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1. Theil 6 - S. 60

1874 - Leipzig : Brandstetter
60 v. Tellheim. Gieb her. I u st. Haben Sie Barmherzigkeit mit mir, mein Herr. Ich weiß wohl, daß die Menschen mit Ihnen keine haben; aber — v. Tellheim. Was willst du? Just. Ich hätte mir eher den Tod, als meinen Abschied vermuthet. v. Tellheim. Ich kann dich nicht länger brauchen; ich muß mich ohne Bedienten behelfen lernen. (Schlägt die Rechnung auf und liest.) „Was der Herr Major mir schuldig: Drei und einen halben Monat Lohn, den Monat 6 Thaler, macht 21 Thlr. Seit dem ersten dieses an Kleinigkeiten ausgelegt 1 Thlr. 7 Gr. 9 Pf. Summa Summarum 22 Thlr. 7 Gr. 9 Pf." — Gut, und es ist billig, daß ich diesen laufenden Monat ganz bezahle. Just. Die andere Seite, Herr Major — v. Tellheim. Noch mehr? (Liest.) ,,Was dem Herrn Major ich schuldig: An den Feldscheerer für mich bezahlt 25 Thlr. Für Wartung und Pflege während meiner Kur für mich bezahlt 39 Thlr. Meinem abgebrannten und geplünderten Vater auf meine Bitte vorgeschossen, ohne die zwei Beutepferde zu rechnen, die er ihm geschenkt, 50 Thlr. Summa Summarum 114 Thlr. Davon abgezogen vorstehende 22 Thlr. 7 Gr. 9 Pf. Bleibe dem Herrn Major schuldig 91 Thlr. 16 Gr. 3 Pf." — Kerl, du bist toll! — Just. Ich glaube es gern, daß ich Ihnen weit mehr koste. Aber es wäre verlorene Tinte, es dazu zu schreiben. Ich kann Ihnen das nicht bezahlen, und wenn Sie mir vollends die Liverei nehmen, die ich auch noch nicht verdient habe, — so wollte ich lieber, Sie hätten mich in dem Lazarethe krepiren lassen. v. Tellheim. Wofür siehst du mich an? Du bist mir nichts schuldig, und ich will dich einem von meinen Bekannten empfehlen, bei dem du es besser haben sollst, als bei mir. Just. Ich bin Ihnen nichts schuldig, und doch wollen Sie mich verstoßen? v. Tellheim. Weil ich dir nichts schuldig werden will. Just. Darum? nur darum? — So gewiß ich Ihnen schul- dig bin, so gewiß Sie mir nichts schuldig werden können, so gewiß sollen Sie mich nun nicht verstoßen. — Machen Sie, was Sie wollen, Herr Major, ich bleibe bei Ihnen; ich muß bei Ihnen bleiben. v. Tellheim. Und deine Hartnäckigkeit, dein Trotz, dein wildes ungestümes Wesen gegen Alle, von denen du meinst, daß sie dir nichts zu sagen haben, deine tückische Schadenfreude, deine Rachsucht-------- Just. Machen Sie mich so schlimm, wie Sie wollen, ich will darum doch nicht schlechter von mir denken, als von meinem

