1906 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Sommer, Fedor
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Schlesien
Ii. Das Glotzer Bergland.
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hundert Meter lange Schlucht, die sich der Fluß selbst ausgewaschen hat.
Zahlreiche Villen sind in der Nähe des Falles erbaut worden, und so hat
sich hier im Laufe der Zeit eine der besuchtesten Sommerfrischen des Gebirges
entwickelt.
Über dem rechten User der Wölfel erhebt sich
der Spitzberg zu Maria Schnee.
An seinem Abhange, nahe der Spitze, steht eine Wallfahrtskirche, umgeben
von Verkaufsbuden und Gasthäusern für Wallfahrer. Tausende klimmen all-
jährlich hier herauf, uni vor dem Bilde der Mutter Maria iit der Kirche
Trost und Heilung zu erflehen. Ein herrlicher Blick über das ganze Glotzer
Land erschließt sich hier oben dem Beschauer.
Von dem bisher betrachteten Hauptteile des Glatzer Schneegebirges ist
durch eine Senke am Ende des Wetzsteinkammes ein Gebirgsteil abgetrennt.
Er wird meist zum Reichensteiner Gebirge gerechnet, gehört aber seinem
geologischen Ausbau und seiner Richtung nach zum Glatzer Schneegebirge.
Wir nennen ihn
das Mekegebirge.
Es ist als die gerade Fortsetzung des Altvatergebirges anzusehen, an
das es sich westlich vom Ramsaner Sattel als Hundsrück (U. R.) anschließt.
Meist ans Gneis, allerdings aus verschiedenen Arten desselben, bestehend, zieht
sich das Bielegebirge als wesentlich gleichförmiger Rücken nordwestwürts bis
zum Krautenwalder Passe hin. Nur ein ausfälliger Gipfel ist seinem
Kamme ausgesetzt: der Fichtlich (1128 in). Er bildet die Wasserscheide zwischen
der March, der Landecker und der Freywaldauer Biele. Auf ihm stoßen die
Grenzen dreier Länder (Schlesiens, Österreichisch-Schlesiens und Mährens)
zusammen.
Von ihm eilt die Landcckcr Biele hinab ins Bieletal, das vom Biele-
gebirge im Norden, vom Wetzsteinkamm im Süden begrenzt und von beiden
besonders im oberen Teile recht erheblich eingeengt wird, bis es sich bei
Landeck
zu größerer Breite öffnet. Da sich hier das von Süden her streichende Tal des
Klessenbaches mit dem Bieletal vereinigt, wurde Landeck zu einem natürlichen
Mittelpunkte der Verkehrswege des Schneegebirges, zumal auch der Paß von
Krautenwalde sich zu ihm absenkt. Einige Basaltkuppen der Umgegend
weisen schon darauf hin, daß vulkanische Kräfte des Erdinnern hier sich
tätig erwiesen haben. Ihnen verdankt die Stadt Landeck die fünf alkalisch-
salinischen Schwefelquellen (von etwa 30°C) des benachbarten Bades Landeck,
dessen zum Teil recht prächtige Villen und Kurhäuser inmitten herrlicher
Waldungen liegen.
Die Erwerbsverhäitnisse
im Glatzer Schneegebirge sind zwar ziemlich mannigfaltig, aber überall wenig
günstig.
Die Kämme des Gebirges, besonders aber die Ränder der zahlreichen
tiefen Täler sind mit dem herrlichsten Walde bestanden. Darum beschäftigen
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Ii. Das Glatzer Bergland.
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mächtigen Serpentinen eine Straße emporwindet, das österreichische Städtchen
Jauernig und die auf steilem Felsen über dem Städtchen thronende fürst-
bischöfliche Residenz Schloß Johannesbcrg mit Landeck (L.) verbindend. Die
Straße hat trotz ihrer kunstvollen Anlage keinen recht lebhaften Verkehr zwischen
Schlesien und der Grafschaft herbeiführen können. Nordwestlich von ihr er-
hebt sich als ein echter Gneisrücken, breit hingelagert, der Heidelberg (H. R,
902 in), auf dessen Hochfläche ein stattlicher Aussichtsturm eine völlige Nund-
sicht ermöglicht. Ihr ist charakteristisch nach Nordosten hin der weite Blick
in das Vorland des Gebirges bis zu den Strehlener Bergen und nach Süden
zu der Anblick des schlanken Schneebergkegels, der hier so recht als Be-
herrscher des ganzen Landschaftsbildes erscheint. Der dreigipflige Nachbar des
Heidelberges, der Jauersberg
(.1. R, 870 m), gibt schon
in seinen zackigen Formen zu
erkennen, daß er aus ganz
anderm Stoffe geschaffen ist
als jener (s. S. 22). Fast
bis zu seiner Spitze hinaus
windet sich die Kunststraße
empor, die Reich enstein und
Land eck verbindet, aber gleich
der Krautenwalder die länder-
trennende Eigenschaft des stei-
len Kammes nicht hat besei-
, tigen können. Der Wanderer,
der auf ihr von Landeck her
abwärts schreitet, kommt mitten
im Walde an eineirmbergwerk.
vorüber. Es weist durch seinen
Namen .Soldner Esel" schon
darauf hin, daß einstmals hier
Gold gefunden wurde. Heute
ist es ein Arsenikwerz das
durch seine giftigeil Dämpfe
den Hochwald talwärts vernichtet. Ter Erdboden birgt hier meilenweit in
der Runde, besonders in seinen Serpentinmassen, Arsenikalkies, dessen Ver-
hüttung heutzutage die Hauptbedeutung des Städtchens
Neichen stein (R)
ist. Diese ehemals „freie Bergstadt", in deren Umgebung schon sehr früh,
schwerlich aber vor 1241, nach Gold geschürft worden ist, verdankt dein Edel-
metall auch seinen Namen. 1547 waren hier 145 Zechen im Betrieb, und
mehr als 21200 Dukaten wurden in diesem Jahre zu Reichenstein geprägt.
Der Zusammenbruch des „Goldnen Esels", vor allem aber die Verheerungen
des Dreißigjährigen Krieges haben den Bau nuf Gold, das meist in dem
hochromantischen „Schlackental" verhüttet wurde, fast gänzlich zum Still-
stand gebracht. In den Güttlerschen Arsenikwerken werden jetzt noch kleinere
Mengen Goldes nebenbei gewonnen. (Taufbecken, Taufkanne des Preußischen
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Die schlesischen Landschaften.
Königshauses, sowie die Trauringe unseres Kaiserpaares sind aus Reichensteiner
Gold gefertigt.) 1904 wurden 48 kg im Werte von 134000 J gewonnen.
Gewaltige Banke weißschimmernden Urkalkes machen die Lage Reichen-
steins weithin kenntlich. Der Abbau des Kalkes, der sehr schöne Dendriten
enthält, erhöht im Verein mit dem Betriebe der schon 1692 gegründeten
Pulvermühlen in Meifrilldvrf und Follmersdorf die lebhafte Jndustrietätigkeit
dieser Gegend. Die beiden genannten Dörfer liegen in der Senkung zwischen
dem Jauersberg und dem Warthaer Gebirge an der Straße von Reichenstein
nach Glast, die in 481 m Höhe den Paß von Ren deck überschreitet.
Die westliche Hälfte des Reichensteiner Gebirges wird
genannt. das Warthaer Gebirge
Geologisch gehört es — wie anch schon gesagt wurde (s. S. 22) — anfs engste
mit dem Ostflügel des Eulengebirges zusammen. Am ganzen Nordrande dieses Ge-
bietes bis Silberberg hin liegen silurische Schiefer, die z. B. bei Wiltsch (am
Sievertsvorwerk) schwarz, dünn wie Pappe und sehr stark gefaltet sind und in rie-
siger Menge Graptolithen enthalten. Bon der Silberberger Verwerfung ab (am
Passe) legt sich an den Silur ein Dreieck devonischer Schiefer an, dessen Spitze nach
Süden gekehrt ist. An der Basis dieses Dreiecks längs der Paßstraße ist Kohlenkalk
eingebettet. An dem Westrande des Dreiecks sind bei Ebersdors dem Devon pro-
duktive Steinkohlenschichten aufgelagert. Sie bedeuten den Anfang des Waldenburger
Steinkohlenbeckens, werden aber nördlich von Ebersdorf, bei Neu rode, wieder vom
Rotliegenden überlagert. Den 10 km langen Streifen der bloßgelegten Steinkohlen-
formation begleitet bei Volpersdorf ein auffälliger Rücken von Gabbro. Diesseit
und jenseit des Wartha-Passes weisen die Höhen des Granwackengebirges steile Kegel-
formen auf.
