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1. Von 102 vor Chr. bis 1500 nach Chr. - S. 40

1880 - Berlin : Nicolai
40 von Kriegerstand geworden. Jedenfalls war es auch so eine öffentliche Einrichtung der Gemeinde, nicht wie in Gallien das anarchische Merkmal eines Adels oder des übermäßigen Reichthums Einzelner und der Verarmung Vieler, ■ ein Verhältniß, bei welchem die freie germanische Gemeindeverfassung nicht hätte bestehen können. Ein Adel im engeren Sinne findet sich bei den alten Geynanen mcht. Wohl gab es berühmte Geschlechter, deren Mitglieder adelig hießen, und zufolge ihres Ansehens konnten sie es zu größerem Einfluß in der Gemeinde bringen; aus ihnen gingen Fürsten und Könige hervor; aber von bestimmten Vorrechten eines erblichen und geschlossenen Standes, von einem Adel in der engeren, später entstandenen Bedeutung, ist nirgends die Rede. Am wenigsten läßt sich die Vermuthung rechtfertigen, daß sie das Vorrecht gehabt hätten, beliebig Gefolgschaften zu halten. Zu jenen Dienstgefolgen gehörten wohl auch die hundert Jünglinge, die in jedem Stamme ausgewählt wurden, um in der vordersten Reihe zu kämpfen. Das war auch ein Vorrecht jener Tapfersten unter den Chatten; zu den Hundert zu gehören, war, wie Tacitus sagt, nicht mehr eine Zahl, sondern bereits eine Ehrenname, ein Rangtitel geworden. Diese Doppelkämpfer bildeten noch, _ wie zu Cäsar's Zeit, die Elite der germanischen Heere. — Die Reiterei der Germanen zeichnete sich weniger durch Stärke, als durch die Gewandtheit der Pferde und durch den dichten Anschluß der Reiter aus, die sich in enggeschlossenen Reihen bewegten. Auch germanische Bogenschützen werden erwähnt. Da die Germanen nur wenig Eisen besaßen, so führten sie selten Schwerter und Lanzen, Beile und Streitäxte, sondern gewöhnlich Framen, d. h. Speere zu Wurf und Stoß, mit schmaler eiserner oder am Feuer hart gebrannter Spitze, die sie unglaublich weit zu schleudern vermochten. Im Landsturm griff das Volk, wenn es Noth that, auch zu Keulen, zu Knitteln und Steinen, die, von gewaltiger Faust geschwungen, die römische Kriegskunst oft durchkreuzten. Prahlerischen Schmuck der Waffen, wie ihn die Gallier liebten, kannten die Germanen noch nicht. Nur Wenige hatten Panzer und nur hier und da blinkte ein erbeuteter Helm. Aber ihre hölzernen Schilde bemalten sie sorgfältig mit Farben. Als das kriegskundigste Volk unter Allen waren die Chatten berühmt; ja an Manneszucht, Ordnung und Ausdauer im Felde stellt sie Tacitus sogar den Römern gleich. „Die Anderen," sagte er, „ziehen in die Schlacht, aber die Chatten verstehen es, Krieg zu führen." Die Hauptstärke der germanischen Heere bestand natürlich im Fußvolk. Pferde besaßen nur die Vermögenderen. Die Germanen kämpften in keilförmiger Schlachtordnung. Die Flucht während des Gefechts war kein Schimpf, sondern galt als Klugheit, wofern der Fliehende zur rechten Zeit wieder umkehrte. Doch die Leichen der gefallenen Brüder gaben sie nicht Preis, und den Schild zurückzulassen, war eine Schmach, welche Verachtung und Ausschließung aus der Gemeinde der Freien nach sich zog. Viele, die ihre Niederlage in der Schlacht überlebten, haben sich aus Kummer aufgehängt. Doch sieht man hier, daß die Germanen die Furcht vor dem Tode zwar für schimpflich hielten, sie aber nicht als Feigheit am Leben straften. Für Feigheit mochte es nur gelten, sich schon vor der Möglichkeit des Todes zu fürchten und dem Kriege überhaupt zu entlaufen. Die anderthalb Jahrhunderte von Cäsar bis Tacitus waren für die Germanen eine Zeit großer geistiger Anregungen gewesen. Wie fruchtbare
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