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1. Von 102 vor Chr. bis 1500 nach Chr. - S. 36

1880 - Berlin : Nicolai
36 werden ließen. Wie alle heidnischen Völker, machten die Germanen ihre Kriegsgefangenen, gewisse Uebelthäter oder solche, die sich von einer Schuld nicht lösen konnten, zu Knechten. Der eigenen Genossen, die sich selbst im Spiele als Sclaven verkauft hatten, schämten sie sich und schafften sie über die Grenze. Freilich war der Sclave rechtlos wie überall; der Herr durfte ihn todten und that es wohl auch in der Leidenschaft; aber die Sitte war edler als das Recht; die Behandlung der Sclaven, die im Lande blieben und nicht in's Ausland in den Sclavenhandel kamen, wird als eine menschliche gerühmt; auch brauchten die Herren ihre Knechte nicht zum Dienste im Hause, wie die Römer. Im einfachen Hauswesen genügte die Familie. Sie überließen ihnen eigene Wohnungen und eigenes Besitzthum und legten nur einen bestimmten Zins darauf, der meist in Vieh, Früchten oder Kleidungsstücken bestand. So waren die Knechte zugleich die Handwerker. Denn auf die Anfertigung von Kleidungsstücken und Waffen beschränkte sich, sobald das Haus einmal aufgerichtet war, das Handwerk jener einfachen Zeit. Waffen zu schmieden, mochte hingegen auch dem Herrn eine Lust sein, und wir sehen selbst die Helden der Sage mit dem Schmiedehandwerk beschäftigt. Die Küstenvölker zimmerten einfache Kähne; auch schlichte Karren, irdenes Geräthe, Bottige und Fässer für ihr Bier waren Gegenstände eines noch rohen Handwerks. Die Weiber verstanden sich auf Spinnen und Weben. So war die Lage des arbeitenden Sclaven von der des Freigelassenen nicht verschieden, obgleich dieser sich nicht mehr im Eigenthum eines Herrn befand. Da der Freigelassene aber nicht zu der Gemeinde der Freien gehörte und sein Recht folglich nicht selbst vor Gericht geltend machen konnte, so bedurfte er des Schutzes eines Freien, den er mit Zins erkaufte. Aus dem glänzenden Zeugnisse, welches der große Geschichtsschreiber den unverdorbenen Sitten unserer Voreltern, ihrer Einfachheit, Treue, Keuschheit ausstellt, leuchtet fteilich deutlich genug die Absicht hervor, das Gegentheil der römischen Verderbniß vor Augen zu stellen. Aber das ist kein Grund, auf so bestimmte Angaben weniger Gewicht zu legen. Im Gegentheile, so bedeutend erschien ihm der sittliche Kern der Germanen, daß der stolze Römer sie seiner hochgebildeten Nation in vielen Dingen als Muster hinstellen konnte. Am wichtigsten aber ist, was Tacitus über die öffentlichen Verhältnisse, über das Verfassungs- und Rechtsleben der Germanen berichtet. Es bewegt sich noch ganz auf den schon von Cäsar beschriebenen Grundlagen, ist aber zu größerer Stetigkeit und Mannichfaltigkeit gelangt. Seitdem die Römer die Grenzen Germaniens gezogen und dem weiteren Vordringen der Germanen vorerst ein Ziel gesetzt hatten, waren die germanischen Stämme genöthigt, auf dem gewonnenen Boden festen Fuß zu fassen. Die Aecker gehören zwar noch, wie zu Cäsar's*) Zeit, der ganzen Gemeinde, aber sie werden nicht mehr von ihr verlassen. Die Gemeinschaft und Vertheilung der Aecker in der Gemeinde ist ein Prinzip, welches den Germanen und Slaven ursprünglich gemein war; nur haben die Slaven viel länger daran festgehalten, in Rußland und der Bulgarei besteht es noch jetzt in manchen *) Nach Cäsar hatte der Einzelne kaum einen bestimmten Acker und festes Landeigenthum, sondern die Vorsteher und Führer wiesen ihren Geschlechtern und Stämmen da, wo es ihnen am passendsten schien, alljährlich eine geeignete Landstrecke an. Pf. S. 35—36.
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