2. Theil 6 - S. 63

1874 - Leipzig : Brandstetter
63 N. Sultan, 60. Ich bin ein Jud'. S. Und ich ein Muselmann. Der Christ ist zwischen uns. — Von diesen drei Religionen kann doch eine nur Die wahre sein. — Ein Mann, wie du, bleibt da Nicht stehen, wo der Zufall der Geburt Ihn hingeworfen; oder wenn er bleibt, Bleibt er aus Einsicht, Gründen, Wahl des Bessern. Wohlan! so theile deine Einsicht mir Denn mit. Laß mich die Gründe hören, denen 70. Ich selber nachzugrübeln nicht die Zeit Gehabt. Laß mich die Wahl, die diese Gründe Bestimmt, — versteht sich, im Vertrauen — wissen, Damit ich sie zu meiner mache. — Wie? Du stutzest? wägst mich mit dem Auge? — Kann Wohl sein, daß ich der erste Sultan bin, Der eine solche Grille hat, die mich Doch eines Sultans eben nicht so ganz Unwürdig dünkt. — Nicht wahr? So rede doch! Sprich! — Oder willst du einen Augenblick, 80. Dich zu bedenken? Gut, ich geb' ihn dir. — (Ob sie wohl horcht? Ich will sie doch belauschen; Will hören, ob ich's recht gemacht. —) Denk nach! Geschwind denk' nach! Ich säume nicht, zurück Zu kommen. (Er geht in das Nebenzimmer, nach welchem sich S i t t a h begeben.) Sechster Auftritt. Nathan (allein). Hm! hm! — wunderlich! — Wie ist Mir denn? — Was will der Sultan? was? Ich bin Auf Geld gefaßt, und er will — Wahrheit. Wahrheit! Und will sie so, — so baar, so blank, — als ob Die Wahrheit Münze wäre! —- Ja, wenn noch 90. Uralte Münze, die gewogen ward! — Das ginge noch! Allein so neue Münze, Die nur der Stempel macht, die man auf's Brett Nur zählen darf, das ist sie doch nun nicht! Wie Geld in Sack, so striche man in Kopf Auch Wahrheit ein? Wer ist denn hier der Jude? Ich oder er? — Doch wie? Sollt' er auch wohl Die Wahrheit nicht in Wahrheit fordern? — Zwar, Zwar der Verdacht, daß er die Wahrheit nur

3. Theil 6 - S. 65

1874 - Leipzig : Brandstetter
65 140. Aus lieber Hand besaß. Der Stein war ein Opal, der hundert schöne Farben spielte, Und hatte die geheime Kraft, vor Gott Und Menschen angenehm zu machen, wer In dieser Zuversicht ihn trug. Was Wunder, Daß ihn der Mann im Osten darum nie Vom Finger ließ, und die Verfügung traf, Aus ewig ihn bei seinem Hause zu Erhalten? Nämlich so. Er ließ den Ring Von seinen Söhnen dem Geliebtesten 150. Und setzte fest, daß dieser wiederum Den Ring von seinen Söhnen dem vermache, Der ihm der Liebste fei; und stets der Liebste, Ohn' Ansehn der Geburt, in Kraft allein Des Rings, das Haupt, der Fürst des Hauses werde. — Versteh' mich, Sultan. S. Ich versteh' dich. Weiter! N. So kam nun dieser Ring von Sohn zu Sohn, Auf einen Vater endlich von drei Söhnen, Die alle drei ihm gleich gehorsam waren, 160. Die alle drei er folglich gleich zu lieben Sich nicht entbrechen konnte. Nur von Zeit Zn Zeit schien ihm bald der, bald dieser, bald Der dritte, — so wie jeder sich mit ihm Allein befand, und sein ergießend Herz Die andern zwei nicht theilten, — würdiger Des Ringes, den er denn auch einem jeden Die fromme Schwachheit hatte, zu versprechen. Das ging nun so, so lang' es ging. — Allein Es kam zum Sterben, und der gute Vater 170. Kommt in Verlegenheit. Es schmerzt ihn, zwei Von seinen Söhnen, die sich auf sein Wort Verlassen, so zu kränken. — Was zu thun? — Er sendet insgeheim zu einem Künstler, Bei dem er, nach dem Muster seines Ringes Zwei andere bestellt und weder Kosten Noch Mühe sparen heißt, sie jenem gleich, Vollkommen gleich zu machen. Das gelingt Dem Künstler. Da er ihm die Ringe bringt, Kann selbst der Vater seinen Musterring 180. Nicht unterscheiden. Froh und freudig ruft Er seine Söhne, jeden insbesondre; Giebt jedem insbesondre seinen Segen, — Und seinen Ring, —und stirbt. — Du hörst doch, Sultan? S. (der sich betroffen von ihm gewandt). Lüben und Nacke, Lesebuch. Vi. 5

