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1. Königreich Sachsen - S. 21

1889 - Dresden : Huhle
Das Erzgebirge. 21 Der Kamm des Erzgebirges bildet die Wasserscheide zwischen dem Gebiete der Mulden und dem der Eger. Derselbe ist eine einförmige, nur selten von Wiesen- oder Ackerfluren unterbrochene, oft stundenbreite, meist öde Sumpf- oder Waldfläche von 700—1000 m Höhe. Es verlieren sich hier die ausgeprägten Formen eines höheren Gebirges; denn ohne kühne Umrisse erheben sich über der ausgebreiteten Hochebene die sanft geschwellten Kuppen und die beginnenden Thalfalten sind nur leicht eingeschnitten. Die rauhesten Teile des Kammes zwischen dem Fichtelberg, Johanngeorgenstadt, Karlsseld und Eibenstock sind die Region gewaltiger Hochmoore. Wohl brausen über die rauhen Moorflächen die Stürme, besonders im -verbste, in ungeahnter Gewalt dahin; wohl deckt der Schnee im sieben Monate langen Winter meterhoch das Hochland; wohl mühsam ist der Menschen Schaffen auf dem mageren Boden, der nur Heu, Kartoffeln und Hafer, selten das Korn zeitigt; wohl nimmt die ganze Pflanzenwelt alpinen oder hochnordischen Charakter an: aber so gar gottverlassen, wie es manche Schriftsteller schildern, ist dieser Teil des Gebirges doch nicht. Im Hochsommer liegt ein seltener Reiz über der weithin sich ausbreitenden Landschaft und über den im Herbste sonst so düster dreinschauenden Moorgründen. Die wonnige, weiche, reine und köstliche Luft da droben atmet man nur mit tiefem Behagen. Uber den leichtgefalteten Flächen glitzern zitternde Lichtwogen und gießen eine Fülle wohlthuender Wärme, die auch bei + 25 bis 30°C. nicht lästig wird, über das eigenartige Hochland aus. Im Moore aber lebt und webt es dann in tausend Formen. Das summt, schwirrt und brummt, gaukelt, fingt und jubiliert, blüht und duftet um uns, als ob die Natur ihren Sonntag hätte. Ja gewiß, es ist ihr hoher Gottestag, ihr geweihter Feiertag nach langen, bangen, öden und trostlosen Wochen, während sie im Banne eines strengen Winters gehalten wurde. Darum aber liegt auch trotz allen Lebens und Webens ein so tiefer, schöner Gottessrieden daraus. Und wenn uns die schwarzen, breiten Flächen der tiefen Moorgruben, aus denen der hiesige Bewohner fein Heizmaterial gewinnt, an die Strenge des Daseins, an Mühsal und Arbeit, an Dürftigkeit und Armut erinnern, so versöhnt uns damit die herrliche Pflanzenpracht, die sich ringsum entfaltet, und das Walten schaffenden Lebens, das in gehaltenem Ernste allüberall seine sonnigen Fäden spinnt. Da liegt die erste Legsöre (Pinus uliginosa), lang hingestreckt aus dem weichen Boden. Hoch steigt sie nicht empor, der Wind würde sie immer wieder mit roher Gewalt niederdrücken auf den nachgiebigen, schlammigen Untergrund, der dem reichentwickelten Wurzelstocke keine Festigkeit zu bieten vermag, aber dafür wächst sie auch lang, sehr lang, als ob sie, zufrieden wie das wackere Menschenkind da oben, sagen wollte: „Gehts nicht in die Höhe, nun so gehts in die Breite, geblieben und gewachsen aber wird, trotz Boden, Kälte und Sturm!" Dabei duftet sie köstlicher als alle hohen Kiefern der Niederung. So machts auch die Zwergbirke (Betula nana), die daneben ihre Zweiglein mit den feinen, rundlichen Blättern empor streckt, als ob sie um Entschuldigung bitten wolle, daß sie es auch wage, hier oben zu wohnen. Ihre Hauptmasse steckt im warmen Moorboden und ihre Blättchen scheinen nur draußen zu sein, damit sie sich am Sonntage ein wenig umsehen können und zwar im schmucksten, kecksten Sonntagskleidchen. Die duftenden Blättchen, zierlich gekerbt, fitzen am schwanken, hellbraunen Stengelchen. In mächtigen Büschen, etwa % m hoch, tritt i)er Xrunkelbeerftrauch (Vaccinium uliginosum) mit seinen vogelkirschgroßen Beeren und daumenstarken Stämmchen auf. Die tiefblauen ,,Rauschbeeren", wie man die Früchte nennt, schätzt man längst als wohlschmeckendes Beerenobst und sammelt sie daher fleißig ein. Bescherden im Torfmoose versteckt fitzt an haardünnen, feinen, kriechenden Ästchen me Moosbeere (Vaccinium Oxycoccos). Auch sie wird fleißig gesammelt und, mit
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