Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Geschichte der neueren Zeit - S. 307

1906 - Langensalza : Gressler
307 schon Ende November; die Soldaten litten sehr von der Kälte; daher betrieb er die Belagerung mit vielem Eifer und sah täglich der Arbeit in den Laufgräben zu. Am 11. Dezember, einem Sonntage, wohnte er noch nach seiner Gewohnheit des Vor- und Nachmittags dem Gottesdienste bei. Am Abend ging er in Begleitung des Ingenieurs Megret und des Adjutanten Sickert, zweier Franzosen, nach den Laufgräben, stützte sich mit beiden Armen aus die Brustwehr und sah dem Feuern aus der Festung ruhig zu. Die beiden Offiziere, die nicht weit davon standen, wunderten sich endlich, daß der König so lange blieb, und glaubten schon, er sei eingeschlafen. Endlich gingen sie hin und fanden ihn tot. Eine Kugel war ihm mitten durch den Kopf gegangen. Man hat behauptet, jene beiden Franzosen hätten ihn ermordet, und es ist wahr, daß Sickert vier Jahre daraus im Wahnsinne sich den Mörder des Königs nannte. Aber man glaubt ja doch sonst den Aussagen eines Wahnsinnigen nicht, und der Verdacht ist keineswegs erwiesen. Daß seine Soldaten ihn aufrichtig betrauerten und mit zahllosen Tränen ihn zu Grabe trugen, braucht nicht erst gesagt zu werden. Er war erst 36 Jahre alt. Karl hatte großen Verstand, einen Akut, der an Verwegenheit grenzte, und einen so festen, eisernen Willen, daß vor ihm alle Hindernisse schwanden. Seine Haupttugendeu waren Wohlwollen und Redlichkeit. Aber weil er gegen sich selbst streng war, so ließ er auch in seinen Forderungen an andere nichts nach. Fand er Hindernisse und Schwierigkeiten, so verdoppelten sich seine Kräfte. Um überwunden zu werden, ließ er sich eher brechen als beugen. Dieser Eigensinn war sein Unglück. Er hatte ihn schon in seiner Jugend gezeigt. Pserde zu bändigen und Bären zu jagen, war seine Hauptlust; einmal zwang er sein Pserd, mit ihm über einen Holzhaufen zu klettern. Sonst war er ein sehr achtungswerter Mensch, voll Gottesfurcht, frommer Ergebung, frohen und unerschütterlichen Mutes, strenger Gerechtigkeit und durchaus unbefleckten Wandels vor Gott und den Menschen. Auch hatte er ein angenehmes Äußere. Er war groß und schlank gewachsen, von gerader Haltung, bräunlicher Gesichtsfarbe, und feine blauen Augen strahlten 20*
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer