Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Hauptbd. - S. 9

1896 - Hannover : Carl Meyer (Gustav Prior)
9 — gesehensten Edelinge wurde der Führer erwählt und als Herzog aus den Schild erhoben. Leine erste Pflicht war, den Bann oder Frieden des Kriegsgottes Ziu über das Heer zu legen, indem er dessen Wahrzeichen oder Banner, das als Fahne an einer Speerstange befestigt war, entsalten ließ. Nun stand Leben und Tod jedes Einzelnen in der Hand des Herzogs; er konnte jeden, der den Frieden im Heere brach, züchtigen oder töten lassen. Wer dem Heeresrufe nicht gefolgt war oder zum Feinde überging, wurde entweder lebendig begraben oder zum Strange verurteilt, wenn er sich wieder in der Gemeinde blicken ließ. Bedeutete der Zug eine förmliche Auswanderung, so begleiteten auch Weiber und Kinder das Heer. 3. Gings zur Schlacht, so reihten sich die Geschlechts- und Gaugenossen zu Rotten, die Rotten ordneten sich keilförmig in die Gestalt eines Schweinskopfes. Den Kern des Heeres bildet das Fußvolk. Voran in das Vordertreffen stellt jeder Gau eine auserlesene Schar von Fußgängern. Plötzlich ertönt Schildgesang und Kriegsgeschrei. Die Reiter stürmen vor, mit ihnen die zwischengeordneten Fußgänger, indem sie sich an die Mähnen der Pferde hängen. Fast alle find dem Tode geweiht. Jetzt rückt das Volksheer in ungestümem Angriff nach. Nervige Arme werfen die Speere, schwingen die scharfgeschliffenen Ltreitaxte, Messer und Keulen. Die noch behörute Schädelhaut eines Auerochsen dient dem Kämpfer als Helm und läßt ihn noch schrecklicher erscheinen. So dringt er in des Feindes Reihen, Mann gegen Mann zu kämpfen; feine List und Kriegskunst find ihm unbekannt. Hinter der Schlachtreihe, in der Wagenburg, harren die Frauen und Kinder, feuern die Kämpfenden durch laute Zurufe au, treiben die Fliehenden zurück in die Schlacht und pflegen die Verwundeten. Ist der Sieg errungen, so teilen die Sieger Bente und Gefangene und ziehen zu Zius Altar, ihm die schuldigen Opfer zu bringen. 4. Außer dem allgemeinen Aufgebote des Heerbannes gab es noch eine freiwillige Waffenfreundschaft, die man das Gefolge nannte. Kriegslustige Jünglinge sammelten sich um einen bewährten, hochgeachteten Anführer und schwuren, vereint mit ihm zu leben und zu sterben. Unter diesem Gefolge war ein großer Wetteifer, bei dem Kriegsfürsten die erste Stelle zu erlangen. Nicht nur bei seinem Volke, sondern auch bei den ^Benachbarten war es dem Anführer ein hoher Ruhm, weun er durch die Zahl und Tapferkeit feiner Genossen glänzte. Kam es zur Schlacht, so war es dem Führer eine Schande, an Tapferkeit übertroffen zu werden, dem Gefolge ein Schimpf, es der Tapferkeit des Fürsten nicht gleich zu thun, für das ganze Leben aber eine Schmach, seinen Fürsten überlebend, aus der Schlacht heimgekommen zu sein. Die Fürsten stritten für den Sieg, das Gefolge für den Fürsten. Weitn der (Ltamm, zu welchem sie gehörten, in langem und trägem Frieden saß, so zogen die kühnen Jünglinge mit ihrem Waffenherrn freiwillig zu den Völkerschaften, die Krieg hatten; Ruhe war ihnen verhaßt, und unter Gefahren war Ruhm und Beute des Tapferen Lohn. So geschah-es denn, daß die alten Deutschen es selbst nicht für Schmach

2. Hauptbd. - S. 13

1896 - Hannover : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 13 — Longobarden nach Italien und die Bnrgunden über den Rhein nach Frankreich. Viel Unheil haben die fremden Völker über unser Vaterland gebracht. Die Städte und alle Kultur der Römer haben sie wieder vernichtet; aber auch Segen, der noch heute währt, war in ihrem Gefolge; denn der Roggen, unsere wichtigste Körnerfrucht, wächst erst seit jener Zeit auf unseren Feldern, und das Bewußtsein der Zusammengehörigkeit aller Völker deutschen Stammes ist erst durch die ge meinsame Not zu größerer Stärke erwacht.

3. Hauptbd. - S. 15

1896 - Hannover : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 15 — 12. König Chlodwig. 500. 1. Während der Völkerwanderung waren die Franken nicht aus ihren ursprünglichen Wohnsitzen am Niederrhein ausgewandert, sondern hatten sich von da aus erobernd in den Teil Galliens, der nördlich von den Ardennen liegt, vorgeschoben. Sie waren in mehrere Stämme geteilt, deren jeder seinen König oder Herzog hatte. Im Jahre 482 wurde Chlodwig König einer dieser Stämme. Dieser Chlodwig ist als der Gründer des großen Frankenreichs anzusehen. Es umschloß deutsche itnd welsche Länder. Chlodwig gebot von Paris ans. Durch manche Blutthat hat er sein Reich geschaffen; es waren ihm alle Wege recht, wenn sie nur zur Herrschaft führten. Zunächst schloß er mit den übrigen Fürsten der Franken, die größtenteils seine Verwandte waren, Bündnisse, um die Gallier, Westgoten und Alamannen, die er bekriegte, zu besiegen. Sobald diese Völker bezwängen waren, schaffte er auch die Freunde durch Gift, Dolch und Verrat ans dem Wege. Auf diese Weise war er gegen das Ende seiner Regierung König aller Franken, Beherrscher der meisten Bewohner des noch übrigen Galliens und Herr über die Alamannen. Seine Nachkommen fügten dieser Herrschaft noch das Land der Thüringer und Burgunder zu, so daß auf deutschem Boden westlich der Elbe nur noch die Sachsen in ihrer alten Gemeindefreiheit hausten. 2. Und doch war Chlodwig ein Christ. Er war mit einer christlichen Königstochter aus dem Bnrguudenlande verheiratet, und diese hat ihn durch vieles Zureden bewogen, sein Heidentum mit dem Christentum zu vertauschen; aber nur die Namen waren vertauscht, Herz und Siuu Chlodwigs blieben nach wie vor heidnisch. Auch Chlotilde war nur eine Namenchristin; denn sie befahl schon bei ihrer Braut-fahrt, die Dörfer an der Grenze ihres Heimatlandes anzuzünden, und dankte Gott, als sie in die von Feuersbrunst erleuchtete Gegend sah, daß er sie diesen Rachetag habe erleben lassen. Daß Chlodwig ein Christ wurde, ging so zu: Bei seiner Verheiratung war er noch Heide, aber auf die Bitten seiner Gemahlin hin, hatte er sein erstgeborenes Kind taufen lassen; es starb aber bald danach. Als auch das zweite Kind nach der Tanfe schwer krank wurde, schob der König die Schuld auf die Taufe und den Christengott und machte seiner Gemahlin bittere Vorwürfe. Da wandte sich Chlotilde im Gebete an den Herrn,, und er half. Das Kind wurde gesund. Dennoch wollte Chlodwig selbst kein Christ werden. Da geschah es, daß er in den Krieg gegen die Alamannen zog. Beim Ab- schied bat ihn Chlotilde, wenn die alten Götter nicht helfen wollten, so sollte er es doch jetzt einmal mit dem Christengott versuchen. Chlodwig versprach es und hielt Wort. In der Schlacht kam er in hartes Gedränge, da hob er beide Arme hoch und betete:

4. Hauptbd. - S. 17

1896 - Hannover : Carl Meyer (Gustav Prior)
Alpen an Nachdem er in verschiedenen Gauen umhergezogen, keß er sich bei den Thüringern nieder und begann sein Werk m:t gutem Erfolg. Der Papst weihte ihn zum Bischof und gab thut den Ehrennamen Bonifatius, d. H. Wohlthäter. - 2 Gerne wäre Bonifatius auch zu den ^ranken gegangen, aber die fränkische Geistlichkeit haßte den strengen Reformator und wollte nichts von seinen Bußpredigten totsten. Da wandte er sich zu den Reffen, den Nachkommen der alten Chatten. Die Heffen hatten bet dem Dorfe Geismar in der Nähe von Fritzlar eine heilige Ctche von wunderbarer Größe. Diesem eilten Baume des Aberglaubens legte Bonifatius vor versammeltem Volke die Axt an die Wurzel; feine Genossen halfen ihm zuschlagen, und ein Sturmwind stürzte den Baum, daß er in vier Stücke zersplitterte. Kein Feuer vom Himmel traf den kühnen Missionar, den die Heidenmenge mit heiliger Furcht anstaunte. An demselben Orte und mit demselben Holze baute Bonifatius ein christliches Bethaus. Die Hessen erkannten dte Ohnmacht ihrer Götzen und bekehrten sich. Viele Kirchen und Klöster hat Böntfatms wahrend seiner Thätigkeit gegründet; das Kloster Fulda ist das berühmteste und wichtigste darunter geworden. Alle Bekehrten fügte er der Ordnung der römischen Kirche ein, so daß auch die deuyche Christenheit fortan ein Glied der katholischen, d. h- allgemeinen Kirche war. Um dieser gesegneten Thätigkeit willen machte ihn der Papst zum Erzbischof vou Mainz, und Bonifatius erhielt nunmehr seinen standtgen Sitz in dieser Stadt. . . , ' 3. Als Bonifatius hochbetagt war, erwachte tu thut noch einmal seilte Jugendliebe zu dem Friesenvolke. Nachdem einer von seinen Schülern sein Nachfolger geworden, fuhr er mit 52 Priestern, Diatonen, Mönchen und Dienern den Rhein hinab. Predigend und taufend qelanqte er ins Friesenland. Auf einen bestimmten Tag hatte er die Neugetauften zur Einsegnung bestellt. Aber statt ihrer kam eine Schar heidnischer Friesen mit wildem Geschrei daher und drang gewaltsam in den Lagerplatz ein. Die Diener des Bonifatius griffen zu deu Waffen; er aber wehrte ihnen: „Lasset ab vom streite; vergeltet nicht Böses mit Bösem! Vertrauet dem Herrn, er wirb unsere Seele retten“! Einer nach dem anderen, zuletzt Bonifatius, traten sie aus dem Gezelt und boten sich dem Todesstreich der Friesen dar. Betend, das Evangelienbuch in der Hand, starb Bonifatius deu ~ob des Märtyrers. Es war am 5. Juni 755. Sein Leichnam warb nach seinem Willen in Fulda beigesetzt.' Auf einem erhabenen Platze vor dem Dome steht, von Erz gegossen, das Bild des gewaltigen Gottesmannes im Mönchsgewande und predigt dem lebenden Geschlechte: „Sei getreu bis in den Tod"!

5. Hauptbd. - S. 20

1896 - Hannover : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 20 — aber stuften auch die Edelleute ihre Söhne hüt, damit sie desto geschickter in ihrem Stande würden; denn seit die Deutschen Christen geworden, war auch die Gelehrsamkeit bei ihnen im Werte gestiegen-Lesen und Schreiben wurden als achtbare Künste geschätzt Die Klosterschulen zu St. Gallen. Fulda, Corvey. Gandersheim und Magdeburg, sowie die Domschuleu zu Metz, Paderborn und Hildes-het.m i11™ 1° Zu großem Ansehen gelangt; in einer sonst noch rohen Zeit waren sie die einzigen Stätten, wo Künste und Wissenschaften ae-pflegt wurden. 9 2. Gelehrte Mönche waren die Lehrer in diesen Schulen- die Lchuler empfingen neben dem Unterricht auch Kost und Wohnuna daselbst^so daß sie ein Leben gleich den Mönchen führten und ständig in der schule waren. Die Lehrweise der Klosterschulen war gar ver= ichteben von derjenigen, die jetzt gebräuchlich ist. Lehrer und Schüler 1prachen nicht deutsch, sondern lateinisch. Gedruckte Bücher, Stahl-nnd Bleisederu, Papier, Schiefer- und Wandtafeln gab es noch nicht -die echiiler erhielten Holz- oder Wachstäfelchen oder gar Birkenrinde' um sich darauf mit einem Rohr oder Gänsekiel in der Schreibknnst zu üben, während die Mönche ihre Schriften auf Pergamente setzten. Die Buchstaben waren unseren Druckbuchstaben ähnlich, oft reich verziert und verschnörkelt, wie man solches jetzt noch in alten Handschriften sehen kann. 3. Die Klosterzucht war strenge; wer nicht gut begreifen oder schnell gehorchen konnte, der hatte viele Strafen zu erwarten und keine Hoffnung, daß er mit Faulheit oder Eigensinn bestehen könnte; denn die Eltern mußten bei der Übergabe des Sohnes versprechen, daß sie ihn nimmermehr von den Vorschriften des Klosters losmachen oder ihm gar zur Flucht behilflich sein wollten. Wer aber fleißig und strebsam war. der konnte es zu großer Weisheit und Kunstfertigkeit bringen und hohe Ämter in Kirche und Staat erlangen. Gelehrte Männer^ die Ratgeber bei Kaiser und Fürsten waren, Bischöfe und selbst Päpste siud aus solchen Schulen hervorgegangen. 16. Uerliesterirugeu bce Ackerbaus und der Viehzucht durch die Klöster. Von den Klöstern gingen nicht nur mannigfache geistige Belehrungen und Anregungen aus, sondern auch vielfache Verbesserungen im häuslichen Leben, im Garten- und Ackerbau. Die gelichtete» Stellen im Walde wurden, soweit sie nicht als Bauplatz und Hofraum dienten, in Garten- und Ackerland verwandelt, auf dem die Mönche die not-wendigsteli Lebensmittel für sich und die Klosterleute bauten. Durch ihr Beispiel wurde der Landbau bei den freien Deutschen ehrlich gemacht, denn es machte einen tiefen Eindruck auf diese, wenn sie dieselben Männer ant Werktage wie Sklaven arbeiten sahen, die ant Sonntage

