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1. Bilder aus der vaterländischen Geschichte - S. 70

1894 - Münster : Aschendorff
- 70 — geistige Anlagen und unbeugsame Festigkeit und Willensstärke; was er sich einmal vorgenommen hatte, das setzte er auch durch. Im Herzogtum Kleve waren die meisten Festungen von holländischen Truppen besetzt; er wußte sie daraus zu verdrängen. Um die Regierung in Prenßen antreten zu können, mußte er erst mit dem Könige von Polen verhandeln. Er mußte sich persönlich nach Warschau, der Hauptstadt Polens, begeben, wo er nicht ohne Demütigung kniefällig das Land aus den Händen des Königs empfing. Sein Stammland Brandenburg befand sich teils in der Gewalt der Schweden, teils war es von kaiserlichen Truppen besetzt. Durch geschickte Verhandlungen mit den Schweden und dem Kaiser wußte er sein Land von den fremden Söldnern zu befreien und ihm Frieden und Ruhe zu verschaffen. So konnte er schon daran gehen, die Wunden zu heilen, die der Krieg geschlagen hatte, und geordnete Zustände herbeizuführen, während das ganze übrige Deutschland noch Jahre lang unter den Greueln des Krieges zu leiden hatte. Die für Geld geworbenen brandenbnrgischen Truppen hatten nicht allein ihrem Kurfürsten den Eid der Treue geschworen, sondern auch dem Kaiser. Als Friedrich Wilhelm die Regimenter aufforderte, ihm allein zu schwören, weigerten sich die meisten. Deshalb entließ er alle Truppen aus seinem Dienste bis aus 2000 Mann. Diese bildeten den Kern und die Grundlage des stehenden Heeres, das der Kurfürst ins Leben rief. Es sollte nicht allein in Kriegs-, sondern auch in Friedenszeiten unterhalten werden. Immerfort vermehrte er es und brachte es schließlich auf 38 000 Mann, eine für jene Zeit und bei dem geringen Umfange seines Staates sehr beträchtliche Zahl. Er war rastlos bemüht, dieses Heer aufs sorgfältigste auszubilden, tüchtig zu machen und in guter Mannszucht zu erhalten. Und das gelang ihm aufs beste. Unterstützt wurde der Kurfürst bei diesem Werke von verschiedenen tüchtigen Generälen und Offizieren, besonders von dem kühnen und wackeren Reitergeneral Dersslinger, dem Befehlshaber seiner Artillerie Sparr und dem Prinzen von Homburg, der trotz seines Stelzfußes beim Angriffe immer der erste war. Vor allen hielt Friedrich Wilhelm große Stücke ans Dersslinger, von dem er einst schrieb: „Ich würde unglücklich sein, wenn ich ihn verlöre; ich wüßte nicht, wo ich einen andern bekommen sollte, der das Werk recht aus dem Grunde verstände." Das Heer bestand ans Fußtruppen, Artillerie und Reiterei. Die wichtigste Truppe war die Reiterei. Das Fußvolk hatte damals bei weitem nicht die Bedeutung wie heute. Denn das Gewehr (die Muskete, daher die Bezeichnung Musketiere) war so schwer, daß es beim Zielen auf eine Gabel gelegt werden mußte. Dazu nahm das Laden mit Hülfe des Ladestockes sehr viel Zeit in Anspruch. Auch brach der
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