4. Theil 6 - S. 67

1874 - Leipzig : Brandstetter
Unmittelbar aus seines Vaters Hand 230. Den Ring zu haben — wie auch wahr! — nachdem Er von ihm lange das Versprechen schon Gehabt, des Ringes Vorrecht einmal zu Genießen. — Wie nicht minder wahr! — Der Vater, Betheur'te jeder, könne gegen ihn Nicht falsch gewesen sein; und eh' er dieses Von ihm, von einem solchen lieben Vater, Argwöhnen lass': eh' muss' er seine Brüder, So gern er sonst von ihnen nur das Beste Bereit zu glauben sei, des falschen Spiels 240. Bezechen; und er wolle die Verräther Schon auszufinden wissen, sich schon rachen. S. Und nun, der Richter? — Mich verlangt zu hören. Was du den Richter sagen lässest. Sprich! N. Der Richter sprach: Wenn ihr mir nun den Vater Nicht bald zur Stelle schasst, so weis' ich euch Von meinem Stuhle. Denkt ihr, daß ich Räthsel Zu lösen da bin? Oder harret ihr, Bis daß der rechte Ring den Mund eröffne? — Doch halt! Ich höre ja, der rechte Ring 250. Besitzt die Wunderkraft, beliebt zu machen, Vor Gott und Menschen angenehm. Das muß Entscheiden! denn die falschen Ringe werden Doch das nicht können! — Nun, wen lieben zwei Von euch am meisten? — Macht, sagt an! Ihr schweigt? Die Ringe wirken nur zurück? und nicht Nach außen? Jeder liebt sich selber nur Am meisten? — O, so seid ihr alle drei Betrogene Betrüger! Eure Ringe Sind alle drei nicht echt. Der echte Ring 260. Vermuthlich ging verloren. Den Verlust Zu bergen, zu ersetzen, ließ der Vater Die drei für einen machen. S. Herrlich! herrlich! N. Und also, fuhr der Richter fort, wenn ihr Nicht meinen Rath, statt meines Spruches, wollt: Geht^nur! — Mein Rath ist aber der: ihr nehmt Die Sache völlig wie sie liegt. Hat von Euch jeder seinen Ring von seinem Vater: Lo glaube jeder sicher seinen Ring 270. Den echten. — Möglich, daß der Vater nun Die Tyrannei des Einen Rings nicht länger In seinem Hause dulden wollen! — Und gewiß, Daß er euch alle drei geliebt und gleich

5. Theil 6 - S. 70

1874 - Leipzig : Brandstetter
70 360. N. (indem er Saladins Hand fahren läßt). Augenblicks! Und bei dem Andern Bleibt es doch auch? (Ab.) S. . Ah! daß ich meine Schwester Nicht horchen lassen! — Zu ihr! zu ihr! — Denn Wie soll ich alles das ihr nun erzählen? (Ab von der andern Seite.) Christoph Martin Wieland, geb. den 5. Sept. 1733 zu Oberholzheim bei Biberach, erhielt schon sehr früh Unterricht von seinem Vater, kam nach dem 14. Lebensjahre auf die Schule zu Kloster Bergen bei Magdeburg, dann auf die Universitäten Erfurt und Tü- bingen, um Jurisprudenz zu studiren, besuchte auf Bodmers Einladung 1752 die Schweiz, ward 1760 Kanzleidirector in Biberach, 1769 Professor der Phi- losophie in Erfurt, >772 Prinzenerzieher in Weimar, starb den 20. Jan. 1813. — Rittergedichte (Oberon), komische Erzählungen und Märchen, Didaktisches, Dramatisches, Romane (Agathon, Aristippus, die Abderiten u. A.). 36. An Kleonidüs. Sokrates. (Aus Aristipp. Thl. 1.) Du zweifelst nicht, daß eine meiner ersten Sorgen war, mich von Antisthenes bei seinem ehrwürdigen Freunde (Sokrates) ein- führen zu lassen. Es wäre schwer, dir den Eindruck zu beschreiben, womit mich der erste Anblick dieses außerordentlichen Mannes überraschte. Meine Einbildungskraft (welcher ich überhaupt wenig Gehör zu geben Pflege, weil sie mich fast immer irre führt) hatte sich ohne Zuthun meines Willens eine Vorstellung gemacht, wie Jemand aussehen müsse, um Sokrates zu sein: und nun fand sich's, daß diese Vorstellung unter allen Sterblichen Keinem weniger anpaßte, als dem wirklichen Sokrates. Ich stand einen Augenblick etwas betroffen da, war aber kaum eine halbe Stunde bei ihm gewesen, als ich nicht nur mit dem Unerwarteten in seiner Gesichtsbildung völlig ausgesöhnt war, sondern mir sogar schon in den Kopf gesetzt hatte, daß er so aussehen müsse, und daß kein anderes Aeußer- liches geschickter gewesen wäre, seinen innern Charakter schneller anzukündigen und stärker auszusprechen, als gerade dieses. Denke dir einen korpulenten, breitschultrigen alten Mann, mit einem bis an die Seitenhaare kahlen Silenenkopfe, und dem rüstigen An- sehen eines Abkömmlings der Sieger bei Marathon und Salamis; und ermiß nun selbst, welch' einen Contrast eine solche Figur mit der Erwartung eines jungen Menschen machte, der sich, nach einem ziemlich allgemeinen Vorurtheil, einen wegen seiner Weis-

6. Theil 6 - S. 72

1874 - Leipzig : Brandstetter
72 bin gewiß, diese sonderbare Mischung von Weisheit und Einfalt, von Ernst und Muthwillen, von Gleichmüthigkeit und genialischer Laune, Stolz und Bescheidenheit, Treuherzigkeit und Kausticität x), die das Eigenthümliche seines Charakters ausmacht, und wodurch er mit Einem Worte Sokrates ist, könnte gar nicht stattfinden, wenn ihm die Natur eine regelmäßige Gesichtsbildung gegeben hätte, und gerade diese, die er hat, sei diejenige, welche der in ihm wohnende Genius sich besser als eine andere anpassen konnte. 37. Oberon. Ein romantisches Heldengedicht in zwölf Gesängen. Erster Gesang. (Stanze 12—27.) 12. Drauf geht es mit verhängtem Zügel Auf Bagdad los. Stets denkt er, kommt es bald? Allein da lag noch mancher steile Hügel Und manche Wüstenei und mancher dicke Wald Dazwischen. Schlimm genug, daß in den Heidenlanden Die schöne Sprache von Ok was Unerhörtes war: Ist dies der nächste Weg nach Bagdad? fragt er zwar An jedem Thore, doch von keiner Seele verstanden. 13. Einst traf der Weg, der eben vor ihm lag, Auf einen Wald. Er ritt bei Sturm und Regen Bald links, bald rechts, den ganzen langen Tag, Und mußt' oft erst mit seinem breiten Degen Durch's wilde Gebüsch sich einen Ausgang hau'n. Er ritt bergan, um freier umzuschaun. Weh' ihm! der Wald scheint sich von allen Seiten, Je mehr er schaut, je weiter auszubreiten. 14. Was ganz natürlich war. däucht' ihm ein Zauberspiel. Wie wird ihm erst, da in so wilden Gründen, Woraus kaum möglich war, bei Tage sich zu finden, Zuletzt die Nacht ihn überfiel! Sein Ungemach erreichte nun den Gipfel, Kein Sternchen glimmt durch die verwachs'nen Wipfel: Er führt sein Pferd, so gut er kann, am Zaum, Und stößt bei jedem Tritt die Stirn an einen Baum. 15. Die dichte, rabenschwarze Hülle, Die um den Himmel liegt, ein unbekannter Wald, Und, was zum ersten Mal in seine Ohren schallt, st Das Brennende, Beizende, Netzende, hier so viel als scharf treffendes Urtheil.