Der ganze Zug des Warthaer Gebirges ist dicht bewaldet. Mehrere
sehr spitze Bergkegel erheben sich auf ihm, so südlich der Königshainer Spitz-
berg (Io 8p. auf Abb. 4; 752 nr) und nördlich der
Warthaer Hapeü'enberg (W. Io, 584 m).
Er trägt auf seinem Gipfel eine Wallfahrtskirche. Der Weg zu ihr
hinauf führt an vielen Kapellen und Kreuzwegbildern vorüber durch einen
prächtigen Nadelwald. Der Berg fällt so steil ab, daß sich schon mehrfach
Fels- und Erdmassen von ihm ablösten. Sie stürzten hinab in den
Wah von Wartha,
ein tiefes Durchbruchstal der Neiße zwischen dem Warthaer und dem Eulen-
gebirge. Ein steiler Felsabhang, der vom Kapellenberge ausgeht, engt die
Neiße hier anfs äußerste ein. Die alten Paßstraßen sind wegen der Enge
des Tales an beiden Seiten des Flusses in recht erheblicher Höhe angelegt
worden. Die Unterlage für die Schienen der Eisenbahn, die hier durchge-
führt worden ist, hat man aus dem Berge kühn heraussprengen und gegen
Rutschungen auf kostspielige Weise schützen müssen. Vor dem Passe liegt auf
der schlesischen Seite links der Neiße das Städtchen Wartha. Das Marien-
bild seiner zweitürmigen Kirche zieht alljährlich Tausende von Wallfahrern
herbei. Der Paß ist seit alter Zeit der Eingang in die Grafschaft Glatz und
militärisch von der größten Wichtigkeit.
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Sonnenkoppe. Hohe Eule. Heidelberg.
Abb. 6. Das Eulengebirge. (Bon Osten gesehen.)
Die schlesischen Landschaften.
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Städtchen ging dabei in Flammen
auf. Vom „Donjon" der Festung ge-
nießt man eine treffliche Aussicht ans
Schlesien und die Grafschaft Glatz.
Die Festungswerke sind jetzt verlassen
und zum Teil geschleift.
Vom Passe an streicht die einförmig
nmrissene Kammlinie ständig in nord-
westlicher Richtung. Nur wenig erheben
sich die flachen Gneisdome der Hahnen-
koppe (8. K, 755 m), der Ascherkoppe
(856 m) und der Sonnenkoppe (8. K.,
967 m) über sie, und auch der höchste
die Hohe Eule (8.8, 1014 m),
erhält nur dadurch eine ausfälligere
Form, daß sie sehr steil zum Über-
gange an den „Sieben Kurfürsten"
(750 in) abfällt. Von dem hohen
„Eulenturme" erschließt sich eine Aus-
sicht auf das Gebirge und die Ebene
Schlesiens, die mit den allerschönsten
Fernblicken unserer Provinz wetteifert.
Der Anblick des die Ebene begrenzenden
Zobtengebirges ist ihr besonders eigen-
tümlich.
Einförmig wirkt endlich auch die
Bewaldung des Gebirges.
Die gewaltige Ausdehnung seiner
Wälder gibt seinen Bewohnern Ge-
legenheit zur Holzarbeit. Vor dem
Südabhange liegen reiche Steinkohlen-
schätze, deren Ausnutzung die Bahn-
linie Dittersbach—glatz erleichtert.
Neben den Kohlenlagern befinden sich
bedeutende Kalkbrüche, und darum
ist die Gegend am Südabhange bei
Hausdorf auch reich an Kalköfen.
Trotz der steilen Abdachung des
Gebirges nach beiden Seiten hin
werden auf mehreren guten Kunst-
straßen Kohlen, Kalk und andere Er-
zeugnisse auch über das Gebirge hin-
weg nach Schlesien gebracht.
