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1. Freie und Hansestadt Hamburg - S. 1

1911 - Leipzig : Voigtländer
Landes- und Provinzialgesrhichte. Heft 25. Anhang der in R. Voigtlnderz Verlag in Leipzig erschienenen geschichtlichen Lehrbcher. Ijreie und Hansestadt Kamburg. Von Dr. Ludolf Schmnkolv, Direktor )} der beiden ftaatl. Lehrerinnen- yz, Seminare. in Hamburg. I. Hamburg als geistliche Stadt \ 1. Die Stiftung Karls d. Gr. Auf dem Sdwestabhange des Hhenzugs, der sich nrdlich der Bille bis zur Alster hin vor-schiebt, lag in alten Zeiten, als die Sachsen hier noch frei von der Herrschaft der Franken lebten, ein heidnisches Heiligtum. Auf dessen Sttte (heute steht das Johanneum dort) errichtete Karl d. Gr. nach siegreich beendetem Sachsenkriege (811) eine christliche Kirche und setzte Heridag als Priester an derselben ein. Vor der Aus-fhrung seines Planes, hier ein Bistum als Ausgangspunkt fr die Mission in den heidnischen Nordlanden zu grnden, starb er. Ludwig der Fromme erhob die Stiftung seines Vaters zum Erz-bistum Hamburg. 2. Erzbischof Ansgar. Ansgar war ein Deutscher, seinen Geburtsort kennen wir nicht. Im Kloster Corbie bei Amiens verlebte er seine Jugendjahre. Eine leicht erregbare Phantasie lie den Knaben, den der Tod des Groen Karl tief erschtterte, oft im Traume die Maria und die Heiligen schauen, und in seinem religisen Gemte bildete sich schon frh der feste Vorsatz aus, dereinst als Heidenapostel fr die Sache Gottes zu wirken. Aus Corbie siedelte er mit in die schsische Tochterstiftung, ins Kloster Korvei im Wesertal, der und wurde hier, erst 22 Jahre alt, Vorsteher der Klosterschule. Von Korvei aus begleitete er den Dnenknig Harald, der sich am Hofe Kaiser Ludwigs hatte taufen lassen, in sein Reich. Sein Abt hatte ihn empfohlen als einen Mann voll glhenden Eifers fr den Glauben und voll Sehnsucht, um Christi willen zu dulden. Nach lngerem Wirken unter den Dnen und Schweden kehrte Ansgar an den kaiserlichen Hof zurck und wurde 831 zum ersten Erzbischof des neugegrndeten Erzbistums Harn- 1 G. Dehio, Geschichte des Erzbistums Hamburg-Bremen. 1974. Mit einer Geschichtskart c. 9. Auflage. 1911.

2. Freie und Hansestadt Hamburg - S. 2

1911 - Leipzig : Voigtländer
brg erwhlt. In Rom wurde er mit dem Pallium bekleidet und zugleich mit dem Missionsamte fr die nordischen Völker betraut. Allein nur ganz allmhlich gelang es Ansgar, dem Christentum festen Boden zu gewinnen. Er grndete ein Kloster mit Schule und Bibliothek, um Helfer fr das Missionsamt heranzubilden. Im Jahre 845 traf die junge Stiftung ein schwerer Schlag. Eines Abends erschienen pltzlich 600 nordische Piratenschiffe vor Ham-brg, plnderten und zerstrten die Stadt. Ansgar rettete nichts als das nackte Leben und die heiligen Reliquien. Hamburg war ein Trmmerhaufen. Ludwig der Deutsche nahm sich des Heimat-losen Kirchenfrsten an; auf seine Veranlassung ward Ansgar vom Papste Nikolaus I. mit dem Bistum Bremen betraut. Auerdem beschlossen die deutschen Bischfe auf einer Synode zu Mainz, da hinfort die Sprengel von Bremen und Hamburg eine einzige erz-bischfliche Dizese bilden sollten. Auch diesen Beschlu genehmigte der Papst. Ansgar kmpfte seine Gewissensbedenken gegen den Wechsel nieder und siedelte nach Bremen der, beseelt von dem Wunsche, die nordische Mission von neuem aufzunehmen, und in diesem Entschlu ermutigt durch die ihm nun zur Verfgung stehen-den reichen Mittel der Bremer Kirche. Das Werk, das er in jungen Jahren in den nrdlichen Lndern begonnen, war inzwischen durch Aufruhr des heidnischen Volkes zertrmmert. Ansgar begann seine Arbeit unermdlich von neuem, er gewann die Fürsten und durch sie das Volk. Bald war das Christentum in Dnemark und Schwe-den gesichert. Christliche Kirchen erstanden, und das Gelute der Glocken, einst den heidnischen Ohren so widrig, erscholl der das Land. Im 64. Lebensjahre rief der Tod Ansgar aus einem reich gesegneten Leben ab. Sein vertrauter Schler und Nachfolger im Amte, Rimbert, hat uns sein Leben beschrieben. Auf der Trost-brcke steht heute das Denkmal dieses ersten groen Mannes aus Hamburgs Geschichte. 3. Die Erzbischfe Adaldag und Unwan. Aus Rimberts und seiner nchsten Nachfolger Zeiten wissen wir der Hamburg kaum mehr, als da die Stadt während des Verfalls der karolingischen Monarchie oft von Raubzgen der Normannen und Slaven heimgesucht und zer--strt wurde. Die noch ganz aus Holz aufgefhrten Gebude konnten schnell vernichtet, aber bei dem damaligen Reichtum an Waldungen auch schnell wieder aufgebaut werden. Die nordische Mission lag in dieser Zeit danieder, erst unter Erzbischof Adaldag, dem Freunde der Dttonen, nahm sie neuen Aufschwung; das Erzstift gewann Suffragan-bistmer, Oldenburg, Schleswig.,,,.Ripen und Aarhus. Erzbischof Unwan, Zeitgenosse des letzt^Maa-enkaisers, Heinrichs Ii., gab dem Erzbistum eine Verfassung^>^em-%wff Mnchen bildete er das Domkapitel und vertraute ihm jotf^wn eimnscholastikus geleitete Schule an. 4. Erzbischof Admeht^Pe^bekannteste unter den Hamburger Erzbifchfen ist Adalbe^Erm^und Freund Kaiser Heinrichs Iv. Von edler Gestalt, regevmeim^amos in seinem Lebenswandel, wohlwollend gegen Nie^^,xa|^ystiptg gegen seinesgleichen, dabei

3. Freie und Hansestadt Hamburg - S. 3

1911 - Leipzig : Voigtländer
3 voll unbezhmbaren Ehrgeizes, hat dieser bedeutende Mann als Rat-geber der Kaiser, wie als Erzbischof groen Einflu ausgebt. Als Metropolit der skandinavischen Völker hat er die Orkneyinseln, selbst Island und Grnland in den Bereich der Hamburger Mission ge-zogen. Auch hat er gewaltige Plne in seinem ehrgeizigen Haupte erwogen. In Hamburg, seiner Lieblingsresidenz, wollte er ein nor-disches Patriarchat grnden, dem Erzbischse und Bischfe unter-geben sein sollten. Ein nordisches Rom mit dem Papste Adalbert! Ein khner Traum, aus dem er jh erweckt wurde! Durch eine Verschwrung der deutschen Fürsten wurde er gestrzt, sein Kaiser mute ihn fallen lassen. Bald darauf erfolgte eine gewaltige Er-Hebung des Heidentums, die das Christentum auf wendischem Boden nahezu vernichtete. Hamburg wurde durch den Wendenfrsten Kruto dem Erdboden gleichgemacht (1072) und die blhende Umgegend in eine Einde verwandelt. Die Bewohner wurden gettet oder flch-teten in die Harzwlder. Infolgedessen wurde der Sitz des Erz-bischoss auf immer aus dieser stets gefhrdeten Gegend nach Bremen verlegt. Erst nach langem Widerstreben bequemte sich das Ham-burger Domkapitel zu dem Vergleiche vom Jahre 1223, in dem der Titel des Erzbistums Hamburg auf Bremen bertragen wurde und das Hamburger Kapitel nur einen geringen Anteil an der Wahl des Erzbifchofs behielt. Etwa 30 Jahre schon nach Adalberts Tode stiftete Papst Paschalis Ii. das Erzbistum Lund in Schonen. Damit war die geistliche Leitung des germanischen Nordens den Hnden der Bremer Erzbischse entglitten. Ii. Hamburg unter den Schauenburgern. 1. Graf Adolf Ii. Im Jahre 1111 belehnte Lothar von Supplinburg, damals noch Herzog von Sachsen, den Schauenburger Grafen Adolf I. mit der Grafschaft Holstein-Stormarn. Damit war das Band zwischen Hamburg und dem Geschlechte der Schauen-burger geknpft, die sich so mannigfach um Hamburg verdient ge-macht haben. Adolfs I. Sohn, Adolf Ii., zog in die verdeten Gegenden Kolonisten aus Westfalen, Friesland und den Niederlanden herbei. Diese deichten das jetzige Nikolai-Kirchspiel, wo die grfliche Burg stand, und errichteten dort dem h. Nikolaus, als dem Patron der Schiffer, eine Kapelle. So bildete sich auf dem rechten Alsterufer, der alten erzbischflichen Stadt gegenber, ein neuer Ort, die grf-liche Stadt Hamburg, die durch Zuzug aus der Altstadt bald wuchs. 2. Graf Adolf Iii. Der werdenden Stadt, deren reger Han-delsverkehr reiche Zolleinnahmen verhie, verlieh Adolf Hi., des Zweiten Sohn, groe Rechte und Freiheiten und erwirkte 1189 vom Kaiser Barbarossa einen wichtigen Freibrief1 fr die Alt- und die Neustadt: frei von allem Zoll drfen die Hamburger mit ihren Schiffen, Waren und Leuten vom Meere bis an ihre Stadt und ^ O. Rdiger, Barbarossas Freibrief fr Hamburg. *

4. Freie und Hansestadt Hamburg - S. 10

1911 - Leipzig : Voigtländer
10 berieten unter Leitung der Kirchgeschworenen. Diese Kirchgeschworenen hatten mit der Geistlichkeit zusammen die Aufsicht der die Gebude der Pfarrkirche, der Hospitler und die Verwaltung der hierzu be-stimmten Einknfte; ihr Einflu war daher auch auf andere Verhlt-nisse der Stadt nicht gering. Berechtigt zur Teilnahme an den Brgerversammlungen waren nur die mit Erbe angesessenen Brger, die erbgesessene Brgerschaft". In verschiedenen Rezessen des 15. Jahrh. verpflichtete sich der Rat, zu wichtigen politischen Verhandlungen aus jedem Kirchspiel Vertreter der brigen Brger hinzuzuziehen. Durch die Reformation wurde diese Mitwirkung der Brger am ffentlichen Leben der Stadt wesentlich erweitert und geregelt. Den Weisungen Bugenhagens folgend, hatte man 1527 in ' dem St. Nikolaikirchspiel einen sog. Gotteskasten gegrndet, eine Kasse, die zunchst der Frsorge fr Arme und Kranke dienen sollte, aber auch auf Kirchenverwaltung, Pfarrwahl und Schule sich erstreckte. An der Spitze des Gotteskastens standen zwlf achtbare Männer des Kirchspiels. Bald darauf wurde diese Einrichtung auf alle vier Kirchfpiele ausgedehnt. Die Gottes-kastenvorsteher bildeten das Kolleg der 48 er. Die drei ltesten der zwlf Vorsteher an jeder Kirche waren die Oberalten. Sie verwalteten gemeinsam in einer fnften Kasse das gesamte Kirchenvermgen, so da in ihnen die Einheit der verschiedenen Kirchspiele verkrpert war. Den 48ern wurden zwecks Neuordnung der Dinge aus jedem Kirch-spiel je 24 Brger beigesellt, die in ihrer Gesamtheit mit den 48ern zusammen das Kollegium der 144 er bildeten. Ihren Abschlu fanden alle damaligen Verhandlungen in dem sog. langen Reze vom 12. Febr. 1529. Nach demselben standen dem Rat als der regierenden Behrde die verordneten Brger" gegenber, die Kollegien der zwlf Ober-alten, der 48 er und der 144 er. Ihre Aufgabe war es, die Aufrecht-erhaltung der bestehenden Gesetze zu berwachen, die nur mit ihrer Genehmigung, ja nach spteren Rezessen nur unter Zustimmung der gesamten erbgesessenen Brgerschaft gendert werden durften. _ Erweitert wurde diese Verfassung, als im Jahre 1685 das St. Michaelis-Kirchspiel dieselben politischen Rechte erhielt wie die vier anderen. Seitdem gab es 15 Oberalte, ein Kollegium der 60er und eins der 180er. Y. Hamburg in seinen Beziehungen zu Dnemark. 1. Die Ansprche der Oldenburger. Unter den letzten Schauenburgern hatte Hamburgs Abhngigkeit so gut wie ganz auf-gehrt. Als aber 1459 die Lande Schleswig und Holstein den auf den dnischen Thron berufenen Christian aus dem Hause Oldenburg zum Herzog erwhlten, wurde das Verhltnis Hamburgs zu dem neuen Fürsten gespannter. Christian I. und seine Nachfolger ver-langten von neuem die Huldigung Hamburgs und die Anerkennung ihrer Oberhoheit, und unausgesetzt haben sie durch Handelsstrungen, Gelderpressungen und kriegerische Maregeln dies Ziel zu erreichen gesucht. Demgegenber war die Stadt entschieden bestrebt, das alte Band mit Holstein und Dnemark zu lsen. 1510 auf dem Reichstage zu Augsburg wurde Hamburg fr eine kaiserlich freie Reichs-stadt erklrt, und 1618 wurde dieser Beschlu vom Reichskammer-gericht zu Speyer besttigt. Und doch hat es noch 150 Jahre gedauert, bis Dnemark mit seinen vermeintlichen Ansprchen ver-stummte. Christian Iv. schdigte Hamburgs Handel dadurch, da

5. Freie und Hansestadt Hamburg - S. 11

1911 - Leipzig : Voigtländer
11 er das 1616 gegrndete Glckstadt mit groen Privilegien bedachte und Altona in jeder Weise begnstigte. Gegen Ende des 30jhrigen Krieges legte er Orlogschiffe auf die Elbe und bedrohte Hamburg von einem befestigten Lager bei Fuhlsbttel aus. Verhandlungen wandten dieses Mal die Gefahr ab. 2. Der berfall des Jahres 1686. Fnf Jahre nach dem Fall von Straburg machte König Christian V. einen Angriff auf Hamburg, der der Stadt trotz ihrer guten Befestigungen leicht htte verhngnisvoll werden knnen. Aber durch einmtige, begeisterte Erhebung der Brger und unter tatkrftiger Beihilfe der benach-barten Fürsten wurde er abgeschlagen. Die Gefahr, die der Selb-stndigkeit Hamburgs drohte, brachte innere Unruhen, die damals gerade die Stadt durchtobten, zum Schweigen, und das dnische Heer stie auf einen einigen, zum uersten entschlossenen Gegner. Lneburg und Brandenburg kamen der bedrngten Stadt zu Hilfe, in der richtigen Erkenntnis, da sie nur fr die Gewerbsttigkeit der eigenen Untertanen wirkten, wenn sie dafr sorgten, da Ham-brg und sein Markt nicht einem fremden Staatsinteresse dienstbar gemacht wrde. Es gelte ihm fast gleich, ob Hamburg oder Berlin belagert werde," so lie der Groe Kurfürst dem Dnenknige sagen. Hamburgs Brger wie Bundesgenossen schlugen die dnischen An-griffe mit Mut und Geschick zurck. Sogar die Herren Gelehrten zogen zu Wall," sagt die Chronik; das mu ganz besonderes Auf-sehen erregt haben. Christian gab die miglckte Belagerung auf. Seine Forderung, da Hamburg 360606 Taler Belagerungskosten bezahlen und bekennen solle, da es mit seinem Widerstande Unrecht begangen habe, vermochte er nicht durchzusetzen. Trotzdem bequemte er sich zum Frieden. Ausgeglichen war damit der Gegensatz immer noch nicht. Erst 1768 im Gottorper Vertrag erkannte König Fried-rich V. die Stadt Hamburg als einen von dem Herzogtum Holstein gnzlich unterschiedenen und unabhngigen Reichsstand" an. So war endlich Hamburgs Selbstndigkeit anerkannt, nachdem sie jhr-hundertelang bald in vorsichtigem Verhandeln, bald durch energisches Auftreten verteidigt war. Nicht ohne Grund leuchtet vom neuen Rathause die Inschrift herab, die einst das alte Millerntor und spter das Deichtor schmckte, Libertatem, quam peperere majores digne studeat servare posteritas" (Die Freiheit, die die Vter dir errangen wahre sie wrdig, junges Geschlecht). Vi. Hamburg im 19. Jahrhundert. 1. Die Franzosen in Hamburgs. Als Napoleon I. den Kaiser Franz Ii. zum Niederlegen der deutschen Kaiserkrone ge-drngt hatte, war aus der freien Reichsstadt Hamburg ein sou- 1 A. Wohlwill, Die Befreiung Hamburgs am 18. Mrz 1813. Erinnerungen aus der Franzosenzeit in Hamburg. Von einer Hamburgerin.