6. Hauptbd. - S. 26

1896 - Hannover : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 26 — 21* Karls Kriege gegen die Sachsen. 1. Karl der Große hatte die Absicht, alle Völker Westeuropas zu einem christlichen Reiche zu vereinigen. Wollte er bieses Ziel erreichen, so mußte er zunächst das eilte, mächtige Sachsenvolk unterwerfen und zum Christentum bekehren. Geschützt durch unermeßliche Wälber und Sümpfe, hartnäckig an ihren alten Göttern und Gesetzen hangettb, tapfer nach der Väter Weise, hatten bte Sachsen bislang jeder fremben Gewalt Trotz geboten. Besonbers verhaßt waren ihnen die Franken, in deren Gebiet sie oft Raub- und Rachezüge unternahmen. Dem wollte Karl ein Ende machen. Daher begann er dald.nach seinem Regierungsantritt den Krieg gegen die unruhigen Nachbaren und führte ihn mehr als dreißig Jahre fort. Sein erstes Werk war die Eroberung der Eresburg und die Zerstörung der Jrmensäule, eines uralten sächsischen Heiligtums, bei Städte berge im heutigen Westfalen. Dann drang er siegreich bis zur Weser vor. In einem späteren Zuge überschritt er diesen Fluß, gelangte ins Land der östlichen Sachsen und kam bis zur Oker. Im Jahre 777 hielt er im westlichen Sachsenlande zu Paderborn eine große Reichsversammlung, bei der viele sächsische Edelinge dem Könige hulbigten und sich taufen ließen. 2. Kaum hatte aber Karl dem Sachsenlanbe den Rücken gekehrt, so war auch Hulbigung und Taufe vergessen. Die Sachsen stauben unter brci Herzögen und teilten sich nach ihren Wohnsitzen in Westfalen , Engern und Ostfalen. Unter Führung Widukinds, welcher Herzog der Westfalen war, zerstörten sie Kirchen und Burgen und ermordeten fränkische Priester und Krieger. Karl eilte herbei, schlug die Westfalen und verfolgte den fliehenden Widitfinb bis über die Weser; dann unterwarf er die Ostfalen aufs neue und blieb zwei Jahre im Laube, um die Unterwerfung der Sachsen zu vollenden. Die Ostfalen wurden scharenweise bei Ohrum in der Oker getauft. Elze an der Leine erhielt eine christliche Kirche und eine befestigte Niederlassung für fränkische Priester und Krieger, welche daselbst zurückgelassen wurden; hier wollte Karl einen Bischofssitz errichten. Z. In dieser Zeit gab Karl dem Laube die fränkische Verfassung. Die alten Gaue würden zu größeren zusammengelegt; Richter und Heerführer erwählte nun nicht mehr das Volk, der König fetzte sie in ihr Amt; die alten Volksrechte würden verachtet, und nur wenn der Graf ober der Senbbote rief, bürsten sie sich versammeln; jebe andere Versammlung war verboten. Fränkische Priester zerstörten die Heiligtümer des Volkes und verlachten den Glauben seiner Väter. Da erwachte der Groll von neuem, und als das unterworfene Volk mit dem König gegen die Wenben ziehen sollte, empörte es sich, überfiel ein fränkisches Heer am Si'mtel in der Nähe von Münber und vernichtete es samt den Anführern. Eine solche Nieberlage hatten die Franken noch nicht erlitten; aber ihr König nahm blutige Rache: 4500 gefangene Sachsen ließ er bei Verben an der Aller enthaupten. 4. Hatte Karl es bislang nur jebesmal mit einzelnen Stämmen zu thun gehabt, so erhob sich jetzt nach dem Verdener Blutgerichte das

7. Hauptbd. - S. 27

1896 - Hannover : Carl Meyer (Gustav Prior)
ganze Sachsenvolk zum gemeinsamen Kampfe für Vaterland, Religion ltnb Freiheit. Wie einst Armin die germanischen Stämme gesammelt, so entflammte Herzog Widukind jetzt die sächsischen zum Kampfe. Bej Detmold trafen sie zusammen; nur mit Mühe vermochte Karl dem Andrange der Verzweifelnden zu widerstehen. Die Schlacht blieb unentschieden. Mit verstärkter Macht warf sich Karl nun auf das Sachsenheer, das sich an der Hase, in der Gegend des heutigen Osnabrück, aufgestellt hatte. In dreitägiger, blutiger Schlacht wurderr die Sachsen völlig geschlagen. 6000 von ihnen bedeckten das Schlachtfeld, die übrigen flohen; Widukind selbst entwich ins Land der Dänen, weil er einsah, daß fernerer Widerstand vergeblich sei. Zwei Jahre später sandte Karl Boten und ließ ihm sagen, er möge seine Treue ihm zuwenden. Widukind folgte der Einladung und begab sich nach Frankreich. Nach einem ernsten Zwiegespräch mit Karl ließ er sich taufen, und die größte Zahl seiner Volksgenossen folgte ihm. Seit diefer Zeit lebte der Sachsenheld still auf seinen Gütern in der Gegend von Minden. Zahlreiche Sagen berichten von ihm, und die Stadt Enger zeigt noch heute sein Grabmal. 5. Mit dem Rücktritte Widnkinds hörte indes der Kamps keineswegs auf; nur Westfalen blieb ruhig, aber in Engern und Ostfalen dauerte der Kampf noch fast zwanzig Jahre fort. Das Verlangen nach der alteu Freiheit und dem alten Götterglauben trieb die Ostfalen zu immer erneuten Aufstäuden. Mehrfach noch hat Karl das Sachsenland bis zur Elbe durchzogen und den Winter in seinen Burgen an der Weser zugebracht, aber zu einer großen Schlacht ist es nicht mehr gekommen, vielmehr suchten beide Parteien sich gegenseitig durch Mord und Brand zu schadeu. Endlich entschloß sich der Kaiser, ans den Gegenden an der Unterelbe, die er am schwersten erreichen konnte, das Volk wegzuführen. Da wurdeu über 10000 Familien aus dem Lande vertrieben und zerstrent im fränkischen Lande angesiedelt. Im Sachsen-lande dagegen mußten sich fränkische Ansiedler niederlassen. Das alte Land erhielt damals seine Bevölkerung aus Flaudern. Daher finden sich an den Giebeln der dortigen Häuser nicht die Pferdeköpfe, welche das altsächsische Haus bezeichnen, sondern die sich kreuzenden Giebelbalken enden mit der Figur eines Schwans. 22* Wie die Sachsen Christen wurden. 1. Das Christentum fand bei den Sachsen mir schwer Eingang, weil es ihnen auf der Spitze des Schwerts entgegengebracht wnrde, und die Grausamkeit der Franken nicht zu seiner Empfehlung beitrug. Dazu kam noch, daß die Sachsen den Priestern den Zehnten von ihrem Einkommen geben sollten, was bisher nie bei ihnen geschehen war. Die Unterworfenen wurden scharenweise zur Taufe in einen Fluß getrieben. Kleine Bleikreuze wurden ihnen umgehängt, woran man sie als Christen erkennen wollte. Aber die Getauften