In den höher gelegenen Ortschaften bleibt neben der Holzarbeit den
Bewohnern keine andere Erwerbsquelle als wenig lohnende Handweberei.
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Seinen natürlichen Verkehrsmittelpunkt findet der Südabhang des Ge-
birges in der Stadt
Nenrode (8.).
Sie liegt malerisch an der Walditz, deren Tal die natürliche Verkehrs-
straße aus dem Waldenburger Gebirge in die Grafschaft ist, und zwar da,
wo in dieses Tal die Silberberger Paßstraße einmündet. Die Nahe der
Steinkohlenzoue hat zu Bergbau geführt und dieser wieder zu reger Fabrik-
tätigkeit. Zwischen den Kohlenflözen finden sich solche von feuerfestem Ton
bis zu einer Mächtigkeit von 20 in. Sie werden abgebaut und lieferten
1903 auf einer einzigen Grube 60000 t. Ter feinkörnige Sandstein des
Rotliegenden, das die Färbung des Bodens ringsum beeinflußt, wird vielfach
gebrochen und zu Trögen, Rinnen u. a. verarbeitet.
Viel mannigfaltiger als die Nordostumwallung der Grafschaft gestaltet
sich deren Südwestumwallung. Ihren östlichen Teil nennen wir
das Böhmisch-Glatzer Grenzgebirge.
Es beginnt am Paffe von Mittelwalde mit dem
Haßelschwerdler Hamme (8. K.).
Dieser zieht als flach gewölbter, breiter Rücken nach Nordwesten bis zur
Reinerzer Weistritz. An seinen Enden ist er niedrig, in der Mitte am höchsten.
Da liegt der Heidelberg (8. B., 978 m). Ter Gebirgszug fällt nach Osten
zu steil, nach Westen allmählich ab, ins Tal der Erlitz. Ungefähr in seiner
Mitte, am Brande, senkt sich der Kamm etwas; dort führt eine gnte Straße
von Habelschwerdt (8.) über ihn hinweg in das Erlitztal.
M>t dem Habelschwerdter Kamme gehen parallel
die böhmischen Hümme oder das Udlergebirge (A.-Gk).
Sie find kürzer, aber höher als jener und tragen ebenfalls in der Mitte
eine Einsattelung, über die aber nur eine schlechte Fahrstraße führt. In ihrer
Nähe liegt die Deschnayer Koppe (D. K., 1114 m). Am Nordende erhebt sich
die Hohe Mcnsc (8. Al., 1084 m). Hier kommen die beiden Kämme sehr
nahe aneinander, nur das breite Tal der Reinerzer Weistritz trennt sie noch.
Die volkstümliche Scheidung in Habelschwerdter Kamnr und Adlergebirge ent-
spricht durchaus der geologischen Beschaffenheit. Das Adlergebirge besteht fast durch-
weg aus kristallinischen Gesteinen. Was sich später an Schichten jüngerer Formation
darübergelagert hatte, ist längst wieder abgetragen worden. Darum zeigen auch die
Kuppen ganz die Umrisse der Gneisdome und Glimmerschieferknppeln. Nur an den
Flanken des Gebirges lagern noch Bestandteile der jüngeren Erdschichten, besonders
Pläner- und Quadergestein.
Anders im Habelschwerdter Gebirge! Seine Südhälste besteht ans Gneis; die
ganze Nordhälfte aber ist von Pläner und Quader derartig noch jetzt überlagert, daß
sie breite Hochflächen aufweist. Kapartig ragen die Quadersandsteinmassen über den
Abfall der Gneis- und Glimmerschiesergrundlage hinaus (z. B. Kapuzinerplattc,
Steinberg). Der Raum zwischen Adlergebirge und Habelschwerdter Kamm ist zu-
meist mit Glimmerschiefer ausgefüllt, den die Erlitz muldenartig vertieft hat. Im
Norden ist diese Zone ebenfalls von Pläner überlagert und bildet als solche die Unter-
lage der Seefetder.
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Die schlesischen Landschaften.
Die Weistritz entspringt ans den
Scefeldern (8. F.).
Diese sind ein großes Sumps- und Moorgebiet mit einigen kleinen Lachen
voll dunkeln Wassers. Ehemals war das ganze Gebiet ein großer See. Er
ist aber jetzt gänzlich mit Torfmoos verwachsen. Unten hat sich eine fast 2 m
hohe Schicht von schwarzem Tors gebildet, der ein gutes Brennmaterial liefern
würde, wenn er von der Höhe bequem heruntergeholt werden könnte.
Da hier auch die Erlist entspringt, die nach Süden zur Elbe fließt,
bilden die Seefelder die Wasserscheide zwischen Nordsee und Ostsee.
Das Erlitzlal
erweitert sich nach Süden hin wannenartig. Die Landesgrenze geht so ziemlich
mitten hindurch. Es eignet sich fast überall zu einem spärlichen Landbau.
Doch sind die Bewohner der preußischen Seite des Tales viel besser daran
als die der österreichischen. Die guten Straßen, die von Preußen her ins
Erlitztal herabführen, machen Industrie — in Kaiserswalde und Langenbrück
Glashütten, in Peuker Flachsspinnereien •—- und eine leichte Abfuhr der Er-
zeugnisse möglich. So blüht hier auch mannigfache, immerhin noch lohnende
Hausindustrie. Tausende von Streichholzschachteln werden hier von Frauen
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Il Das Glatzer Bergland.
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15 km lange, nur 2 bis 3 km breite Tafel. Durch ihr durchlässiges Gestein sickert
das Wasser in die Tiefe und tritt dann an der Oberfläche der Plänerbänke in zahl-
reichen Quellen zutage.
Von dem Tale der Reinerzer Wcistritz steigt das Gebirge als schmale
Hochebene an und behält fortwährend nordwestliche Richtung. Tie Ränder
dieser Hochebene find steil, oft senkrecht. Sie verbreitert sich allmählich; ihre
breiteste Stelle heißt der Leicrberg. Auf seiner Hochfläche erheben sich die
Große Heuscheuer (Gr. H.), die Kleine Heuscheuer (Le. H.) und der Spiegel-
berg (8p. B.) gleich ungeheuren Felsinseln von ziemlich gleicher Höhe.
Die Große Heuschener (919 m)
sieht von ferne wohl einem Scheunendache, mehr aber noch einem riesigen
Festungswerk ähnlich und scheint ein einziger großer Felsblock zu sein, der,
etwa 150 in hoch, dem Plateau des Leierberges aufgesetzt ist. Am Fuße der
Heuscheuer liegt das Dörfchen Karlsberg, dessen Bewohner sich hauptsächlich
als Gebirgsführer ihren Unterhalt erwerben; denn die Felder, die ans der
Hochfläche liegen, bieten einen so geringen Ertrag an Hafer und Kartoffeln,
daß die Bewohner der übrigen kleinen Dörfer auf und an dem Leierberge
sich nur mit Hilfe der Weberei erhalten können. Von Karlsberg aus steigt
man auf mehreren hundert Stufen zwischen und an den Felsen der Heuscheuer
hinauf, die um so zerklüfteter erscheinen, je näher man ihnen kommt. Ihre
gleichmäßig graue Farbe wird belebt durch das dunkle Grün hoher Tannen,
die freilich nicht sehr dicht beieinander stehen; denn sie können nur in den
zahlreichen tiefen Furchen zwischen den Felsen Wurzel fassen. Die Spitzen
der Felsen schauen über die Wipfel hervor, und erst die ebene Hochfläche zeigt
wieder dichteren Baumschmuck. Sie ist aber auch wie der Abhang am Fuße
der Felsen mit Steintrümmern übersät und von tiefen Rissen durchfurcht.
In ihnen haben Regenwasser und Frost den Sandstein in wunderliche Formen
zerwaschen und zersprengt. Da erblickt man Felsmassen, die einem Kamel
oder Negerkopf oder Schafe oder Bären ähnlich sehen. Eine tiefe Schlucht,
in die man auf nahezu 100 Stufen hinabsteigt, führt in ihren einzelnen
Teilen verschiedene Namen und heißt an der einen Stelle die „Schneegruben",
weil in den tiefen Spalt das ganze Jahr kein Sonnenstrahl dringt und der
Schnee darin niemals ganz wegschmilzt. Vom höchsten Felsen aus, der „der
Großvatcrstnhl" genannt wird, hat der Wanderer eine entzückende Aussicht
über die ganze wild zerklüftete Gegend und in die lachende schlesische Ebene
hinein. Wenn man bei einer Fernsicht auf Mannigfaltigkeit der Formen sieht,
ist keine andere in Schlesien dieser zu vergleichen; denn hier erblickt man
außer den steilen Quaderwänden nahe beieinander: langgestreckte Bergrücken
(Gneis des Eulengebirges), knppelförmige Bergdome (Urschieserberge des
Waldenburger Gebirges) und spitze Kegelberge (Porphyr ebendaselbst).
Von hier aus sieht mau auch die unsern gelegene prächtige Kirche in
Albendorf (A.). Das ist der besuchteste Wallfahrtsort von ganz Schlesien.
Die Teiche, Büche und Berge in seiner Umgebung sind gleich denen bei
Jerusalem und nach andern Örtlichkeiten des Heiligen Landes benannt.
Am Nordfuße der Heuscheuer wird beim Städtchen Wünschclbnrg eine
feinkörnige weiße Art des Sandsteins zu mächtigen Werkstücken gebrochen.
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Die schlesischen Landschaften.
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Nordwestlich vom Leierberge verschmälert sich die Hochebene zu einem
schmalen Kamme, der nach Osten zu vielfach mit senkrechten Quadersandstein-
mauern zur Ebene des Brannauer Ländchcns abfällt, während feine West-
front durch Wind und Wetter eine mehr abgerundete, zerklüftete und mehr
allmählich sich abstufende Form erhalten hat. Oft ist diese Gestaltung durch
Verwitterung auch au den einzelnen Felsen bemerkbar. Dieser schmale Kamm
heißt das Politzer Faltengebirge. Sein Ansatz an den Leierberg erfolgt bei
der Ringelkoppe (R. K., 772 m), die als unersteigbares, steiles Kap ins
Tal von Wünschelburg vorspringt. Das Faltengebirge endet am Passe von
Bodisch, der zur Überführung der Bahnlinie nach Halbstadt benutzt wurde.
Unweit des Paffes erhebt sich der sonst sehr gleichmäßig hohe Kamm 51t einem
flachen Gipfel, der das Kirchlein zu Maria Stern trägt (8t.). Das Falten-
gebirge schließt geographisch zwar das fruchtbare, iudustriereiche Brannauer
Läudcheu von
Österreich ab und
weist es Preußen
zu, aber es ist doch
infolge seiner Zer-
klüftung leichter zu
überschreiten als
der geschlossene
Porphyrbogen
des nördlich von
Braunau sich hin-
ziehenden Walden-
burger Gebirges.
Auch der Spic-
gelbcrg ist sehr
zerklüftet. Eiuteil
seiner Hochebene,
der Heuscheuer
nicht unähnlich,
führt den Namen
„Wi ldelöcher".
An ihrem West-
fuße liegen die Dörfer Bukowine, Straußenei und Tscherbenei in einem
Gebiete, das geographisch zu Böhmen, politisch aber noch 31t Preußen gehört.
Es hat wenig Wert, denn es ist unfruchtbar und iudustrielos. An der Hebung
seiner armseligen tschechischen Weberbevölkerung wird jetzt rastlos gearbeitet.
Man sucht die Weberkinder andern, lohnenderen Berufsarten zuzuführen.
Vom Spiegelberge senkt sich eine schmale Sandsteiuebene mit ebenfalls
steilen Rändern allmählich nach Südwesten hin. Auf ihr führt eine viel-
gewundene Kunststraße zum Kurort Kudowa (0.). Diese Straße setzt sich
aufwärts zur Höhe des Leierberges bis Karlsberg (Ra.) und von da über
die Hochebene fort. An deren steilen: Nordaühange leitet sie wieder in vielen
langen Windungen hinab nach dem Städtchen Wünschelburg (W.). Auch mit
dem Weistritztal ist Karlsberg durch zwei Wege verbunden, von denen der
eine in Reinerz endet.
Sommer, Landeskunde von Schlesien. 3. Anfl.
3
10. Schlesien
- S. uncounted
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