7. Theil 6 - S. 73

1874 - Leipzig : Brandstetter
73 Der Löwen donnerndes Gebrülle Tief ans den Bergen her, das, durch die Todesstille Der Nacht noch schrecklicher, von Felsen wicderhallt: Den Mann, der nie gebebt in seinem ganzen Leben, Den machte alles dies zum ersten Mal erbeben! 16. Auch unser Held, wiewohl kein Weibcssohn Ihn jemals zittern sah, fühlt' doch bei diesem Ton An Arm und Knie die Sehnen sich entstricken. Und wider Willen läuft's ihm eiskalt über'n Rücken. Allein den Muth, der ihn nach Babylon Zu gehen treibt, kaun keine Furcht ersticken; Und mit gezognem Schwert, sein Roß stets an der Hand, Ersteigt er einen Pfad. der sich zum Felsen wand. 17. Er war nicht lange fortgegangen, So glaubt er in der Fern' den Schein von Feuer zu seh'n. Der Anblick pumpt sogleich mehr Blut in seine Wangen, Und zwischen Zweifel und Verlangen. Ein menschlich Wesen vielleicht in diesen öden Höh'n Zu finden, fährt er fort, dem Schimmer nachzugeh'n, Der bald erstirbt und bald sich wieder zeiget, Sowie der Pfad sich senket oder steiget. 18. Auf einmal gähnt im tiefsten Felsengrund Ihn eine Höhle an, vor deren finsterm Schlund Ein prasselnd Feuer flammt. Zn wunderbaren Gestalten Ragt aus der dunkeln Nacht das angestrahlte Gestein, Mit wildem Gebüsche versetzt, das aus den schwarzen Spalten Herabnickt und int Wiederschein Als grünes Feuer brennt. Mit lustvermengtem Grauen Bleibt unser Ritter steh'n, den Zauber anzuschauen. 19. Indem schallt aus dem Bauch der Gruft ein donnernd Halt! Und plötzlich stand vor ihm ein Alaun von rauher Gestalt, Mit einem Mantel bedeckt von wilden Katzenfellen, Der, grob zusammen geflickt, die rauhen Schenkel schlug; Ein graulich schwarzer Bart hing ihm in Uansen Wellen Bis auf den Magen herab, und auf der Schulter trug Er einen Gedernast als Keule, schwer genug, Den größten Stier auf einen Schlag zu fällen. 20. Der Ritter, ohne vor dem Mann Und seiner Ceder und seinem Bart zu erschrecken, Beginnt in der Sprache von Ok, der einz'gen, die er kann, Ihm seinen Nothstand zu entdecken. „Was hör' ich?" ruft entzückt der alte Waldmann aus: „O süße Musik vom Ufer der Garonne! Schon sechzehumal durchläuft den Steruenkreis die Sonne, Und alle die Zeit entbehr' ich diesen Ohrenschmaus.

8. Theil 6 - S. 75

1874 - Leipzig : Brandstetter
Preiswerten Herrn, mit dem in meiner bessern Zeit Ich manches Abenteu'r in Schimpf und Ernst bestanden! Ihr hüpftet noch im ersten Flügelkleid, Als wir zum heil'gen Grab zu fahren uns verbanden. 27. Wer hätte dazumal gedacht, Wir würden uns in diesen Felsenschlünden Auf Libanon nach achtzehn Jahren finden? Verzweifle Keiner je, dem in der trübsten Nacht Der Hoffnung letzte Sterne schwinden! Doch, Herr, verzeiht, daß mich die Freude plaudern macht. Laßt mich vielmehr vor allen Dingen fragen, Was für ein Sturmwind Euch in dieses Land verschlagen?" Göttlich Konrad Pfeffel, geb. den 28. Juni 1736 zu Kolmar im Elsaß, studirte nach zurückgelegtem 15. Jahre in Halle Jurisprudenz, erblindete im 21. Jahre, gründete 1773 ein Erziehungsinstitut in seiner Vaterstadt, das während der Revolution einging, wurde 1803 Präsident des Consistoriums, starb den 1- Mai 1809. —-Fabeln (Das Johanniswürmchen. Iii. Thl. Nr. 59. Hund und Kuh. Iii. 126.^.Die Stufenleiter Iv. 101.), Parabeln, poetische Erzählungen. Johann Jakob Engel, geb. den 11. Sept- 1741 zu Parchim in Mecklenburg, besuchte anfangs die Ortsschule, dann das Gymnasium und zwei- Jahre darauf die Akademie ^u Rostock, um Theologie zu studiren, 1765 Leipzig, wo er sich der Philosophie und Philologie widmete, wurde 1776 Prof, am Joachimsthaler Gymnasium zu Berlin. Lehrer der Prinzen und Prinzessinnen des königl. Hauses, nament- lich auch Friedrich Wilhelms Iii-, 1787 Director des Berliner Theaters, starb auf einer Reise in Parchim den 28. Juni 1802. — Populäre philosophische Schriften („Der Philosoph für die Welt."), Schauspiele („Lorenz Stark."). 38. Lebensweisheit des alten Witt. Herr Tobias Witt war aus einer nur mäßigen Stadt ge- bürtig, und nie weit über die nächsten Dörfer gekommen. Den- noch hatte er mehr von der Welt gesehen, als Mancher, der sein Erbtheil in Paris oder Neapel verzehrt hat. Er erzählte gern allerhand Geschichtchen, die er sich hie und da aus eigner Er- fahrung gesammelt hatte. Poetisches Verdienst hatten sie wenig, aber desto mehr praktisches, und das Besonderste an ihnen war, daß ihrer je zwei und zwei zusammengehörten. Einmal lobte ihn ein junger Bekannter, Herr Till, seiner Klugheit wegen. — Ei! fing der alte Witt an und schmunzelte: wär' ich denn wirklich so klug?

9. Theil 6 - S. 77

1874 - Leipzig : Brandstetter
77 Ach, nicht doch! nicht doch, Herr Flau! Gehn muß Er immer darnach, aber sich nur hübsch in Acht nehmen, wie Er's Gesicht trägt. Was? Wie ich's Gesicht trage? — Ja, Herr Flau! Wie Er's Gesicht trägt. Ich will's Ihm erklären. — Als da mein Nachbar zur Linken sein Haus baute, so lag einst die ganze Straße voll Balken und Steine und Spar- ren: und da kam unser Bürgermeister gegangen; Herr Trick, damals noch ein blutjunger Rathsherr: der rannte, mit von sich geworfenen Armen, in's Gelag hinein, und hielt den Nacken so steif, daß die Nase mit den Wolken so ziemlich gleich war. — Plump! lag er da, brach ein Bein und hinkt noch heutiges Tages davon. — Was will ich nun damit sagen, lieber Herr Flau? — Ei, die alte Lehre: Du sollst die Nase nicht allzuhoch tragen! Ja, sieht Er? Aber auch nicht allzuniedrig. — Denn^nicht lange darnach kam noch ein Anderer gegangen; das war der L>tadt- poete, Herr Schall: der mußte entweder Verse oder Haussorgen im Kopfe haben; denn er schlich ganz trübsinnig einher und guckte in den Erdboden, als ob er hineinsinken wollte. — Krach! riß ein Seil, der Balken herunter, und wie der Blitz vor ihm nieder. — Vor Schrecken fiel der arme Teufel in Ohnmacht, ward krank und mußte ganze Wochen lang aushalten. — Merkt Er nun wohl, was ich meine, Herr Flau? wie man's Gesicht tragen muß? Sie meinen, so hübsch in der Mitte. — Ja freilich! daß man weder zu keck in die Wolken, noch zu scheu in den Erdboden sieht. — Wenn man so die Augen fein ruhig, nach oben und unten und nach beiden Seiten umher wirft, so kommt man in der Welt schon vorwärts, und mit dem Unglück hat's so leicht nichts zu sagen. Noch ein andermal besuchte den Herrn Witt ein junger An- fänger, Herr Mills; der wollte zu einer kleinen Speculation Geld von ihm borgen. — Viel, fing er an, wird dabei nicht herauskommen; das seh' ich vorher; aber es rennt mir so von selbst in die Hände. Da will ich's doch mitnehmen. Dieser Ton stand dem Herrn Witt gar nicht an. — Und wie viel meint Er denn wohl, lieber Herr Mills, daß Er braucht? — Ach, nicht viel! Eine Kleinigkeit! Ein hundert Thälerchen etwa. — Wenn's nicht mehr ist: die will ich Ihm geben. Recht gern! — Und damit Er sieht, daß ich Ihm gut bin, so will ich Ihm obendrein noch etwas Anderes geben, das unter Brüdern seine tausend Reichsthaler werth ist. Er kann reich damit werden. — Aber wie, lieber Herr Witt? Obendrein!

