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1. Von 102 vor Chr. bis 1500 nach Chr. - S. 111

1880 - Berlin : Nicolai
111 matten am wenigsten wissen, denn auch die schriftlichen Auszeichnungen wurden spärlich. Unterdeß war der Germane Landwirth geblieben, er kannte außer seiner Hufe kein anderes Eigen, welches Erträge gab. Diese bestanden in Vieh und Frucht, welche er selbst baute, und in den Leistungen an Getreide und Viehhäuptern, welche ihm seine Unfreien und Hintersassen zahlten, weil er der wahre Eigenthümer des Bodens war, aus dem sie saßen. Auch wo der König und der Bischof Geldstücke von abhängigen Männern einnahmen, wurde dies Geld betrachtet wie die Hühner, der Käse und die Scheffel Weizen, als Gegenstände des Verbrauchs, die man aufsammelte oder gegen Waaren umtauschte, die man aber nicht wieder benutzen konnte, um von ihnen einen Zins zu ziehen. Das Geld war dem Abendlande etwas ganz anderes geworden, als es im blühenden Alterthum gewesen war, nicht das Mittel Reichthum zu erwerben, sondern ein Theil des Erworbenen. Wenn die Kirche um diese Zeit dem Christen für unziemlich erklärte, Geld gegen Zinsen zu leihen, so setzte sie nichts Neues und Drückendes fest, sie sprach nur aus, allerdings in ihrem Interesse, was nach dem damaligen Zustand der Geldwirthschaft für den Germanen in der Ordnung war. Da aber der Verkehr Geldleihen um Zins doch nicht ganz entbehren konnte, so wurden die Juden, welche das Kirchengesetz ohnedies nichts anging, auch gesetzlich autorisirt, gegen Zins zu leihen; sie wurden privilegirt für die Geldgeschäfte, die sie bereits thatsächlich in der Hand hatten, und kamen dadurch in eine unerhörte Stellung zu den abendländischen Völkern. Sie allein vermochten im modernen Sinne reich zu werden, indem sie das Capital arbeiten ließen, und sie wurden bei hohen Zinsen und bei Darlehen gegen sicherndes Faustpfand unvermeidlich sehr reich und in gewissem Sinn die stillen Regenten der Mitlebenden. Aber sie lebten in einer räuberischen Zeit, in welcher ihr Gewinn fortwährend die Habsucht der Schlechten und die Bekehrungslust der Frommen aufregte, sie blieben deshalb durch das ganze Mittelalter die Banquiers und Capitalisten und wieder die Ausgeplünderten und Beraubten, der Kirche höchst anstößig und doch sehr begehrenswerth, vom Volk verachtet und gefürchtet, Vertraute und Opfer der Könige. Auch in den Städten des Römergebietes war der freie Germane nicht Handwerker, sondern Wirth, auch dort besaß er ein Eigen in Haus, Flurstück, Weinberg, sein Grundbesitz erwies ihn nicht nur als freien, waffenfähigen Mann, er umschloß ihm auch die ganze Möglichkeit zu leben; wer aus der Heimat schied, dem versiegten alle Quellen seiner Existenz, sobald er seine letzte Goldmünze oder Halskette um Nahrung verkauft hatte. Wer Geld zu zahlen hatte als Buße für ein Vergehen und keinen Schatz besaß, der mußte sich seines Eigenthums entäußern, indem er es einem benachbarten Grundherrn, dem Bischof, dem Könige verkaufte und von diesem zurück empfing gegen einen jährlichen Zins, der fortan das Grundstück belastete, ihn selbst aus freiem Eigenthümer zum Zinspflichtigen eines Herrn herabdrückte. Auch auf diesem Wege begann die Verschlechterung in der Lage der Gemeinfteien; allerdings arbeitete noch vieles Andere daran, sie herab zu drücken. Dieser niedrige Zustand der Geldwirthschaft dauerte durch Jahrhunderte bis zur Entwickelung der deutschen Städtekraft. Unbehülflich und langsam wälzte sich das Geld aus einer Truhe in die.andere, lange Zeit
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