Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Lesestoffe aus allen Teilen der Geschichte - S. 77

1910 - Münster i. Westf. : Schöningh
bei den Geschichtsschreibern der Kaiserzeit nichts weniger als selten. Bei dem hunderttägigen Feste, das xihis zur Eiuweihungsseier des slavischen Amphitheaters im Jahre 80 gab, sollen an einem Tage 5000 wilde Tiere aller Art gezeigt, im ganzen 9000 zahme und wilde getötet worden sem: bei den viermonatlichen Festen, die Trajan im ^ahre 107 zur Feier des zweiten bactschen Triumphes veranstaltete, sogar 11000. Mit den —teren, die damals in Rom zu einem einzigen großen Feste in Rom zusammengebracht waren, könnte man also gegenwärtig alle zoologischen Gärten Europas reichlich versorgen. Die Zahlen der im Amphitheater gezeigten gezähmten und abgerichteten Tiere war ebenso groß, als die Leistungen der Tierbändiger-erstaunlich. Sie schienen es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, bte Tiere zu dem abzurichten, was ihrer Natur am meisten zuwider war. Wilde Tiere ließen Knaben auf sich tanzen, standen auf den Hinterfüßen, zeigten zugleich mit Pferden ihre Kunststücke im Wasser und blieben nur schnellfahrenden Zweigespannen als „Wagenlenker" unbeweglich. , Hirsche lernten dem Zügel gehorchen, Parder im Joche gehen. Kraniche beschrieben im Laufen Kreise und bekämpften sich gegenseitig. Friedliche Antilopen rannten mit den Hörnern aneinander, bis eine oder^ beide tot auf dem Platze blieben. Löwen wurden bis zum äußersten Grad hündischen Gehorsams gebracht, mau sah sie in der Arena Hasen fangen, unversehrt in den Zähnen halten, loslassen und wieder sangen. Elefanten ließen sich auf den Wink ihrer schwarzen Lehrmeister auf die Kniee nieder, sührten Tänze aus, zu denen einer von ihnen die Zimbel schlug, lagen zu Tische, trugen je vier einen fünften in der Sänfte, gingen auf dem Seile und schrieben lateinisch. Mit den Vorsührnngen gezähmter Tiere wechselten die Kämpfe der auseinander gehetzten wilden, wie des Rhinoceros mit dem Elefanten, dem Bären, dem Stier, des Elesanten mit dem Stier u. s. w. Die natürliche Wildheit der Tiere ward durch scharfe Reizmittel gesteigert. Man trieb sie mit Peitschengeknall an. verwundete sie mit Stacheln und Bränden, warf ihnen mit Lappen behängte Strohpuppen vor, die sie wütend in die Luft schleuderten, sesselte sie je zwei an langen Seilen zusammen, und das Volk jauchzte vor Entzücken, wenn sie, rasend gemacht, einander zerfleischten. Auch traten gewiegte und gut bewaffnete Jäger auf, die mit Hunden von guter Rasse einzeln oder in Menge den wilden Bestien standzuhalten vermochten. Endlich gehörten zu den Schauspielen des Amphitheaters auch die Vollstreckungen jener entsetzlichen Todesurteile, durch welche Menschen, teils an Psähle gebunden und völlig wehrlos, teils zur Verlängerung ihrer Oual mit Waffen versehen, den wilden Bestien überliefert wurden, die zuweilen überdies zum Menschensressen abgerichtet waren. Welch ein Anblick, wenn diese Elenden mit zerrissenen Gliedern, von Blut bedeckt, nicht um Gnade, sondern um Ausschub ihres Martertodes bis zum nächsten ^Tage flehten! Wenn ihre ungeheuren Wunden so weit auseinander klafften, daß sie wißbegierigen Aerzten die willkommene Gelegenheit boten, die inneren Teile des Körpers sehen zu können! Und wenn nun vollends dieser gräßlichen Wirklichkeit der Schein einer Theaterszene gegeben wurde!
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer