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1. Deutsche Geschichte von den ältesten Zeiten bis zum Ende des Großen Krieges - S. 20

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— 20 — ihrem Tode als erledigt an den König zurückfiel. Dieser vergab ihn dann wieder an andere. Aber auch bei Lebzeiten konnte der Beliehene sein Lehn verlieren, wenn er nämlich dem Könige untreu wurde. Die Lehnsträger wurden jetzt ein besonderer Stand, der sich über die Masse der Freien erhob; man nannte sie Vasallen, Lehnsmannen oder auch bloß Mannen. Abgaben hatten sie keine zu entrichten; dafür mußten sie aber dem Könige jederzeit Heeresdienst leisten und eine Zeitlang im Jahre auch Hofdienste verrichten. Bald wurden die großen Lehnsträger selbst Lehnsherren. Die mer-wingische Zeit brachte, wie wir wissen, viele Kämpfe mit sich. Mancher der freien Leute wurde in Recht und Eigentum bedroht. Da dachte er, es sei besser, sich in den Schutz eines jener großen Herren, die wieder unter des Königs Schutz standen, zu begeben. So gab er denn seinen Eigenbesitz an den Großen ab und empfing ihn von diesem vergrößert als Lehn zurück. Dafür hatte er dem Herrn ähnliche Dienste zu leisten wie jener dem Könige, wurde aber von ihm geschützt. So entstand neben dem hohen Lehnsadel ein niederer Dienstadel, der von jenem abhängig war. Die Menge der Freien schrumpfte dadurch sehr zusammen. Nicht allein den weltlichen Großen teilte der König Lehen aus, sondern auch den geistlichen. Bischöfe und Äbte erhielten um die Kathedrale oder um das Kloster Lehne und mußten dafür dienstbar sein. Den Heeresdienst brauchten sie nicht selbst zu leisten; sie konnten damit ihren Vogt beauftragen. Aber zum königlichen Hofdienste waren sie verpflichtet, und hier konnten sie durch Rat und durch schriftliche Arbeit manches leisten, was die weltlichen Großen, die ja weder lesen noch schreiben konnten, nicht vermochten. Auch die kirchlichen Großen nahmen Freie in ihren Schutz und als Mannen an. Sie ließen auch ihre Güter von einem Lehnsmann als Oberpächter (Maior, Meier) verwalten. Über allen und allem stand der König. Seine Würde erbte jetzt auf seine Nachkommen fort. Nach dem Tode des Vaters wurde der Sohn auf den Schild gehoben. Seine Abzeichen waren die langen Königslocken, der goldene Stirnreif, den er im Kriege um den Helm trug, der Purpurmantel und der lange weiße Königsstab. Er wohnte abwechselnd auf einer seiner vielen Pfalzen im Lande, wo er auch Gerichtstag hielt. Unter dem Könige standen die Beamten. Da waren zunächst die Hofbeamten. Der Kämmerer sorgte für die Verwaltung des Schatzes, der Truchseß für die Speisen, der Mundschenk für die Getränke, der Marsch all für die Pferde. Auf den Reisen begleitete den König ferner der Maiordomus (Hausmeier), der oberste Beamte über die Domänen und zugleich derjenige, der die Vergebung der Lehne besorgte, sowie endlich der Kanzler, der die Schriftstücke aufsetzte und ins Reine schrieb. Dann kamen die Volksbeamten. Die Gaugrafen wurden nicht mehr vom Volke gewählt, sondern vom Könige eingesetzt. Die Zent- oder Hundertgrafen (später Schultheißen) wählte noch das Volk. Die Volksversammlungen, später Reichsversammlungen genannt, fanden alljährlich einmal im März, nachher im Mai statt. Man nannte sie deshalb auch März- oder Maifelder. Der König erschien auf ihnen von seinen welt-