6. Freie und Hansestadt Hamburg - S. 12

1911 - Leipzig : Voigtländer
12 verner Staat geworden. Nur wenige deutsche Männer," uert ein Patriot jener Tage, weinten bei dem Untergange des Reichs; die meisten, und unter ihnen sehr Verstndige, waren froh, der Ausgaben fr Wien und Regensburg ber-hoben zu sein, und glaubten, Hamburg bleibe Hamburg immer-dar." Nur zu bald sollte sich zeigen, wie wehrlos das Hamburger Gemeinwesen dastand, wenn ihm kein mchtiges Reich Schutz und Rckhalt gewhrte. Kaum einen Monat nach der Schlacht bei Jena rckte der franzsische Marschall Mortier in Hamburg ein, und damit begann die Fremdherrschaft. Mit aller Schrfe wurde die Kontinentalsperre gegen England in Hamburg durchgefhrt. Aller Verkehr mit England war streng verboten, alles englische Eigentum in Hamburg wurde fr verfallen erklrt, Vergehungen gegen die kaiserlichen Anordnungen wurden mit Brandmarkung, Prgel, Galeerenstrafe, ja mit dem Tode bestraft. Der alte Handel Hamburgs war bald so gut wie vernichtet, der 300 Hamburger Seeschiffe lagen abgetakelt im Hafen. Dabei ward die Stadt den unerhrtesten Ausplnderungen der franzsischen Regierung preisgegeben. 1810 schwand auch der letzte Rest von Hamburgs Selbstndigkeit. Durch Dekret vom 13. Dezember wurden die ganze deutsche Nordseekste und damit auch die Hansestdte dem franzsischen Kaiserreiche einverleibt. Hamburg war eine sran-zsische Stadt geworden, die ein Munizipalrai mit dem Maire Dr. Abendroth an der Spitze verwaltete. Der erste Lichtblick in dieser dunklen Zeit war das 29. Bulletin aus Rußland, das der neu hoffenden Welt den Untergang der groen Armee verkndete. Wie in den Nachbarstdten kam es auch in Hamburg zu einzelnen Revolten, die zwar blutig unterdrckt wurden, aber doch die Fran-zosen bewogen, Hamburg zu verlassen, zumal die Russen heran-rckten. Wenige Tage nach dem Abmarsch der Franzosen zog unter dem Jubel der Bevlkerung Tettenborn an der Spitze einer Kosaken-schar in Hamburg ein. Hier hatten edle, unabhngige Männer, be-feelt von dem Wunsche, ihrer Stadt zu helfen, die Hamburger Brgerwehr gegrndet. Mettlerkamp1 war vor allem dabei ttig, ein Bleidecker und Verfertiger von Blitzableitern, den natrliche Anlage zum tchtigen Truppenfhrer machte, ferner der Buchhndler Fr. Perthes2, ein ebenso selbstloser wie kluger Patriot, der durch Wort und Schrift auf seine Mit-brger einwirkte. Diente die Brgerwehr dem Schutze Hamburgs, so sollte die Hanseatische Legion am Kampfe fr Deutschlands Befreiung teilnehmen. Leider whrte die Freude, endlich von dem Bedrcker frei zu fem, nicht lange. Hamburg stand allein, die er-wartete Hilfe der Verbndeten, besonders der Dnen, blieb aus. 1 Fr. Wille, Mettlerkamp. 2 C l. Perthes, Fr. Perthes' Leben.

7. Freie und Hansestadt Hamburg - S. 16

1911 - Leipzig : Voigtländer
16 ffnete sich tl^tten von neuem, wenn Hamburg dem Zollverein beitrat. Die offentttche Meinung tm Reiche wnschte den Beitritt Hamburgs; der polltrfchen Emlqung aller Deutschen sollte die wirtschaftliche ent-^^5 ertrat diesen Gesichtspunkt der nationalen Zolletnhetf des Reiches, als er 1880, um auf Hamburg einen Druck auszuuben, den Antrag bei dem Bundesrat einbrachte, Altona und die Unterelbe in das Zollgebiet einzuverleiben, Gebiete, die ihres enaen Zusammenhangs mit Hamburg wegen 1867 Zollausland geblieben waren. Der Senat sah etn, da diesem Drngen des deutschen Volkes gegenber die Freihasenstellung Hamburgs doch auf die Dauer nicht zu halten sei, und lie sich auf Verhandlungen mit dem Reiche ein. Durch den Brgermeister Dr. Versmann kam nach lngeren Verhand-ein Ausgleich zustande, der sowohl den nationalen Forderungen Deutschlands, als auch den wirtschaftlichen Interessen Hamburgs gerecht wurde. Hamburg trat m die Zollgemeinfchaft ein unter bestimmten, fernen Handel wahrenden Bedingungen. Nach dem Vertrage wird ftrena geschieden zwischen der zollinlndischen Wohnstadt Hamburg und einem zollauslandischen Hafen- und Lagerviertel, das lediglich dem Waren-verkehr dienen soll. Dieses Freihafengebiet, das durch Gitter und Zollwachtschiffe fest abgeschlossen ist, umfat eine Anzahl Elbinfeln und etn Stuck der Norderelbe mit einer Reihe der vorzglichsten Hafenanlagen. innerhalb diefes Gebiets herrscht vllig freier Verkehr ohne Zollkontrolle. Der Kaufmann kann die auslndischen Waren ins Frei-gebiet einfhren, sie dort lagern und umpacken und sie je nach Ge-legen^ett ms Ausland ober ins Inland (dann Zoll!) wieder verkaufen. Die gewaltigen Bauten, die zur Ausfhrung des Anschlusses Hamburgs an das deutsche Zollgebiet erforderlich waren, wurden mit einem Koitenaufwande von 100 Millionen, von denen das Reich 40 beisteuerte. innerhalb 5 Jahre vollendet. Ein ganzer Stadtteil wurde niedergelegt, der Elbstrom durch eine neue Brcke berspannt. Neue Dampffchtffhfen mit langen Ufermauern wurden diesseits, groe Hafenbecken fr See- und Fluschiffe jenseits der Elbe hergestellt. Unmittelbar an den Wasserstraen sind Schuppen und Speicher fr die Lagerung der Waren errichtet. Damit der Verkehr auf dem Elb-ftrorn au>' und abwrts sich frei bewegen kann, ist eine ganz neue breite Wasserstrae, der Zollkanal, gegraben worden, der in groem ogen um das Freihafengebiet herumfhrt. So kann z. B. ein Schiff, das ^aimng von Dresden nach Glckstadt bringt, Hamburg passieren, ohne da es ntig hat, ins Freigebiet berzutreten und beim Verlassen desselben sich der Zollrevision zu unterwerfen. Am 15. Oktober 1888 wurde der Anschlu Hamburgs an das Zollgebiet vollzogen, und am 29. Oktober hat Kaiser Wilhelm Ii. bei der feierlichen Schlu-ftetnlegung selbst den Schlustein eingefgt. Seine drei Hammerfchlge begleitete er mit den Worten Zur Ehre Gottes, zum Wohle des Vaterlandes, zum Segen Hamburgs!" Pierersche Hofbuchdruckerei Stephan Geibel & Co. in Altenburg.

8. Freie und Hansestadt Hamburg - S. 4

1911 - Leipzig : Voigtländer
4 Zurck verkehren. Im Gebiete des Grasen sind sie von jedem Zoll befreit. Whrend niemand in der Nhe der Stadt eine Befestigung erbauen darf, ist ihnen die Pflicht der Heerfahrt und der Landes-Verteidigung vom Kaiser erlassen. Auf der Trostbrcke hlt das Standbild Adolss Iii. das Andenken an den Mann wach, welcher der jungen Handelsstadt den Grund zur einstigen Gre legte. 3. Graf Adolf Iv. Adolf Iii. endete traurig. In dnische Gefangenschaft geraten, mute er, um die Freiheit wiederzuerlangen, auf sein Land verzichten und ist, während Hamburg unter Dnen-Herrschaft geriet, in seiner Stammgrafschaft Schauenburg gestorben. Sein Sohn Adolf Iv. rchte den Vater. Im Bunde mit dem Erz-bifchof von Bremen und dem Herzog von Sachsen und untersttzt von den Hamburgern, erfocht er 1227 auf der Heide von Bornhved der den Dnenknig Waldemar Ii. einen glnzenden Sieg, der diesen dauernd der die Eider zurckwies und Hamburg dem alten Herrn wiedergab. In Erfllung eines Gelbdes erbaute Adolf Iv. aus dem Platze, wo jetzt die Brse steht, ein der Maria Magdalena geweihtes Franziskanerkloster und trat selbst als Mnch in dasselbe ein. Hamburgs Wohltter" nennt ihn die Denktafel an der Brse. Der nach ihm genannte Adolfsplatz trug frher sein Denk-mal, das spter dem Maria-Magdalenenkloster nach dem Glocken-gieerwall und von da nach der Richardstrae gefolgt ist. Zur Zeit Adolfs Iv. entstand auch auf dem jetzigen Rathausplatze das St. Johanniskloster der Dominikaner. 4. Vereinigung von Alt- und Neustadt \ Die Abhngigkeit Hamburgs von dem Grafenhause war allmhlich ganz gering ge-worden. Die Regalien, Gericht, Mnze, Mhlen, hatte die Stadt in ihren Besitz gebracht, und von der Heeresfolge waren die Brger befreit. Dafr zahlte man, wenn Hochzeiten und andere Familien-feste im grflichen Hause vorkamen, gern Beihilfen aus dem reichen Stadtsckel. Die beiden Städte, Alt- und Neustadt, die bisher ihren eigenen Marktplatz und ihr eigenes Rathaus gehabt hatten (Altstadt: Dornbusch, Neustadt: Hopfenmarkt), verschmolzen all-mhlich zu einer Stadt. Das neue Rathaus an der Trostbrcke ^ (jetzt steht dort das Haus der Patriotischen Gesellschaft) war das Zeichen dieser im Laufe des 13. Jahrhunderts vollzogenen Vereinigung. Der Rat mit den Brgermeistern an der Spitze vertrat die Stadt nach auen hin, und seitdem der Stadt von den holsteinischen Grafen das Recht der Kre" verliehen war (1292), konnte er auch die inneren Angelegenheiten nach eigenem Ermessen selbstndig ordnen. Iii. Hamburg in den Zeiten der Hansa3. 1. Hamburg als Mitglied der Hansa. Im 12. Jahrhundert beherrschte Wisby auf Gotland den Handel in der Ostsee. Hier bildete 1 K. Koppmann. Aus Hamburgs Vergangenheit. 2 C. F. Gaedechens, Geschichte des Hamburger Rathauses. 8 D. Schfer, Die Hansa und ihre Handelspolitik-

9. Freie und Hansestadt Hamburg - S. 5

1911 - Leipzig : Voigtländer
sich eine Genossenschaft deutscher, Gotland besuchender Kaufleute, denen es gelang, der Livland bis tief ins Innere Rulands vorzudringen und in Nowgorod ein gemeinsames Kontor zu begrnden. In der Nordsee war Kln die fhrende Stadt. Klnische Kaufleute bildeten in London eine Hanfe", d. h. eine Genossenschaft zum Schutze ihres gemeinsamen Handels. Solche von Brgern der deutschen Städte im Auslande begrndeten Vereinigungen fhrten mit der Zeit zum Bunde der Städte selbst; aus den einzelnen Hansen von Privaten ward all-mhlich der Stdtebund der Hansa. Ein bestimmter Zeitpunkt fr die Grndung desselben lt sich nicht angeben, zahlreiche Einzelbndnisse gingen dem Gesamtbunde voraus und bestanden neben ihm. Eins von diesen ist auch der Vertrag, den Hamburg und Lbeck 1241 zum Schutze der Handelsstrae von der Elbmndung bis zur Travemndung schloffen. Lbeck, durch Kaiser Friedrich Ii. freie Reichsstadt geworden, stand am Ende des 13. Jahrhunderts unbestritten an der Spitze des sich bildenden Hansebundes. Es drngte Wisby und Kln beiseite. Hamburg, dessen Handelsblte spteren Zeiten angehrt, stand damals hinter Lbeck, ja auch hinter Danzig und Kln zurck. Nicht nur in der Ostsee, selbst in Flandern war Lbecks Konkurrenz zu stark, und auerdem ging der Handel zwischen den Ostseestdten und Westeuropa hufig durch den Sund, soda auch hier Hamburg umgangen wurde. Die Hamburger Grohndler, allein nicht stark genug, taten sich deshalb zu Gesellschaften zusammen und verbanden sich mit denen anderer Städte. So gab es in Hamburg die Flandern-, die Englands- und die Schonenfahrer, die zusammen den ,.meenen Kopmann" bildeten. Sie nahmen teil an dem Handel der Hansa, dessen Gebiet durch die Städte Nowgorod, Bergen, London, Brgge gekennzeichnet ist, expor-tierten aus Hamburg selbst das vielgerhmte Hamburger Bier, aus der Mark Leinwand, Getreide, Holz, Pech, Honig und Wachs, aus Lneburg Salz und aus Holstein Pferde, Butter und Kse, fhrten dagegen besonders vlmische und englische Tuche und die Fischerei-Produkte der Ostsee, vor allem den Hering, ein. 2. Die Kmpfe mit den Seerubern1. Energisch sind die Hamburger bei der Hand gewesen, wenn es galt, dem Piraten-unwesen auf der Nordsee ein Ende zu machen. In den Kmpfen der Dnen und Schweden am Ende des 14. Jahrhunderts hatte sich eine Seerubergesellschaft gebildet, die sich Likendeeler (Gleichteiler) oder Vitalienbrder nannte, weil sie das belagerte Stockholm mit Lebensmitteln (Vitalien) versehen hatte. Aus Wisby hatten sie sich festgesetzt und von dort aus den Handel schwer geschdigt. Aus der Ostsee vom deutschen Orden verdrngt, zogen sie sich in die Nordsee zurck und trieben hier ihr Wesen. Gottes Freund, aller Welt Feind" war ihre Losung. Von sicheren Schlupfwinkeln an der ostfriesischen Kste und von Helgoland aus unternahmen sie ihre Raubzge gegen die reichbeladenen Hamburger Schiffe. Schon lange wollte die Hansa gegen sie vorgehen. Da gelang es im Frh-jhr 1401 dem Hamburger Ratsmann Nikolaus Schoke, einen dieser berchtigten Ruber, den Klaus Strtebecker, mit 80 Genossen bei Helgoland zu besiegen und gefangen zu nehmen. Hamburg hatte 1 O. Beneke, Hamburgische Geschichten, Sagen und Denk-Wrdigkeiten.

10. Freie und Hansestadt Hamburg - S. 6

1911 - Leipzig : Voigtländer
- 6 sich vom Kaiser das Privileg erteilen lassen, der alle auf der Elbe ergriffenen Ruber Gericht halten zu drfen. So traf sie alle die harte, aber gerechte Strafe; auf dem Grasbrook wurden sie ent-hauptet. Noch in demselben Jahre gelang es wiederum Nik. Schoke, auch den Hauptanfhrer abzufangen, Godeke Michels. Auch dieser starb mit seinen Raubgesellen auf dem Grasbrook. Harte Kmpfe waren es gewesen, und voll Stolz freute sich Hamburg dieser Er-folge, die durch die Tapferkeit Hamburger Männer errungen waren. So bemchtigte sich die dichtende Volkssage dieser Kmpfe. An Stelle Godeke Michels' tritt im Liede Klaus Strtebecker in den Vordergrund. Nikolaus Schoke, dem sicher der Hauptpreis des Kampfes gebhrt, wird vergessen, dafr wird Simon von Utrecht, der Fhrer eines der gegen die Seeruber kmpfenden Schiffe, der durch seine Tapferkeit zum guten Gelingen wesentlich beigetragen hatte, als der Hauptheld gefeiert, und seinem Schiffe, der Bunten Kuh", wird eine Hauptrolle in dem Kampfe zugeteilt. Simons Standbild schmckt jetzt die schne Brcke, die der die Helgolnder Allee fhrt. 3. Aufschwung des Hamburger Handelst Noch bis zum Ende des 15. Jahrhunderts war die Hansa eine achtunggebietende Macht. Aber durch die verhngnisvolle Politik Jrgen Wullenwebers und seines Freundes Markus Meyer, die im Interesse des lbischen Handelsbergewichtes in den dnischen Thronstreit eingriffen, wurde die Vorherrschaft Lbecks in der Ostsee gebrochen, ein schwerer Schlag fr die Hansa. Dazu erhob die Bevlkerung in den nor-bischen Reichen und in England Widerspruch gegen die Privilegien, die die Kontore und Faktoreien der Hansa so lange genossen hatten, und die man so widerwillig ertragen hatte. Die Hanseaten kaufen dem Englnder den Fuchsbalg um einen Groschen ab und verkaufen ihm den Fuchsschwanz um einen Gulden," pflegte man in England zu sagen. Gustav Wasa wie Knigin Elisabeth2 gehorchten nur der Stimme ihres Volkes, als sie durch alle hansischen Rechte in ihren Reichen einen Strich machten. So war der Niedergang der hansischen Macht besiegelt. Zur selben Zeit aber hob sich Hamburg, dessen Handel seit dem Beginn des 16. Jahrh. selbstndig seine eigenen Wege ging. War frher der so wichtige Verkehr mit Island (Fisch-, Robben-, Falkenfang, Schwefelgewinnung) nur durch Vermittlung des Hansakontors in Bergen gestattet, so trieben die Hamburger denselben jetzt direkt. War es frher Pflicht der Hansa gewesen, die Interessen des hansischen Handels im Auslnde zu wahren, so bildete sich jetzt fr diese Aufgabe in Hamburg eine besondere Kaufmannsbehrde, die Kopmans Olderlde", die Vorsteher der erwhnten drei Gesellschaften. Ein bebentsames Zeichen der wachsenben Selbstndigkeit Hamburgs! Den weitesten Vorsprung aber vor den alten Rivalen gewann Hamburg durch die Ausnahme der englischen Kaufleute. Unter dem krftigen Schutze der Tubors hatte die Tuchweberei in England einen mchtigen Aufschwung genommen. Der Export des Tuches lag Haupt- 1 R. Ehrenberg, Hamburger Handel und Hanbelspolitik im 16. Jahrh. 2 R. Ehren berg, Hamburg imb England im Zeitalter der Knigin Elisabeth.
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