderen verstummte: „Auch in deinem Volke, Fremdling, woher du auch stammst, übt sich wohl der junge Krieger in Sprung und Waffen. An deinem Auge und Arme sehe ich, dass du des Spieles nicht ganz unkundig bist, vielleicht gefällt dir’s, unseren jungen Männern zu zeigen, was in deiner Heimat Brauch ist, wenn du auch nicht die Kunst eines Häuptlings ver- stehst. Bist du aus dem Ostlande, wie ich vernehme, so vermagst du wenigstens die Holzkeule zu schwingen; auch dieser Wurf erweist die Kraft des Mannes, obgleich meine Landgenossen ihn wenig üben. In der Halle sah ich über dem Sitze des Wirtes ein solches Holz.“ Ingo antwortete dem ehrbaren Greise: „Wenn mir’s der Fürst gestattet und die Häupter des Volkes, so will ich versuchen, was ich ehedem gelernt.“

4. 1 = 5. Schulj. - S. 16

1908 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
16 Der Fürst winkte; einer ans dem Gefolge sprang nach dem Hofe und trug eine Waffe aus Eichenholz herzu, vom Griffe nach rückwärts gekrümmt, vorn mit scharfer Schneide. Die Keule ging von Hand zu Hand, lachend wogen die Männer das leichte Werkzeug. „Eine Waffe, dieser ähnlich, trägt unser Sauhirt, um Wölfe zu schlagen,“ rief Theodulf verächtlich; aber Isanbart, der Greis, entgegnete strafend: „Du sprichst töricht, ich sah von solchem Holze, nicht so schwer als dies, einen Schädel brechen wie einen Tonkrug.“ Und er legte die Keule dem Wüt in die Hand. „Wer jemals in den Ostmarken über eine Walstatt geritten ist,“ sprach der Fürst, „der kennt die Wunden, welche dieser Knorren schlägt. Doch von alten Kriegern habe ich gehört, dass ein Geheimnis in dem Holze liegt und dass man schwer des Wurfes mächtig wird, denn tückisch soll es dem Unvorsichtigen das eigene Haupt treffen. Nicht unwert ist dieses Holz der Hand eines Edlen, denn es war vorzeiten eines Königs Waffe, und mein Vater brachte sie aus der Fremde heim.“ „Drum soll sie ihre Kunst dem Sohne erweisen,“ rief Ingo freudig und fasste danach. Mit kurzem Armschwunge warf er die Keule, sie flog in krausem Bogen durch die Luft; doch als alle meinten, dass sie zu Boden schlagen würde, fuhr sie wie durch eine Schnur gezogen wieder nach dem Manne zurück, er packte sie in der Luft am Griffe und warf sie wieder hierhin und dahin, immer schneller und immer kehrte sie gehorsam vom Schwünge in seine Hand zurück. So mühelos und lustig schien das Spiel mit dem Eichenkloben, dass die Zuschauer näher traten und lautes Gelächter durch den Kreis ging. „Das ist ein Gaukelspiel des fahrenden Mannes,“ rief Theo- dulf verachtend. „Es ist eines Mannes Handwehr,“ versetzte der Fremde hier- auf, „schwerlich ist dein Schädel fester als diese Eisenkappe.“ Er sprach zu Wolf, und dieser legte in Weite eines Speerwurfs einen alten Eisenhelm auf einen Pfahl. Der Fremde mass das Ziel, wog die Waffe in schwingender Hand, warf sie im Bogen nach dem Helme und sprang in gewaltigem Satze nach. Laut krachte das berstende Metall, und doch fuhr die Keule wieder zurück, und wieder packte sie Ingo mit starker Hand und hielt sie hoch. Ein Ruf des Erstaunens scholl in dem Ringe, ein Haufe sammelte sich neugierig um den zerschlagenen Helm. „Wohlan,“ begann Theodulf herablassend, „hast du uns deine Gewohnheit gezeigt, so versuch es auch mit unserm Brauch. Führt den Springern die Rosse heran!“ Zuerst wurden zwei Rosse nebeneinander gestellt, Kopf an Kopf und Schweif an Schweif. Die Springer traten zurück und schwangen sich mit kurzem Anlaufe hinüber; fast allen glückte der