8. Hauptbd. - S. 30

1896 - Hannover : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 30 — darum für den minderbegüterten Freien sehr drückend. Manche hielten es deshalb mit der Zeit für vorteilhafter, ihr freies Eigentum einem mächtigen Nachbar zu übergeben und es vergrößert als Lehen zurückzuempfangen. So schwand die Zahl der Freien, und vom Kaiser bis zum Bauern herab war eine fortgesetzte Kette von Lehnsherren und Lehnsmännern. 2. Bei der Belehnung war ein Zweifaches nötig. Der Lehnsmann mußte dem Herru Hulde thun. indem er durch Handschlag und Eidschwur bekräftigte, dem Herrn treu, hold und gewärtig zu fein Der Herr hatte die Übertragung des Lehns ausdrücklich auszuspreche». und dem Lehnsmann ein äußeres Zeichen der Belehuung zu überreichen. War dieser ein Fürst, so erhielt er eine Fahne, war er ein Geistlicher, Ring oder Stab, war er ein adeliger Herr, Handschuh oder Hut. und wurde Grundbesitz einem niederen Manne übertragen, so empfing dieser einen Zweig oder Torf. — In der Bewirtschaftung des Hofes trat durch Belehuung keine Änderung ein; denn die Hofe wurden nach wie vor einzeln bewirtschaftet, nur mit dem Unterschiede, daß der Bewirtschafter jetzt nicht mehr freier Bauer und Eigentümer war. Gewöhnlich wurde er mit dem lateinischen Namen „Meier", d. h. Aufseher oder Verwalter benannt, woraus die Familiennamen Meyer, Kirchmeier, Klostermeier, Burgmeier, Niedermeier. Schäfermeier u. a. entstanden sind. Mit der Zunahme der Bevölkerung und der Kriegsunruhen erlitten die Meier durch ihre Lehnsherren oft harte Bedrückung und sanken zu Hörigkeit und Unfreiheit, ja sogar Leibeigenschaft herab. Rechtlos standen sie dann ihrem Lehnsherrn gegenüber, und er konnte sie abmeiern, i). h. von Haus und Hof verjagen. Wohlwollende Landesherren haben darum später Gesetze und Verordnungen gegeben, die bei der Bemeieruug und Abmeierung beachtet werden sollten. Das waren die Meierordnnngen, die lange Zeit bei Klagen und Prozessen zwischen Meier und Lehnsherrn als Gesetze galten. 24. Die Herrendienste und Königsrechle. 1. Mit dem Christentum und der Lehnsherrschaft haben auch die ersten Steuern bei uns Eingang gefunden; denn die Kirche und ihre Priester mußten von der Gemeinde erhalten werden, und der Lehnsherr verlangte seinen Anteil an dem Ertrag der Lehnsgüter. Geld war nur wenig oder gar nicht vorhanden; alle Abgaben und Verpflichtungen mußten in Natur Gleistet werden; die Priester oder Lehnsherren erhielten von den Bauern einen bestimmten Teil, z. B. den Zehnten aller Feldfrüchte und was sie sonst an Eiern, Butter, Fleisch u. s. w. nötig hatten. Außerdem mußte der Bauer persönliche Dienste, Hand- und Spanndienste, in Haus und Hof, Feld und Wald des Lehnsherrn leisten, die den Namen Herrendienste hatten. Dafür hatte der Priester das geistliche Amt zu verwalten und der Lehnsherr den Kriegsdienst zu versehen.

