Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Die alte Geschichte - S. 104

1899 - Langensalza : Gressler
104 Harpagos. „Das Kind ist tot," sprach er; „komm selbst und siehe!" — Harpagos war aber dazu zu bequem; er schickte einige treue Leute hin, welche die Nachricht bestätigten und das Kind begraben ließen. So wuchs das wunderbar erhaltene Kind auf, wurde groß und stark, schon und klug, und erreichte bereits das zwölfte Jahr, als — seine Herkunft entdeckt wurde. Es spielte nämlich eines Tages mit andern Kindern. Einer sollte König sein, und die andern sollten seine Minister, Soldaten u. s. w. vorstellen. Da nun der Hirtenknabe der Klügste unter ihnen war, so wurde er zum König gewählt, und er trug jedem sein Geschäft auf. Es war aber ein Knabe darunter, der Sohn eines vornehmen Meders, der durchaus nicht gehorchen wollte; der Kinderkönig peitschte ihn daher recht tüchtig aus. Der verzärtelte Knabe weinte, lief fort in die Stadt und klagte seinem Vater, was ihm widerfahren war. — Der Vater bedauerte das Söhnchen gar sehr und ging mit ihm zu Astyages. „Siehe, Herr," sprach er, „so ist mein Kind mißhandelt worden! Und das hat sich der Sohn eines deiner Rinderhirten unterstanden!" — Der König ließ den Hirten holen samt dessen Sohne und fuhr den letztem an: „Wie hast du dich unterstehen können, den Sohn eines so vornehmen Mannes zu schlagen? Rede!" — „Herr," antwortete der Knabe, „das habe ich mit Recht gethan. Die Knaben hatten mich ja zu ihrem Könige gewählt und mußten mir also gehorchen. Der Junge aber war ungehorsam und hörte nicht eher, bis er seine Schläge bekommen hatte. Konnte ich anders? Machst du es nicht auch so?" Der König lächelte. Je mehr er aber den Knaben ansah, desto nachdenklicher wurde er; denn er fand eine auffallende Ähnlichkeit zwischen ihm und feiner Tochter Mandane; er hatte das ganze Familiengesicht des königlichen Geschlechts. Dabei stand der Bursche so keck da, hatte einen so königlichen Anstand, einen so freien Blick, daß sich Astyages gar nicht satt sehen konnte. Endlich ließ er alle abtreten; nur den Hirten behielt er bei sich. „Höre," sprach er, „mit dem Knaben ist es nicht richtig; sage, woher hast du ihn?" — „Herr," antwortete der Hirt, „woher sollte ich ihn haben? Er
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer