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1. Dichtung des Mittelalters - S. IV

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
Iv Vorwort. Dichtungen, eine -beträchtliche Beschränkung des bisherigen Lehr- stoffes. Einmal kommt das Studium der mittelhochdeutschen Sprache und die viele Zeit in Anspruch nehmende erklärende Lektüre einzelner in derselben geschriebenen Werke ganz in Ausfalls und sodann ist die Litteraturgeschichte, die als selbständiger Lehrgegenstand der Universität vorzubehalten ist, nur insoweit zu behandeln, als sie auf Lektüre gegründet ist. Demnach ist das systematische Studium der gesamten Litteraturgeschichte mit einer oft eingehenden Behandlung der Perioden der Verflachung und des Verfalles der Poesie, wie es auf einzelnen Lehranstalten geübt wurde, mit Recht gestrichen. Daß aber für die Hanptepochen der Litteratur, mit denen der Schüler bekannt gemacht werden soll, und für eine dankbare Würdigung der Heroen derselben eine dem Standpunkte des Schülers angepaßte litterarhistorische Erläuterung nicht zu entbehren ist, liegt hinreichend klar vor Augen. Ich habe mich bemüht, in dem vorliegenden ersten Teile des Lese- buches diesen Bestimmungen gerecht zu werden. Zum Hinweise auf die Sprachnnterschiede und den Sprachklang sind im Originaltexte nur geboten das Hildebrandslied, das erste Abenteuer aus den Nibelungen und neben dem ersten Minneliedchen auf S. 158 der Preisgesang Walthers auf Deutschland. Die gegebenen Übersetzungen sind mit Ausnahme des bedeutsamen Hildebrandsliedes ausschließlich den Werken der ersten Blüteperiode entnommen. Bei dieser Einschränkung konnte, besonders in Berücksichtigung der obigen Bestimmung' betreffs der Privatlektüre, welcher manche Teile des Lesebuches zugewiesen werden können, die Aus- lese ans dem Nibelungenliede und der Gudrnn, aus den Werken der d r e i H a u p t v e r t r e t e r des h ö f i s ch e n Epos, den Liedern Walthers von dervogel weide und den Sprüchen aus F rei d a n ks Bes ch ei de ri- tz eit um so reichhaltiger und ausgiebiger sein. Es ging dabei mein 1 Sache der Lehrer, von denen manche den Ausfall des Mittelhochdeutschen ungern gesehen haben, wird es bleiben müssen, den Schillern einen Blick in die Entwicklung unserer Sprache (vgl. § 1 und 2) zu eröffnen und einzelne Ausdrücke in den Übersetzungen, die mehrfach Anlaß zu lehrreichen und interessanten sprach- lichen Bemerkungen bieten, für diesen Zweck zu verwerten.

2. Dichtung des Mittelalters - S. VII

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
Inhaltsverzeichnis Einleitung. Die deutsche Sprache in ihrer Verwandtschaft zu den übrigen Sprachen des indogermanischen Sprachstammes und ihre Haupt m nn d arten. Seite § 1. Die deutsche Sprache in ihrer Verwandtschaft zu den übrigen Sprachen des indogermanischen Sprachstammes.............................1 § 2. Die germanischen oder deutschen Sprachen........................2 §3. Perioden der deutschen Litteraturgeschichte............................5 Erste Periode, bis 800. § 4. Heidnischer Volksgesang und Sageubildting............................6 Hildebrandslied (Originaltext und Übersetzung).......................7 Zweite Periode, von 800—1150. § 5. Die Poesie unter dem Einflüsse der Geistlichkeit....................10 Walthari-Lied ......................................................11 Dritte Periode, von 1150—1300, oder erste Gtüteperiode. § 6. Gründe der Blüte....................................................14 A. Epos. § 7. Arten des Epos......................................................15 I. Wokksepos. § 8. Inhalt und Form des Volksepos.......................................15 § 9. Nibelungenlied......................................................16 I. Abenteuer: Wie Kriemhilden träumte (Originaltext und Übersetzung) 18 Ii- „ Von Siegfrieden...............................................22 Iii. „ Wie Siegfried nach Worms kam .... 22 Iv. „ Wie Siegfried mit den Sachsen stritt .... 26 V. „ Wie Siegfried Kriemhilden zuerst ersah ... 28 Vi. „ Wie Günther um Brunhild gen Jsenland fuhr . . 32 Vii. „ Wie Günther Brunhildeu gewann .... 32

3. Dichtung des Mittelalters - S. 3

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 2. Die germanischen ober deutschen Sprachen. 3 zug aus der ersteren vom isländischen Geschichtsschreiber Snorri Sturleson (um 1200), welche die Hauptfundgrube für die deutsche Mythologie bilden. 3. Die niederdeutschen, gesprochen in den flachen Gegenden des nördlichen Deutschlands, mit weichen Lauten. Zn denselben gehören die alt sächsische, die Mutter des heutigen Plattdeutschen; die nieder- ländische, das heutige Holländische und Vlämische; die friesische, nur noch in Westfriesland und auf den Inseln an den Küsten von Schleswig gesprochen; die angelsächsische, aus der unter Bei- mischung von romanischen Elementen das Englische entstand. 4. Die ober- oder hochdeutschen, gesprochen im gebirgigen süd- lichen Deutschland, mit härteren Lauten. Die wichtigsten derselben sind die alemannische (gesprochen in der Schweiz, den anstoßenden Teilen von Baden und Elsaß), fränkische, schwäbische, bayerische und ö st e r r e i ch i s ch e. Während das Niederdeutsche nur einige wenige Denkmäler auf- weisen kann, ist das Hochdeutsche, entsprechend der höheren politischen Bedeutung der dasselbe redenden Volksstümme Süddeutschlands, reich an bedeutungsvollen Werken. Dasselbe hat sich infolge mehrfacher Ver- änderungen zu folgenden drei Perioden entwickelt: 1. Die Periode des Althochdeutschen, welche etwa bis zum Jahre 1100 reicht und neben der bayerischen und alemannischen Mundart vor- zugsweise die fränkische zur Entwicklung bringt. Rücksichtlich des Gotischen in den Flerionsformcn schon vereinfacht, da besondere Vokativ-, Dual- und Passivformen bereits geschwunden sind, zeigt die althochdeutsche Sprache eine größere Mannigfalligkeit von Vokalen l. Die vokalischen Laute ver- lieren jedoch bei dem Streben der Sprache, der Wurzelsilbe den Ton zu geben, in den Flexionsendungen mehr und mehr den Ton, bis sie im Mittelhochdeutschen, besonders aber im Neuhochdeutschen, in ein farbloses e übergehen, z. B. salboäa — salbete. Im Althochdeutschen zeigt sich auch in weiterer Ausdehnung das bereits oben angezogene Gesetz der Lautverschiebung, so benannt von Jakob Grimm, dem bedeutendsten Forscher auf dem Gebiete der vergleichenden Sprachwissen- schaft (Gründer derselben Franz Bopp, 1791—1867 ). Nach diesem Gesetze verändern sich die stummen Konsonanten oder Muten urverwandter Wörter, zunächst des Sanskrit, Griechischen, Lateinischen oder einer andern der oben genannten urver- wandten Sprachen, derartig in den deutschen Sprachen, namentlich der gotischen und den niederdeutschen, daß aus einer Media (b, d, g) eine Tennis (p, t, k), aus dieser eine Aspirate (ph, th, ch) und aus dieser eine Media wird. Dieselbe Verschiebung findet sich, wenn auch in geringerer Konsequenz und mit Veränderung der Aspiraten 1 Hatte die gotische Sprache nur drei kurze Vokale (a, i, u) und zwei lange (c und 6), so besitzt die althochdeutsche fünf kurze (a, i, u, e, o) und fünf lange (a, i, ü, e, 6). 1

4. Dichtung des Mittelalters - S. 8

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
Erste Periode, bis 800. „dat sagetun Ini üsere liuti, alte anti trete, dea er bina wamn, clat üiltibrant liaetti min tater: ili lieittu Iladubrant. kern lier ostar giweit, floh her Otachres nid, hina miti Theotrihhe, enti sinero deganó filu. her furlaet in lante lottila sitten prüt in bure, barn unwahsan, arbeolaosa: her raet ostar hina. sid Dètrìhhe (larbä gistuontun fateres mines. dat was so friuntlaos man : her was Otachre ummett irri, (legano dechisto was er Deotrichhe. her was eo solches at ente: imo was eo fehta ti loop; ehud was her * chónnèm mannum. ni wànju ih ju lib habbè“ * „wettn irmingot obana ab bevane, dat du neo dana halt dine ni gileitós mit sus sippan man“ * want her do ar arme wuntane bougà, cheisuringù gitàn, so imo se der chuning gap, Hùneó truhtìn : „dat ih dir it nu bi fluidi gibu.“ Hadubrant gimàlta, Hiltibrantes sunu, „mit gern scal man geba infàhan, „Das sagten mir unsere Leute, alte und erfahrene, die eher hinstarben, daß Hildebrand hieße mein Vater: ich heiße Hadubrand. Vordem er ostwärts zog, floh er Otachers Neid von hinnen mit Theodrich, und seiner Degen viele. Er ließ im Lande jung sitzen die Gattin im Hause, das Kind unerwachsen, erbelos: er ritt ostwärts hin. Seitdem Dietrich Entbehrungen entstunden meines Vaters. Das war so freundloser Mann: er war auf Otacher unmäßig erbittert, der Degen liebster war er Dietrich. Er war stets an des Volkes Spitze: ihm war stets Gefecht zu lieb; kund war er* kühnen Männern. shabe" * Nicht wähne ich, daß er noch das Leben „Zum Zeugen ruf ich Irmingot oben vom Himmel, daß du nie dann wahrlich Streit nicht führtest mit so verwandtem Manne" * Wand er da vom Arme gewundene Ringe aus Kaisermünzen gemacht, wie ihm sie der König gab, der Hunnen Herr: „Daß ich dir nun es aus Huld gebe." Hadubrand redete, Hildebrands Sohn: „Mit dem Ger soll der Mann Gabe empfahn:

5. Dichtung des Mittelalters - S. 9

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
9 § 4. Heidnischer Volksgesang und Sagenbildnng. Ort widar orte. du bist dir, alter Hün, uramet spáhér: spenis mih * mit dinern wortun, wili mih díníi sperú werpan. pist also gialtet man, so du éwin inwit förtös. dat sagétun mi séolídanté westar ubar wentilsaeo, dat inan wie furnam: tot ist Hiltibrant, Heribrantes suno.“ Hiltibrant gimahalta, Heribrantes suno, „wela gisihu ih in dinern hrustim, dat du habes líeme herrón götan, dat du noh bi desemo riebe reccheo ni wurti *** „welaga nu, waltant got! wéwurt skihit. ih wallóta sumaró enti wintró sehstic, dar man mih eo scerita in folc sceotantero; so man mir at hure aenigeru hanun ni gifasta : nu scal mih suásat chind svertü. hauwan, bretón mit sinu billjü, eddo ih imo ti banin werdan. doli mäht du nu aodlihho, ibu dir din eilen taoe, in sus héremo man hrusti giwinnan, rauba birahanen, ibu du dar enic reht habes *** „der si doli i*u argósto östarliuto, der dir nu wiges warne, nu dih es so wel lustit. Spitze nnber Spitze. Du bist dir, alter Hunne, unmäßig schlau: lockest mich * mit deinen Worten, willst mich mit deinem Speere werfen. Du bist ein so gealterter Mann, wie du ewigen Trug führtest. Das sagten mir Seefahrende westwärts über den Wendelsee, daß ihn der Kampf dahinnahm: tot ist Hildebrand, Heribrands Sohn." Hildebrand redete, Heribrands Sohn: „Wohl sehe ich an deiner Rüstung, daß du habest daheim einen guten Herrn, daß du noch bei diesem Reiche Verbannter nicht wurdest *** „Weh nun, waltender Gott! Wehgeschick geschieht. Ich walte der Sommer und Winter sechzig, wo man mich stets scharte ins Volk Schießender; so man mir bei irgend einer Burg den Tod nicht beibrachte: nun soll mich das eigene Kind mit dem Schwerte hauen, niederstrecken mit seinem Beile, oder ich ihm zum Mörder werden. Doch magst du nun leicht, wenn dir deine Kraft taugt, an so hehrem Manne Rüstung gewinnen, Raub erbeuten, wenn du da einiges Recht hast*** „Der sei doch nun der ärgste der Ostleüte, der dir nun den Kampf weigerte, nun dich dessen so wohl gelüstet.

6. Dichtung des Mittelalters - S. 19

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 9. Das Nibelungenlied. Die Herren waren milde, dazu von hohem Stamm, Unmaßen kühn von Kräften, die Necken lobesam. Nach den Bnrgunden war ihr Land genannt; Sie schufen starke Wunder noch seitdem in Etzels Land. Zu Worms am Rheine wohnten die Herrn in ihrer Kraft. Von ihren Landen diente viel stolze Ritterschaft Mit rühmlichen Ehren all ihres Lebens Zeit, Bis jämmerlich sie starben durch zweier edlen Frauen Streit. Ute hieß ihre Mutter, die reiche Königin, Und Dankrat der Vater, der ihnen zum Gewinn Das Erbe ließ im Tode, vordem ein starker Mann, Der auch in seiner Jugend großer Ehren viel gewann. Die drei Kön'ge waren, wie ich kund gethan, Stark und hohen Mutes; ihnen waren Unterthan Auch die besten Recken, davon man hat gesagt, Von großer Kraft und Kühnheit, in scharfen Streiten unverzagt. Das war von Tronje Hagen und auch der Bruder sein, Dankwart der schnelle; von Metz Herr Ortewein; Die beiden Markgrafen Gere und Eckewart; Volker von Alzeie, an allen Kräften wohlbewahrt; Oie Herren wären rnilte, von aräe hohe erdorn, mit kraft unmäzen küene, die recken uz erkorn. da zen Bürgönden so was ir lant genant, si frumten starkin wunder sit in Etzelen lant. Ze Wormse bi dem Rine si wenden mit ir kraft. in diende von ir landen vil stolzin ritterscaft mit lobelichen eren unz an ir endes zit. si stürben jaemerliche sint von zweier edelen frouwen nit. Ein richiu küneginne, frou Uote ir muoter hiez: ir vater der hiez Dancrät,- der in diu erbe liez sit nach sime lebene, ein ellens richer man, der ouch in siner jugende grozer eren vil gewan. Die drie künege waren, als ich gesaget han, von vil hohem eilen: in wären undertän ouch die besten recken, von den man hat gesaget, starc und vil küene, in scarpfen stiften unverzaget. Daz was von Tronege Hagene und ouch der bruoder sin, Dancwart der vil snelle, von Metzen Ortwin, die zwene maregräven Gere und Ekkewart, Volker von Alzeije, mit ganzem eilen wol bewart.

7. Dichtung des Mittelalters - S. 21

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 9. Das Nibelungenlied. 21 „Was sagt Ihr mir vom Manne, vielliebe Mutter mein? Ohne Reckenminne will ich immer sein; So schön will ich verbleiben bis an meinen Tod, Daß ich von Mannesminne nie gewinnen möge Not." „Berred' es nicht so völlig," die Mutter sprach da so; „Sollst du je auf Erden von Herzen werden froh, Das geschieht von Mannesminne: du wirst ein schönes Weib, Will Gott dir noch vergönnen eines guten Ritters Leib." „Die Rede laßt bleiben, vielliebe Mutter mein. Es hat an manchen Weiben gelehrt der Augenschein, Wie Liebe mit Leide am Ende gerne lohnt: Ich will sie meiden beide, so bleib' ich sicher verschont." Kriemhild in ihrem Mute hielt sich von Minne frei. So lief noch der Guten manch lieber Tag vorbei, Daß sie niemand wußte, der ihr gefiel zum Mann, Bis sie doch mit Ehren einen werten Recken gewann. Das war derselbe Falke, den jener Traum ihr bot, Den ihr beschied die Mutter. Ob seinem frühen Tod Den nächsten Anverwandten wie gab sie blut'gen Lohn! Durch dieses Einen Sterben starb noch mancher Mutter Sohn. ______________ (Simrock.) „Waz saget ir mir von manne, vii liebiu muoter mm? âne recken minne so wil ich immer sin. sus scoene ich wil beliben unz an minen tôt, daz ich von mannes minne sol gewinnen nimmer not.“ „Nu versprich ez niht ze sère,“ sprach aber ir muoter dò, „soltu immer herzenliche zer werlde werden vro, daz geseiht von mannes minne. du wirst ein scoene wip, ob dir noch got gefüeget eins rehte guoten ritters lip.“ „Die rede lat beliben,“ sprach siu, „frouwe min. ez ist an manegen wiben vii dicke worden sein wie liebe mit leide ze jungest Ionen kan. ich sol si miden beide; son' kan mir nimmer missegän.“ Kriemhilt in ir muote sich minne gar bewac. sit lebete diu vii guote vii manegen lieben tac, daz sine wesse niemen, den minnen weide ir lip. sit wart siu mit êren eins vil küenen recken wip. Der was derselbe valke, den si in ir troume sach, den ir besciet ir muoter. wie sère siu daz rach an ir næhsten mâgen, die in sluogen sind! durch sin eines sterben starp vii maneger muoter kint. (Bartsch.)

