1877 -
Kattowitz O.-S.
: Siwinna
- Autor: Mensch, Hermann, Steinmann, M.
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Schulen
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Wissenschaft von seinen Landsleuten nur noch das Wunderkind genannt wurde. In seinem sechzehnten Jahre zog er nach Rom und ließ sich hier feierlich zum Kaiser krönen. Der Aufenthalt in Rom sagte ihm so zu, daß ihm das Vaterland fast fremd ward, und er schon daran dachte, Rom zur Hauptstadt des Reiches zu machen. Awar kehrte er wieder nach Deutschland zurück, konnte aber daselbst doch nicht recht heimisch werden. Die Italiener, die wieder einmal mit ihrem Papste im Unfrieden lebten, gaben ihm denn auch bald Gelegenheit zu einem neuen Römerzuge. Je länger nun Otto in Rom weilte und die Herrlichkeiten der ewigen Stadt schaute, desto größer wurde seine Liebe zu dem Laude, wo die Sonne so warm schien und fast immer ein blauer Himmel lachte; er trug gar kein Verlangen mehr, das kalte unfreundliche Deutschland wiederzusehen. Seine Vorliebe für die Römer ging soweit, daß er sogar deutsche Sitten vernachlässigte und seinen ganzen Hofstaat auf römische Weise einrichtete. Das war eine große Torheit, und Otto sollte bald erfahren, daß die Fremde niemals das Vaterland ersetzen kann. Als er endlich wieder nach Deutschland zog, geschah es uicht, um wieder uach dem Rechten zu sehen und die Stämme der Dünen und Wenden, die während seiner langen Abwesenheit aufgestanden waren, zur Unter-werfung zu bringen, sondern um eine Pilgerfahrt nach dem Grabe des heiligen Adalbert in Polen zu unternehmen. Otto war nämlich ein schwärmerischer Mensch, über seinen Träumereien und phantastischen Neigungen vergaß er oft das zunächst Liegende. Als er nach seiner Rückkehr aus Polen in Aachen einen Reichstag abhielt, wandelte ihn die Lust an, das Grab Karls des Großen, das zweihundert Jahre kein Mensch betreten, zu öffnen. Nachdem nun das Gewölbe erbrochen worden war, fand man den großen Kaiser noch uuverwest auf seinem Throne ausrecht sitzen, das Scepter in der Hand, den Heerschild des Frankenreichs zur Seite,