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1. Die alte Geschichte - S. 105

1899 - Langensalza : Gressler
105 ist ja mein Sohn!" — „Du lügst!" schrie der König: „Knechte, legt ihn aus die Folter!" — Da siel der Hirt aus die Kniee und bekannte alles. „Du magst gehen," sagte Astyages, „aber laß mir den Harpagos kommen." „Sage mir doch," redete ihn der König an, „auf welche Art hast du denn damals meinen Enkel umgebracht?" — Harpagos erblaßte; denn er hatte den Hirten gesehen und fürchtete mit Recht, daß schon alles verraten sei. Er gestand also die Wahrheit ein und fügte hinzu, der Knabe sei sicherlich tot; seine treuesten Knechte hätten ihn selbst begraben. „Nein," sagte Astyages mit dem freund-lichiten Gesichte — seinen Ärger verbarg er sorgfältig — „denke dir das Gluck: der Knabe lebt noch! Ich habe mir schon lange Vorwürfe gemacht, daß ich ihn töten lassen wollte, und darum bin ich nun recht froh, daß er erhalten ist." Nun erzählte er ihm die ganze Geschichte. „Schicke mir doch deinen Sohn, Harpagos," setzte er hinzu, „damit mein Enkel einen Gespielen habe: du selbst komm heute abend zum Gastmahle zu mir." Harpagos war voll Freuden, daß der König so gnädig war; er warf sich ihm zu Füßen und ging vergnügt nach Hanse. Am Abenb fand er sich zu gehöriger Zeit ein und setzte sich fröhlich zur Tafel. Als der Braten herumgereicht wurde, setzte man dem Harpagos einen andern vor als den übrigen Gästen. Er ließ es sich trefflich schmecken. Endlich fragte ihn Astyages: „Weißt du wohl, was für Braten du gegessen hast?" — „Nein, wahrlich," antwortete er, „ich weiß es nicht!" — „Nun," sprach Astyages zu den Bedienten, „so bringt ihm einmal die verdeckte Schüssel da!" — Wie bebte der unglückliche Harpagos zusammen, als er den Deckel abhob und den Äopf und die Glieder seines Sohnes erblickte! „Merkst bu nun," rief der unmenschliche Astyages über den Tisch, „was für Wildbret das war, welches bir so gut schmeckte? Siehst bu, so bestrafe ich ungehorsame Diener!" — Harpagos hatte Fassung genug, nichts zu erwibern, als: „Alles, was bu thust, ist vortrefflich!" Dann sammelte er die Überreste seines Äinbes und trug sie nach Haufe, um sie zu begraben.
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