9. Hauptbd. - S. 34

1896 - Hannover : Carl Meyer (Gustav Prior)
wurden wieder selbständiger unter eigenen Herzögen. Von Süden kamen zu der Zeit auf ihren schnellen Pferden die Ungarn, von Norden auf leichten Kähnen die Normannen und von Osten die Wenden, drangen tief ins Land ein, raubten und sengten, fingen und mordeten, was vorkam, und ehe die Deutschen sich zur Gegenwehr gerüstet, hatten die Feinde langst das Weite gesucht. 2. In dieser Zeit starb der letzte Nachkomme Karls des Großen als ein schwaches Kind. Sein Nachkomme, der Frankenherzog Konrad, der nur wenige Jahre regierte, lenkte die Augen der Großen des Reichs auf Heinrich, den mächtigen Herzog von Sachsen, dem neben Sachsen auch Thüringen gehörte. Mit unumschränkter Gewalt gebot er in seinen Landen; die Feinde hatten bereits seinen starken Arm gefühlt, und im Rate galt seine Stimme vor anderen. Eberhard von Franken, der Bruder des verstorbenen Königs, überbrachte ihm mit anderen Großen des Reichs die Nachricht von der auf ihn gefallenen Wahl; sie trafen ihn, der Sage nach, als er in den Wäldern des Harzes mit Vogelfang beschäftigt war. Heinrich nahm die Wahl an und gelobte, dem Volke ein tüchtiger Herrscher zu sein. 3. Die Franken hatten also den bisher geübten Brauch der Erbfolge verlassen und Heinrich zum Kaiser gewählt. Von da ab wurde Deutschland als Wahlreich betrachtet und der König stets durch die Wahl der Reichssürsteu auf den Thron erhoben. Zu der Wahl Heinrichs aber hatten weder Baiern, Schwaben noch Lothringer ihre Zustimmung gegeben; sie wollten daher von dem neuen Könige nichts wissen, zeigten ihm offene Feindschaft und schlossen Bündnisse mit den Feinden des Reichs. Heinrich kehrte sich jedoch nicht daran; er hatte von Anfang an seine Gedanken auf die Vereinigung aller deutschen Stämme gerichtet, und ehe sechs Jahre verflossen, war es ihm geglückt, diesen Gedanken zur That werden zu lassen. Durch kluge Rede und männliche Kraft überzeugte er die Fürsten, daß nur Einigkeit sie stark mache. Bold sollten sie erfahren, wie recht er hatte. 29* Die Entstehung der iilteftcn deutschen ötiidte. 1. Die Römerstädte am Rhein und an der Donau waren während der Völkerwanderung über den Haufen geworfen worden, da den Genitalien das Wohnen hinter festen Mauern ein Greuel war. Nach her Wanderzeit söhnten aber die Könige ihr Volk mit dem Städteleben aus; deun im Lager hatten sie sich an das dichte Zn-sammenleben gewöhnt und manche Bequemlichkeit schätzen gelernt, die sie sonst entbehren mußten. Nette Umstände traten dann hinzu, welche die alten Römerstädte aus ihren Trümmern erstehen ließen und neue Stadtemlagen hinzufügten. Um die Königspfalzen und größeren Herrenhöfe, um die Mauern des Klosterhofes und im Schutze der Bischofskirchen siedelten sich neben dem Hofgesinde und den unfreien Handwerkern vielfach auch die hörigen Bauern an, um in der Nähe