2. Deutsche Geschichte von den ältesten Zeiten bis zum Ende des Großen Krieges - S. 22

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— 22 — 11. König und Maiordomus. Es läßt sich denken, daß die fortwährenden Kriege und Streitigkeiten in der Königsfamilie der Merwinger nicht dazu beitrugen, Ansehen und Achtung vor ihr im Volke und namentlich bei den Großen zu erhalten. Die Könige mußten schon frühe darauf sehen, sich mit diesen gut zu stellen, um ihre Unterstützung zu erlangen und zu behalten. Der König hatte sich daran gewöhnt, in den kriegerischen Zeiten sich auf seinen obersten Beamten zu verlassen. Das war der Maiordomus oder Hausmeier. Da der Hausmeier die Lehne zu vergeben hatte, so war er ein angesehener Mann, und je mehr die Könige bequem und träge wurden, desto mehr wurde der Hausmeier geachtet. Nun war einst ein mächtiger Mann Namens Pippin (der Ältere), der große Güter an der Maas hatte, zum Hausmeier ernannt worden. Er und der Bischof Arnulf von Metz, dessen Sohn eine seiner Töchter geheiratet hatte, leiteten das Reich. Die Familie beider blieb im Besitze des obersten Staatsamtes, und Pippins Enkel, ebenfalls Pippin (der Mittlere) geheißen, nannte sich stolz Herzog und Fürst der Franken. Als solcher galt er fortab mehr als der König, den er mitunter sogar ein- oder absetzte. Er hielt den Staat mit eiserner Faust zusammen, und seine Nachfolger taten ebenso. Wären die Hausmeier nicht gewesen, das Frankenreich würde aus allen Fugen gegangen sein. Pippin vererbte seine Würde als Herzog und Fürst der Franken auf seinen Sohn Karl. Dieser war von der Vorsehung bestimmt, eine große Rettungstat zu vollbringen. Es war um jene Zeit im Morgenlande, in Arabien eine neue Religion gestiftet worden durch Muhamed, dessen Anhänger sich nach ihm Mu- hamedaner nennen. Der neue Prophet lehrte zwar den Glauben an einen Gott (Allah), ließ aber die Vorschriften Jesu Christi nur zum ganz geringen Teil gelten und setzte an ihre Stelle die seinigen. Zugleich befahl er, den neuen Glauben mit Feuer und Schwert zu verbreiten. Wie eine Windsbraut brachen die muhamedanischen Araber oder Sarazenen aus ihren Sandwüsten hervor. Binnen achtzig Jahren eroberten sie Vorderasien vom mittelländischen Meere bis zum Indus und ganz Nordafrika vom Nil bis zum atlantischen Ozean. Und dann warfen sie ihre Augen auf Europa. Sie setzten 711 dorthin über und vernichteten in einer einzigen großen Schlacht das westgotische Heer; der letzte König kam auf der Flucht um. Die ganze pyrenäische Halbinsel wurde erobert; nur in den Bergen von Asturien blieb ein kleines unabhängiges christliches Reich bestehen. Ein arabischer Statthalter wurde zu Toledo eingesetzt, der dem Kalifen (so hieß der Oberherr der Araber) zu Damaskus gehorchte. Darauf faßte der kriegerische Statthalter Abderrachman den großen Plan, auch das übrige Europa zu unterwerfen und durch dieses östlich nach dem Morgenlande zu ziehen. Mit fast einer halben Million Krieger überschritt er die Pyrenäen. Da aber regte sich Karl, der Maiordomus. Er ließ durchs ganze Frankenland den Ausruf zum Kampfe gegen die Araber ergehen, und von allen Seiten wogten die Scharen heran. Als der Heerbann die Loire überschritt, stieß er auf das ungeheure Araberheer, und es kam zur Ent-

3. Deutsche Geschichte von den ältesten Zeiten bis zum Ende des Großen Krieges - S. 24

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— 24 — keltischen Stämmen bewohnt wurden. Und zwar wurde Irland, die „qrüne Insel", am frühesten bekehrt. Es entstand hier ein frommes Christentum das allem die Bibel zur Grundlage hatte. Kaum aber hatten die Iren das Wort Gottes erfaßt, als es sie trieb, dessen Sendboten (Missionare) unter den Heiden auf dem Festlande zu werden. Und wie begannen sie ihr Werk? Der Missionar kam allein, oder von einigen Genossen begleitet in die Gegend, wo er das Evangelium verkünden wollte. Mit der Axt ging er daran, ein Stück Wald zu fällen und aus dem Holze eine Hütte zu bauen. Bei der Hütte errichtete er ein Kreuz von Holz oder Stein, und wenn dann die Bewohner des Landes sich zusammen fanden, so predigte er mit seinen Gefährten das Wort Gottes. Bekehrten sich die Leute, dann taufte er sie in einem nahen Wasser. Er begehrte nichts von ihnen: Nahrung verschaffte, Kleidung machte er sich selber. So wirkten als Einsiedler (einzelne Siedler) Columb an, Gallus, Fridolin und Pirmin unter den Allemannen in den Vogesen und in der Schweiz, Goar unter den Franken am Rhein, Kilian in Thüringen, Emmeran und Ruprecht unter den Baiuwaren, und so entstanden durch die irischen Glaubensboten überall im heidnischen Germanien christliche Gemeinden. Es fehlte nur ein Mann, der sie alle zusammenfaßte. Und auch der sollte kommen. Der Ruhm der irischen Missionare ließ nämlich die Sachsen und Angeln in Britannien nicht ruhen. Sie waren selbst erst vor kurzem christlich geworden. Aber nicht das alte irische, also keltische Christentum, sondern das römisch-katholische war ihre Religion geworden. Sofort begannen sie nun ihrerseits Missionare auszusenden. Diese fuhren hinüber zu den Friesen, die noch starre Heiden waren. Willibrord, ein Sachse, bekehrte einen kleineren Teil des Volkes und wurde dafür vom Maiordomus Karl Martell zum Bischöfe von Utrecht ernannt. Aber es sollte ein Größerer als Willibrord nachkommen. Es lebte gegen Ende des siebenten Jahrhunderts in Südengland ein Mann, der hatte einen Sohn Namens Winfried, was soviel als Glücks-sriede heißt. Der Vater wollte den klugen Knaben zu einem großen Manne machen, ließ ihn eine gute Schule besuchen und verwendete viel auf ihn. Aber Winfried war fromm und wollte kein Kriegs- oder Staatsmann werden, sondern in den Dienst der Kirche treten. Er ließ sich zum Missionar ausbilden und ging hinüber ins Friesenland, wo der berühmte Willibrord predigte. Die Friesen waren wilde Heiden, die von ihren alten Sitten und von ihrem Götterglauben nicht lassen wollten. Der stete Kampf mit dem Meere, das in ihr Land spülte und sich in die Ebenen hineinfraß, hatte sie so eisern und störrig gemacht. Deshalb widersetzten sie sich auch dem Maiordomus Karl Martell, der sie zu unterwerfen trachtete. Unter solchen trotzigen Männern hatte der neue Glaubensbote ein Jahr lang unverdrossen gearbeitet, da kam ihn die Sehnsucht an, einmal Rom selbst und den Papst zu sehen. Die Macht und Pracht des römischen Gottesdienstes blendete ihn. Zurückgekehrt, wirkte er mit verdoppeltem Eifer abermals drei Jahre und hatte sich schon einen Namen gemacht, als er zum zweiten Male noch Rom ging. Diesmal

4. Deutsche Geschichte von den ältesten Zeiten bis zum Ende des Großen Krieges - S. 26

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— 26 — Es ahnte ihm, daß er in den Tod gehen würde. Deshalb legte er dre erzbischöfliche Kleidung ab und nahm das Mönchsgewand, wie es die Missionare trugen. Die treuesten seiner Gefährten wählte er sich zu Gehilfen aus. Ein herzzerreißender Abschied zu Mainz, — dann fuhr Boni-fatius mit den Seinen zu Schiffe den Rheinstrom hinunter durch den Süder-see und landete im Gebiete derjenigen Friesen, die schon christlich waren. Die Leute warnten ihn vor der Aufregung, die in den heidnischen Gauen herrschte; er achtete nicht darauf. An der Grenze der unbekehrten Stämme ließ er ein Lager schlagen und begann das Belehrungswerk. Da wurde er plötzlich von einem wilden Haufen überfallen. Das Evangelienbuch über dem Haupte haltend, durchbohrt von Speeren, stürzte er zusammen; um ihn herum fielen nacheinander etliche fünfzig der Seinen. Das geschah int Jahre 754. Die Leiche des Erzbischof-Märtyrers führten die Christen rheinaus. Sie wurde im Kloster Fulda bestattet. Ii. Die Kirchen und Klöster, -as Klosterleden und -wirken. Durch die Gründung von Kirchen und Klöstern hat Bonifatius für Germanien viel getan. Um die Sitze der Bischöfe, wo die Mutterkirche (Dom oder Kathedrale gegründet wurde, begannen sich Siedler in großer Zahl niederzulassen. Sie fanden dort Schutz; Märkte entstanden, und Handel und Wandel begann sich zu entfalten. Auch die kleineren Kirchen wurden oft Mittelpunkte von Niederlassungen. Die Erziehung und Ausbildung der Pfarrer erfolgte in den Klöstern. Die dort zusammen lebenden Geistlichen hießen Mönche. Sie nannten sich nach dem Gründer des Mönchwesens im Abendlande noch besonders Benediktiner. Als Leiter des Klosters waltete der Abt (Vater), dem der Prior (Obere) zur Seite stand. Die Mönche trugen alle ein grobes Hemd, darüber eine schwarzwollene oder -härene Kutte, mit einem Stricke um die Hüften zusammen gehalten, an den Füßen Sandalen; auf dem Kopfe war eine kreisrunde Platte geschoren; nur ein Kranz von Haaren um diese blieb stehen. Sie mußten ehelos, arm und gehorsam sein; diese drei Gelübde hatte ein jeder abzulegen, ehe er nach Ablauf des Probejahrs ins Kloster eintrat. Die Beschäftigung war Beten und Arbeiten. Unter Beten verstand man den öfteren Kirchenbesuch (gemeinsam nachts, morgens, nachmittags, abends) und das Beten unter der Arbeit, sowie den kirchlichen Gesang. Die Arbeit bestand in zweierlei: körperliche Arbeit auf dem Felde und im Garten, und geistige: Studieren von heiligen und gelehrten Büchern und Schulehalten. Denn bei jedem Kloster befand sich eine Schule für begabte Kinder des Landes, die entweder Mönche und Prediger werden, oder den Großen als Lese- und Schreibkundige dienen wollten. Der Lehrer hieß der Scholaster (Schulmeister); er unterrichtete in Religion, Latein, Lesen, Schreiben und Rechnen. Die Unterrichtssprache war lateinisch. Auch eine Bibliothek befand sich in jedem Kloster. Es wirkten aber die Mönche damals viel Gutes in Germanien. Sie pflegten das religiöse Leben durch die vorbildliche Frömmigkeit ihres