8. Dichtung des Mittelalters - S. 22

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
22 Dritte Periode, von 1150—1300. Zweites Abenteuer. Von Siegfrieden. Da wuchs im Niederlande eines edlen Königs Kind, Siegmund hieß sein Vater, die Mutter Siegelind, In einer mächt'gen Feste, weithin wohlbekannt, Unten am Rheine; Tanten war sie genannt. Ich sag' euch von dem Degen, wie so schön er ward. Er war vor allen Schanden immer wohl bewahrt. Stark und hohen Namens ward bald der kühne Mann; Hei! was er großer Ehren auf dieser Erde gewann! Siegfried war geheißen der edle Degen gut. Er erprobte viel der Recken in hochbeherztem Mut. Seine Stärke führt' ihn in manches fremde Land: Hei! was er schneller Degen bei den Burgunden fand! Bevor der kühne Degen voll erwuchs zum Mann, Da hatt' er solche Wunder mit seiner Hand gethan, Davon man immer wieder singen mag und sagen: Wir müssen viel verschweigen von ihm in heutigen Tagen. Sorgfältig erzogen, wird er mit 400 Altersgenossen zum Ritter geschlagen und kämpft mit in den fröhlichen Ritterspielen, die sieben Tage währen. Drittes Abenteuer. Wie Siegfried nach Worms kam. Ihm rieten feine Freunde und die in seinem Lehn, Hab' er stäte Minne sich zum Ziel erseh'n, So soll' er werben, daß er sich der Wahl nicht dürfe schämen. Da sprach der edle Siegfried: „So will ich Kriemhilden nehmen, „Die edle Königstochter von Burgundenland, Um ihre große Schöne. Das ist mir wohl bekannt, Kein Kaiser sei so mächtig, hätt' er zu frei'n im Sinn, Dem nicht zu minnen ziemte diese reiche Königin." Solche Märe hörte der König Siegmund. Es sprachen seine Leute: also ward ihm kund Seines Kindes Wille. Es war ihm höchlich leid, Daß er werben wolle um diese herrliche Maid. Es erfuhr es auch die Königin, die edle Siegelind: Die mußte große Sorge tragen um ihr Kind, Weil sie wohl Günthern kannte und die in seinem Heer; Die Werbung dem Degen zu verleiden, fliß man sich sehr. Doch Siegfried, voll kühner Zuversicht, bittet um zwölf Recken zur Fahrt nach Worms und gelangt, nachdem sein Wunsch schnell, aber unter bangen Sorgen er- füllt ist, schon am siebenten Tage mit seinen Mannen an den Hof Günthers, wo alle erstaunt ihn mit den Seinen anschauen.

9. Dichtung des Mittelalters - S. 23

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 9. Das Nibelungenlied. 23 Nun waren auch die Mären dem König schon gesagt, Daß auf dem Hofe wären Ritter unverzagt: Sie führten lichte Panzer und herrlich Gewand; Sie erkenne niemand in der Burgunden Land. Den König nahm es wunder, woher gekommen sei'n Die herrlichen Recken im Kleid von lichtem Schein Und mit so guten Schilden, so neu und so breit. Daß ihm das niemand sagte, das war König Günthern leid. Zur Antwort gab dem König von Metz Herr Ortewein; Stark und kühnen Mutes möcht' er wohl sein: „Da wir sie nicht erkennen, so heißt jemand geh'n Nach meinem Oheim Hagen: den sollt Ihr sie laßen seh'n. „Ihm sind wohl kund die Reiche und alles fremde Land: Erkennt er die Herren, das macht er uns bekannt." Der König ließ ihn holen und die in seinem Lehn: Da sah man ihn herrlich mit Recken hin zu Hofe geh'n. Warum nach ihm der König, fragt' Hagen da, geschickt? „Es werden fremde Degen in meinem Haus erblickt, Die niemand mag erkennen: habt Ihr in fernem Land Sie wohl schon gesehen? das macht mir, Hagen, bekannt." „Das will ich," sprach Hagen. Zum Fenster schritt er d'rauf: Da ließ er nach den Gästen den Augen freien Lauf. Wohl gefiel ihm ihr Geräte und all ihr Gewand; Doch waren sie ihm fremde in der Burgunden Land. Er sprach, woher die Necken auch kämen an den Rhein, Es möchten selber Fürsten oder Fürstenboten sein. „Schön sind ihre Roste und ihr Gewand ist gut: Von wannen sie auch ritten, es sind Helden hochgemut." Also sprach da Hagen: „Soviel ich mag versteh'n, Hab' ich gleich im Leben Siegfrieden nie geseh'n, So will ich doch wohl glauben, wie es damit auch steht, Daß er es sei, der Degen, der so herrlich dorten geht. „Er bringt neue Mären her in dieses Land: Die kühnen Nibelungen schlug des Helden Hand, Die reichen Königssöhne Schilbung und Nibelung; Er wirkte große Wunder mit des starken Armes Schwung. „Als der Held alleine ritt, aller Hülfe bar, Fand er an einem Berge, so hört' ich immerdar, Bei König Niblungs Horte manchen kühnen Mann; Sie waren ihm gar fremde, bis er hier die Kunde gewann.

10. Dichtung des Mittelalters - S. 28

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
28 Dritte Periode, von 1150—1300. „Gefangen hat sie beide Siegfriedens Hand: Nie so mancher Geisel kam in dieses Land, Als nun seine Kühnheit bringt an den Rhein." Ihr konnten diese Mären nicht willkommener sein. „Man führt der Gefunden fünfhundert oder mehr Und der zum Sterben Wunden, wißt, Königin hehr, Wohl achtzig blut'ge Bahren her in unser Land: Die hat zumeist verhauen des kühnen Siegfriedes Hand. „Die uns im Übermute widersagten hier am Rhein, Die müssen nun Gefangene König Günthers sein; Die bringt man mit Freuden her in dieses Land." Ihre lichte Färb' erblühte, als ihr die Märe ward bekannt. Ihr schönes Antlitz wurde vor Freuden rosenrot, Da lebend war geschieden aus so großer Not Der weidliche Recke, Siegfried, der junge Mann. Sie war auch froh der Freunde und that wohl weislich daran. Die Schöne sprach: „Du machtest mir frohe Mär bekannt: Ich lasse dir zum Lohne geben reich Gewand, Und zehn Mark von Golde heiß' ich dir tragen." D'rum mag man solche Botschaft reichen Frauen gerne sagen. Frohlockend zieht bald das Heer ein, und Siegfried wäre heimgekehrt, wenn nicht der Gedanke an die holde Maid ihn zurückgehalten hätte, da er sie bei einem Hosgelage, welches Günther angekündigt, zu sehen hofst. Aünftes Abenteuer. Wie Siegfried Lricmhilden zuerst ersah. Zur Feier des Hofgelages strömen von nah und fern die Gäste herbei. An einem Pfingstmorgen sah man sie alle geh'n Wonniglich gekleidet, viel Degen auserseh'n, Fünftausend oder drüber, dem Hosgelag entgegen. Da hub um die Wette sich viel Kurzweil allerwegen. Der Wirt hatt' im Sinne, was er schon längst erkannt, Wie von ganzem Herzen der Held von Niederland Seine Schwester liebe, sah er sie gleich noch nie, Der man das Lob der Schönheit vor allen Jungfrauen lieh. Er sprach: „Nun ratet alle, Freund oder Unterthan, Wie wir das Hofgelage am besten stellen an, Daß man uns nicht schelte darum nach dieser Zeit: Zuletzt doch an den Werken liegt das Lob, das man uns beut."
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