10. Hauptbd. - S. 35

1896 - Hannover : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 35 — des Herrn größeren Schutz zu finden, so daß der Hof bald zu einem größeren Orte anwuchs. Ackerbau und Viehzucht blieben aber noch lange die vornehmste Erwerbsquelle dieser Orte, die dem Anschein nach mehr Dörfer als Städte waren. 2. Die große Menge Volks, welche regelmäßig an den Sonn-und Festtagen bei den Kirchen zusammenkam, lockte bald die Kaufleute an, da ihre Waren feilzubieten. Den Friesen und Niederländern gebührt der Ruhm, den Handel, der sonst nur in den Händen der Römer war, bei uns besonders gefördert zu haben. Die Friesen durchzogen als Wollenweber mit ihrem Fries die deutschen Lande und wußten sich meistens den Raum hinter dem Altar der Kirche als Warenlager zu gewinnen. Sobald der Gottesdienst vorüber war, öffneten die Händler in der Nähe der Kirche ihren Laden und boten die Waren zum Verkaufe aus. So entstanden die Messen der Kaufleute, wie sie heute noch in Braunschweig, Frankfurt a. M. und Leipzig bestehen. Diese Kaufgelegenheit war Käufern und Verkäufern angenehm. Sie wurde deshalb auch an anderen Orten nachgeahmt, ohne sie jedoch immer mit dem Gottesdienst in Verbindung zu bringen. Der Kaiser oder Landesherr gab dafür bestimmte Tage im Jahre oder in der Woche frei, welche den Namen Markttage erhielten. Diese Märkte boten neben dem fremden Händler auch dem Handwerker des Orts Gelegenheit, die Erzeugnisse seines Gewerbfleißes auszubieten. 3. Die von Karl dem Großen zu militärischen Zwecken angelegten Königsstraßen dienten dem Handel im Innern Deutschlands. Eine solche Straße führte vou der Elbmündung bis ins Ungarn-land hinauf, und die an ihr liegenden Städte: Hamburg, Bardowik, Lüneburg, Magdeburg, Erfurt, ^orckbeim und Regensbnrg waren mit Stapelrecht ausgestalte^ nach welchem alle durchgehenden Waren drei Tage zum Verkauf ausliegen mußten. Mit der Zunahme der Herrendienste verlor der Bauer die Zeit, sich noch um andere Dinge als Ackerbau und Viehzucht zu kümmern. Das Handwerk, das ehedem aus bejjh Dorfe und den Einzelhöfen geübt worden war, zog mehr und mehr in die Stadt. Dorthin ging der Bauer an den Markttagen und zur Meßzeit, um seinen Bedarf an Kleidungsstücken und Geräten, die er nicht selbst verfertigen konnte, zu decken. Dadurch wurden die Messen und Märkte von Jahr zu Jahr größer. 4. Markt, Handel und Handwerk bildeten die Eigentümlichkeiten der neuen Städte. Hier entwickelte sich ein besonderer Kaufmannsund Handwerkerstand als freier Bürgerstand und ließ Arbeit und Kapital neben Grund und Boden als Erwerbsmittel aufkommen, so daß nun auch der Nichtgrundbesitzer als freier Mann seinen Lebensunterhalt finden konnte. Das Geld erlangte seitdem eine erhöhte Bedeutung im Verkehr. — Markt und Gericht machten einen befestigten Ort erst zur Stadt. Nur der Kaiser konnte diese Rechte verleihen und den Ort damit vom benachbarten Grafengericht freimachen. Hatte sich ein Ort so vergrößert und gesichert, daß er glaubte, solches Recht erlangen zu können, so wandte er sich mit einer Bitte an den Kaiser, 3*
   bis 10 von 164 weiter»  »»
164 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 164 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer