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1891 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Cyranka, Lorenz
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Reformiert
Von d. Erhebg. Preußens z. Königreiche b z.gründg. d. neuen Deutschen Reiches ac. 77
Das glückliche Leben des Prinzen Wilhelm dauerte nicht lange; früh schon sollte auch er das ernste Leben kennen lernen.
Im Jahre 1806 wurde die glückliche Königsfamilie von großem Unglück betroffen. Napoleon I. hatte sich zum Kaiser der Franzosen gemacht und besiegte einen Staat nach dem andern. Auch das preußische Heer wurde bei Jena und Auerstädt fast vernichtet. Daraus zog der Sieger in Berlin ein.
Der König hatte seine Hauptstadt verlassen; seine Gemahlin war mit den Kindern nach Königsberg geflohen. Aber im nächsten Jahre drangen die Franzosen bis Königsberg vor. Die Königin, noch krank am Nervenfieber, flüchtete nach Memel. Nach den vergeblichen Kämpfen bei Preußisch-Eylau und Friedland mußte Friedrich Wilhelm Iii. den Frieden zu Tilsit schließen. Preußen verlor die Hälfte seines Gebiets, mußte 112 Millionen Mark Kriegskosten zahlen und für die Unterhaltung von 150 000 Mann Franzosen monatlich drei Viertel Millionen Mark aufbringen. Die königliche Familie blieb in Memel. Damals schrieb Luise an ihren Vater: „Für unsere Kinder mag es gut sein, daß sie die ernste Seite des Lebens kennen lernen."
c. Wilhelms I. Lieblingsblume. Kurz vor der Schlacht bei Friedland (am 14. Juni 1807) hatte sich die Königin Luise abermals von Königsberg nach Memel begeben müssen. Im freien Felde zerbrach ein Rad ihres Wagens. Die Königin mußte mit ihren Kindern aussteigen. Den Kutscher schickte sie in das nächste Dors. Ein Schmied und ein Stellmacher sollten den Schaden an dem Wagen ausbessern. Unterdessen setzte sich die Königin an den Rand der Landstraße. Da klagten die kleinen Prinzen der Mutter ihr Leid; sie waren von der Reise müde und hungrig; sie baten die Mutter um Brot. Aber die Königin konnte ihren Hunger nicht stillen, denn sie hatte vergessen, Nahrungsmittel mitzunehmen. Endlich stand sie auf und fing an in dem Roggenfelde Kornblumen zu pflücken. Durch ihr Beispiel wurden die Prinzen ermuntert, ihr zu helfen. Sie brachten ihr eine große Menge Kornblumen herbei. Hieraus setzte sich die Königin nieder und wand aus den Blumen Kränze. Die beiden Prinzen schauten zu. Bei dieser Arbeit dachte wohl die Königin über die traurige Sage ihrer Familie, über die Not des Landes, über die Zukunft ihrer Söhne nach. Und da traten ihr Thränen in die Augen und fielen auf die blauen Blumen herab. Prinz Wilhelm fah die Thränen der Mutter. Er sprang auf, fiel ihr um den Hals und tröstete sie mit den Worten: „Weine nicht, liebe Mutter!“ Die Mutter aber, unter Thränen lächelnd, setzte dem zehnjährigen Sohne den ersten fertigen Kranz aus das Haupt. Diese Begebenheit ist Wilhelm I. unvergeßlich geblieben. Die Kornblume erinnerte ihn immer an die Thränen seiner Mutter, und von dieser Zeit an war sie ihm unter allen Blumen die liebste.
d. Tod der Königin Luise. Im Dezember 1809 war es der königlichen Familie endlich vergönnt, wieder nach Berlin zurückzukehren. Aber die