5. 1 = 5. Schulj. - S. 17

1908 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
— 17 — Sprung, aber bei drei Rossen gelang es nur einer kleinen Zahl, und über vier sprang Theodulf allein, und als er hinter den Rossen zum Haufen der anderen zurücktrat, sah er herausfordernd den Fremden an und winkte mit der Hand zur Folge. Der Fremde neigte das Haupt ein wenig und tav denselben Sprung so sicher, dass das Feld vom Beifall widerhallte. Da rief Theodulf das fünfte Ross heran zum schweren Sprunge, nur selten vollbrachte ihn einer der Behendesten. Aber der Thüring war gereizt und entschlossen, das Äusserste zu tun. Er selbst ordnete die Pferde anders, dass der Schimmel als fünfter stand, dann sah er um sich, empfing den Zuruf seiner Freunde und wagte den mächtigen Sprung. Und er kam hinüber, nur dass er beim Niedertauchen mit seinem Rücken den Schimmel streifte. Aber während er vor- trat und sich über das Jauchzen des Volkes freute, tönte noch lauterer Zuruf hinter ihm, und umgewandt sah er den Fremden, der diesmal schnell und mühelos in seinem Rücken den Sprung vollbrachte. Der Thüring erblich vor Zorn, er ging schweigend an seinen Platz und mühte sich vergebens, den Neid herabzu- drücken, der ihm aus den Augen brach. Die Alten aber traten zu dem Fremden und rühmten seine Kunst, und der alte Häupt- ling begann: „Ich erkenne, Fremder, wenn mich nicht deine Ge- bärde täuscht, du bist nicht unkundig des Schwunges auch über sechs Rosse, den sie Königssprung nennen, und der nicht in jedem Menschenalter einem Helden gelingt. Ich sah ihn einmal, da ich jung war, mein Volk niemals.“ Und er rief laut: „Führt das sechste Ross heran!“ Da erhob sich im Kreise Gemurmel, und die Entfernten drängten näher herzu, während die Häuptlinge eilten, das Ross zu stellen. Neben Ingo aber trat die Fürstin, sie war bekümmert um die Niederlage ihres Verwandten und sprach leise zu dem Gaste: „Erwäge, Held, leicht trifft der Pfeil des Jägers den Auerhahn, wenn er die Flügel breitend seine Stimme erhebt.“ Aber Ingo sah auf Irmgard, welche in froher Erwartung hinter der Mutter stand und ihn freundlich anlachte, und er ant- wortete mit heissen Wangen: „Zürne mir nicht, Herrin, ich bin gefordert, nicht habe ich mich in den Kampf gedrängt; ungern entsagt der Mann der angebotenen Ehre.“ Er trat rückwärts zum Sprunge, hob sich gewaltig in die Luft und vollbrachte den Sprung, dass alles Volk jauchzte, und da er zurückkehrte, achtete er nicht auf die unwillige Miene der Fürstin, er freute sich, dass ihm die Kunst gelungen war und Irmgards Angesicht rosig erglänzte. Lange wogten die Zuschauer durcheinander, sprachen über die Kühnheit des Fremdlings und rühmten ihn, bis dem Wettkampfe der Männer andere Ziele gesetzt wurden. Ingo stand fortan still neben den Häuptlingen, und niemand forderte ihn zu neuem Streite. ___________ Gustav Freytas (Ingo und Ingraban.) 2 Dar Vaterland. I.

