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1. Königreich Sachsen - S. 32

1889 - Dresden : Huhle
32 Aus der Geschichte des Erzgebirges. sinnigkeit unserer Gebirgsbevölkcrung spricht, so bleibt sie immerhin ein tiefernstes, bedauerliches Zeichen für die Umwandlung volkswirtschaftlicher Zustände jener Tage, die ihren Schatten bis in die Gegenwart werfen. Vergrößert aber wnrde diese Notlcige damals, besonders am Ausgange des 16. und am Anfange des 17. Jahrhunderts durch Mißwachs, Teuerung, durch heftiges Auftreten der Pest und durch verheerende Brände, die hin und wieder ganze Städte in Asche legten (z. B. Annaberg und Marienberg). Immerhin aber waltete doch bis zum Jahre 1631 voller Frieden über Sachsens Geländen, obwohl über die Nachbarstaaten schon seit 1618 die Schrecken eines unheilvollen Krieges gekommen waren. Als aber am 7. September 1631 in der Schlacht bei Breitenfeld in Leipzigs Nähe das erste Blut auf sächsischem Boden geflossen war, begann eine Reihe schwerer Drangsale für das ganze Land und besonders auch für das Erzgebirge, die in dreizehnjähriger Dauer das Gebirge entsetzlich herunterbrachten. Tie Schächte waren verfallen oder ersoffen, die Städte verarmt, die Fluren verheert, viele Ortschaften ganz verschwunden, die Bewohner in ihrer Zahl außerordentlich gelichtet und verroht, die Güter wertlos und dazu fehlte „es überall an Geld. Das Gebirge war fast wieder seinem Urzustände nahe. Über viele, viele einstige Heimstätten breitete die Pflanzenwelt wieder still und emsig ihren grünen, weichen Moosteppich; früher geschaffene Lichtungen, über welche das Sonnenlicht seine goldnen Fäden gewoben und die frohes Menschenschaffen gesehen hatten, überwölbte mit dichtem, dunklem Laubdache der aufstrebende, finstere, ernste Gebirgswald; die schäumenden Gebirgswässer, welche Mahl- und Sägemühlen, Poch- und Hammerwerke getrieben, eilten wieder, wie in grauer Vorzeit, ungebändigt, ihrer treibenden Arbeit ledig, an öden, menschenverlassenen Ruinen, den einstigen Stätten lärmender Betriebsamkeit, vorüber; an Stellen, wo die Glöckchen weidender Herden erklungen waren, drang das Gebrumm der Bäreu ängstigend an das Ohr des Verirrten; um die verlassenen Kauen (Berggebäude) der Berghalden, aus deueu des Fäustels muntrer Schlag erklungen war, heulten Scharen hungriger Wölfe, und zahlreich waren die Abenteuer, welche Wandrer, Köhler, Hirten, Waldarbeiter, Bergleute, Fuhrleute und beerensammelnde Frauen und Kinder mit den Raubtieren des Waldes zu bestehen hatten. Die großen Jagden, welche die sächsischen Fürsten oft abhielten, waren deshalb eine große Wohlthat für das Gebirge. Recht willkommen war der reiche Zuzug aus dem Böhmerlande, wo die Religionsbedrängnisse die Protestanten zur Auswanderung veranlaßten. Am 10. Mai 1654 erhob sich in rauher Waldwildnis auf den Höhen des Gebirges das erste Haus des Städtchens Johanngeorgenstadt^), von Emigranten aus Gottesgab, Joachimsthal und Graslitz gegründet, und im Thal der oberen Flöha 1669 die Dörfer Ober- und Niederschönberg. Ebenso wurde das Dorf Colmnitz bei Freiberg, das fast gänzlich ausgestorben war, von einwandernden Böhmen wieder bevölkert und noch jetzt deutet der in fast allen Orten des Obererzgebirges sehr häufig auftretende Name „Böhme" auf die zahlreiche Einwanderung hin. Waren die Einwohner auch blutarm — viele der aus Holz und Lehm erbauten Häuschen in Johann-georgenstadt hatten noch im Jahre 1662, also acht Jahre nach der Begründung, nur durch Holzläden verschließbare Luken, aber keine Fenster —, so waren die Eingewanderten doch fleißig und arbeitsam und vermehrten sich durch steten Zuzug, so daß zehn Jahre nach jener finstern, kalten und regnerischen Nacht, in welcher die Vertriebenen mit weinenden Frauen und jammernden Kindern Zuflucht in dem Walde auf dem Fastenberge gesucht hatten, mehr als 2000 Menschen den Einwohnerbestand des auf genanntem Berge begründeten Städtleins bildeten. Iv. Das Zeitalter der Industrie, 1650—1888. Den empfindlichen Ausfall im Silberbergbau ersetzte Mitte und Ende des 17. Jahrhunderts die Gewinnung von Smalte. Da die Nachfrage nach dieser blauen, aus dem bisher beiseite geworfenen Kobalt hergestellten, feuerbeständigen Mineralfarbe immer größer wurde, 1) Am l. Mai 1654 begannen die Emigranten die Häuser und Straßen der Stadt abzustecken.
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