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1. Bilder aus der vaterländischen Geschichte - S. 30

1894 - Münster : Aschendorff
— 30 — Staaten statt über den Anschluß dieser Staaten an den Norddeutschen Bund. Aber mit der Vereinigung allein waren Fürsten und Volk nicht zufrieden; man wünschte, daß auch die altehrwürdigeu Namen des Deutschen Reiches und des Deut scheu Kaisers wieder auflebten. Im Namen aller deutschen Fürsten richtete daher der junge König Ludwig Ii. vou Baieru an den König Wilhelm die Bitte, die Würde eines deutschen Kaisers anzunehmen; auch der Reichstag des Norddeutschen Bundes sprach dieselbe Bitte aus. König Wilhelm glaubte diesen Wünschen nicht widerstehen zu dürfen. Der 18. Januar 1871 wurde als Tag der feierlichen Kaiser-Proklamation festgesetzt; es war derselbe Tag, an dem vor 170 Jahren das damalige Kurfürstentum Brandenburg zum Königreiche Preußeu erhoben worden war. Die Fahnen und Standarten aller um Paris lagernden Truppenteile waren nach Versailles beordert worden; ebenso waren Abordnungen sämtlicher Regimenter erschienen. Auch alle auf französischem Boden weilenden deutschen Fürsten und Prinzen, sowie die höheren Befehlshaber waren, soweit die Kriegslage ihre Abwesenheit von ihren Truppen erlaubte, in Versailles erschienen. Mittags 12 Uhr begab sich der König von seinem Hauptquartiere nach dem prächtigen Schlosse. Während er hier, umgeben von den Prinzen, den Fürsten, Generälen und Ministern, noch einige Augenblicke in deu Vorzimmern der Festräume verweilte, hatte sich in dem berühmten S p i e ge l s a a l e, wo die Festlichkeit stattfinden sollte, die Versammlung geordnet. Rechts und links von dem mit einer roten Decke bekleideten Altare standen die Truppen, die die Fahnen nach Versailles begleitet hatten. Die Fahnen selbst hatten ihren Platz aus einer niedrigen Erhöhung seitwärts von dem Altare. Die Zahl der anwesenden Offiziere betrug zwischen fünf- und sechshundert. Bald nach 12 ‘/4 Uhr trat der König in deu Festsaal ein, während ein ans Soldaten gebildeter Sängerchor ein kirchliches Lied vortrug. Der König nahm in der Mitte vor dem Altare Anstellung, im Halbkreise um ihn die Prinzen und Fürsten. Ein Geistlicher sprach ein Gebet, hielt eine Festrede und erteilte den Segen. Dann schritt der König durch die Versammlung aus die Erhöhung zu, verlas vor den Fahnen die Urkunde der Verkündigung des Kaiserreiches und gab dann dem Bundeskanzler den Befehl, die „Proklamation an das deutsche Volk" zu verleseu. Nachdem das geschehen war, rief der Großherzog von Baden mit lauter Stimme: „Seine Majestät der Kaiser Wilhelm lebe hoch!" Dreimal stimmte die Versammlung begeistert in das Hoch ein und sang die Nationalhymne: „Heil dir im Siegerlranz!"
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