5. Deutsche Geschichte von den ältesten Zeiten bis zum Ende des Großen Krieges - S. 28

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— 28 — Nach dem kurzen gekrümmten Schwert, dem Sachs, nannten sie sich auch; wie dieses war dem Gotte das weiße Roß geheiligt. Mit seinem ganzen fränkischen Heeresausgebot rückte der König schon das Jahr darauf, nachdem er Alleinherr der Franken geworden war, ins Sachsenland ein. Die Westfalen hatten eine feste Burg, die Eresburg (Er ^ Sachsnot—ziu) an der Diemel, die zerstörte er. Ebenso ging es der Jrminsul, dem uralten Heiligtume des Volksstammes, dem riesigen Stumpfe eines Eichbaums, der nach der Ansicht der Westfalen das Weltall trug. Karl ließ ihn fällen, und die Sachsen bekehrten sich zu Tausenden wie es bei den Hessen nach dem Falle der Donnereiche geschehen war. Nach vier weiteren Feldzügen mochte der König glauben, das Sachsenvolk sei unterworfen. Unter dem Schutze von Bewaffneten begannen Priester und Mönche ins Land einzuziehen und das Christentum zu predigen. Überall wurden Kirchen gegründet, an anderen Orten auch militärische Stationen errichtet. Auf dem Reichstage zu Paderborn im Sachsenlande erklärte Karl, das Volk bei seinen Einrichtungen belassen zu wollen; aber er befahl den zehnten Teil der Feldfrüchte an die Geistlichen zu deren Unterhalt abzuliefern. Das tat einige Jahre hindurch gut. Doch nur äußerlich waren die Sachsen dem Frankenherrscher unterworfen; innerlich grollten sie und beschlossen, sich bei erster Gelegenheit seines Joches zu entledigen. Die Verabredungen fanden heimlich statt; endlich barst die Empörung aus. Karl hatte zwei Feldherren mit einem fränkischen Heere gegen die Slawen jenseits der Elbe entsandt; sie sollten sich unterwegs mit dem sächsischen Heerbann vereinigen. Die Sachsen erschienen denn auch; aber als die fränkischen Kriegshaufen am Süntel, zwischen diesem Bergzuge und der Weser arglos dahin zogen, fielen die Sachsen plötzlich über sie her und metzelten alles nieder. Dann erwählten sie sich Kriegsherzoge, und überall flammte der Aufruhr auf. Kaum hatte Karl von dem Unheilsschlage gehört, als er mit einem gewaltigen Heere in Sachsen einbrach und schonungslos alles verheerte. Er kam bis zur Aller im Engernlande. Tausende von Gefangenen schleppte er mit sich und glaubte durch ein grausames Strafgericht den Gehorsam zu erzwingen. An einem Tage ließ er zu Verden (fpr. Färden) an der Aller fünftehalb tausend Sachsen die Köpfe abschlagen. Aber dies Blutgericht empörte ganz Sachsenland gegen den „fränkischen Mörder", wie man Karl nannte. Widukind, der Kriegsherzog der Engern, rief das gesamte Volk wider ihn auf, und alles, was Waffen tragen konnte, eilte herzu. Drei Jahre lang unaufhörlich tobte der wilde Krieg; zwei große blutige Schlachten wurden geschlagen, und man wußte jedesmal nicht, wer gesiegt hatte. Karl kam mehrmals in arge Bedrängnis; aber schließlich behielt er doch die Oberhand, denn seine Hilfsquellen waren unerschöpflich. Der Widerstand der Sachsen dagegen erlahmte. Wer das Leben retten wollte, mußte sich Laufen lassen. Selbst Widukind, der sich aufs hartnäckigste gewehrt hatte, der länger als zehn Jahre gegen die fränkischen Eindringlinge die Waffen trug, verzweifelte daran zu siegen. Er begab sich plötzlich entschlossen zu Karl nach Frankreich und ließ sich mit vielen Edeln taufen. Die zerstörten Kirchen und Siedelungen wurden nun wiederhergestellt, Burgen erbaut und fränkische Besatzungen hineingelegt. Nach und nach gründete

6. Deutsche Geschichte von den ältesten Zeiten bis zum Ende des Großen Krieges - S. 30

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— 30 — erbittlichen Karl. Dieser ließ ihm das Haar abschneiden und steckte ihn in ein Kloster. Dann setzte sich Karl als König von Italien selbst die Eiserne Krone aufs Haupt. Ganz Ober- und Mittelitalien mußte sich ihm unterwerfen. Ii. Karl und die Saiurvaren und Awaren. Mit dem Langobardenkönige verwandt und verbündet war der Herzog der Baiuwaren, Tassilo. Er war ein mächtiger Mann; ihm gehörte alles Land südlich der Donau vom Lech bis zur Enns und tief ins Alpenland hinein bis an die Grenze der Langobarden. Er saß zu Regensburg, wo er fast wie ein König regierte. Sein Bischof zu Salzburg war der irischen Kirche angehörig und von der katholischen, die Bonifatius gegründet hatte, unabhängig. Nun rüstete Tassilo, von seinem Verwandten ausgestachelt, gegen den Frankenkönig und verbündete sich mit den Awaren, die er früher bekämpft hatte. Karl, der davon hörte, kam rasch mit einem großen Heere herbei. Da entfiel dem Herzoge der Mut; er unterwarf sich und gab seinen Sohn und andere junge Edeln als Geiseln. Nach einigen Jahren aber versuchte er wiederum sich zu empören. Da beschloß Karl, ein Ende zu machen. Abermals erschien er mit Heeresmacht, nahm Tassilo und die ganze herzogliche Familie gefangen und ließ alle im Kloster verschwinden. Das Baiuwarenland wagte keinen Widerstand, und auch hier führte Karl nun die fränkische Verfassung und den katholischen Glauben ein. Dann schritt der König zum Angriff auf Tassilos Verbündete, die Awaren, die in Baiuwarien eingefallen waren. Zweihundert Jahre hatten sie die umliegenden Länder nach Art der Hunnen geplündert und unermeßliche Schätze in ihren ringförmigen, verschanzten Niederlassungen gesammelt. Mehrere Feldzüge unternahm Karl und rottete die Räuber beinahe ganz aus; auch ihr Fürst fiel. Bei der Erstürmung des größten Rings machten die Franken eine solche Beute, daß es hieß, sie seien wohl bisher arm gewesen, nun aber sehr reich geworden. Das Land zwischen Enns und Raab fügte Karl seinem Reiche bei. Iii. Karl und die Saracenen. Es war auf dem Reichstage zu Paderborn, dem ersten, den König Karl im Sachsenlande hielt, da erschienen vor ihm Männer mit gebräunten Gesichtern, pechschwarzen Bärten, hohen Kopfbunden (Turbanen) und langen Gewändern, Krummschwerter an der Seite. Sie kamen aus Spanien; Araber oder Sarazenen waren es; sie begehrten Karls Hilfe gegen den Fürsten (Emir) von Eordova, der das arabische Spanien beherrschte. Karl, der auch den bedrängten Westgoten Hilfe bringen wollte, ging auf ihr Vorhaben ein. Ein mächtiges Heer stieg über die Pyrenäen und nahm das Land bis fast zum Ebro ein. Aber die weitere Eroberung ging nicht so glatt vor sich, und da auch daheim die Sachsen unruhig wurden, so beschloß Karl, den Plan der Unterwerfung Spaniens aufzugeben. Als er mit seinem Heere über die Pässe der Pyrenäen zurückkehrte, geschah ihm schweres Ungemach. Der Nachtrab war, während der Vortrab und auch das Hauptheer schon weit vorauszog, in den Schluchten zurückgeblieben und kam, da sich bei ihm der Troß und die Wagen mit der Beute befanden, nur langsam in der engen, tiefen Klamm weiter. Da fielen die wilden und räuberischen Stämme der Basken

7. Deutsche Geschichte von den ältesten Zeiten bis zum Ende des Großen Krieges - S. 32

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— 32 — Staate die Gauverfassung durch. Das ganze Reich wurde in Gaue eingeteilt, über die vom Könige der Gaugraf gesetzt wurde. Dieser hielt alle Monate, aber nicht mehr mit allen Freien, sondern bloß mit sieben bis zwölf Schöffen Gericht; er führte im Kriege die waffenfähige Mannschaft. Der Zentgraf (Schultheiß) war der vom Volke gewählte Unterrichter, der mit ebensovielen Schöffen über kleinere Vergehen alle Woche einmal richtete und im Kriege die Wehrfähigen seines Bezirks unter dem Gaugrafen befehligte. Auf seinen Domänen hatte der König den Vogt (Verwalter) und Schultheiß oder Pfalz graf (Hofrichter); die Geschäfte wurden hier für den König besorgt. Eine Eigentümlichkeit, die Karl neu schuf, waren die Sendgrafen oder Königsboten. Alljährlich im Frühjahr ernannte er zwei solcher, einen weltlichen Großen und einen Bischof oder Abt, ersteren für weltliche, letzteren für geistliche Sachen. Alle Vierteljahre hatten dann beide ihren Sprengel zu bereisen und die unentschiedenen oder zweifelhaften Angelegenheiten zu erledigen, auch Klagen gegen Gericht und Verwaltung zu hören. Dem Könige mußte genau Bericht erstattet werden. Die andere Schöpfung Karls war die der Markgrafen, d. h Grenzgrafen. In den Grenzgebieten des Reiches, da, wo unruhige Nachbarn waren, siedelte Karl eine Anzahl seiner Vasallen an, denen er große Ländereien zu Lehn gab und gestattete, sich eine Burg zu erbauen. Über sie wurde der Markgraf gesetzt, der das Recht besaß, den Heerbann seines Gebietes, ohne des Königs Erlaubnis einzuholen, jederzeit gegen die Feinde aufzubieten, wenn dies not tat. Reichsversammlungen. An Stelle der alten Volksversammlung bestanden die Maifelder fort, die Karl alljährlich einmal bald da-, bald dorthin berief. Sie bekamen auch den Namen Reichsversammlungen und Reichstage. Aus diesen erschienen die Lehnsträger, weltliche und geistliche, und die Freien; erstere überwogen. Mit ihnen beriet der König die Gesetze, bürgerliche und geistliche, Kapitularien genannt. Sie wurden lateinisch niedergeschrieben und von Karl besiegelt. Aus den Maifeldern musterte Karl auch den Heerbann der geistlichen und weltlichen Vasallen. Ferner empfing er dort die Geschenke, die aber jetzt pflichtmäßig waren. Sonst bestritt er seinen Unterhalt meist aus den Einkünsten der Domänen und aus Zollabgaben. Die Domänen lagen um die königlichen Pfalzen, von denen im Ostfrankenlande die bedeutendsten die zu Aachen, Köln, Ingelheim, Worms, Speier, Frankfurt, Metz und Trier waren. Karl nahm bald hier, bald dort seinen Aufenthalt; er hielt dann, umgeben von seinen Vasallen, Gericht über Fälle, in denen kein anderer Richter entscheiden mochte. Die letzten zwanzig Jahre aber wohnte er fast ständig in seiner Pfalz zu Aachen wegen der warmen Quellen, die er gegen seinen Rheumatismus gebrauchte. Landwirtschaft, Gewerbe und Handel. Karls Sorge für die Volkswohlfahrt war groß. Die Dreifelderwirtschaft wurde jetzt im ganzen Reiche durchgeführt. Auf seinen Höfen legte Karl Musterwirtschaften an. Dem Könige eiferten die Großgrundbesitzer nach; sie ließen besonders weite Strecken Wald anroden und in Ackerland verwandeln, das sie mit hörigen Pächtern besetzten, wodurch viele neue Niederlassungen gegründet wurden.

8. Deutsche Geschichte von den ältesten Zeiten bis zum Ende des Großen Krieges - S. 35

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— 35 — 16. Karls Nachfolger und die Reichsanflssmig. Ludwig der Fromme. Ludwig, des großen Kaisers Sohn, wurde der Fromme oder Leutselige zubenannt. Schon bald nach dem Antritt seiner Regierung dachte er Gehilfen für letztere zu bestellen. Er hatte von seiner schon verstorbenen Gemahlin drei Söhne, Lothar, Pippin und Ludwig; davon nahm er den ältesten zum Mitkaiser und Mitregenten an. Den anderen gab er Teile des Reiches zur Verwaltung. Als er sich nun später wieder verheiratete und noch einen Sohn, Karl, erhielt, den man den Kahlen nannte, teilte er wiederum und gab dem jüngsten Sohn den größten Teil. Die drei älteren Brüder, die dadurch benachteiligt waren, empörten sich gemeinsam gegen ihren Vater. Als die Heere einander gegenüberstanden, mußte der alte Kaiser es erleben, daß ein großer Teil seiner Leute zu den rebellischen Söhnen überging. Die Gegend bei Kolmar im Elsaß, wo das geschah, wird heute noch das Lügenfeld genannt. Lothar nahm den Vater gefangen, aber Ludwig, den seine Tat reuete, befreite ihn und setzte ihn wieder ein. Nachmals starb Pippin, und jetzt teilte der Kaiser von neuem. Nun wieder glaubte Ludwig sich benachteiligt und griff zum Schwerte. Auf dem Zuge gegen ihn starb der alte Kaiser, dem der Kummer sehr zugesetzt hatte, auf einer Rheininsel bei Ingelheim. Die Teilung des Frankenreichs. Nach seinem Tode wurden die drei Brüder unter sich uneins. Der ehrgeizige Lothar suchte die andern zu unterdrücken; da verbanden sich Ludwig und Karl und schlugen ihn in einer mörderischen Schlacht gänzlich. Die halbe Ritterschaft des Frankenreichs lag unter den Toten. Nun ließ sich Lothar herbei, zu Verdun das Reich zu teilen, 843. Lothar blieb Kaiser und bekam das Land an der linken Rheinseite entlang von der Nordsee bis zum Mittelmeere, dazu das Königreich Italien; er besaß in seinem Gebiete die Hauptstädte Aachen und Rom. Man nannte dies Reich Lotharsreich oder halblateinisch Lotharingien, woraus der Name Lothringen geworden ist, der aber später auf das Gebiet an der Maas und Mosel beschränkt wurde. Ludwig erhielt das Land östlich vom Rheine samt den Städten Mainz, Worms und Speier nebst Umgebung auf der linken Seite, des Weines wegen. Man nannte es Austrasien oder Ostfranken; die Hauptstadt war Regensburg. Später hat man dem Könige Ludwig den Beinamen der Deutsche gegeben. Karl der Kahle bekam das Land westlich von Lotharingien, das man Neustrien oder West franken nannte und dessen Hauptstadt Paris war. Die Söhne dieser Könige teilten wieder. Kaiser Lothar, der Reue über die Taten bekam, die er an seinem Vater verübt hatte, ging zwölf Jahre nach der Reichsteilung in das Kloster Prüm in der Eifel, starb aber bald darauf. Seine drei Söhne folgten ihm bald ins Grab nach. Ludwig der Deutsche und Karl der Kahle teilten nun das nördliche Lothringen im Vertrage zu Meersen, 870. Bald darauf bildeten die Schelde und die Maas die Grenze zwischen Ost- und Westfranken. Burgund (die Länder an 3*

9. Deutsche Geschichte von den ältesten Zeiten bis zum Ende des Großen Krieges - S. 37

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37 das sie an der Maas errichtet hatten, zusammen. Alle Landstraßen lagen voller Leichen und Trümmer. Erst König Arnulf ging den Normannen ernsthaft zu Leibe. An der Dyle (bei Löwen) hatten sie hinter Sümpfen ein zweites festes Lager; allein der König saß mit seinen Rittern ab, erstürmte zu Fuß die Schanzen und vernichtete die gesamte Räuberschaft, 891. Alle Beute wurde wiedergewonnen, alle Gefangenen wurden befreit, viele eroberte Fahnen nach Regensburg gesandt. Nun brauchte man in den Kirchen nicht mehr um Errettung vor den Normannen zu beten; ihre Raubfahrten hörten mit einem Male auf, und Friede kehrte wieder ein. 17. Heinrich der Sachse als Gründer des deutschen Reiches. Die Slawen. Die weiten Niederungen jenseits der Elbe wurden von den Slawen bewohnt. Die Slawen, von den Deutschen Wenden genannt, waren in viele kleine Völkerstämme zersplittert. Die große Masse des Volkes bildeten aber nicht Freie wie bei den alten Germanen, sondern es waren jene von einem Adelstände abhängig, ihm hörig. Die Niederlassungen der Slawen legten sich im Kreise um einen großen, freien Platz; es waren meist arme Lehm- oder Strohhütten und -Häuser. Die Edeln hatten Burgen, aus Holz erbaut, mit Wall und Pfahlgraben befestigt. Die Wenden trieben Viezucht und Ackerbau, daneben Jagd und Fischfang. Ebenso gern führten sie Krieg und dehnten ihre Raubzüge auf Vieh und Menschen weit über die Elbe ins Sachsen- und Thüringerland aus. Wenn es Krieg gab, dann wählten die Stämme der Slawen einen Kriegs herzog, der den Oberbefehl führte. Könige kannten sie anfangs nicht. Aber sie hatten eine zahlreiche Priesterschaft, die den Göttern diente. Die Verehrung der Götter fand statt in Holztempeln, die in heiligen Hainen oder auf Seeinseln standen. Dort thronten die Götzenbilder, die aus Holzklötzen gearbeitet waren und oft Tierköpfe hatten. Die Slawen verehrten gute und böse Götter. An der Spitze der ersteren stand der leuchtende Bjelbog (der weiße Herr), an der der letzteren der finstere Tschern-jebog (der schwarze Herr). Die hauptsächlichsten Slawenstämme waren die Obotriten (in Mecklenburg), die Wilken oder Ljutizen (in Brandenburg), die Tschechen (in Böhmen), die Pomorzen (Pommern) und die Poljänen (Polen). Die Madscharen. Südöstlich von den Slawen wohnten die Madscharen oder Ungarn, wie die Deutschen sie nannten. Sie waren finnischen Stammes und vom Ural hergekommen. In Aussehen, Nahrungs-, Bekleidungs- und Lebensweise glichen sie den Hunnen, wenn sie auch keine so mißgestalteten v. I. Dir äußeren Feinde des Reiches.

10. Deutsche Geschichte von den ältesten Zeiten bis zum Ende des Großen Krieges - S. 38

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— 38 — Gesichter hatten. Auch in der Bewaffnung und Kriegsweise ähnelten sie jenem wilden Steppenvolke. Zahllose Horden hausten in den Ebenen an der Theiß und Donau; von dort fluteten die wilden Feinde über die deutschen Ostmarken herein. Die alten hunnischen und awarischen Zeiten kehrten wieder: überall herrschte Mord, Brand, Verwüstung; alle bewegliche Habe wurde geraubt, Tausende von Gefangenen wurden in die Knechtschaft fortgeschleppt. Mit einem Male wurde das anders. Die Ungarn erschienen nicht mehr in einzelnen Schwärmen, sondern mit gesamter Macht. Sie wollten nicht mehr bloß plündern, sie wollten auch erobern. Es stellte sich ihnen der bayrische Heerbann unter seinem Markgrafen entgegen; aber in einer furchtbaren Schlacht vernichteten sie ihn und durchstürmten ganz Bayerland. Im folgenden Jahre erging es dem thüringischen Heerbann, darauf dem fränkischen und allemannischen ebenso; die beste Volkskraft wurde erschlagen. Die Ungarn streiften im Sachsenlande bis zur Weser, sie tränkten ihre Rosse im Rhein und kamen im Westfrankenreiche sogar bis zur Loire; niemand schien ihnen gewachsen zu sein. ü. Die innere Auflösung und Wiedervereinigung des Reiches. Als Ludwig das Kind, der letzte ostfränkische Kärlinger gestorben war, da drohte das Reich in fünf Teile: Sachsen, Franken, Schwaben, Bayern und Lothringen auseinander zu fallen. Jeder dieser Stämme hatte sich einen Volksherzog gesetzt, dem er gehorchen wollte und sonst keinem. Da einigten sich Franken und Sachsen und wählten wieder einen König, nämlich den Herzog Konrad von Franken. Er war Volksherzog über die alten fränkischen Geriete am Rhein und Main und ein tapferer Mann. Er bemühte sich auch, die Einheit des Reiches herzustellen. Aber die andern Stämme wollten ihn nicht anerkennen; Lothringer, Schwaben und Bayern wollten nichts von ihm wissen. Der Lothringerherzog schloß sich an das Westfrankenreich an, und der König konnte es nicht hindern. Gegen Schwaben und Bayern mußte er zu den Waffen greifen. Er siegte auch, ließ den Schwabenherzog enthaupten und vertrieb den Bayernherzog, der zu den Ungarn floh. Dann aber verfeindete er sich mit dem Sachsenherzoge Heinrich und wurde von diesem geschlagen, und nun empörten sich Schwaben und Bayern abermals. Der König war wieder soweit wie zuvor. Anstrengung und Kummer dazu eine Wunde machten den König Konrad todkrank. Als er nun auf seiner Burg zu Weilburg auf dem Sterbebette lag, ließ er seinen Bruder Eberhard zu sich rufen und bat diesen inständig, die Königswürde Heinrich von Sachsen anzutragen, da dieser allein das Reich retten könne. Herzog Eberhard und die Großen taten, wie der sterbende König gewünscht hatte. Mit einem zahlreichen Gefolge ging Eberhard nach dem Harz ab, wo er wußte, daß er Heinrich treffen würde. Dort fand er ihn, wie es heißt, beim Vogelfänge und bot ihm die Krone an, die Heinrich denn auch annahm. Darauf beriefen die sächsischen und fränkischen Großen einen Reichstag nach Fritzlar, das im Hessenlande liegt. Sie traten in der Kirche zusammen
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