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1. Von 102 vor Chr. bis 1500 nach Chr. - S. 56

1880 - Berlin : Nicolai
56 Dichter der Lieder gewesen sein, die in jener fernen Urzeit von Mund iit Mund gingen, theils die Götter, theils die Volkshelden verherrlichten und die Kunde von den Thaten der Väter fortpflanzten; nur im Liede lebte damals dre Geschichte. Solche Lieder tönten in der Nacht vor der Schlacht zu den Feinden hinüber, begrüßten den Morgen des gehofften Sieges und eröffneten den beginnenden Kampf. Daß es neben diesen auch noch Lieder anderer Art gab, solche, die bei Zechgelagen, bei Hochzeiten und Leichenbegängnissen gesungen wurden, und Wohl auch spöttischen Inhalts, kann nicht bezweifelt werden; zumal Jünglinge, von der Natur besonders dazu gestimmt und gerüstet, mögen Anderen zu Vorbildern gedient, ihren Nach-eifer geweckt haben. Keidirisch-gerrnanische Machkkänge in der Sage*). Das siegreiche Christenthum stellte den dreieinigen Gott in den Mittelpunkt der Verehrung, die alten Heidengötter wurden entthront. Aber sie starben lange noch nicht, ihre Gestalten hatten sich der Phantasie des Volkes, ihr segnendes oder zerstörendes Walten seinem Gemüthe so tief eingeprägt, daß sie erst sehr allmählich verblaßten und abstarben. Die Regierung der Welt im Ganzen und Großen gehörte dem Christengott; über die kleinen Verhältnisse des Lebens behielten die alten Götzen noch lange ihren Einfluß. Auch heute sind sie noch nicht todt; sie leben noch, freilich in ganz verblaßter Gestalt, aber dennoch erkennbar, in der Sage und in manchem Volksgebrauch. Vor noch nicht langer Zeit riefen in Mecklenburg die Schnitter, indem sie nach der Niederlegung des Getreides um die letzte Garbe tanzten: „Wode, Wode!" freilich ohne zu ahnen, daß sie den alten heidnischen Gott anriefen. Wenn die wilde Jagd durch die Lüfte brauset, so sagt man in Pommern und in Mecklenburg: «da Wode tüt", in der Mark vielfach: „Fru Gode**) tut", denn der oberste Gott unserer Vorfahren ist uns zum Führer des gespensterhaften, wüthenden Heeres, der wilden Jagd geworden. Holte sich Wodan nach heidnischem Glauben die Seelen der Helden im Sturmwind in seine Walhalla, so erscheint er auch noch in der christlichen Zeit als der Führer einer Todtenschaar. Man erkennt Tn seinem Gefolge die Gestalten jüngst Verstorbener, oder auch noch Lebender, die aber dann bald sterben werden. Er selbst zieht noch auf seinem Schimmel durch die Nacht, den Hut in die Stirn gedrückt, tief in den Mantel gehüllt; hinter ihm her die wilde Schaar mit lautem Hallo! und Hundegekläff. So verfolgt er einen wilden Eber, ein Roß, zuweilen aber auch ein Weib. Derjenige, über welchen die wilde Jagd dahin brauset, der werfe sich mit dem Gesicht auf die Erde, dann bleibt er ungefährdet. Kann er sich ein Herz fassen, in das laute Hallo! mit einzustimmen^ so belohnt ihn der Wode, indem er ihm eine Hirschkeule zuwirft. Die trage er nach Hause, denn sie verwandelt sich dort in reines Gold. Aber er hüte sich ja, höhnend in den Ruf mit einzustimmen, denn den Spötter straft Wode, indem er ihn mit einer stinkenden Pferdekeule bewirft, die er schwer wieder los wird. So ging es einmal einem Herrn von Arnstadt in Groß - Kreuz bei Brandenburg. „Dieser lag eines Abends im Bette, als er die wilde Jagd über sich herbrausen hörte. Nun war er ein gar lustiger und übermüthiger Herr und rief darum heraus: „Halb Part!" schlief dann ein und erwachte erst am andern Morgen. Aber wie war er verwundert, als er die Augen aufschlug! Dicht an seinem Fenster hing an einem gewaltigen Haken eine große Pferdekeule. Von einer solchen Jagd hatte er *) Außer den Mythologien von Grimm und Simrock besonders: Schwartz, der heutige Volksglaube und das alte Heidenthum. Desfelben Verfassers: Sagen und alte Geschichten der Mark Brandenburg. **) Geworden aus Fro Gwodan, d. h. Herr Wodan.
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