6. 1 = 5. Schulj. - S. 19

1908 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
19 Stämmen, als den Westgoten, Alanen, Franken und Burgundern; denn es galt nichts Geringeres als den Kampf einer gebildeten Welt mit der rohen Barbarei. In der weiten Ebene, in welcher Chalons liegt, und die von den Alten die katalaunischen Felder genannt wird, stießen die Heere aufeinander. Als die Schlacht ihren Anfang nehmen sollte, rief Attila die Anführer seiner Scharen zusammen und sprach: „Nichts Gemeines ziemt mir, euch zu sagen, oder euch, von mir zu hören. Seid Männer! Greift an, brechet ein, werfet alles nieder! Der Römer Schlachtordnung und Schilddächer ver- achtet; fallet auf die Westgoten und Alanen, in denen ist die Kraft des Feindes! Müßt ihr sterben, so werdet ihr sterben, auch wenn ihr flieht. Richtet eure Augen auf mich! Ich schreite voran, wer mir nicht folgt, der ist des Todes." Die Schlacht war über die Maßen hart und blutig. Schon durchbrachen die Hunnen das Mitteltreffen, und die Römer flohen; auch die Westgoten wichen, und ihr König fiel, indem er zu seinem Volke redete. Aber sein Tod entflammte die Seinen zur Wut, und des Königs Sohn warf durch gewaltigen Angriff die Feinde in die Flucht. Bei einbrechender Nacht mußte Attila sich in seine Wagenburg zurückgehen. An 200000 Tote und Verwundete deckten das Feld; das Blut floß in Bächen, und die Verwundeten tranken von dem Blute, um nicht vor Durst zu ver- schmachten. Da Attila nicht wußte, ob der Feind ihn verfolgen würde, ließ er unzählige Pferdesättel und hölzerne Schilde zu einem Scheiter- haufen auftürmen, um im Notfälle ihn anzuzünden und in den Flammen zu sterben. Zugleich gebot er, um die Feinde abzuschrecken, mit Waffen, Posaunen, Schlachthörnern und Gesang die ganze Nacht Lärm zu machen. Doch die Feinde griffen ihn nicht an. Unter dem dichtesten Haufen der Gefallenen suchten und fanden sie den Leichnam des Königs und hielten ihm auf dem Schlachtfelde ein feierliches Leichen- begängnis, unter Wehklagen und Waffengetön, geschmückt mit Hunnen- beute, angesichts Attilas, der die Bestattung nicht zu stören wagte. Attila kehrte uuverfolgt über den Rhein zurück. Im folgenden Jahre machte er noch einen Raubzug nach Italien und starb kurz nachher eines plötzlichen Todes. Betrauert und begraben wurde er nach der Sitte des Volkes; die Hunnen zerfetzten ihre Gesichter mit Messern und schoren sich die Haare ab. Der Leichnam wurde in einer weiten Ebene unter einem seidenen Zelte gezeigt. Die Reiter rannten unter dem Absingen von Attilas Taten um dasselbe herum und priesen ihn glücklich, daß er nach unsterblichen Siegen in der ruhmreichsteil Zeit seines Volkes ohne Schmerzen seine Laufbahn beschlossen und sich hinüber zu den Geistern der alten Helden be- geben habe. In der Nacht wurde er in einen goldenen Sarg ge- legt, dieser in einen silbernen und beide in einen eisernen; Pferdezeug, Waffen, Kostbarkeiten wurden mit ihm begraben, und darauf alle Arbeiter am Grabe umgebracht, damit keiner verrate, wo der Hunnen- held ruhe. Kohlrausch. 2*

7. 1 = 5. Schulj. - S. 20

1908 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
20 7. Das Grab im Busento. Nächtlich am Busento lispeln bei Tosenza dumpfe Lieder; aus den wassern schallt es Antwort, und in Wirbeln klingt es wieder. 2. Und den Fluß hinauf, hinunter zieh'n die Schatten tapfrer Goten, die den Alarich beweinen, ihres Volkes besten Toten. z. Allzufrüh und fern der Heimat mußten hier sie ihn begraben, während noch die Iugendlocken seine Schultern blond umgaben. 4. Und am Ufer des Busento reihten sie sich um die wette; um die Strömung abzuleiten, gruben sie ein frisches Bette. 5. In der wogenleeren Höhlung wühlten sie empor die Lrde, senkten tief hinein den Leichnam mit der Rüstung auf den: Pferde. 6. Deckten dann mit Grde wieder ihn und seine stolze Habe, daß die hohen Stromgewächse wüchsen aus dem Heldengrabe. ?. Abgelenkt zum zweiten Wale, ward der Fluß herbeigezogen; mächtig in ihr altes Bette schäumten die Busentowogen. 8. Und es sang ein Thor von wännern: „Schlaf in deinen Heldenehren! Reines Römers schnöde Habsucht soll dir je das Grab versehren!" 9. Sangen's, und die Lobgesänge tönten fort im Gotenheere, wälze sie, Busentowelle, wälze sie von weer zu weere! v. Platen. 8. Dietrich und der Riese Ecke. Deutsche Heldensage. Zu Köln am Rhein saßen einst mehrere Helden in einem Saale beisammen; die redeten von allerlei wunderbaren Dingen und von auserwählten Recken. Da wurde unter allen Recken am meisten der kühne Dietrich von Bern (d. i. Verona) gepriesen und dessen Meister Hildebrand, von dem man sagte, daß an Klugheit ihm keiner gleich käme. Das ungemessene Lob, in dem man den Herrn Dietrich und dessen Taten pries, verdroß den einen der Helden, den jugendlichen Ecken, gar sehr, und er beschloß, durch alle Länder zu ziehen, den Berner aufzusuchen und mit ihm um den Preis der Tapferkeit zu streiten. Das Gespräch der Helden hatte die Königin Seeburg, die in Köln herrschte, mit Staunen angehört, und sie wünschte jetzt nichts sehnlicher, als den gepriesenen Helden Dietrich einmal mit ihren Augen zu schauen. Darum wendete sie sich an Ecke und sprach: „Da du dir einmal vorgenommen, gegen Dietrich auszuziehen, so könntest du viel- leicht den Helden bewegen, daß er einmal nach Köln am Rhein käme, und großen Dank wollte ich dir dafür sagen." Ecke versprach den

8. 1 = 5. Schulj. - S. uncounted

1908 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt

9. 1 = 5. Schulj. - S. 22

1908 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
22 Bergen zu. Die Bürger traten auf die Mauern und schauten ihm verwundert nach; sie waren aber froh, als er mit raschen Schritten ihren Blicken entschwand, denn sie hatten ihm wenig Gutes zugetraut. Den ganzen Tag war Ecke bereits in dem Gebirge hin und her gelaufen, überall hatte er den Berner gesucht, aber bis jetzt noch nicht gefunden. — Schon begann der Abend zu dunkeln, da kam er an einen schmalen Steig, der zu einer großen Linde führte. Er ging auf dieselbe los und fand an einem Aste der Linde ein Roß ange- bunden; nicht weit davon aber lag ein verwundeter Ritter. Sein Panzer war ihm ganz und gar zerschlagen, und eine große Lache Blutes war den Wunden des Ritters entströmt. Ecke ging zu dem Verwundeten und ihn teilnehmend betrachtend, fragte er ihn, woher er gekommen sei und wer ihm so tiefe Wunden geschlagen habe. Dieser erwiderte nur: „Dietrich von Bern war es, der mich so schlug. Ach, mit ihm zu kämpfen, sollte niemand wagen, denn niemand darf ihn zu bestehen hoffen." Unterdessen hatte Ecke die Wunden näher betrachtet und mit sei- nen Händen die Größe derselben gemessen. Da mußte er allerdings staunen, und verwundert rief er aus: „Wahrlich, so breite und so tiefe Wunden habe ich noch nie gesehen, und ich habe doch so manchen Kampf mitgemacht. An dir, Held, ist ja nichts ganz geblieben, und weder Schild noch Helm hat dich geschützt. Fast möchte ich glauben, daß diese Wunden gar nicht von einem Schwerte geschlagen seien, son- dern daß der wilde Donnerschlag vom Himmel das getan habe." „Nein," erwiderte der Wunde, „der Donner hat mir nichts ge- than; aber Dietriches Schwert ist gut, und sein Arm ist stark. Mit drei anderen Helden bin ich vom Rheine weggeritten, und um schöner Frauen willen wollte ich mir im Kampfe Ruhm erwerben. Nun sind wir aber Dietrich begegnet, und während er meine Gefährten sofort zu Tode geschlagen, hat er mich so zerhauen, daß auch mein Leben nur noch kurze Zeit währen kann." Als Ecke nach dem Namen des Verwundeten fragte, nannte sich dieser Helserich von der Lune. Darauf fragte Ecke weiter nach Dietrichs Größe und Aussehen, ob er nicht auch schon graue Haare habe, und erzählte dann, daß er von drei Jungfrauen gesandt sei, um ihn nach Köln zu holen. Da sprach aber der Wunde: „Ich habe noch nie einen kühneren Mann gesehen als Dietrich, und ein ganzes Heer möchte wohl nicht hinreichen, um ihn zu bekämpfen. Sein Antlitz ist schön und seine Gestalt schrecklich, sein ganzer Leib aber ist mit Stahl und Eisen bedeckt, so daß ich Euch über die Farbe seiner Haare nichts sagen kann. Wenn ich Euch jedoch einen guten Rat geben soll, so sucht den Helden nicht aus. Ob Ihr auch größer seid als er, so werdet Ihr doch nichts gegen ihn ausrichten. Sein Schwert ist so gut, daß auch eine Mauer, wenn er aus sie schlüge, davon in Stücken gehen müßte."

10. 1 = 5. Schulj. - S. uncounted

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