10. Theil 6 - S. 79

1874 - Leipzig : Brandstetter
79 Sieht Er, Herr Mills? Es wird schon werden. Das war ganz recht. — Wenn man von einem Freunde borgt, so muß man sprechen, wie der Herr Tonnn; und wenn man einem Freunde aus der Noth hilft, so muß man sprechen, wie der Herr Grell. Christian Garde, geb. den 7. Jan. 1742 zu Breslau, besuchte das Gymnasium seiner Geburts- stadt, studirte 1763 in Halle Philosophie und Mathematik, ward 1768 Pro- fessor in Leipzig tgellerts Nachfolger), kehrte 1770 nach Breslau zurück, starb nach längeren Leiden den 1. Dee. 1798. — Abhandlungen über Gegenstände der Moral, Aesthetik, Literatur, Briese, Uebersetzungen. 39. Das Weihnachtsgeschenk. Ich nahm von der Toilette eines jungen Frauenzimmers ein Buch auf und begriff nicht, warum sie es so eilfertig wegriß. Sie erröthete über den Verdacht, den sie zu erwecken schien, und las mir zu ihrer Rechtfertigung die ersten Seiten vor, die von der Hand ihres Vaters waren. Ich bat sie um eine Abschrift, und sie war gütig genug, mir eine zu geben. Hier ist sie: „So ein unbedeutendes Geschenk einige leere Blätter schei- nen möchten, so sind doch gewiß an dem heutigen Tage, an den: selbst der Geiz und die Armuth freigebig werden, wenige mit so gutem Herzen gemacht worden, und vielleicht keines, das dem Beschenkten so nützlich wäre, als du dieses dir machen kannst. Ich habe es dir schon mehrmal gesagt: Ein wenig Athem oder ein paar Federstriche, die wir für unsre Gedanken aufwenden, so schwer uns auch manchmal Beides ankommen mag, werden reichlich wieder durch die Deutlichkeit, die Ordnung und das Le- den eingebracht, das eben diese Gedanken dadurch erhalten. Es ist seltsam, daß man sich von einer so kleinen Ursache so große Wirkungen verspricht; aber es ist wahr. So lange der Mensch nicht reden konnte, so sah, hörte, fühlte und schmeckte er bloß, aber er dachte nicht. So lange der Mensch nicht schreiben konnte, dachte er wenig und redete schlecht. Die Zunge und der Griffel machten endlich den Menschen zu dem, was er werde» sollte. Seine Begriffe wurden hell, indem er sie mitzutheilen suchte; sie wurden methodisch, indem er ihnen eine gewisse Fortdauer gab, die sie der Verbesserung und Ausbildung fähig machte. Und dieser Weg, den das ganze menschliche Geschlecht nahm, um klüger zu werden, ist auch immer noch der einzige für den einzelnen Menschen. Du, mein Kind, hast schon den einen großen Schritt zur Weisheit gethan. Du hast Weise reden hören, oder hast das
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